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Kann WEG-Sondereigentümer Baugenehmigung eines Nachbarn anfechten?

Die Frage der Baugenehmigung: Wann kann ein WEG-Sondereigentümer eingreifen?

Das Baurecht ist ein komplexes Feld, das nicht nur die Interessen von Bauherren, sondern auch die von Nachbarn und der Allgemeinheit berücksichtigt. Ein kürzlich vom VG Karlsruhe gefälltes Urteil beleuchtet die rechtlichen Nuancen, die entstehen, wenn ein WEG-Sondereigentümer die Baugenehmigung eines Nachbarn anfechten möchte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 K 712/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • VG Karlsruhe hat über die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen WEG-Sondereigentümer entschieden.
  • Die Antragsteller argumentierten, dass das Bauvorhaben gegen Abstandsflächen und das Rücksichtnahmegebot verstoße.
  • WEG-Sondereigentümer sind sowohl als Sondereigentümer als auch als Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum antragsbefugt.
  • Das Gericht musste eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Beigeladenen am Vollzug der Baugenehmigung und dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs vornehmen.
  • Ein Dritter kann gegen eine Baugenehmigung vorgehen, wenn diese unter Verstoß gegen eine Vorschrift erteilt wurde, die dem Schutz seiner Rechte dient.
  • Das genehmigte Bauvorhaben verstößt voraussichtlich weder gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts noch gegen sonstige Vorschriften zum Schutz der Antragsteller.
  • Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Bauvorhaben die Antragsteller nicht in einer Weise beeinträchtigt, die als rücksichtslos angesehen werden könnte.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen

Kann WEG-Sondereigentümer Baugenehmigung eines Nachbarn anfechten?
Rechtsprechung zum Baurecht: Anfechtung von Baugenehmigungen als WEG-Sondereigentümer – Was Sie wissen müssen. (Symbolfoto: Francesco Scatena /Shutterstock.com)

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass im Falle einer gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts der Rechtsbehelf eines Betroffenen keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Dies bedeutet, dass ein Dritter, der gegen eine solche Baugenehmigung vorgehen möchte, besondere Umstände vorbringen muss, um die sofortige Vollziehung im eigenen subjektiven Interesse zu durchbrechen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Baugenehmigung unter Verstoß gegen eine Vorschrift erteilt wurde, die dem Schutz seiner Rechte dient.

Die konkreten Umstände des Falles

Im vorliegenden Fall wurde argumentiert, dass das genehmigte Bauvorhaben sowohl formelle als auch materielle Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verletzt. Insbesondere wurde die Frage aufgeworfen, ob das Bauvorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt, welches besagt, dass ein Bauherr Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen eines abgegrenzten Kreises Dritter nehmen muss. Dieses Gebot hat nachbarschützende Funktion, aber nur, wenn es sich um schwere oder unzumutbare Beeinträchtigungen handelt.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Bauvorhaben die Antragsteller nicht in einer Weise beeinträchtigt, die als rücksichtslos angesehen werden könnte. Es wurde festgestellt, dass das Bauvorhaben sich in die bestehende Umgebung einfügt und keine schwerwiegenden oder unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Antragsteller verursacht. Darüber hinaus wurde argumentiert, dass die Geschosszahl des Bauvorhabens, obwohl von den Antragstellern in Frage gestellt, nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung hat.

Die Tragweite des Urteils

Das Urteil des VG Karlsruhe unterstreicht die Bedeutung des Baurechts und die Notwendigkeit für WEG-Sondereigentümer, ihre Rechte und Pflichten im Kontext von Baugenehmigungen zu verstehen. Es macht deutlich, dass nicht jede Unzufriedenheit mit einem Bauvorhaben zu einer erfolgreichen Anfechtung führt. Vielmehr müssen klare rechtliche Verstöße vorliegen, die die Interessen des Antragstellers erheblich beeinträchtigen. Dieses Urteil dient als wichtiger Leitfaden für zukünftige Fälle und betont die Bedeutung einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.

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Das Baurecht berücksichtigt eine Vielzahl von Interessen, und die Anfechtung einer Baugenehmigung kann eine Herausforderung darstellen, wie das Urteil des VG Karlsruhe zeigt. Sind Sie ein WEG-Sondereigentümer und haben Bedenken bezüglich eines Bauvorhabens in Ihrer Nachbarschaft? Es ist essentiell, die rechtlichen Rahmenbedingungen und Ihre Möglichkeiten genau zu kennen. Ich biete Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer Situation an und stehe Ihnen für eine umfassende Beratung zur Seite. Lassen Sie uns gemeinsam klären, wie Ihre Rechte am besten gewahrt und durchgesetzt werden können. Nehmen Sie jetzt Kontakt auf!

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Was ist ein WEG-Sondereigentümer? – kurz erklärt


Das Sondereigentum ist im deutschen Wohnungseigentumsrecht ein dem Volleigentum weitgehend gleichgestelltes Recht an einer Eigentumswohnung. Es ist gesetzlich in § 3 Abs. 1 WEG definiert. Das Sondereigentum bezieht sich auf den Teil der Immobilie, der von einem einzelnen Eigentümer exklusiv genutzt und verwaltet wird. Es kann sich sowohl auf Wohnzwecke, wie beispielsweise eine Eigentumswohnung, als auch auf nicht zu Wohnzwecken dienende Räume, wie Gewerbeeinheiten, Tiefgaragenstellplätze, Werkstätten oder Lagerräume, erstrecken. Darüber hinaus kann das Sondereigentum auch Teile des Grundstücks außerhalb des Gebäudes umfassen.


Das vorliegende Urteil

VG Karlsruhe – Az.: 2 K 712/23 – Beschluss vom 13.07.2023

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

3. Der Streitwert wird auf 70.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau von sieben Reihenhäusern auf der Gemarkung der Antragsgegnerin.

Die Antragsteller sind Miteigentümer des östlich bzw. südöstlich an das Vorhabengrundstück angrenzenden, nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) geteilten Grundstücks Flst.-Nr. …11, Y…straße …. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus entlang der Y…straße bebaut. Orthogonal zu diesem Wohnhaus verläuft ein Zwischengebäude, an das sich wiederum das Hinterhaus, das parallel zur Y…straße steht, anschließt. Die Antragsteller sind Sondereigentümer dieses Hinterhauses. Dieses ist grenzständig errichtet und nimmt gut 13 m der 19 m gemeinsamen Grenze zum Vorhabengrundstück

ein.

Die Beigeladene ist die Bauherrin für das Grundstück Flst-Nr. …20/3, G…straße, das nordwestlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzt. Das Vorhabengrundstück wie auch das Grundstück der Antragsteller befinden sich im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplanes Nr. … „Nutzungsartfestsetzung“ vom 09.10.1984, der für das Geviert Gri…straße/K…/Y…straße/G…straße ein Mischgebiet (MI) auf der Grundlage der BauNVO 1977 festsetzt und die in § 6 Abs. 3 BauNVO genannten Nutzungen für unzulässig erklärt. Ferner gelten für dieses Grundstück zwei ältere Baufluchtenpläne, der Baufluchtenplan Nr. … vom 05.01.1937 sowie der Baufluchtenplan … vom 13.09.1900.

Die Beigeladene beantragte am 13.07.2021 eine Baugenehmigung für den Neubau von sieben Reihenhäusern sowie die Errichtung von insgesamt 13 überdachten Stellplätzen auf dem Grundstück Flst-Nr. …0/3. Der für die Bebauung vorgesehene Grundstücksteil wurde bis zum Abriss vor einigen Wochen als versiegelter Garagenhof genutzt.

Im Rahmen der Nachbarbeteiligung erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 08.09.2021 Einwendungen gegen das Vorhaben. Das Vorhaben füge sich nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung ein.

