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Unwirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung bei falscher Darlegung des Familienstandes

Die Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung wegen fehlerhafter Angabe des Familienstandes

Die Hauptproblematik des vorgelegten Falles betrifft eine Auseinandersetzung um die Rechtmäßigkeit einer Eigenbedarfskündigung. Die Beklagte hatte eine Mietwohnung von den ehemaligen Eigentümern des Grundstücks gemietet und wurde aufgrund von angeblichem Eigenbedarf des Klägers gekündigt. Die Hauptstreitfrage ist die Wirksamkeit dieser Kündigung, da der Kläger den Eigenbedarf nicht für sich selbst, sondern für seine gegenwärtige Ehefrau anmeldete. Diese bewohnte bereits eine weitere Wohnung im Haus, ohne einen gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger zu führen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 C 7093/20 >>>

Die Formvoraussetzungen einer rechtmäßigen Eigenbedarfskündigung

Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB müssen die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sein. Diese Vorschrift soll dem Mieter frühzeitig Klarheit über seine Rechtsposition verschaffen. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs muss in der Regel die Person, für die die Wohnung benötigt wird, genannt und das Interesse, das diese Person an der Wohnung hat, dargelegt werden.

Besonderheit des vorliegenden Falls

Der vorliegende Fall hat jedoch die Besonderheit, dass der Kläger den Eigenbedarf nicht für sich selbst, sondern für seine jetzige Ehefrau geltend gemacht hat, ohne einen gemeinsamen Haushalt zu führen. In diesem Fall hätte der Kläger einen Bedarf für einen Familienangehörigen geltend machen müssen. Da der Kläger dies nicht getan hat, ist die Kündigung aufgrund formeller und inhaltlicher Mängel unwirksam.

Auswirkung der Unwirksamkeit der Kündigung

Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigungserklärung vom 28.06.2019 wurde die Klage abgewiesen. Dies hat zur Folge, dass auch die Nebenansprüche des Klägers mit dem Hauptanspruch fallen. Dabei ist es irrelevant, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung bereits verheiratet war oder nicht, da die Angabe des Familienstandes im Kündigungsschreiben fehlte.

Schlussfolgerungen aus dem Fall

Der Fall zeigt, dass bei der Erklärung einer Eigenbedarfskündigung genau darauf geachtet werden muss, welche Angaben im Kündigungsschreiben gemacht werden müssen. Fehler bei der Angabe des Familienstandes können dazu führen, dass die Kündigung unwirksam ist und somit die Beendigung des Mietverhältnisses scheitert. Eigenbedarfskündigungen sind daher mit größter Sorgfalt und unter Berücksichtigung aller rechtlichen Voraussetzungen zu handhaben.


Das vorliegende Urteil

AG Oldenburg – Az.: 7 C 7093/20 – Urteil vom 23.09.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des von der Beklagten gegen die Kläger jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung. Die Beklagte schloss mit den ehemaligen Grundstückseigentümern, den Eheleuten …, einen Mietvertrag über die Wohnung im Dachgeschoss …. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag in Ablichtung Blatt 8 ff. d.A. verwiesen. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28.06.2019 sprachen die Kläger gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB die ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs zum 31.03.2020 aus. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die Anlage K4 zur Klageschrift Bezug genommen. In dem Kündigungsschreiben heißt es dabei unter anderem:

„Die Kündigung erfolgt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Ihre Dachgeschosswohnung soll zukünftig wie folgt genutzt werden:

Die Lebensgefährtin des Herrn … benötigt ihre Dachgeschosswohnung. Hintergrund ist, dass diese bisher in der mittleren Wohnung wohnt und dort eine Mieterhöhung vorzunehmen ist. Dies hat das Finanzamt Hamburg dem Vermieter auferlegt (Anlage).

Darüber hinaus benötigt die Lebensgefährtin von Herrn … auch von der Größe nicht mehr die mittlere Wohnung. Ihre Tochter ist ausgezogen. Die Lebensgefährtin kann zudem auch nicht zu Herrn … ziehen, da hierfür der Wohnraum seiner Wohnung nicht ausreicht.

…“

Die Beklagte widersprach der Kündigung durch Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2020 (Anlage K6) und berief sich unter anderem auf das Vorliegen einer besonderen Härte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 8.20.01.2020 (Anlage K6) verwiesen.

