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Gewerberaummietvertrag – Schriftformverstoß

LG Düsseldorf: Schriftformverstoß im Gewerberaummietvertrag – Klägerin erwirkt Räumungsvollstreckung

Das Landgericht Düsseldorf verurteilte die Beklagte zur Räumung von Gewerbeflächen aufgrund eines wirksamen Kündigungsrechts des Klägers. Ein wesentlicher Grund für die Entscheidung war ein Schriftformverstoß im Mietvertrag. Die mündlich vereinbarte Nutzung der Flächen für das Schützenfest, welche nicht schriftlich festgehalten wurde, führte dazu, dass der Mietvertrag als unbefristet galt und somit ordentlich kündbar war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 O 20/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Räumungsverpflichtung: Die Beklagte muss die Gewerbeflächen räumen und an den Kläger übergeben.
  2. Wirksame Kündigung: Der Kläger konnte das Mietverhältnis wirksam zum 30.06.2023 kündigen.
  3. Schriftformverstoß: Ein wesentlicher Vertragsbestandteil, die Nutzung der Flächen während des Schützenfestes, wurde nur mündlich und nicht schriftlich vereinbart.
  4. Unbefristeter Mietvertrag: Aufgrund des Schriftformverstoßes galt der Mietvertrag als unbefristet und war somit ordentlich kündbar.
  5. Vertretungsmacht: Fragen der Vertretungsmacht betreffen nicht das Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB.
  6. Kein Rechtsmissbrauch: Die Berufung des Klägers auf den Schriftformmangel war nicht treuwidrig.
  7. Mietreduzierung: Für die Zeit des Schützenfestes war eine Mietreduzierung vorgesehen, die nicht schriftlich fixiert wurde.
  8. Kosten des Rechtsstreits: Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

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Die Grundlagen des Falles: Gewerberaummietvertrag und Schriftformverstoß

Gewerberaummietvertrag – Schriftformverstoß
(Symbolfoto: THICHA SATAPITANON /Shutterstock.com)

Im Mittelpunkt des Urteils des Landgerichts Düsseldorf steht ein Gewerberaummietvertrag, der zwischen dem Kläger und der Beklagten seit 2013 bestand. Der Kläger, Vermieter des Grundstücks, und die Beklagte, Mieterin, waren in einen Rechtsstreit verwickelt, weil die Beklagte das Grundstück trotz Kündigung nicht räumte. Der Vertrag enthielt eine Klausel, die eine Laufzeit bis 2023 vorsah, mit der Option auf eine zehnjährige Verlängerung, falls der Mieter nicht kündigt. Ein zentraler Punkt in diesem Fall war der Schriftformverstoß. Der Kläger berief sich darauf, dass der Vertrag aufgrund von Formmängeln als unbefristet anzusehen sei und somit ordentlich kündbar war.

Die Kündigung und der Streitpunkt Schriftformverstoß

Die Auseinandersetzung entzündete sich, als der Kläger das Mietverhältnis zum 30.06.2023 kündigte. Die Beklagte widersprach der Kündigung, was den Kläger dazu veranlasste, behauptete Schriftformverstöße zu thematisieren. Eine besondere Rolle spielte eine mündliche Vereinbarung über die Nutzung der Mietfläche zum Schützenfest, welche jährlich für zwei Wochen erfolgen sollte. Diese Absprache war weder im ursprünglichen Mietvertrag noch in einem Nachtrag schriftlich festgehalten. Der Kläger argumentierte, dass diese mündliche Vereinbarung einen Schriftformverstoß darstellt, was den Vertrag als unbefristet und somit kündbar klassifizieren würde.

Entscheidung des LG Düsseldorf: Räumungsverpflichtung und Rechtsgrundlage

Das LG Düsseldorf stützte seine Entscheidung auf § 546 Abs. 1 BGB, der dem Vermieter einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts nach Beendigung des Mietverhältnisses zuspricht. Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung und stellte fest, dass die mündliche Vereinbarung über die Nutzung der Mietfläche für das Schützenfest einen wesentlichen Vertragsbestandteil darstellte, der schriftlich hätte fixiert werden müssen. Somit lag ein Schriftformverstoß vor, der zur Unbefristetheit des Vertrages führte.

