Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Urteil LG Dresden: Mietminderung wegen Legionellen erst ab hoher Konzentration von 10.000 KbE/100 ml – Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs wirksam
- Ausgangssituation: Legionellenbefall in Dresdner Mietwohnung führt zu Mietminderung
- Der Streitpunkt: Ab welchem Legionellenwert ist eine Mietminderung wegen Gesundheitsgefahr gerechtfertigt?
- Das Urteil des Amtsgerichts Dresden: Keine Mietminderung unter 10.000 KbE/100 ml
- Die Berufung des Mieters vor dem Landgericht Dresden
- Die Entscheidung des Landgerichts Dresden: Berufung zurückgewiesen, Kündigung bestätigt
- Die Begründung des Landgerichts: Kein Mangel trotz Überschreitung des Maßnahmewertes
- Konsequenzen: Mietrückstand bestand, Kündigung wirksam
- Ausblick: Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab wann gilt ein Legionellenbefall im Trinkwasser als Mietmangel?
- Welche Grenzwerte für Legionellen im Trinkwasser sind rechtlich relevant für eine Mietminderung?
- Was ist der Unterschied zwischen dem „technischen Maßnahmewert“ und dem Wert, ab dem eine „konkrete Gesundheitsgefahr“ durch Legionellen besteht?
- Muss ich als Mieter eine tatsächliche Gesundheitsgefährdung nachweisen, um eine Mietminderung aufgrund von Legionellen durchzusetzen?
- Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn der Vermieter trotz Legionellenbefalls keine Maßnahmen ergreift?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 4 S 81/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Dresden
- Datum: 24.09.2024
- Aktenzeichen: 4 S 81/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Vermieterin, die Räumung der Wohnung und Zahlung rückständiger Mieten forderte.
- Beklagte: Mieter, der Miete wegen Legionellenbefalls im Trinkwasser minderte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Vermieterin forderte vom Mieter die Räumung und Zahlung rückständiger Mieten. Der Mieter hatte die Miete gemindert, da Legionellen im Trinkwasser festgestellt wurden. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs, der aus der von ihr als unberechtigt angesehenen Mietminderung resultierte. Es wurden verschiedene Messungen der Legionellenkonzentration durchgeführt. Der Mieter zahlte während des Verfahrens einen Teilbetrag. Das Amtsgericht gab der Vermieterin recht. Der Mieter legte Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens räumte der Mieter die Wohnung.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob eine Belastung des Trinkwassers mit Legionellen einen Mangel der Wohnung darstellt, der zur Mietminderung berechtigt. Entscheidend war, ob dafür bereits die Überschreitung eines technischen Maßnahmewertes (100 KbE/100 ml) genügt oder erst eine Konkrete Gesundheitsgefahr (> 10.000 KbE/100 ml) vorliegen muss. Davon hing ab, ob die Mietminderung des Mieters rechtmäßig war und die Kündigung durch die Vermieterin wegen Zahlungsverzugs wirksam war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Dresden wies die Berufung des Mieters vollumfänglich zurück. Es bestätigte das Urteil des Amtsgerichts, das den Mieter zur Zahlung rückständiger Mieten in Höhe von 2.832,85 EUR verurteilte. Hinsichtlich des ursprünglichen Räumungsanspruchs stellte das Gericht fest, dass dieser durch die Räumung der Wohnung durch den Mieter erledigt war. Das Gericht ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu.