Die Kläger vertreten die Auffassung, das Mietverhältnis sei durch die Eigenbedarfskündigung vom 28 Juni 2019 wirksam beendet. Sie behaupten, die Kläger seien Ende 2014 beide als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden. Sie verweisen durch Vorlage des Familienstammbuchs darauf, dass die Eheschließung des Klägers zu 1 vom 27.04.2019 datiere. Die Bezeichnung seiner Ehefrau als Lebensgefährtin in der Kündigung sei unerheblich, da der Kläger zum Zeitpunkt der Ausstellung der Kündigung bereits verheiratet gewesen sei. Der Kündigungsgrund habe daher tatsächlich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits vorgelegen. Die Mieterschutzverordnung vom 08.11.2016, dessen § 3 die Frist des §§ 577a Abs. 1a BGB von 3 auf 5 Jahre erhöht hätte, sei mangels Begründung nichtig.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung in der …, Dachgeschoss, in …, bestehend aus 3 Zimmern, einer Diele; einer Küche und einem Bad sowie einem Keller und einem Nebenraum zu räumen und geräumt an die Kläger herauszugeben; die Beklagten weiter zu verurteilen, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € als Nebenforderung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Kläger. Unter Darlegung im einzelnen bestreitet die Beklagte die in dem Kündigungsschreiben vom 28.06.2019 dargelegten Kündigungsgründe. Sie behauptet, sie sei psychisch schwer erkrankt, was die Kläger auch wüssten. Sie leide unter schweren Depressionen, befinde sich in stetiger Behandlung, wobei ein Klinikaufenthalt unmittelbar bevorstehe und nur aufgrund der Corona Pandemie verschoben worden sei. Die psychischen Probleme der Beklagten hätten sich durch die Eigenbedarfskündigung noch verstärkt. Ein Umzug stelle daher eine unzumutbare Härte dar, wobei die Beklagte auch gar nicht dazu in der Lage sei, sich um eine andere Wohnung zu bemühen oder einen Umzug durchzuführen bzw. zu organisieren.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die von ihnen überreichten Schriftsätze nebst Anlagen, die sämtlich vorgetragen wurden, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Herausgabeanspruch gemäß § 535,985 BGB an dem Mietobjekt zu. Denn das Mietverhältnis ist nicht durch die von den Klägern ausgesprochene Kündigung vom 28.06.2019 wirksam beendet worden.

Dabei kann sowohl die Frage der Aktivlegitimation der Kläger dahinstehen, als auch die Frage, ob die Mieterschutzverordnung vom 08.11.2016 im Hinblick auf die von 3 auf 5 Jahren erhöhte Frist des §§ 577a Abs. 1a BGB mangels Begründung nichtig ist oder nicht. Denn die von den Klägern im Juni 2019 ausgesprochene Kündigung ist schon aus formellen Gründen nicht dazu geeignet, eine Beendigung des Mietverhältnisses herbeizuführen:

Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB setzt die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucks. 6/1549, S. 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 2 BGB aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (so schon BayObLG, WuM 1981, 200, 202 f.; Senatsurteile vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 271/06, NZM 2007, 679 Rn. 23, sowie vom 17. März 2010 – VIII ZR 70/09, NZM 2010, 400 Rn. 8), aber eben auch erforderlich.

Nach diesen Maßstäben war die Darstellung der Kündigungsgründe in dem Kündigungsschreiben vom 28.06.2019 nicht ausreichend. Denn die Klägerseite hat es versäumt, in dem Kündigungsschreiben explizit den Familienstand der die Wohnung beanspruchenden Person korrekt darzulegen. In dem Kündigungsschreiben selbst ist stets nur von der Lebensgefährtin des Klägers zu 1 die Rede, nie davon, dass es sich hierbei um die Ehefrau des Klägers zu 1 handelte. Im vorliegenden Falle ist aber die verwandtschaftliche Beziehung für die Beurteilung der Rechtslage in Bezug auf den geltend gemachten Eigenbedarf von herausragender Bedeutung. Denn im vorliegenden Falle ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Kläger gerade keinen Eigenbedarf für sich selbst an der Wohnung der Beklagten geltend macht, sondern für seine jetzige Ehefrau. Diese bewohnte, was unstreitig ist, zum Zeitpunkt der Kündigung eine weitere Wohnung im Haus, ohne einen gemeinsamen Hausstand mit dem Kläger zu bilden. Auch sollte, was unstreitig ist, kein solcher gemeinsamer Hausstand begründet werden. Die Eigenbedarfsgründe im Sinne des §§ 573 Abs. 2 Nummer 2, dass der Vermieter die Räume für sich oder einen Angehörigen seines Haushalts benötigt, lagen (und liegen) also gerade nicht vor. Es bleibt damit allein der Eigenbedarfsgrund gemäß § 573 Abs. 2 Nummer 2, nämlich der Eigenbedarf für Familienangehörige. Von einer Familienangehörigkeit von Frau … durfte die Beklagte aber aufgrund des Kündigungsschreibens gerade nicht ausgehen, weil stets nur von der Lebensgefährtin des Klägers zu 1 die Rede war. Schon nach dem Inhalt der Eigenbedarfskündigung lag damit ein Eigenbedarf im gesetzlichen Sinne nicht vor, weshalb im vorliegenden Falle schon aus formalen Gründen die Kündigung vom 28.06.2019 nicht die von der Klägerseite gewünschte Wirkung entfalten konnte, ohne dass es auf die weiteren Fragen in Bezug auf die Sperrfrist und die Eigentumsübertragung an dem Grundstück ankam. Auch kam es nicht darauf an, ob der Kläger zu 1 zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung tatsächlich schon verheiratet war oder nicht, weil er in der Kündigung selbst eben gerade keinen Bedarf für einen Familienangehörigen geltend gemacht hat.

Schon aufgrund der formal-inhaltlichen Mängel der Kündigungserklärung vom 28.06.2019 unterlag die Klage daher der Abweisung.

Mit dem Hauptanspruch fallen auch die Nebenansprüche.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den Vorschriften der §§ 91, 100, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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