Rechtliche Implikationen und Folgen des Urteils

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der Schriftform in Gewerberaummietverträgen. Es zeigt auf, dass mündliche Nebenabreden, die wesentliche Vertragsbestandteile betreffen, einen Schriftformverstoß darstellen können, der gravierende Folgen für die Vertragslaufzeit haben kann. Die Entscheidung des LG Düsseldorf macht deutlich, dass die detaillierte und vollständige schriftliche Dokumentation aller Vereinbarungen essentiell ist, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Dieser Fall dient als Mahnung für alle Beteiligten in Gewerberaummietverhältnissen, die rechtlichen Anforderungen an die Vertragsgestaltung ernst zu nehmen.

Die Beklagte wurde zur Räumung verurteilt und musste zudem die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar hinsichtlich der Räumungsvollstreckung gegen eine Sicherheitsleistung. Dieses Urteil verdeutlicht die rechtlichen Herausforderungen und Komplexitäten in Mietverhältnissen, insbesondere wenn es um die Schriftform und ihre Einhaltung geht. Es bietet eine wichtige Lektion für Mieter und Vermieter gleichermaßen, die Bedeutung und Auswirkungen der Schriftform in Mietverträgen nicht zu unterschätzen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was beinhaltet das Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB und warum ist es im Mietrecht von Bedeutung?

Das Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB besagt, dass Mietverträge, die für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, in schriftlicher Form abgeschlossen werden müssen. Dies bedeutet, dass die wesentlichen Vertragsinhalte, insbesondere Parteien, Mietgegenstand, Mietzeit und Miete, schriftlich festgehalten werden müssen. Wenn die Schriftform nicht eingehalten wird, gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Das Schriftformerfordernis ist im Mietrecht von Bedeutung, da es mehrere Funktionen erfüllt. Es dient primär Beweiszwecken und soll die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den Vertragsparteien sicherstellen. Darüber hinaus hat es eine Warnfunktion und soll Klarheit über die Vertragsbedingungen schaffen. Insbesondere soll es den Erwerber eines Grundstücks schützen, der in einen bestehenden Mietvertrag eintritt und sich über die Bedingungen des Vertrags informieren möchte.

In der Praxis kann das Schriftformerfordernis jedoch zu Problemen führen, da oft mündliche Absprachen oder Absprachen per E-Mail, Briefwechsel oder ähnliches vorgenommen werden, die die gesetzliche Schriftform nicht wahren. Daher ist es wichtig, bei Änderungen des Mietvertrags die Schriftform zu beachten, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein Schriftformverstoß in einem Gewerberaummietvertrag?

Bei einem Schriftformverstoß in einem Gewerberaummietvertrag kann der Vertrag trotz einer vereinbarten langlaufenden Festlaufzeit mit der gesetzlichen Frist von beiden Seiten ordentlich gekündigt werden. Dies bedeutet, dass der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt und somit die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung besteht, was insbesondere für den Erwerber eines Grundstücks relevant ist, der in einen bestehenden Mietvertrag eintritt und sich über die Bedingungen des Vertrags informieren möchte.

Ein Schriftformverstoß kann jedoch durch eine formgerechte Nachtragsvereinbarung geheilt werden, was bedeutet, dass die Parteien einen formgerecht beurkundeten Nachtrag zum Mietvertrag abschließen können, um die vorherige Missachtung der Schriftform zu korrigieren. Ist die Schriftform nicht eingehalten, so führt dies zu einer vorzeitigen Kündbarkeit des Vertrages, allerdings frühestens nach einem Jahr.

Es ist allerdings zu beachten, dass eine Kündigung wegen Schriftformverstoßes unwirksam sein kann, wenn eine Partei eine nachträgliche schriftformwidrige Abrede, die nur ihr einen Vorteil bringt, zum Anlass für die Kündigung nimmt. Des Weiteren hat die Rechtsprechung Wege gesucht, die einschneidende Wirkung des § 550 BGB zu begrenzen, sodass nicht jeder Schriftformverstoß zur Kündbarkeit eines Mietvertrages führt.