- Begründung: Die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Vermieterin wegen Zahlungsverzugs war wirksam, da der Mieter nach Ansicht des Gerichts mit mehr als zwei Monatsmieten im Rückstand war. Ein Recht zur Mietminderung wegen des Legionellenbefalls bestand nicht. Das Gericht begründete dies damit, dass weder eine Nutzungsbeeinträchtigung der Wohnung noch eine Gesundheitsgefährdung des Mieters vorlag. Eine Nutzungsbeeinträchtigung liege nach Sachverständigengutachten erst ab einer Belastung von über 10.000 KbE/100 ml vor; die gemessenen Werte lagen im relevanten Zeitraum darunter. Für eine Mietminderung rechtfertigende Gesundheitsgefährdung gelte ein objektiver Maßstab, der sich an anerkannten Regeln und Grenzwerten orientiere. Da nach diesen Regeln erst bei Werten über 10.000 KbE/100 ml Maßnahmen zur Vermeidung akuter Gesundheitsgefahren notwendig seien, könne bei den im vorliegenden Fall gemessenen niedrigeren Werten grundsätzlich nicht von einer Gesundheitsgefährdung im Rechtssinne ausgegangen werden. Die Zahlung des Mieters wurde auf die ältesten Mietrückstände verrechnet, was den Zahlungsverzug nicht beseitigte.
- Folgen: Der Mieter wurde zur Zahlung der rückständigen Mieten verurteilt. Das Mietverhältnis endete durch die wirksame Kündigung der Vermieterin.
Der Fall vor Gericht
Urteil LG Dresden: Mietminderung wegen Legionellen erst ab hoher Konzentration von 10.000 KbE/100 ml – Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs wirksam
Das Landgericht Dresden hat in einem Berufungsverfahren entschieden, unter welchen Umständen eine Belastung des Trinkwassers mit Legionellen zu einer Mietminderung berechtigt.

Im Kern ging es um die Frage, ob bereits das Überschreiten des sogenannten technischen Maßnahmewertes von 100 Koloniebildenden Einheiten pro 100 Milliliter (KbE/100 ml) ausreicht, oder ob erst eine konkrete Gesundheitsgefahr vorliegen muss, die in der Regel erst bei Werten über 10.000 KbE/100 ml angenommen wird. Diese Unterscheidung war entscheidend für die Rechtmäßigkeit einer vom Mieter vorgenommenen Mietminderung und somit für die Wirksamkeit einer vom Vermieter ausgesprochenen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs.
Ausgangssituation: Legionellenbefall in Dresdner Mietwohnung führt zu Mietminderung
Die Klägerin in diesem Rechtsstreit war die Vermieterin einer Wohnung in Dresden. Der Beklagte war der Mieter dieser Wohnung. Ab Juni 2020 begann der Mieter, die monatliche Miete zu kürzen. Als Grund nannte er einen festgestellten Legionellenbefall im Trinkwasser der Wohnung bzw. des Gebäudes. Die Vermieterin akzeptierte die Mietminderung nicht und forderte den Mieter zur Zahlung der ausstehenden Beträge sowie zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auf. Im Laufe des Streits sprach die Vermieterin mehrere fristlose Kündigungen aus, darunter am 18. Mai 2022, in der Klageschrift selbst und am 30. November 2022. Für das spätere Gerichtsverfahren wurde jedoch vor allem die Kündigung relevant, die die Vermieterin mit einem Schreiben vom 4. Januar 2023 aussprach. Diese Kündigung stützte sich auf § 543 Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der eine fristlose Kündigung bei erheblichem Zahlungsverzug des Mieters erlaubt.
Der Streitpunkt: Ab welchem Legionellenwert ist eine Mietminderung wegen Gesundheitsgefahr gerechtfertigt?
Im Zusammenhang mit dem Legionellenbefall wurden über die Zeit mehrere Wasserproben genommen. Bereits am 11. April 2019 war eine sehr hohe Belastung von über 10.000 KbE/100 ml festgestellt worden. Nachfolgende Maßnahmen führten jedoch dazu, dass bei einer erneuten Beprobung am 3. September 2019 die Werte deutlich gesunken waren. In der Wohnung des Mieters wurde zu diesem Zeitpunkt sogar ein Wert von Null gemessen.