Das Geviert, in dem das Vorhabengrundstück liege, sei geprägt von einer praktisch durchgehenden Blockrandbebauung mit drei- und viergeschossigen Gebäuden, hinter denen sich im Blockinneren weitere im Vergleich zur Blockrandbebauung deutlich tiefere Haupt- und Nebengebäude mit maximal zwei Vollgeschossen befänden. Darüber hinaus sei die Bebauung im Blockinneren im Gegensatz zu der fast vollständig geschlossenen Blockrandbebauung durch aufgelockerte Bebauung mit Haupt- und Nebengebäuden in überwiegend offener und halboffener und nur ganz vereinzelter geschlossener Bauweise sowie von Grünflächen in Form von Privatgärten geprägt. Die zulässige Geschosszahl von zwei werde durch das geplante Vorhaben mit drei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss überschritten. Dies sei ihnen gegenüber rücksichtslos, da ihr zweigeschossiges Hinterhaus eingemauert würde und die Beleuchtung, Besonnung und Belüftung der Wohnung und des Grundstücks massiv beeinträchtigt würde. Das Bauvorhaben überschreite zudem mit einer geplanten Trauf- und Firsthöhe von 11,55 m auch die Trauf- und Firsthöhen der im Blockinneren vorhandenen Bebauung. Ihr eigenes Gebäude sei mit einer Firsthöhe von ca. 6,84 m rund 4,5 m niedriger als die Firsthöhe des geplanten Vorhabens. In den Plänen sei ihr Gebäude fälschlicherweise mit 7,40 m angegeben. Auch die Firsthöhe der mit Grenzabstand errichteten Reihenhäuser auf dem westlichen Nachbargrundstück …3/2 liege mit 9,35 m bis 9,80 m trotz Pultdach noch deutlich unter der geplanten Firsthöhe von 11,55 m des Bauvorhabens. Zwar seien ihnen die Grund- und Geschossflächenzahlen der umliegenden Bebauung nicht bekannt, allerdings dürfte das Bauvorhaben nach grober Einschätzung die sich aus der Umgebung ergebende Geschoss- und Grundflächenzahl und die sich aus der Festsetzung „Mischgebiet“ im Bebauungsplan … i. V. m. § 17 BauNVO ergebende Geschoss und Grundflächenzahl schon auf Grund der viergeschossigen Nutzung bei weitem überschreiten. Auch die Dachform sei unzulässig. Ferner füge sich das geplante Bauvorhaben in Form einer dreiseitigen Grenzbebauung mit einem Reihenhausblock mit einer Gesamtlänge von 55,54 m auch nach der Bauweise nicht in die umliegende Bebauung im Blockinneren ein. Das Vorhaben erweise sich als rücksichtslos, erdrückend und vermittle ihnen ein Gefühl des Eingemauertseins. Darüber hinaus sei die Erschließung nicht gesichert und das Vorhaben verstoße gegen Abstandsvorschriften. Sie selbst hätten bewusst den nordwestlichen Teil ihres Grundstücks von Bebauung freigehalten, um durch die verbleibende Schneise die Beleuchtung, Belüftung und Besonnung sicherzustellen. Durch das Vorhaben würden dieser Bereich, aber auch die Wohnräume völlig verschattet. Der Wegfall der bisher auf dem Baugrundstück befindlichen Garagen verschlechtere die Parksituation massiv. Zudem sei ein Spielplatz verpflichtend, der jedoch auf den Bauvorlagen nicht ersichtlich sei. Auch Flächen für die Feuerwehr seien nicht ersichtlich. Abgesehen davon seien die auf den Dächern geplanten Wärmepumpen rücksichtlos, da sie zu laut seien. Darüber hinaus sei die geplante Abgrabung um 0,35 m unzulässig. Auch die geplante Vollversiegelung des Grundstücks sei ökologisch bedenklich. Ihr Grundstück verliere ferner an Wert. Auch bestehe die Gefahr, dass durch das Bauvorhaben die Bausubstanz und die Feuchtigkeitsschutzversiegelung an ihrem Anwesen beschädigt werde.

Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen unter dem 18.10.2021 eine Baugenehmigung für die Errichtung von sieben Reihenhäusern auf dem Grundstück Flurstück- Nr. …0/3. Zudem wies sie die Einwendungen der Antragsteller mit Schreiben vom ….10.2021, dort eingegangen am 25.10.2021, zurück. Die Antragsteller erhoben hiergegen mit Schreiben vom 22.11.2021 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholten und vertieften. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden.

Die Eigentümer des westlich des Baugrundstücks gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. …3/2, Gri…straße …, haben ebenfalls Einwendungen und anschließend Widerspruch gegen das Bauvorhaben erhoben. Sie haben am 05.12.2021 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe einen Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen gestellt. Die 3. Kammer des Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 20.06.2022 – 3 K 4358/21 – die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 17.11.2021 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 18.10.2021 angeordnet. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die angefochtene Baugenehmigung zu Lasten der Antragsteller gegen das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG verstoße. Der Wortlaut der Auflage Ziffer 18 lasse offen, ob lediglich eine einzelne Wärmepumpe die festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten dürfe oder ob die Gesamtbelastung aller Wärmepumpen den Grenzwert einhalten müsse. Auch der weiter enthaltene Hinweis, dass „stets gewährleistet sein muss, dass der Gesamtbetriebspegel auch an kalten Wintertagen in der lautesten Stunde der Nacht zwischen 22 Uhr und 6 Uhr bei Volllastbetrieb die Immissionsrichtwerte gemäß TA Lärm einhält“, lasse offen, ob der Gesamtbetriebspegel der einzelnen Wärmepumpe oder die Gesamtbelastung aller sieben Wärmepumpen gemeint sei. Zwar habe die Antragsgegnerin unter Ziffer 18 der Nebenbestimmungen zur angefochtenen Baugenehmigung konkrete Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm als Grenzwert festgelegt, nämlich ein Immissionsrichtwert von 60 dB(A) für Tageszeit und ein Immissionsrichtwert von 45 dB(A) für die Nachtzeit.

Indes dürfe nach den tatsächlichen Gegebenheiten für die Tageszeit ein Immissionsrichtwert von 60 dB(A) und für die Nachtzeit ein Immissionsrichtwert von 40 dB(A) richtig sein. Die übrigen Einwendungen der Antragsteller blieben ohne Erfolg, da das Gericht eine Rechtsverletzung der Antragsteller insoweit nicht angenommen hat.

Die Antragsgegnerin erließ unter dem 20.07.2022 einen Änderungsbescheid, mit dem sie die Auflage Ziffer 18 der Baugenehmigung vom 18.10.2021 zum Teil abänderte und um zwei weitere Auflagen Ziffer 18a und 18b ergänzte.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stellte das von der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.06.2022 – 3 K 4358/21- angestrengte Beschwerdeverfahren nach übereinstimmender Erledigungserklärung mit Beschluss vom 15.12.2022 – 5 S …92/22 – ein. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen wurden der Antragsgegnerin auferlegt.

Die Beigeladene hat bereits am 11.08.2022 einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO auf Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.06.2022 – 3 K 2669/22 – gestellt. Die 3. Kammer hat mit Beschluss vom 24.11.2022 unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.06.2022 (3 K 4358/21) den Antrag der dortigen Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung der Stadt Karlsruhe vom 18.10.2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 20.07.2022 abgelehnt. Eine Verletzung in drittschützenden Rechten folge jetzt nicht mehr aus einer Verletzung des Bestimmtheitsgebots. Die Auflagen hinsichtlich des gestatteten Ausmaßes der Geräuschimmissionen der sieben genehmigten Wärmepumpen zum Schutz der Nachbarschaft dürften durch den Änderungsbescheid vom 20.07.2022 hinreichend bestimmt sein. Die Neuregelung lege nunmehr in den Nebenbestimmungen Ziffern 18 sowie 18a ausdrücklich fest, dass alle Wärmepumpen an den getrennt geregelten Immissionsorten „zusammen“ die jeweils festgelegten (unterschiedlichen) Immissionsrichtwerte nicht überschreiten dürften. Auch der jeweils in beiden Nebenbestimmungen enthaltene Hinweis für die „kalten Wintertage“ stelle jetzt explizit auf den „Gesamt-Beurteilungspegel“ ab. Auch die nun festgesetzten Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tagsüber und 40 dB(A) nachts seien nun nicht mehr zu beanstanden.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die von den Eigentümern des Grundstücks Flst.-Nr. …3/2, Gri…straße … – Antragsteller in den Verfahren 3 K 2669/22 und 3 K 2669/22 – gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 09.12.2022 eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 27.06.2023 – 5 S 2631/22 – zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe im angegriffenen Beschluss Bezug genommen.

Die Antragsteller in diesem Verfahren haben sich mit Schreiben vom 20.02.2023 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe gewandt und um einstweiligen Rechtsschutz gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen ersucht. Zur Begründung wiederholten sie im Wesentlichen ihre Einwendungen aus dem Verwaltungsverfahren. Zudem machen sie geltend, dass ihre Situation anders als die der Nachbarn in der Sache 3 K 4358/21 zu beurteilen sei. Sie seien Sondereigentümer einer Wohnung im Hinterhaus des Anwesens Y…straße … und Miteigentümer an der im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer stehenden Hoffläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. …11 und somit antragsbefugt. Da ihr Gebäude direkt an das Bauvorhaben angrenze, seien sie unmittelbar betroffen. Das Vorhaben sei ihnen gegenüber in besonderem Maß rücksichtslos. Es sei ferner zu berücksichtigen, dass die Wärmepumpen auf den Dächern dazu führten, dass sich die Gebäudehöhe um diese Anlage jeweils erhöhe. Ihre Wohnräume würden verschattet.