Inwiefern sind mündliche Vereinbarungen neben dem schriftlichen Mietvertrag rechtlich zu bewerten?

Mündliche Vereinbarungen neben einem schriftlichen Mietvertrag können rechtlich wirksam sein, allerdings hängt dies von verschiedenen Faktoren ab.

Zunächst ist zu beachten, dass mündliche Vereinbarungen nur dann wirksam sind, wenn keine Schriftformklausel im Vertrag vereinbart wurde. Eine Schriftformklausel ist eine Vereinbarung, wonach nur der schriftliche Vertrag und schriftliche Nebenabreden gültig sein sollen. Wenn eine solche Klausel nicht existiert, sind mündliche Nebenabreden grundsätzlich wirksam.

Allerdings besteht oft ein Beweisproblem, da die Partei, die sich auf eine mündliche Vereinbarung beruft, diese auch beweisen muss. Mündliche Vereinbarungen unter Zeugen können häufig bindend sein, allerdings fallen essenzielle Teile des Mietvertrages, wie die der Kündigung oder des Kündigungsausschlusses, nicht darunter. Diese bedürfen der Textform der Vereinbarung.

Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen mündliche Vereinbarungen nicht wirksam sind. Beispielsweise wenn im Vertrag eine Klausel enthalten ist, die besagt, dass mündliche Nebenabreden nicht bestehen. Trotzdem hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 03.03.2021 klargestellt, dass solche Vollständigkeitsklauseln den Gegenbeweis weiterer Vereinbarungen neben dem Vertrag nicht ausschließen.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass für bestimmte Aspekte des Mietverhältnisses, wie die Kündigung, immer die Schriftform erforderlich ist.

Insgesamt hängt die Rechtswirksamkeit mündlicher Vereinbarungen neben einem schriftlichen Mietvertrag von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der spezifischen Bedingungen des Vertrags und der Art der mündlichen Vereinbarung. Es ist daher ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, wenn es um solche Vereinbarungen geht.


Das vorliegende Urteil

LG Düsseldorf – Az.: 21 O 20/23 – Urteil vom 11.05.2023

Die Beklagte wird verurteilt, die Gewerbeflächen auf dem Grundstück … (gemäß Anlage grün markiert) an den Kläger geräumt zum … herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar hinsichtlich der Räumungsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 43.000,00 EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Beklagte mietete aufgrund eines Mietvertrages vom 16.05.2013 ab dem 01.06.2013 ein Grundstück des Klägers auf dem … zur Verwendung als Stellplatz für Fahrzeug. Hinsichtlich des Mietobjekts enthält § 1 Nr. 1 des Mietvertrages u.a. folgende Regelung:

„Das vertragsgegenständliche Grundstück ist auf dem als Anlage 1 zu diesem Vertrag genommenen Lageplan farbig markiert.“

Darüber hinaus enthält § 2 folgende Regelung zur Laufzeit und Kündigung:

„Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.06.2013 und endet am 01.06.2023. Hiernach hat der Mieter ein Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses für weitere zehn Jahre. Erfolgt keine Kündigung (Kündigungsfrist 3 Monate vorher) durch den Mieter, verlängert sich der Vertrag automatisch um den oben genannten Zeitraum.“

Im Rubrum des Vertrages ist als Vermieter … aufgeführt. Der Vertrag schließt für die Vermieterseite mit einer Unterschrift und der Aufbringung des Vereinsstempels sowie des Namensstempels … .

Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages wird die Anlage 1 zur Klageschrift (Bl. 10 ff. GA) Bezug genommen.