Für den Zeitraum, in dem der Mieter die Miete minderte (Juni 2020 bis August 2021), wurden erneut Proben genommen. Unter anderem ergab eine Messung am 8. April 2021 in der Wohnung des Mieters einen Wert von 200 KbE/100 ml. Die Messwerte im Gebäude und in der Wohnung des Mieters schwankten in diesem relevanten Zeitraum zwischen 200 KbE/100 ml und 3.400 KbE/100 ml. Entscheidend war jedoch, dass alle diese Werte unterhalb der Schwelle von 10.000 KbE/100 ml blieben.
Der Mieter leistete am 6. April 2022 eine Zahlung von 1.500,00 Euro. Die Vermieterin verrechnete diesen Betrag gemäß den gesetzlichen Regelungen (§ 366 BGB) mit den ältesten offenen Mietforderungen.
Das Urteil des Amtsgerichts Dresden: Keine Mietminderung unter 10.000 KbE/100 ml
Das Amtsgericht Dresden gab der Klage der Vermieterin in erster Instanz statt. Mit Urteil vom 16. Februar 2023 wurde der Mieter zur Räumung der Wohnung und zur Zahlung der rückständigen Miete in Höhe von 2.832,85 Euro (nach Abzug der 1.500 Euro Zahlung) verurteilt. Das Amtsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die fristlose Kündigung vom 4. Januar 2023 wirksam war. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Mieter mit mehr als zwei Monatsmieten im Zahlungsrückstand befunden.
Eine Mietminderung wegen des Legionellenbefalls sei nicht gerechtfertigt gewesen. Das Gericht verwies auf das DVGW Arbeitsblatt W 551 und die Trinkwasserverordnung (§ 7 Abs. 1 Satz 2). Nach diesen Regelwerken sei erst bei einer Überschreitung des Wertes von 10.000 KbE/100 ml von einer möglichen Gesundheitsgefahr auszugehen. Da die gemessenen Werte im relevanten Zeitraum darunter lagen und der Mieter keine konkreten Anhaltspunkte für eine tatsächliche Gesundheitsgefährdung vorgetragen habe, bestand kein Recht zur Mietminderung.
Die Berufung des Mieters vor dem Landgericht Dresden
Gegen das Urteil des Amtsgerichts legte der Mieter Berufung beim Landgericht Dresden ein. Er argumentierte, das Amtsgericht habe zu Unrecht eine akute Gesundheitsgefährdung als Voraussetzung für die Mietminderung gefordert. Seiner Ansicht nach genüge bereits die Überschreitung des technischen Maßnahmewertes von 100 KbE/100 ml oder zumindest die begründete Sorge des Mieters vor einer Gesundheitsgefährdung. Zudem sei die Vermieterin beweispflichtig dafür, dass der Mangel (die Legionellenbelastung) erfolgreich beseitigt wurde. Die Vermieterin wiederum verteidigte das erstinstanzliche Urteil und betonte, dass ein objektiver Maßstab gelten müsse. Nach der allgemeinen Verkehrsauffassung habe keine Gefahrenlage bestanden, die eine Mietminderung rechtfertige.
Während das Berufungsverfahren lief, zog der Mieter am 31. Mai 2023 aus der Wohnung aus und gab sie an die Vermieterin zurück. Daraufhin erklärten beide Parteien den Streit bezüglich der Räumung für erledigt. Das Landgericht holte zur Klärung der technischen Fragen ein mündliches Sachverständigengutachten eines Diplom-Ingenieurs ein.
Die Entscheidung des Landgerichts Dresden: Berufung zurückgewiesen, Kündigung bestätigt
Das Landgericht Dresden wies die Berufung des Mieters vollständig zurück. Es bestätigte das Urteil des Amtsgerichts und damit die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der rückständigen Mieten in Höhe von 2.832,85 Euro. Bezüglich des Räumungsanspruchs stellte das Gericht lediglich fest, dass dieser sich durch den Auszug des Mieters erledigt hatte.