Die Antragsteller beantragen, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.11.2021 gegen die der Beigeladenden von der Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigung vom 18.10.2021 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 20.07.2022 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Antragsteller seien bereits nicht antragsbefugt. Die Antragsteller seien Sondereigentümer des Hinterhauses. Die Wohnungseigentümergemeinschaft Y…straße selbst habe dem Vorhaben nicht widersprochen; daher seien die Antragsteller nur insoweit zu berücksichtigen, als ihr Sondereigentum durch das Vorhaben beeinträchtigt werde. Dies sei bei den Themen Kleinklima, Durchlüftung, Versiegelung, optische Erdrückungswirkung der Fall. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Die Frage der Geschossigkeit spiele für das Einfügen i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB keine Rolle. Die Maße in den Bauvorlagen seien nicht falsch dargestellt. Das Gebäude der Antragsteller sei 6,80 m über dem Nullpunkt hoch. Allerdings liege der Innenhof etwa 0,70 m tiefer, sodass die tatsächliche Höhe ihres Gebäudes in den Plänen mit 7,40 m richtig angegeben sei. In diesem Zusammenhang sei es widersprüchlich, dass die Antragsteller für ihr Hinterhaus die Höhe ab Fußboden gelten lassen wollten, gleichzeitig aber forderten, die Höhe des Vorhabens ab dem künftigen niedrigeren Hofniveau zu messen. Hinsichtlich der Höhe des Vorhabens gäbe es keine einheitliche Traufhöhe in der Umgebung. Das Vorhaben überrage die Gebäude G…straße 5 a bis f nur um gut 0,50 m; die auf den Gebäuden jeweils mittig liegenden Wärmepumpen wirkten kaum über die 0,40 m hohe Attika hinaus. Die zusätzliche Höhe von 0,5 m sei im Übrigen nicht geeignet, bodenrechtliche Spannungen auszulösen. Ferner füge sich das Vorhaben in die nähere Umgebung ein. Insbesondere sei die geschlossene Bauweise nicht zu beanstanden. Denn die Rückbebauung der Y…straße sei prägend für das Baugrundstück; diese sei fast 100 m lang. Die kleineren Lücken (6 m auf dem Grundstück der Antragsteller und 3 m auf dem Grundstück Flst.-Nr. …5, Y…straße 6) seien nicht geeignet, an dieser Betrachtung etwas zu ändern. Daher seien auch keine Grenzabstände einzuhalten. Die Bauweise sei ohnehin nicht nachbarschützend. Auch die sonstigen Einwendungen zeigten keinen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften auf. Angemerkt werde ferner, dass das von den Antragstellern besonders in den Blick genommene Dachfenster lediglich der Belichtung des Flurs diene. Das Vorhaben erweise sich auch den Antragstellern gegenüber nicht als rücksichtslos. Das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme sei insbesondere auch ein auf Gegenseitigkeit beruhendes Gebot, das aus dem Austauschverhältnis der benachbarten Grundstücke resultiere. Ein Geltendmachen des Rücksichtnahmegebots sei insbesondere dann ausgeschlossen, wenn die Nachbarn – wie vorliegend – selbst ein Vorhaben verwirklicht hätten, das dieselben oder ähnliche Auswirkungen auf das Nachbargrundstück habe. Ihr Gebäude werde überwiegend aus dem Innenhof des eigenen Grundstücks besonnt und belüftet. Eine rücksichtslose und unzulässige Beeinträchtigung von Belichtung und Beleuchtung, mit der die Antragsteller nicht hätten rechnen können und müssen, sei nicht zu erkennen.

Die Beigeladene beantragt, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in seinem Beschluss vom 24.11.2022 – 3 K 2669/22 -.

Dem Gericht liegen die Bauakte der Antragsgegnerin zu dem Bauvorhaben der Beigeladenen und die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zu den Verfahren 3 K 4358/21 und 3 K 2669/22 vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

a) Der Antrag der Antragsteller ist nach § 80a Abs. 3 Satz 1 und 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO und i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft. Denn gegen die dem Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung ist in der Hauptsache die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) zu richten. Ferner entfällt auf Grund von § 212a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller, sodass einstweiliger Rechtsschutz nur im Wege der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu erreichen ist.

b) Eine Antragsbefugnis der Antragsteller entsprechend § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO liegt vor. 26 Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Hierzu muss der Kläger plausibel darlegen, dass die Möglichkeit besteht, dass der angefochtene Verwaltungsakt ihn in einem subjektiven Recht verletzt. Selbiges gilt für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. etwa VG Karlsruhe, Beschl. v. 11.12.2007 – 2 K 3785/07).

Die Antragsteller machen insbesondere geltend, die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstoße zu ihren Lasten gegen die Vorschriften der Landesbauordnung über die einzuhaltenden Abstandsflächen sowie gegen das Rücksichtnahmegebot. Sowohl die Abstandsflächenvorschriften als auch das Gebot der Rücksichtnahme sind grundsätzlich nachbarschützend (vgl. statt vieler: BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 – 4 C 1.78 -, DVBI 1981, 928; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 24.03.20… – 8 S 1938/12 -, VBlBW 2015, 31). Zu den durch diese Vorschriften geschützten Nachbarn zählen auch die Antragsteller und zwar zum einen in ihrer Eigenschaft als Sondereigentümer einer Wohnung im Hinterhaus des Anwesens Y…straße … und zum anderen als Miteigentümer an der im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer stehenden Hoffläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. …1 (Y…straße …). Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Grundstück durch seinen Eigentümer „repräsentiert“ wird, sind Nachbarn im Sinne dieser Vorschriften Eigentümer und dinglich Berechtigte (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 – 4 C 9.91 -, NVwZ 1994, 682). Um eine Rechtsstellung als Eigentümer handelt es sich bei Wohnungseigentümern – wie hier den Antragstellern -, da sowohl das Sondereigentum als auch das Gemeinschaftseigentum stehen als echtes Eigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer stehen und nicht Teil des Vermögens des (teil-) rechtsfähigen Verbandes der Gemeinschaft der Eigentümer sind (vgl. BGH, Beschl. v. 02.06.2005 – V ZB 32/05 -, BGHZ 163, 154). Die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes bestimmen insoweit nichts Abweichendes (zu Vorstehendem ausführlich: VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.07.2017 – 5 S 2602/15 -, BauR 2018, 77).

Die Antragsteller sind nach § 42 Abs. 2 VwGO sowohl in ihrer Eigenschaft als Sondereigentümer als auch als Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum antragsbefugt, denn nach ihrem Vortrag erscheint eine Verletzung in beiden Rechtsstellungen durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung wegen Verstößen gegen die landesrechtlichen Vorschriften über die Abstandsflächen und das Rücksichtnahmegebot möglich. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründetheit.

2. Der auch im Übrigen zulässige Antrag ist indessen nicht begründet.

Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.11.2021 durch das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 VwGO.

In Ermangelung eigener gesetzlicher Maßstäbe nach § 80a VwGO gelten grundsätzlich auch im mehrpoligen Verhältnis die Maßstäbe des § 80 Abs. 5 VwGO, wie sich aus § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO ergibt (vgl. hierzu auch Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80a Rn. 23). Das Gericht hat folglich eine Interessenabwägung zwischen dem neben dem gesetzlich nach § 212a Abs. 1 BauGB normierten zusätzlich auch privaten Interesse der Beigeladenen am Vollzug der Baugenehmigung (Vollzugsinteresse) und dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs (Suspensivinteresse) vorzunehmen.

Das Gewicht der gegenläufigen Interessen wird – wie im Falle des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO – wesentlich durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Betroffenen in der Hauptsache geprägt. Hierbei ist mit Blick auf die in der Konstellation des § 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 VwGO allein streitgegenständliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Interesse eines Dritten zudem der allgemeine Grundsatz zu berücksichtigen, dass im Falle einer gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts der Rechtsbehelf eines Betroffenen keine aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und der Dritte diese gesetzlich im Interesse des begünstigenden Dritten vorgesehene sofortige Vollziehung im eigenen subjektiven Interesse zu durchbrechen sucht. Da der Gesetzgeber dem Vollziehungsinteresse im Grundsatz den Vorrang eingeräumt hat, erfordert die Anordnung der aufschiebenden Wirkung – die darüber hinaus nur bei zumindest offenen Erfolgsaussichten des Drittrechtsbehelfs in Betracht kommt – das Vorliegen besonderer Umstände, die vom Antragsteller vorgetragen werden und im konkreten Einzelfall ausnahmsweise ein Abweichen von der gesetzgeberischen Grundentscheidung rechtfertigen müssen (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.10.2021 – 10 S 471/21 -, VBlBW 2022, 245)