Die Parteien haben mündlich vereinbart, dass die Mietfläche einmal jährlich zum Schützenfest für zwei Wochen dem Kläger zur Verfügung zu stellen ist. Diese Regelung wird seit Vertragsbeginn praktiziert. Im Gegenzug entrichtete die Beklagte für den betreffenden Monat eine entsprechend reduzierte Miete. Eine schriftliche Fixierung dieser Regelung ist weder im Mietvertrag noch in einem Nachtrag erfolgt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.09.2022 ließ der Kläger gegenüber der Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.05.2023, hilfsweise zum 30.06.2022 erklären. Die Beklagte widersprach der Kündigung mit anwaltlichem Schreiben vom 14.10.2022. Hierauf reagierte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 02.11.2022, in dem er zu behaupteten Schriftformverstößen ausführte und der Beklagten anbot, einen neuen Mietvertrag zu unterzeichnen, der ab dem 01.01.2023 laufen und den bisherigen Mietvertrag ersetzen sollte. Dieses Mietvertragsangebot sah eine unbestimmte Laufzeit und ein jederzeitiges Kündigungsrecht unter Einhaltung einer Frist von einem Monat sowie eine Verdoppelung der Miete (EUR 5.500,00 statt EUR 2.750,00) vor. Darüber hinaus sollten Zusatzflächen für die Wochenend- und Feiertagsnutzung entfallen.

Der Kläger behauptet, eine wirksame Vertretung des Vereins könne ausweislich der Eintragung im Vereinsregister vom … nur durch zwei Mitglieder des Vorstands gemeinsam erfolgen. Zudem existiere zu dem Mietvertrag – entgegen § 1 Nr. 1 – kein Lageplan mit farbiger Markierung. Die Zurverfügungstellung der Mietfläche für das Schützenfest sei Voraussetzung für den Abschluss des Mietverhältnisses gewesen und von den Parteien mündlich vereinbart worden. Aus diesen Umständen ergäben sich jeweils Verstöße gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 550 Abs. 1 BGB mit der Folge, dass der Vertrag als unbefristet geschlossen gelte und mit gesetzlicher Frist kündbar sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Gewerbeflächen … (gemäß Anlage A zur Klage grün markiert) an die Klägerin geräumt zum … herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den Vortrag des Klägers zur Vertretungsbefugnis des Vereins mit Nichtwissen.

Sämtliche Verhandlungen zum Abschluss des Mietvertrages seien auf Seiten des Klägers durch den damaligen Schatzmeister des Vereins, … geführt worden, der letztlich auch den Mietvertrag unterzeichnet habe. Sie ist der Ansicht, durch das seit zehn Jahres gelebte Mietverhältnis habe der Kläger die Vertretung durch … gebilligt, so dass er sich heute nicht mehr auf eine mangelnde Vertretungsmacht berufen könne.

Auch sei ein mögliches Versäumnis dem Kläger anzulasten, so dass sich dieser nach § 242 BGB nicht auf einen Schriftformmangel berufen könne. In der der Beklagten vorliegenden Ausfertigung des Mietvertrages sei der zur Beschreibung des Mietgegenstands und als Anlage 1 bezeichneten Lageplan einschließlich einer farbigen Umrandung der gegenständlichen Mietflächen vorhanden. Über die Nutzung der Flächen für das Schützenfest seien es erst kurz nach Abschluss des Mietvertrages Vereinbarungen getroffen worden, weil … erklärt habe, man habe vergessen, insoweit eine Regelung in den Mietvertrag aufzunehmen. Die Beklagte habe mündlich zugesichert, die Räumung zu gewährleisten. Ein entsprechender Nachtrag sollte von Seiten des Klägers erstellt und zur Gegenzeichnung übersandt werden, was in der Folgezeit jedoch nicht erfolgt sei. Die Beklagte ist der Ansicht, auch insoweit sei das Berufen auf einen Formmangel treuwidrig, weil der Kläger dafür verantwortlich gewesen sei, die zu seinem Gunsten erfolgte Abrede durch einen formgerechten Nachtrag zum Mietvertrag wirksam zu regeln.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Soweit die Räumungsfrist nach dem Vortrag des Klägers noch nicht abgelaufen ist und eine Räumung des streitgegenständlichen Grundstücks erst zum 30.06.2023 begehrt wird, handelt es sich um eine auf künftige Leistung gerichtete Klage, die gemäß § 259 ZPO im vorliegenden Fall zulässig ist. Aus dem Widerspruch der Beklagten ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte für die Besorgnis, dass sich die Beklagte der rechtzeitigen Leistung entziehen wird.