Die Begründung des Landgerichts: Kein Mangel trotz Überschreitung des Maßnahmewertes
Das Landgericht schloss sich im Wesentlichen der Begründung des Amtsgerichts an und führte diese weiter aus. Die fristlose Kündigung vom 4. Januar 2023 war demnach wirksam, da der Mieter zu diesem Zeitpunkt mit einem Betrag im Zahlungsverzug war, der zwei Monatsmieten überstieg. Die Verrechnung der Zahlung von 1.500 Euro mit den ältesten Schulden änderte daran nichts.
Ein Recht zur Mietminderung gemäß § 536 BGB wegen des Legionellenbefalls bestand nach Auffassung des Landgerichts nicht. Dies begründete das Gericht mit zwei zentralen Aspekten:
- Keine relevante Nutzungsbeeinträchtigung der Mietsache: Das Gericht stützte sich maßgeblich auf die Ausführungen des Sachverständigen. Dieser erklärte, dass Legionellen natürliche Bestandteile des Trinkwassers sind. Der Maßnahmewert von 100 KbE/100 ml aus der Trinkwasserverordnung und dem DVGW-Regelwerk sei primär ein Handlungswert für den Betreiber der Wasseranlage (also den Vermieter). Bei Überschreitung müsse der Betreiber Untersuchungen einleiten (Gefährdungsanalyse) und mittelfristig, also innerhalb eines Jahres, Sanierungsmaßnahmen ergreifen. Erst bei einer extrem hohen Kontamination von über 10.000 KbE/100 ml seien sofortige Maßnahmen zum Schutz der Nutzer erforderlich, wie beispielsweise ein Duschverbot oder der Einbau spezieller Filter. Da die Messwerte im streitgegenständlichen Zeitraum (Juni 2020 bis August 2021) durchgehend unter dieser hohen Schwelle lagen, habe aus technischer Sicht keine Einschränkung der Nutzbarkeit des Trinkwassers für den Mieter bestanden, die eine Mietminderung rechtfertigen würde. Die frühere, sehr hohe Belastung aus 2019 sei nachweislich beseitigt worden.
- Keine rechtlich relevante Gesundheitsgefährdung: Das Gericht stellte klar, dass für die Annahme einer Gesundheitsgefährdung, die eine Mietminderung begründet, ein objektiver, überindividueller Maßstab anzulegen ist. Es kommt also nicht auf das subjektive Empfinden, die Ängste oder besondere gesundheitliche Veranlagungen eines einzelnen Mieters an. Entscheidend ist vielmehr, ob aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers eine Gefahr besteht, die der Vermieter erkennen und berücksichtigen muss. Maßstab hierfür sind anerkannte medizinische und technische Regeln, gesetzliche Vorgaben wie die Trinkwasserverordnung und technische Richtwerte wie das DVGW-Regelwerk. Da diese Regelwerke erst bei Werten über 10.000 KbE/100 ml von einer akuten Gesundheitsgefahr ausgehen und entsprechende Schutzmaßnahmen vorsehen, kann bei einer Belastung darunter – wie hier mit Werten zwischen 200 und 3.400 KbE/100 ml – grundsätzlich noch nicht von einer Gesundheitsgefährdung im Rechtssinne ausgegangen werden. Die Pflicht des Vermieters, bei Überschreiten des Maßnahmewertes von 100 KbE/100 ml tätig zu werden, begründet noch keine unmittelbare Gefahr für den Mieter, die eine Mietminderung rechtfertigt. Eine rein subjektive Besorgnis des Mieters reicht nicht aus. Auch der pauschale Hinweis des Mieters auf Lungenbeschwerden bot keine ausreichenden Anhaltspunkte, um ein medizinisches Gutachten einzuholen.