Im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung einer Baugenehmigung hat die Baurechtsbehörde, hier die Antragsgegnerin, grundsätzlich zu prüfen, ob das Vorhaben insgesamt die von ihr zu prüfenden Vorschriften des öffentlichen Rechts wahrt (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Der sich gegen eine Baugenehmigung wendende Dritte kann indessen die Aufhebung der Baugenehmigung im Wege einer (Dritt-)Anfechtungsklage nur verlangen, soweit diese rechtswidrig ist und ihn ein eigenen subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage wie auch der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestellte Antrag eines Dritten gegen die Baugenehmigung können damit im Ergebnis nur Erfolg haben, sofern die Baugenehmigung unter Verstoß gegen eine Vorschrift erteilt wurde und diese zugleich dem Schutz seiner Rechte zu dienen bestimmt ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 30.11.2018 – 5 S 854/17 -, VBlBW 2019, 247; Beschl. v. 16.02.2016 – 3 S 2167/15 -, Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 8. Aufl. 2020, § 52 Rn. 28 ff.). Ferner darf der Dritte nicht nach den Vorgaben des formellen Bauordnungsrechts mit jeder einzelnen seiner im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten Einwendungen präkludiert sein (vgl. § 55 Abs. 2 LBO). Mit ihrem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemachten Vorbringen sind die Antragsteller zwar nicht präkludiert (hierzu a)). Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im mehrpoligen Rechtsverhältnis vorzunehmenden vorläufigen Prüfung der Rechts- und summarischen Prüfung der Sachlage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.02.2018 – 1 VR 11.17 -, ZStV 2019, 31; Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand:

41. EL Juli 2021, § 80 VwGO Rn. 400 m. w. N.) verletzt die von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 18.10.2021 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 20.07.2022 die Antragsteller jedoch voraussichtlich nicht in nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungs- oder Bauplanungsrechts (hierzu b)). Auch sonst sind keine besonderen Umstände gegeben, die im Rahmen der Interessenabwägung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gebieten könnten (hierzu c)).

a) Die Antragsteller sind mit ihrem Vorbringen nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert. Dieses ist Gegenstand ihrer im Rahmen der Angrenzerbeteiligung nach § 55 Abs. 1 LBO mit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO fristgerechtem Einwendungsschreiben vom 08.09.2021 gerügten Verstöße des Vorhabens der Beigeladenen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften. Weitergehende und damit gegebenenfalls präkludierte Einwendungen haben die Antragsteller weder im Widerspruchsverfahren noch im gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren vorgebracht, sodass sich insoweit die Frage der möglichen Präklusion späteren Vorbringens von vornherein nicht stellt.

b) Das von der Baurechtsbehörde der Antragsgegnerin genehmigte Vorhaben verstößt voraussichtlich weder unter formellen noch unter materiellen Gesichtspunkten gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts (hierzu aa) und bb)) noch gegen sonstige Vorschriften zum Schutz der Antragsteller (hierzu cc)).

aa) Die Antragsteller können sich nach Aktenlage nicht darauf berufen, dass das von der Beigeladenen geplante Vorhaben gegen Vorschriften des Bauplanungsrechts verstößt, die zugleich dem Schutz ihrer Rechte zu dienen bestimmt sind.

Maßgeblich für die Beurteilung ist vorliegend § 34 Abs. 1 i. V. m. § 30 Abs. 3 BauGB. Denn Vorhaben der Beigeladenen liegt zwar im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplanes Nr. … „Nutzungsartfestsetzung“ vom 09.10.1984, der seit Inkrafttreten am 22.02.1985 für das Geviert Gri…straße/K…/Y…straße/G…straße ein Mischgebiet (MI) auf der Grundlage der BauNVO 1977 festsetzt und die in § 6 Abs. 3 BauNVO genannten Nutzungen für unzulässig erklärt. Darüber hinaus enthält der Bebauungsplan Nr. … indes keine Festsetzungen. Nach § 30 Abs. 3 BauGB richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Die Antragsteller haben keine Einwendungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung des streitgegenständlichen Vorhabens erhoben. Sie wenden sich insbesondere gegen die Ausmaße des geplanten Baukörpers. Nachbarschutz vermittelt insoweit jedoch nur das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Rücksichtnahmegebot (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 – 4 C 1.78 -, DVBl. 1981, 928; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.02.2016 – 5 S 1389/… -, BauR 2016, 956 und Urt. v. ….08.1997 – 5 S 1252/96 -, BauR 1998, 517). Das bedeutet, dass ein Nachbar nur dann Anspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung für ein Vorhaben hat, das sich nicht einfügt im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, wenn das Vorhaben zugleich gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt, er also dadurch einer billigerweise nicht mehr zumutbaren Beeinträchtigung ausgesetzt wird. Der objektiven Rechtswidrigkeit eines Vorhabens kommt demnach nur insofern eine gewisse Bedeutung zu, als die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit in einem solchen Fall schon bei Nachteilen etwas geringerer Intensität erreicht werden kann als wenn das Vorhaben in jeder Hinsicht rechtmäßig ist. Jedoch müssen auch dann die Nachteile noch von erheblichem Gewicht sein (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.02.1992 – 4 S 1384/90 -, VBlBW 1992, 344 m. w. N.). Umgekehrt liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots eher fern, wenn sich ein Vorhaben nach Maßgabe der in § 34 Abs. 1 BauGB normierten Kriterien objektiv rechtlich innerhalb des aus der Umgebung ableitbaren Rahmens hält (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.1999 – 4 B 128.98 -, BauR 1999, 615; Urt. v. 27.08.1998 – 4 C 5.98 -, BauR 1999, 152; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 02.06.2015 – 8 S 19…/… -, BauR 2015, 1805). Zwar kann auch ein Bauvorhaben, das isoliert betrachtet alle oben angesprochenen, im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB relevanten Gesichtspunkte erfüllt, sich im Einzelfall gleichwohl nicht einfügen, wenn es auf die vorhandene Umgebung nicht die gebotene Rücksicht nimmt. Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt nachbarschützende Funktion aber nur insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zum Nachteil eines Nachbarn liegt nur in denjenigen Ausnahmefällen vor, in denen eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist, was nur bei schweren oder unzumutbaren Beeinträchtigungen der Fall sein kann. Dabei sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn, letztlich das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, gegeneinander abzuwägen (BVerwG, Urt. v. 05.08.1983 – 4 C 96.79 -, BauR 1983, 547; Bayerischer VGH, Beschl. v. 04.07.2016 – 15 ZB ….891 -, VG Karlsruhe, Beschl. v. 15.06.2023 – 2 K …05/23).

Nach diesen Maßstäben verstößt das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung voraussichtlich nicht gegen nachbarschützende Vorschriften.

(1) Die nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche Eigenart der näheren Umgebung bezüglich der Bauweise (vgl. § 22 BauNVO), der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) und des Maßes der baulichen Nutzung wird hier nach Aktenlage im Osten durch die Grundstücke Y…straße …, …, …, …, … und …, im Süden durch die Grundstücke G…straße …, … und …, im Westen durch die Grundstücke Gri…straße … um im Norden durch die Bebauung auf den Grundstücken Y…straße …, … und … sowie K… … bestimmt.

Alle diese Grundstücke sind nach der „3D-Ansicht“ auf Google Maps (…, zuletzt abgerufen am 13.07.2023) sowie im „Geoportal“ der Antragsgegnerin (…, zuletzt abgerufen am 13.07.2023) vom Grundstück der Beigeladenen aus sichtbar und wirken auf dieses bereits aus diesem Grund optisch sowie auch sonst auf Grund ihrer Nähe ein. Diese nähere Umgebung ist geprägt von in mehrheitlich geschlossener Bauweise errichteten Mehrfamilienhäusern.

(2) Ob das Vorhaben der Beigeladenen die oben genannten Voraussetzungen eines Einfügens in die solchermaßen bestimmte nähere Umgebung in jeder Hinsicht erfüllt, kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach dem oben Gesagten dahinstehen. Denn nach den genannten Grundsätzen fehlt es hier an einer rücksichtslosen Auswirkung des Vorhabens auf die Antragsteller als Sondereigentümer als auch als Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum des südöstlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. …1. Das erkennende Gericht kann unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, wie sie sich bei Google Maps (s. o.) sowie nach den von den Beteiligten vorgelegten Bildern darstellen, keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot feststellen.