2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Grundstücks gemäß § 546 Abs. 1 BGB.

Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist durch die Kündigungserklärung des Klägers vom 22.09.2022 wirksam zum 30.06.2023 beendet worden.

Gemäß § 580a Abs. 1 Nr. 3 BGB kann ein Mietverhältnis über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke zum Ablauf eines Kalendervierteljahres gekündigt werden.

Der ordentlichen Kündigung des Klägers steht nicht entgegen, dass in dem Mietvertrag eine zehnjährige Laufzeit mit einer Verlängerung um weitere zehn Jahre vorgesehen ist, sofern nicht die Beklagte ihrerseits die Kündigung erklärt. Auch wenn die Beklagte das Mietverhältnis ihrerseits nicht gekündigt hat, hat sich dieses nicht bis zum 30.06.2033 verlängert. Vielmehr gilt der streitgegenständliche Mietvertrag aufgrund eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 550 S. 1 BGB für unbestimmte Zeit geschlossen und war dementsprechend ordentlich kündbar.

a. Insoweit ist unerheblich, dass ein Schriftformverstoß nicht darauf gestützt werden kann, dass der Vertrag nicht von beiden gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitgliedern unterzeichnet worden ist.

Die Vertragsurkunde weist im Rubrum bereits aus, dass für den Kläger eine Person, nämlich der 1. Schatzmeister … handelt. Dies korrespondiert mit der Unterschriftzeile, die dementsprechend nur eine Unterschrift ausweist. Die Vertragsurkunde weist insoweit keine Widersprüche auf und ist in Bezug auf die handelnden Personen in sich stimmig. Inwieweit eine Berechtigung zum Vertragsabschluss bestand, ist eine Frage der Vertretungsmacht, nicht aber des Schriftformerfordernisses gem. § 550 BGB.

b. Ferner kann nach den nachfolgenden Ausführungen unter lit. c. auch offenbleiben, ob den Originalen der Vertragsurkunden jeweils ein farbig markierter Lageplan beigefügt war.

c. Ein Schriftformverstoß liegt jedenfalls darin begründet, dass die zwischen den Parteien unstreitig getroffene Abrede, das vermietete Grundstück dem Kläger für einen Zeitraum von zwei Wochen für das Schützenfest zur Verfügung zu stellen und im Gegenzug die Miete entsprechend zu reduzieren, nicht schriftlich fixiert haben.

Dem Formerfordernis unterfallen sämtliche vertraglichen Vereinbarungen. Dies gilt auch, soweit es sich um sog. mietvertragliche Nebenabreden handelt, da auch diese im Wesentlichen nur eine Konkretisierung der nach § 535 BGB enthaltenen Hauptpflichten der Mietvertragsparteien darstellen (Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 550, Rn. 33). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als dass es sich bei Vereinbarung über die Grundstücksnutzung während des Schützenfestes um einen wesentlichen Vertragsbestandteil handelt, der unmittelbar die wechselseitigen Hauptleistungspflichten beider Parteien gemäß § 535 BGB betrifft. Aufgrund der Vereinbarung sollen für einen nicht unerheblichen Zeitraum von zwei Wochen das Nutzungsrecht der Beklagten und damit die Überlassungspflicht des Klägers gemäß § 535 Abs. 1 BGB am gesamten Mietobjekt entfallen. Entsprechendes gilt für die Pflicht zur Entrichtung der Miete für den betreffenden Zeitraum gemäß § 535 Abs. 2 BGB.

Diese Anforderungen gelten sowohl für entsprechende Vereinbarungen im Ursprungsvertrag als auch für spätere Vertragsänderungen (vgl. Schmidt-Futterer/Lammel, a.a.O., Rn. 41). Es ist daher unerheblich, ob die Parteien die Nutzung der Flächen für das Schützenfest bereits vor Vertragsschluss oder nachträglich vereinbart haben. Auch aus dem Vortrag der Beklagten, den sich die Klägerin ausweislich ihrer Erklärung im Termin am 11.05.2023 ausdrücklich hilfsweise zu Eigen gemacht hat, ergibt sich, dass die Parteien sich an diese Absprache halten wollten und letztlich auch über mehrere Jahre gelebt haben.