Konsequenzen: Mietrückstand bestand, Kündigung wirksam
Da der Mieter nach Ansicht des Gerichts nicht zur Mietminderung berechtigt war, bestand der von der Vermieterin geltend gemachte Mietrückstand tatsächlich. Die am 6. April 2022 geleistete Zahlung von 1.500 Euro wurde korrekt auf die ältesten offenen Mieten (Oktober 2020 bis August 2021) angerechnet. Dennoch verblieb zum Zeitpunkt der Kündigung am 4. Januar 2023 ein Rückstand, der die Summe von zwei Monatsmieten überstieg. Damit waren die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB erfüllt. Die Kündigung war wirksam. Die Zahlung von 1.500 Euro führte auch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB (sogenannte Schonfristzahlung), da der verbleibende Rückstand immer noch erheblich genug war. Der Mieter musste daher die offenen Mieten bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nachzahlen.
Ausblick: Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung
Das Landgericht Dresden ließ die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu. Der Grund hierfür liegt in der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage: Unter welchen konkreten Voraussetzungen ist eine Mietminderung wegen Gesundheitsgefährdung gerechtfertigt, wenn die Legionellenbelastung zwar den Maßnahmewert (100 KbE/100 ml) überschreitet, aber noch unter dem hohen Wert von 10.000 KbE/100 ml liegt? Diese Frage ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Zudem gibt es unterschiedliche Auffassungen in der Rechtsprechung anderer Gerichte (z.B. Landgericht Berlin einerseits, Amtsgericht Köln andererseits sowie Amtsgericht München und Landgericht Dresden auf der anderen Seite). Eine Entscheidung des BGH ist daher zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Klärung der Rechtslage für Vermieter und Mieter erforderlich. Das Urteil des Landgerichts Dresden ist somit noch nicht rechtskräftig.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil legt fest, dass eine Mietminderung wegen Legionellenbelastung im Trinkwasser erst bei Werten über 10.000 KbE/100 ml gerechtfertigt ist, nicht bereits beim Überschreiten des niedrigeren technischen Maßnahmewertes von 100 KbE/100 ml. Die bloße Überschreitung dieses Maßnahmewertes verpflichtet zwar den Vermieter zu Untersuchungen und mittelfristigen Sanierungsmaßnahmen, begründet aber keine unmittelbare Gesundheitsgefahr, die eine Mietminderung rechtfertigen würde. Für Mieter bedeutet dies, dass subjektive Besorgnisse nicht ausreichen, um die Miete zu kürzen, sondern nur objektiv nachweisbare Gesundheitsgefahren nach anerkannten technischen und medizinischen Maßstäben.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab wann gilt ein Legionellenbefall im Trinkwasser als Mietmangel?
Ob ein Legionellenbefall im Trinkwasser Ihrer Mietwohnung einen Mangel darstellt, hängt entscheidend von der gemessenen Konzentration der Bakterien ab. Das bloße Vorhandensein von Legionellen in geringer Zahl ist oft nicht ausreichend, um rechtlich von einem Mietmangel sprechen zu können.
Entscheidend ist die Konzentration
Maßgeblich für die Bewertung sind die Vorgaben der deutschen Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Diese Verordnung legt bestimmte Grenzwerte fest, die für die Qualität des Trinkwassers gelten. Für Legionellen ist hier vor allem ein Wert relevant.
Der technische Maßnahmewert
Ein wichtiger Grenzwert ist der sogenannte technische Maßnahmewert. Dieser liegt derzeit bei 100 KBE (Koloniebildende Einheiten) pro 100 Milliliter Wasser. Wird dieser Wert in einer Untersuchung des Trinkwassers erreicht oder überschritten, ist der Vermieter als Betreiber der Wasserversorgungsanlage gesetzlich verpflichtet zu handeln. Er muss unter anderem:
- Die Ursache für die erhöhte Konzentration untersuchen lassen.
- Maßnahmen zur Beseitigung der Ursache und zur Reduzierung der Legionellenkonzentration ergreifen.
- Das zuständige Gesundheitsamt informieren.