(a) Die Auffassung der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen führe zu einer erdrückenden Wirkung, teilt das Gericht nicht. Eine rücksichtslose, optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe, Länge (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 06.04.2018 – 15 ZB 17.36) und Volumen „übergroßen“ Baukörpern, die sich in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden befinden (BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 – 4 C 1.78 -, DVBl. 1981, 928; VG München, Beschl. v. ….03.2018 – M 8 SN 18.777 ) und die auch nicht annähernd den vorhandenen Gebäuden gleichartig sind (Bayerischer VGH, Beschl. v. 12.09.2013 – 2 CS 13.1351), in Betracht. Eine erdrückende Wirkung liegt aber nicht schon dann vor, wenn die bisherigen Verhältnisse durch eine bauliche Verdichtung geändert werden. Vom Neubauvorhaben muss vielmehr auf Grund der Massivität und Lage eine qualifizierte, handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück ausgehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.02.2016 – 5 S 1389/… -, BauR 2016, 956; OVG Bremen, Urt. v. 08.05.2018 – 1 B 18/18 -, BauR 2018, 1688). Für die Annahme einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist grundsätzlich kein Raum, wenn der Baukörper des Bauvorhabens nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 05.12.2012 – 2 CS 12.2290 -, Beschl. v. 11.05.2010 – 2 CS 10.454 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 06.10.2016 – 3 K 44/16).

Nach diesen Maßstäben ist das Bauvorhaben den Antragstellern gegenüber nicht rücksichtslos. Das Gericht verkennt nicht, dass sich die bisherigen Verhältnisse durch die geplante bauliche Verdichtung für die Antragsteller ändern. Insbesondere wird nicht außer Acht gelassen, dass die Bebauungsdichte in dem Geviert Gri…straße/K…/Y…straße/ G…straße durch die Verwirklichung des Bauvorhabens der Beigeladenen deutlich zunehmen wird. Gleichwohl erreicht das Vorhaben keine solche Dimension, die es den Antragstellern gegenüber als nicht mehr hinnehmbar erscheinen ließe. Vielmehr hält das geplante Vorhaben der Beigeladenen den Rahmen ein, den die Umgebung als verdichtete Stadtbebauung aufspannt.

Gegenteiliges ergibt sich vorliegend auch nicht aus der Ansicht der Antragsteller, das Bauvorhaben bestimme sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nach dem von der Blockrandbebauung nach Art und Maß deutlich abgesetzten und abgegrenzten Bebauung des Blockinneren. Ferner sei das geplante Vorhaben mit 11,55 m deutlich zu hoch. Ihr eigenes Gebäude sei lediglich 6,84 m hoch, die Gebäude des westlich des Baugrundstücks gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. …3/2 seien nur gut 9,80 m hoch. Ihr Gebäude werde demnach um 4,5 m überragt.

Dies vermag das Gericht anhand der Lagepläne, der Luftbilder und der genehmigten Baupläne so nicht festzustellen. Nach dem oben Gesagten ist für die Frage, ob sich geplante Vorhaben in die nähere Umgebung einfügen und somit im Regelfall auch nicht rücksichtslos gegenüber den Nachbarn darstellen, das Maß der baulichen Nutzung der näheren Umgebung maßgeblich. Entgegen der Ansicht der Antragsteller gehört zur näheren Umgebung – wie bereits beschrieben – ersichtlich auch die Blockrandbebauung, so dass es insoweit keiner weiteren Vertiefung bedarf, dass die Blockrandbebauung das Baugrundstück auch prägt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.11.2019 – 5 S 2373/19 -, BauR 2020, 811).

Die geplante Höhe des Bauvorhabens erweist sich den Antragstellern gegenüber nicht rücksichtslos. Denn in der näheren Umgebung finden sich Gebäude mit vergleichbarer oder größerer Höhe als das Vorhabengebäude. Die Attika des geplanten Gebäudes soll ausweislich der vorgelegten Baupläne, an deren Richtigkeit das Gericht keine Zweifel hegt, bei 127,02 m üNN (oder 11,20 m) über der vorhandenen Geländeoberfläche) ihren oberen Abschluss haben. Die Häuser des westlich des Baugrundstücks gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. …23/2, Gri…straße …, weisen eine Höhe von 126,52 m üNN auf und sind damit nur geringfügig niedriger als das Bauvorhaben (vgl. VG Karlsruhe, Beschl. v. 20.06.2022 – 3 K 4352/21 -, n. v.). Das Vorderhaus auf dem im Miteigentum der Antragsteller stehenden Grundstück Y…straße … ist nach den genehmigten Bauunterlagen, die im Rahmen des Einwendungsverfahrens von der Antragsgegnerin beigezogen wurden, …,34 m hoch (Angaben üNN fehlen hierfür) und damit deutlich höher als das Vorhaben der Beigeladenen. Die Höhe des geplanten Bauvorhabens hält sich damit ersichtlich in dem Rahmen, den die Blockbebauung bereits aufweist.

Wenngleich das Gebäude der Antragsteller nach den vorgelegten Plänen eine Firsthöhe von 123,22 m üNN (oder 7,40 m) über dem Bestandsboden aufweist und damit 3,80 m niedriger als das Bauvorhaben sein wird – diese Differenz lässt sich auch der genehmigten Nord- und Südansicht entnehmen -, ergibt sich daraus nicht, dass das Vorhaben ihnen gegenüber rücksichtslos wäre. Dabei verkennt das Gericht keinesfalls, dass das Gebäude der Beigeladenen das der Antragsteller erkennbar überragen wird. Selbst wenn man aber die von den Antragstellern für richtig gehaltene Höhendifferenz von 4,50 m berücksichtigte, welche von einer Gebäudehöhe ihres eigenen Gebäudes mit 6,84 m ausgeht – was jedoch nicht beachten würde, dass nicht die Gebäudehöhe auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze, sondern die Fußbodenhöhe als Bezugspunkt in den Blick genommen wurde -, ändert sich an dem vorstehend gefundenen Ergebnis nichts. Denn auch in diesem Fall hält sich die Höhe des geplanten Gebäudes im vorgegebenen Rahmen und erweist sich bereits vor diesem Hintergrund für die Antragsteller nicht als unzumutbar.

Des Weiteren ist dem Gericht und auch den Antragstellern als Anwohnern bekannt sowie der 3D-Ansicht auf Google Maps des Gevierts Gri…straße/K…/Y…straße/G…straße (s. o.) zu entnehmen, dass das Vorderhaus Y…straße … noch einmal deutlich von den Gebäuden (Vorderhäusern) Y…straße …, …, … und … überragt wird. Deshalb bestand für das Gericht kein Anlass, die konkreten Höhen der genannten Gebäude im Einzelnen zu ermitteln. Vor diesem Hintergrund entsteht bei Verwirklichung des Bauvorhabens für das Grundstück der Antragsteller keine „erdrückende“ Wirkung (so bereits für einen gleichgelagerten Fall, in dem das geplante grenzständige Vorhaben das Bestandsgebäude um 5,32 m überragte, weil es sich im Rahmen der bereits vorhandenen Bebauung bewegte: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.11.2019 – 5 S 2373/19 -, BauR 2020, 811). Auf Grund der bereits vorhandenen erheblichen Bebauung kann auch nicht erkannt werden, dass sich das Bauvorhaben in erdrückender Weise auf den zwischen dem Rück- und Vordergebäude der Antragsteller liegenden Hof auswirkt. Der Umstand, dass das Wohnhaus der Antragsteller den von der Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen hinsichtlich der Höhe deutlich unterschreitet, begründet kein Recht, dasselbe von der Beigeladenen zu verlangen (vgl. VG des Saarlandes, Urt. v. 08.12.2010 – 5 K 333/10).

Ferner vermag das Gericht keine erdrückende Wirkung vor dem Hintergrund der Behauptung der Antragsteller anzunehmen, dass ihre Wohnräume dauerhaft verschattet würden. Dies gilt zum einen hinsichtlich des Wohnzimmers im Erdgeschoss und des Kinderzimmers im Obergeschoss des Wohnhauses der Antragsteller. Diese Fenster sind nach Norden ausgerichtet und können daher von dem geplanten Vorhaben unter dem Gesichtspunkt „Besonnung/Verschattung“ nicht beeinträchtigt werden. Soweit die Antragsteller des Weiteren auf ihr Dachfenster verweisen, ist zu beachten, dass dieses Fenster insbesondere den Treppenaufgang vom Erdgeschoss ins Obergeschoss belichten soll. Das Wohnzimmer, das sich ausweislich des Bauantrags für das Gebäude der Antragsteller im Obergeschoss befindet, wird allerdings nach der „3D-Ansicht“ auf Google Maps (s. o.) durch drei Fenster in östliche Richtung zum Vorderhaus Y…straße … hin beleuchtet. Dementsprechend ist ebenfalls keine erdrückende Verschattungswirkung anzunehmen.