Die Berufung des Klägers auf den Formmangel ist nicht treuwidrig.

Eine Treuwidrigkeit ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Parteien den Mietvertrag über einen Zeitraum von zehn Jahre „gelebt“ und dabei insbesondere die Überlassung des Mietobjektes zur Schützenfestnutzung vereinbarungsgemäß durchgeführt haben. Grundsätzlich kann sich jede Vertragspartei auch noch Jahre nach Abschluss des Mietvertrages darauf berufen, dass die für den langfristigen Mietvertrag vorgesehene Form nicht eingehalten ist. Dies gilt selbst dann, wenn sich die betreffende Vertragspartei – wie in der Praxis üblich und vom Kläger im Schreiben vom 02.11.2022 offen kommuniziert – nur von einem lästig gewordenen Mietvertrag lösen möchte. Ein solches Verhalten ist in der Regel nicht treuwidrig (Lindner-Figura, NZM 2007, 705, 712 f. m.w.N.). Besondere Umstände, die im Einzelfall den Einwand unzulässiger Rechtsausübung begründen und zu Unzulässigkeit der Kündigung nach § 242 BGB führen, sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Aus dem Umstand, dass die zweiwöchige Nutzung des Grundstücks im Interesse des Klägers erfolgt, weil hierdurch die zum Vereinszweck zählende Durchführung des Schützenfestes ermöglicht wird, ergibt sich kein solcher besonderer Umstand. Ein Rechtsmissbrauch kann beispielsweise darin begründet liegen, dass sich die durch eine nicht formgerechte Vertragsänderung einseitig begünstigte Vertragspartei auf den Formmangel beruft (vgl. BGH NJW 1975, 1653, 1655). Bei der betreffenden Vereinbarung handelt es sich jedoch nicht um eine allein die Vermieterseite begünstigende Regelung. Auch wenn der Kläger ein erhebliches Interesse an der Nutzung des Grundstücks im betreffenden Zeitraum hat, ist die Überlassung des Grundstücks an einen Mieterlass zugunsten der Beklagten als Mieterin geknüpft.

Ferner ergibt sich ein Rechtsmissbrauch auch nicht aus dem Umstand, dass die Erstellung eines schriftlichen Nachtrages nach dem Vortrag der Beklagten auf Seiten des Klägers erfolgen sollte. Eine Verantwortung des sich auf den Schriftformfehler Berufenden kann ebenfalls einen Rechtsmissbrauch begründen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.11.2004, Az. 22 U 77/04, BeckRS 2005, 01650, Rn. 35). Hierfür genügt jedoch weder der Umstand, dass der Kläger die Aufnahme der Regelung in den Ursprungsmietvertrag verabsäumt hat, noch, dass die der entsprechende Nachtrag von der Beklagten gefertigt werden sollte. Zwischen den Parteien ist das Erfordernis eines Nachtrages thematisiert worden. Der Beklagten musste daher bewusst sein, dass der schriftliche Nachtrag aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich war. Gleichwohl wurde das Mietverhältnis „gelebt“, ohne dass auch von Seiten der Beklagten der ausstehende Nachtrag konkret angemahnt worden ist. Schließlich wäre es der Beklagten angesichts des überschaubaren Umfangs der schriftlich festzuhaltenden Vertragsklauseln auch möglich gewesen, ihrerseits einen entsprechenden Nachtrag selbst zu erstellen und den Kläger zur Gegenzeichnung aufzufordern.

Unter dem Gesichtspunkt der Kenntnis liegt schließlich auch keine Schutzwürdigkeit der Beklagten vor, die weitere Voraussetzung einer Treuwidrigkeit wäre. In der Regel fehlt es an einer Schutzwürdigkeit, wenn der Vertragspartner den Verstoß gegen die Schriftform kannte bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Wie vorstehend ausgeführt, war der Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag bekannt, dass eine schriftliche Fixierung dieser Vereinbarung noch ausstand.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 u. 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 39.270,00 EUR festgesetzt.

 

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