Das Überschreiten dieses technischen Maßnahmewertes bedeutet aber nicht automatisch, dass sofort eine erhebliche Gesundheitsgefahr für Sie besteht oder Sie unmittelbar zur Mietminderung berechtigt sind. Es ist in erster Linie ein Signalwert, der anzeigt, dass die Trinkwasserinstallation überprüft und gegebenenfalls Maßnahmen zur Instandsetzung eingeleitet werden müssen.
Wann liegt ein erheblicher Mangel vor?
Ein Mietmangel, der eine Mietminderung rechtfertigen könnte, liegt nach der Rechtsprechung in der Regel erst dann vor, wenn die Nutzung der Wohnung durch den Legionellenbefall erheblich beeinträchtigt ist. Dies ist wahrscheinlicher der Fall, wenn:
- Der technische Maßnahmewert deutlich und über einen längeren Zeitraum überschritten wird.
- Eine konkrete Gesundheitsgefährdung für die Bewohner nicht ausgeschlossen werden kann, insbesondere für Personen mit geschwächtem Immunsystem.
- Die Nutzung des Warmwassers (z.B. zum Duschen) aufgrund der hohen Konzentration nicht mehr zumutbar oder nur unter Sicherheitsvorkehrungen möglich ist.
Gerichte bewerten im Einzelfall, wie hoch die gemessene Konzentration ist, wie lange der Zustand andauert und welche konkreten Auswirkungen dies auf die Nutzbarkeit der Wohnung hat. Eine sehr hohe Konzentration (z.B. über 10.000 KBE/100 ml) wird regelmäßig als erhebliche Beeinträchtigung und damit als Mietmangel angesehen.
Welche Grenzwerte für Legionellen im Trinkwasser sind rechtlich relevant für eine Mietminderung?
Für die Frage einer Mietminderung wegen Legionellen im Trinkwasser gibt es keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte, die automatisch zu einem bestimmten Minderungsrecht führen. Entscheidend ist immer, ob durch die Legionellenkonzentration ein Mangel der Mietsache vorliegt, der den Gebrauch der Wohnung beeinträchtigt. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) gibt jedoch wichtige Orientierungswerte vor:
Der technische Maßnahmewert (100 KbE/100 ml)
- In der Trinkwasserverordnung ist ein sogenannter Technischer Maßnahmewert von 100 Koloniebildenden Einheiten (KbE) pro 100 Milliliter Wasser festgelegt.
- Wird dieser Wert erreicht oder überschritten, muss der Betreiber der Wasserversorgungsanlage (in der Regel der Vermieter) handeln. Er muss die Ursache finden, Maßnahmen zur Abhilfe ergreifen und das Gesundheitsamt informieren.
- Die Überschreitung dieses Wertes allein bedeutet noch nicht zwingend, dass Gerichte eine Mietminderung zusprechen. Es zeigt aber einen Mangel an der Trinkwasserinstallation an, der behoben werden muss.
Der Grenzwert für eine Gesundheitsgefahr (ab 10.000 KbE/100 ml)
- Ein deutlich höherer Wert von 10.000 KbE/100 ml gilt als Indikator für eine extrem hohe Kontamination. Bei einer solchen Konzentration wird von einer konkreten Gesundheitsgefährdung ausgegangen. Es müssen dann sofortige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erfolgen, wie z.B. ein Duschverbot.
- Gerichte erkennen eine Mietminderung häufig erst dann an, wenn dieser hohe Wert von 10.000 KbE/100 ml überschritten wird oder wenn bei niedrigeren Werten (über 100 KbE/100 ml) besondere Umstände hinzukommen, die eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gesundheitsgefahr für die Mieter darstellen. Die Begründung liegt oft darin, dass erst bei solch hohen Werten der Gebrauch der Wohnung (insbesondere Duschen) als erheblich eingeschränkt oder gefährlich angesehen wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der technische Maßnahmewert von 100 KbE/100 ml löst Handlungspflichten für den Vermieter aus. Für eine Mietminderung sehen Gerichte aber oft erst die Überschreitung des deutlich höheren Wertes von 10.000 KbE/100 ml als ausreichend an, da hier eine konkrete Gesundheitsgefahr und eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung angenommen wird. Die genaue Höhe einer möglichen Minderung hängt aber immer von den Umständen des Einzelfalls ab.