(b) Das gefundene Ergebnis wird ferner nicht durch den Einwand der Antragsteller, die Wärmepumpen seien bei der Höhe des Gebäudes ebenfalls zu berücksichtigen, infrage gestellt. Nach der in den Bauakten befindlichen Montage- und Betriebsanleitung hat die einzelne Wärmepumpe eine Höhe von 86,2 cm, im oberen Bereich eine Breite von 90,1 cm und eine Tiefe von 38,0 cm. Auch bei einer vorgesehenen Außenmontage mit einem Abstand von mindestens 10 cm Abstand zum Boden, wie in der Montage- und Betriebsanleitung vorgeschlagen, liegt ein Teil der Luftwärmepumpen hinter der 40 cm über den Dachboden hinausragenden Attika. Die einzeln mittig auf dem Dach aufgestellten Luftwärmepumpen sind demnach vom Wohnhaus der Antragsteller vermutlich ohnehin nicht sichtbar. Sie führen auf Grund ihrer begrenzten individuellen Breite sowohl für sich genommen als auch in einer Gesamtschau nicht zu einer „Riegelwirkung“, die dazu führt, dass das genehmigte Gebäude das vorhandene Gebäude der Antragsteller dominiert (vgl. hierzu bereits VG Karlsruhe, Beschl. v. 20.06.2022 – 3 K 4352/21 -, n. v.).

(c) Soweit die Antragsteller geltend machen, dass das Vorhaben die ihrer Ansicht nach zulässige Geschosszahl überschreite, ist dieses Vorbringen schon deshalb unbeachtlich, weil der Geschosszahl nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995 – 4 B 52.95 -, NVwZ 1996, 170; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.01.1995 – 3 S 3096/94 -, BauR 1995, 512; VG Freiburg, Beschl. v. 18.05.2001 – 7 K 689/01). Selbiges gilt für die Grund- und Geschossflächenzahl, auf die es zur Bestimmung des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ohnehin nicht entscheidend ankommt (vgl. u. a. BVerwG, Beschl. v. 21.06.2007 – 4 B 8.07 -, BauR 2007, 1691; Beschl. v. 30.01.1997 – 4 B 172.96 -, NVwZ-RR 1997, 519; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. ….07.2000 – 5 S 418/00 -, VBlBW 2001, 60; VG Münster, Urt. v. 03.03.2016 – 2 K 1210/… -; VG Freiburg, Beschl. v. 07.06.2011 -4 K 718/11).

(d) Im Übrigen vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die genehmigten Wärmepumpen die Antragsteller mit Blick auf die Geräuschimmissionen in ihren subjektiven Rechten verletzen könnten.

Soweit Lärmimmissionen in Rede stehen, werden zur Beurteilung, ob ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 22 Abs. 1 BImSchG hervorruft und damit die Schwelle der Zumutbarkeit überschreitet, die Anforderungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – vom 26.08.1998 (GMBl. S. 503) herangezogen (BVerwG, Urt. v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 -, BVerwGE …5, …5). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze auf Grund tatrichterlicher Würdigung lässt das Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, Urt. v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209; Urt. v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 -, BVerwGE …5, …5).

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 -, BVerwGE 109, 3…; Urt. v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 -, BVerwGE …5, …5).

Nach Maßgabe dessen sind unter Berücksichtigung der der Baugenehmigung vom 18.10.2021 und deren Ergänzung vom 20.07.20224 beigefügten Nebenbestimmungen durch den Betrieb der Wärmepumpen voraussichtlich keine Lärmimmissionen zu erwarten, die sich für die Antragsteller als unzumutbar erweisen.

Hierzu wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29.06.2023 – 5 S 2631/22 – verwiesen:

„Insoweit machen sie zunächst geltend, die Nebenbestimmung Nr. 18a des Bescheids der Beigeladenen vom 20. Juli 2022 sei zu unbestimmt, weil die Formulierung „nach der TA Lärm bzw. der DIN 4109-1“ offenlasse, nach welcher Vorschrift die tatsächliche Lärmbelastung zu messen sei.

Hiermit dringen die Antragsgegner nicht durch. Nach dem vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten und von den Antragsgegnern auch nicht in Zweifel gezogenen Maßstab ist ein Verwaltungsakt nur dann nicht mehr inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 LVfVfG, wenn sein Wortlaut nicht eindeutig ist und sein Regelungsgehalt auch durch Auslegung nicht hinreichend sicher ermittelt werden kann. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Den Antragsgegnern ist zwar zuzugeben, dass die Formulierung „bzw.“ isoliert betrachtet durchaus dahingehend verstanden werden kann, dass ein alternatives Verhältnis der in Bezug genommenen Satzteile gemeint ist. Bei der vorliegend zu beurteilenden Formulierung bedeutet die Verwendung der Abkürzung „bzw.“ jedoch eine kumulative Anwendung von TA Lärm einerseits und DIN 4109-1 andererseits, und zwar jeweils im Rahmen ihrer unterschiedlichen Anwendungsbereiche. So dient die TA Lärm gemäß ihrer Nr. 1 dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sowie der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche, die – mit den dort angeführten Ausnahmen – von Anlagen ausgehen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen den Anforderungen des Zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterliegen. Die DIN 4109-1, bekannt gemacht im GABl. 1990, 829, hingegen legt Anforderungen an den Schallschutz im Wohnungsbau und an die hierbei verwendeten Bauteile fest. Die genannten Regelungen haben somit ersichtlich unterschiedliche Anwendungsbereiche und Regelungsziele. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die in Rede stehende Nebenbestimmung Nr. 18a beide Regime zum Immissionsschutz kumulativ zur Anwendung bringt, und zwar jeweils im Rahmen ihrer Anwendungsbereiche.

(…)

Weiter rügen die Antragsgegner, der tagsüber geltende Immissionsrichtwert hätte in der Nebenbestimmung Nr. 18a richtigerweise auf 55 dB(A) festgesetzt werden müssen und nicht, wie geschehen, auf 60 dB(A). Denn im Blockinnenbereich des Gevierts Gri…straße/K…/Y…straße/G…straße, in dem ihr Grundstück liege, befinde sich ausschließlich Wohnnutzung, weshalb tags der Immissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet festzusetzen gewesen wäre und nicht jener für ein Mischgebiet. Dies gelte auch deshalb, weil sie besonders schutzwürdig seien. Denn aufgrund der höheren Blockrandbebauung erhöhe sich der maßgebliche Schalldruckpegel der Wärmepumpen durch Reflexionen.

Auch hiermit vermögen die Antragsgegner nicht durchzudringen. Nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts, der die Antragsgegner nicht entgegengetreten sind, richtet sich die zumutbare Lärmbelastung in einem durch Bebauungsplan festgesetzten besonderen Wohngebiet, wie es vorliegend für das Grundstück der Antragsgegner der Fall ist, mangels besonderer Bestimmungen in der TA Lärm nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.1.1992 – 4 B 228/91 – Rn. 5 m. w. N). Nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die hier maßgebliche Blockrandbebauung von Wohnnutzung durchmischt mit gewerblicher Nutzung gekennzeichnet, während der Blockinnenbereich unter Würdigung des Beschwerdevorbringens wohl ausschließlich durch Wohnnutzung geprägt ist. Dies rechtfertigt es, tags den Immissionsrichtwert für Mischgebiete in Höhe von 60 dB(A) festzusetzen. Soweit die Antragsteller dem die ausschließliche Wohnnutzung im Blockinnenbereich entgegenhalten und hiervon eine höhere Schutzbedürftigkeit abzuleiten gedenken, folgt der Senat dem nicht. Denn anhand des vorhandenen Lichtbildmaterials und ausgehend von den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den vorhandenen Nutzungen im Blockrandbereich wird das Grundstück der Antragsgegner auch durch die dort vorhandenen gewerblichen Nutzungen betroffen. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese sich nicht auch in den Blockinnenbereich auswirken würden. Dementsprechend ist es gerechtfertigt, tagsüber den Immissionsrichtwert für ein Mischgebiet festzusetzen, welches durch ein Nebeneinander von Wohnen und nicht störender Gewerbenutzung geprägt ist. Hingegen ist die Rechtsansicht der Antragsgegner in Bezug auf die zu betrachtenden Wechselwirkungen zu eng, wenn sie ausschließlich die im Blockinnenbereich vorhandene Wohnnutzung in den Blick nehmen.

Eine höhere Schutzbedürftigkeit ergibt sich auch nicht aus den geltend gemachten Schallreflexionen. Denn das nach dem angeführten Maßstab zu ermittelnde Schutzniveau ergibt sich unabhängig davon, ob die in Rede stehenden Schallimmissionen unmittelbar von der Quelle oder von mittelbaren Übertragungsmedien herrühren.

Soweit die Antragsgegner schließlich die vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Schallimmissionsprognose des Büros H. + B. vom 4. Juli 2022 in Zweifel ziehen, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde.