Was ist der Unterschied zwischen dem „technischen Maßnahmewert“ und dem Wert, ab dem eine „konkrete Gesundheitsgefahr“ durch Legionellen besteht?
Der „technische Maßnahmewert“ und die Schwelle für eine „konkrete Gesundheitsgefahr“ durch Legionellen sind zwei unterschiedliche Dinge, die oft verwechselt werden. Sie beschreiben unterschiedliche Risikostufen und lösen unterschiedliche Konsequenzen aus.
Der technische Maßnahmewert: Ein Frühwarnsystem
Stellen Sie sich den technischen Maßnahmewert wie eine Art Frühwarnsystem für Ihre Trinkwasserinstallation vor. Er ist in der deutschen Trinkwasserverordnung festgelegt.
- Der Wert: Dieser Wert liegt bei 100 KBE (koloniebildende Einheiten) Legionellen pro 100 Milliliter Wasser.
- Die Bedeutung: Wird dieser Wert erreicht oder überschritten, bedeutet das nicht automatisch, dass sofort eine akute Gesundheitsgefahr für jeden Nutzer besteht. Es ist vielmehr ein gesetzlich festgelegter Grenzwert, der anzeigt, dass die Trinkwasserinstallation technisch nicht mehr einwandfrei ist und ein erhöhtes Potenzial für Probleme besteht.
- Die Folge: Die Überschreitung löst zwingend bestimmte Maßnahmen aus. Der Betreiber der Anlage (z.B. der Vermieter) muss:
- die Ursache für die erhöhte Konzentration untersuchen lassen.
- Maßnahmen zur Beseitigung der Ursache ergreifen (Sanierung).
- Das zuständige Gesundheitsamt informieren.
Für Sie bedeutet das: Der technische Maßnahmewert ist ein Vorsorgewert. Er soll sicherstellen, dass Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor eine tatsächliche Gefährdung vieler Menschen eintreten kann.
Die konkrete Gesundheitsgefahr: Eine ernste Risikostufe
Eine „konkrete Gesundheitsgefahr“ liegt erst bei deutlich höheren Legionellenkonzentrationen vor. Es gibt hierfür keinen einzelnen, starren Grenzwert wie den technischen Maßnahmewert.
- Die Einschätzung: Ob eine konkrete Gesundheitsgefahr besteht, wird vom Gesundheitsamt im Einzelfall bewertet. Dabei spielen neben der reinen Legionellenkonzentration (die oft weit über 10.000 KBE/100 ml liegen kann) auch andere Faktoren eine Rolle, z.B.:
- Die Art der Nutzung des Wassers (Duschen ist riskanter als Trinken).
- Die betroffenen Personen (ältere oder immungeschwächte Menschen sind gefährdeter).
- Die spezifischen Gegebenheiten der Wasserinstallation.
- Die Bedeutung: Hier geht man davon aus, dass das Wasser bei normalem Gebrauch (insbesondere beim Duschen durch das Einatmen von Wasserdampf) tatsächlich gesundheitsschädlich sein kann und ein reales Infektionsrisiko besteht.
- Die Folge: Stellt das Gesundheitsamt eine konkrete Gesundheitsgefahr fest, kann es sofortige Maßnahmen anordnen, um die Gesundheit der Bewohner zu schützen. Das kann bis zu einem Duschverbot gehen, bis die Anlage saniert ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der technische Maßnahmewert (100 KBE/100 ml) ist ein Handlungswert, der zur Vorsorge dient und technische Mängel signalisiert. Eine konkrete Gesundheitsgefahr beschreibt hingegen eine Situation mit einem realen, erhöhten Risiko einer Gesundheitsbeeinträchtigung, die in der Regel erst bei wesentlich höheren Legionellenwerten und nach Bewertung durch das Gesundheitsamt angenommen wird.