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts kommt die genannte Prognose zu dem Ergebnis, dass bei gleichzeitigem Betrieb aller Wärmepumpen an den für die Antragsgegner relevanten Immissionsorten tagsüber Beurteilungspegel von maximal 32 dB(A) und in der Nachtzeit von maximal 26 dB(A) auftreten und damit die maßgeblichen Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Soweit die Antragsgegner den festgestellten und von ihnen grundsätzlich nicht angegriffenen Beurteilungspegeln verschiedene Zuschläge hinzuaddieren möchten, führt dies nicht zu einer Verletzung nachbarschützender Rechte. Denn auch wenn ihre Auffassung zuträfe und tatsächlich höhere Beurteilungspegel festzustellen gewesen wären, würden die festgesetzten Immissionsgrenzwerte eingehalten. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach Auffassung der Antragsgegner hätten der Immissionsprognose eine Messunsicherheit in Höhe von 3 dB(A), ein Zuschlag für Impuls- und Tonhaltigkeit in Höhe von 6 dB(A) und nachts aufgrund des erlaubten „Volllastbetriebs“ weitere 2 dB(A) hinzugerechnet werden müssen. Selbst wenn dies zuträfe, würden die festgesetzte Immissionsrichtwerte jedoch eingehalten. Denn unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Antragsgegner ergäbe sich dann tags ein Beurteilungspegel in Höhe von 41 dB(A) und nachts ein Beurteilungspegel in Höhe von 37 dB(A). Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die genehmigten Wärmepumpen, wie die Antragsgegner meinen, nicht dem Stand der Technik entsprechen. Denn nach dem Ausgeführten sind sie nicht von schädlichen Umwelteinwirkungen betroffen, die durch diese Wärmepumpen hervorgerufen würden, weshalb deren Vermeidbarkeit nach dem Stand der Technik im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG vorliegend keine Rolle spielt.“

Nichts Anderes gilt für die Antragsteller im hiesigen Verfahren. Denn die Schallimmissionsprognose des Büros H… + B… vom 04.07.2022 kommt für das Gericht schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass bei gleichzeitigem Betrieb aller Wärmepumpen an den für die Antragssteller relevanten Immissionsorten tagsüber (6.00 bis 22.00 Uhr) Beurteilungspegel von maximal 28 dB(A) und in der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) von maximal 23 dB(A) auftreten. Damit liegen die Werte – wie die im Fall der Antragsgegner im Verfahren 5 S 2631/22 – noch deutlich unter den festgesetzten Immissionsrichtwerten.

bb) Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts.

(1) Das Bauvorhaben der Beigeladenen verletzt nicht zu Lasten der Antragsteller Vorschriften über die Beachtung von Abstandsflächen.

Vorliegend ist nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO vor den Außenwänden des Vorhabens an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Antragsteller keine Abstandsfläche erforderlich.

(aa) Nach dieser Vorschrift ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden an Grundstücksgrenzen, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden darf und öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird.

Die Beigeladene darf nach den Vorgaben des Bauplanungsrechts an die Grenze bauen. Wie bereits erwähnt, liegen das Vorhabengrundstück und das Grundstück der Antragsteller im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans, der lediglich als Art der Nutzung ein Mischgebiet festsetzt. Auch die Baufluchtenpläne regeln insoweit nichts Relevantes. Das geplante Vorhaben fügt sich hier ohne Weiteres nach § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der Bauweise, die in der planungsrechtlichen Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO angesprochen wird, in die nähere Umgebung ein. Die maßstabsbildende Umgebung der Blockbebauung weist sowohl geschlossene als auch (teil-)offene Bauweise auf, so dass planungsrechtlich an die Grenze gebaut werden darf, aber nicht muss.

Eine öffentlich-rechtliche Sicherung in Form einer Baulast nach § 71 LBO, dass auf dem Grundstück der Antragsteller an die Grenze zum Vorhabengrundstück gebaut wird besteht nicht. Allerdings ist die öffentlich-rechtliche Sicherung darüber hinaus ausnahmsweise auch dann gewährleistet, wenn auf dem Nachbargrundstück bereits ein Gebäude, von dessen Fortbestand ausgegangen werden kann, an der Grenze vorhanden ist, und der geplante Grenzbau noch in einer hinreichenden Beziehung zu dem vorhandenen Gebäude steht. Denn in einem solchen Fall würde es sich bei der Forderung nach der Eintragung einer Baulast um eine bloße Förmelei handeln. Die Wirkungen eines bereits vorhandenen Gebäudes auf dem Nachbargrundstück können jedoch nicht weiter reichen als bei einer entsprechenden Baulast. Eine auf dem Nachbargrundstück vorhandene Grenzbebauung kann die von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO geforderte öffentlich-rechtliche Sicherung daher nur in ihrem Umfeld setzen. Das an der Grenze geplante Bauvorhaben und das auf dem Nachbargrundstück bereits errichtete Gebäude müssen zueinander in einer gewissen Beziehung stehen und beide Gebäude müssen sich in einem Maße überdecken, dass als Ergebnis einer beiderseitigen Grenzbebauung noch der Eindruck einer geschlossenen Bauweise vermittelt wird. Nicht ausreichend ist, wenn irgendwo an der gemeinsamen Grundstücksgrenze ein Grenzbau errichtet ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.11.2019 – 5 S 2373/19 -, BauR 2020, 811; Urt. v. 02.06.20… – 8 S 19…/… -, VBlBW 2016, 287; Beschl. v. 03.11.20… – 3 S 1368/… -, NVwZ-RR 2015, 288). Ab welcher Abweichung der Eindruck einer geschlossenen Bauweise nicht mehr besteht, ist eine Frage des Einzelfalles.

Jedenfalls liegt in faktischer Hinsicht eine „öffentlich-rechtliche Sicherung“, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO), vor, wenn auf dem Nachbargrundstück bereits ein Grenzbau entlang der Grundstücksgrenze im Umfang des Bauvorhabens oder gar entlang der gesamten Grundstücksgrenze vorhanden ist. Nichts Anderes ergibt sich letztlich aus dem Umstand, dass der nordwestliche Teil des Grundstücks der Antragsteller bislang nicht mit einem Grenzbau bebaut ist.

Bezüglich des erforderlichen Umfangs der Überdeckung wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg entschieden, es sei nicht erforderlich, dass die geplante Grenzbebauung und die vorhandene Grenzbebauung in Höhe und Tiefe der Baukörper weitestgehend deckungsgleich seien (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 02.06.20… – 8 S 19…/… -, VBlBW 2016, 287; Beschl. v. 12.02.2007 – 5 S 2826/06 – VBlBW 2007, 383; Beschl. v. 10.1.2006 – 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350 und Beschl. v. 29.01.1999 – 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347). In seiner neueren Entscheidung stellt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg weitgehend klar, dass es auf den Umfang der höhenmäßigen Überdeckung des Bauvorhabens mit der bereits vorhandenen Bebauung im Rahmen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO nicht ankommt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll allein der fehlende Grenzabstand und nicht die Überdeckung der Höhe nach maßgeblich sein (vgl. hierzu ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.11.2019 – 5 S 2373/19 -, BauR 2020, 811).

Damit kommt es im Rahmen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO allein darauf an, dass das geplante Bauvorhaben und das auf dem Nachbargrundstück bereits errichtete Gebäude entlang der Grenze zueinander in einer gewissen Beziehung stehen und beide Gebäude sich hinsichtlich der Bautiefe in einem Maße überdecken, das als Ergebnis einer beiderseitigen Grenzbebauung noch der Eindruck einer geschlossenen Bauweise vermittelt. Ob der Eindruck einer geschlossenen Bauweise vermittelt wird, ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles und lässt sich nicht mit mathematischer Genauigkeit anhand von Überdeckungsverhältnissen von 50 % oder 75 % festmachen (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.11.2019 – 5 S 2373/19 -, BauR 2020, 811 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 19.03.2015 – 4 C 12…. -, NVwZ 2015, 1769).

(bb) Ausgehend hiervon liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO vor.

Auf die Höhe der Grenzbauten kommt es – wie erwähnt – nicht an. Es bedarf daher in diesem Zusammenhang keiner weiteren Ausführungen zu dem Umstand, dass das Gebäude der Antragsteller etwa 3,80 m niedriger als das der Beigeladenen ist. Maßgeblich ist, dass es sich – was unstreitig der Fall ist – um einen Grenzbau handelt.

Auch mit Blick auf die längenmäßige Überdeckung entlang der Grundstücksgrenze – also der Bautiefe – hat das Gericht keine Bedenken, nach den oben dargestellten Maßgaben eine geschlossene Bauweise anzunehmen. Zwar ist das Grundstück der Antragsteller bislang nicht entlang der kompletten Grundstücksgrenze mit einem Grenzbau bebaut. Vielmehr ist das Wohnhaus der Antragsteller 13,26 m lang, ihr Grundstück insgesamt misst jedoch 19 m. Dementsprechend bleiben am nordwestlichen Teil 5,74 m unbebaut. Gleichwohl können die Antragsteller daraus folgend nicht verlangen, dass die Beigeladene auf eine die komplette Grenze einnehmende Bebauung verzichten muss.

Bei einem Vorhaben wie dem der Beigeladenen kann nämlich nicht außer Betracht bleiben, dass diese sich ihre Grundstücksgrenze in östlicher Richtung mit vier verschiedenen anderen Grundstücken teilt. Hier haben drei der vier Grundstücke vollständig grenzständige Bauten errichtet. Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob ein Bauvorhaben sich, sofern es sich seine Grundstücksgrenze mit mehreren anderen Grundstücken teilt, stets an die Vorgaben aller einzelnen Grundstücke halten und in der Konsequenz möglicherweise keinen vollständigen Grenzbau verwirklichen kann, sofern auf den Nachbargrundstücken ebenfalls nur teilweise Grenzbauten errichtet worden sind. Denn vorliegend besteht die Besonderheit, dass drei der vier Grundstücke vollständig an der Grenze bebaut sind. Auch das Grundstück der Antragsteller ist zum Großteil grenzständig bebaut, nämlich auf einer Länge von 13,26 m bei einer Gesamtlänge von 19 m, mithin zu 69,8 %. Demnach bleiben lediglich 30,2 % unbebaut. Bezogen auf die Gesamtlänge des Grundstücks der Beigeladenen bleiben sogar nur 10,8 %, die nicht grenzständig bebaut sind. Auch wenn somit an auf dem Grundstück der Antragsteller lediglich eine maximale streckenmäßige Überdeckung von knapp 70 % erreicht wird, vermitteln die geplante Bebauung und die Bestandsbebauung bei einer Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles den Eindruck einer geschlossenen Bauweise, der insbesondere auch durch die vorliegenden Bilder (s. o.) bestätigt wird.

(2) Ob das geplante Vorhaben der Beigeladenen ausreichend erschlossen ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn insoweit sind die maßgeblichen baurechtlichen Vorschriften nicht dem Schutz der Antragsteller als Nachbarn zu dienen bestimmt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.12.1989 – 8 S 2905/89 -, AgrarR 1991, 113; Beschl. v. 21.07.1980 – 3 S 838/80).

(3) Soweit die Antragsteller zudem geltend machen, dass sich die ohnehin angespannte Parksituation in der Umgebung erheblich verschärfen werde, ist nicht erkennbar, dass die Antragsteller in eigenen Rechten verletzt sein könnten. Abgesehen davon, dass sie hierzu ohnehin nichts Substantiiertes vorgebracht haben, dürften sie von eventuell zunehmenden Parksuchverkehr nicht betroffen sein. Denn ihr Wohnhaus liegt im Hinterhof der Y…straße …, sodass sie einen möglicherweise zunehmenden Verkehr im östlichen Bereich der genehmigten Gebäude und durch diese überdies abgeschirmt sowie außerhalb des Gevierts Gri…straße/K…/Y…straße/G…straße schon nicht wahrnehmen können werden.

(4) Ferner ist die von den Antragstellern erhobene Rüge, es werde entgegen § 9 Abs. 2 LBO kein erforderlicher Spielplatz angelegt und die Grundstücksfläche werde ohne Grünfläche bebaut (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 LBO), unbeachtlich. Denn beide Vorschriften sind nicht nachbarschützend, sondern dienen ausschließlich bausozialrechtlichen Zwecken (Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 8. Aufl. 2020, § 9 Rn. 40).

(5) Inwiefern das Vorhaben der Beigeladenen gegen Vorschriften des Brandschutzes (vgl. § 15 LBO) verstoßen sollte, haben die Antragsteller nicht ansatzweise substantiiert aufgezeigt. Angesichts des Umstandes, dass § 2 Abs. 3 und Abs. 4 LBOAVO bereits dem Wortlaut nach ersichtlich nicht nachbarschützend ist und die Beigeladene eine Brandschutzwand zum Grundstück der Antragsteller plant, ist ein solcher Verstoß auch nicht offenkundig.

(6) Die Form eines Daches eines Bauvorhabens ist bereits im beplanten Innenbereich kein nachbarschützender Belang (vgl. hierzu etwa VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 13.07.1990 – 8 S 1279/90 -, NuR 1992, 233), sodass dies erst recht für den unbeplanten Bereich gilt.

cc) Auch die sonstigen Einwendungen der Antragsteller vermögen ihrem Antrag nicht zum Erfolg zu verhelfen.

(1) Für das vorliegende Verfahren ist es ohne Bedeutung, ob das Grundstück der Antragsteller infolge der zugelassenen Nutzung des Nachbargrundstücks eine Wertminderung erfahren könnte. Da sich jede Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann, kommt einer Wertminderung allenfalls eine Indizwirkung für die Interessenabwägung zu. Ein Abwehranspruch kann jedoch nur gegeben sein, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.12.1996 – 4 B 215.96 -, NVwZ-RR 1997, 516; Beschl. v. 13.11.1997 – 4 B 195.97 -, NVwZ-RR 1998, 540). Nur so weit, wie ein Nachbar aus städtebaulichen Gründen Rücksichtnahme verlangen kann, schlägt auch der Gesichtspunkt der Wertminderung zu Buche (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.11.1997 – 4 B 195.97 -, NVwZ-RR 1998, 540; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.10.2003 – 5 S 138/03 -, VBlBW 2004, 1…). Das ist hier – wie mehrfach dargelegt – nicht der Fall.

(2) Soweit die Antragsteller zusätzlich eine Beeinträchtigung der Bausubstanz ihres Anwesens befürchten, sind sie auf den ordentlichen Rechtsweg zu den Zivilgerichten zu verweisen.

(3) Hinsichtlich der beantragten und genehmigten Absenkung der Geländeoberfläche um 0,35 m durch die Beigeladene auf dem Baugrundstück ist nicht ersichtlich, in welchen Rechten die Antragsteller verletzt sein könnten. Diesbezüglich tragen sie auch nichts Substantiiertes vor.

(4) Soweit die Antragsteller zudem beanstanden, dass die Beigeladene das Baugrundstück vollständig versiegeln wird – was angesichts der geplanten Dachbegrünung durch die Beigeladene in dieser Absolutheit ohnehin nicht zutreffend ist -, ist ebenfalls keine Rechtsverletzung der Antragsteller ersichtlich.

dd) Andere Verstöße der Baugenehmigung gegen sonstige nachbarschützende Vorschriften wurde von den Antragstellern weder im Rahmen der Angrenzerbeteiligung nach § 55 Abs. 1 LBO noch sonst vorgetragen.

c) Besondere Umstände, die trotz der voraussichtlichen Nichtbetroffenheit der Antragsteller in eigenen subjektiven Rechten im Rahmen der Abwägung zwischen Vollzugs- und Suspensivinteresse (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93) ein Überwiegen des Suspensivinteresses der Antragsteller nahelegen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Umstand, dass auf Grund der Vollziehbarkeit der Baugenehmigung gleichsam „vollendete Tatsachen“ durch Errichtung des Gebäudes geschaffen werden, ändert hieran nichts. Dies ist für sich genommen die gesetzlich vorgesehene Folge der sofortigen Vollziehbarkeit der Baugenehmigung, ohne dass hierdurch irreversible und unzumutbare Folgen bei den Antragstellern einträten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93).

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach den Grundsätzen der Billigkeit erstattungsfähig, da diese einen Antrag gestellt und hiermit ein Kostenrisiko übernommen hat. Die Antragsteller haften als Miteigentümer des an das Vorhabengrundstück angrenzenden Grundstücks als Gesamtschuldner gemäß § 159 Satz 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Anlehnung an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen (abgedruckt unter Hug, in: Kopp/ Schenke, VwGO, Anhang zu § 164). Danach ist für die Klage eines Nachbarn ein Streitwert im Rahmen von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR festzusetzen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist für ein Einfamilienhaus ein Streitwert im mittleren Bereich von 10.000,00 EUR in der Regel angemessen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.08.20… – 3 S …00/…). Dieser Regelwert ist mit der Anzahl der genehmigten baulichen Anlagen zu multiplizieren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.06.2023 – 5 S 2631/22 -, den Beteiligten bekannt).

Eine Reduzierung dieses Streitwerts für Hauptsacheverfahren in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt nach Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs 2013 nicht in Betracht, wenn diese die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder zum Teil vorwegnehmen. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung der Baurechtssenate des Verwaltungsgerichtshofs dann der Fall, wenn sich ein Baunachbar nicht allein gegen die Auswirkungen der zukünftigen Nutzung des Nachbargrundstücks, sondern – wie hier – gegen solche des Baukörpers zur Wehr setzt und einen vorläufigen Stopp dessen Errichtung begehrt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.04.2019 – 5 S 2102/18 -, VBlBW 2019, 459; Beschl. v. 27.08.2014 – 3 S 1400/14 -; Beschl. v. 13.08.2014 – 8 S 979/14 -; Beschl. v. 11.12.2013 – 3 S 1964/13 -, VBlBW 2014, 275).

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