Muss ich als Mieter eine tatsächliche Gesundheitsgefährdung nachweisen, um eine Mietminderung aufgrund von Legionellen durchzusetzen?
Ob Sie eine tatsächliche Gesundheitsgefährdung nachweisen müssen, um wegen eines Legionellenbefalls die Miete mindern zu können, hängt von den Umständen und der Bewertung durch das zuständige Gericht ab. Es gibt hier keine einheitlich festgelegte Regel.
Grundsatz: Legionellen als Mietmangel
Grundsätzlich gilt: Ein erheblicher Legionellenbefall im Trinkwasser Ihrer Mietwohnung kann einen Mangel darstellen. Ein Mangel ist ein Fehler oder eine Beeinträchtigung, die dazu führt, dass Sie die Wohnung nicht so nutzen können, wie es im Mietvertrag vereinbart ist oder wie es üblich und zu erwarten wäre.
Die Trinkwasserverordnung gibt bestimmte technische Grenzwerte (sogenannte Maßnahmenwerte) für Legionellen vor. Wird dieser Wert deutlich überschritten, kann das die Nutzbarkeit der Wohnung einschränken – insbesondere die Nutzung von Warmwasser, zum Beispiel zum Duschen. Eine solche Überschreitung kann daher einen Mangel darstellen, der grundsätzlich zu einer Mietminderung berechtigen kann.
Die Frage der Gesundheitsgefahr und der Beweislast
Die entscheidende Frage ist oft, ob allein die Überschreitung der technischen Grenzwerte für eine Mietminderung ausreicht, oder ob Sie als Mieter zusätzlich eine konkrete, also eine tatsächliche und individuelle Gesundheitsgefährdung für sich oder andere Bewohner nachweisen müssen.
Wenn Sie eine Mietminderung durchsetzen möchten, müssen Sie als Mieter in der Regel beweisen, dass ein Mangel vorliegt und wie stark dieser Mangel die Nutzung der Wohnung beeinträchtigt. Das nennt man Beweislast.
Unterschiedliche Sichtweisen der Gerichte
Die Gerichte in Deutschland bewerten diese Frage nicht einheitlich:
- Einige Gerichte sind der Meinung, dass eine Mietminderung erst dann möglich ist, wenn eine konkrete Gesundheitsgefährdung nachgewiesen wird. Hier reicht es nach Ansicht dieser Gerichte nicht aus, nur auf die Überschreitung des Grenzwertes hinzuweisen. Das Landgericht Dresden hat beispielsweise in einer Entscheidung eine solche Sichtweise vertreten. Argumentiert wird oft damit, dass nicht jede Grenzwertüberschreitung automatisch eine reale Gefahr für jeden Bewohner darstellt.
- Andere Gerichte sehen bereits in der erheblichen Überschreitung der Legionellen-Grenzwerte einen ausreichenden Grund für eine Mietminderung. Sie argumentieren, dass allein die potenzielle Gefahr und die damit verbundene Einschränkung (z.B. die Sorge beim Duschen) die Wohnqualität mindert. Nach dieser Auffassung müssen Mieter nicht erst eine konkrete Gesundheitsgefahr für sich selbst belegen, um die Miete kürzen zu dürfen.
Eine fachärztliche Einschätzung kann im Einzelfall Informationen dazu liefern, ob für bestimmte Personen (zum Beispiel Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder bestimmten Vorerkrankungen) durch den festgestellten Legionellenwert ein erhöhtes Gesundheitsrisiko besteht. Solche Informationen können bei der Bewertung durch ein Gericht eine Rolle spielen.
Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn der Vermieter trotz Legionellenbefalls keine Maßnahmen ergreift?
Ein Legionellenbefall im Trinkwasser Ihrer Mietwohnung stellt in der Regel einen Mangel der Mietsache dar. Ihr Vermieter ist grundsätzlich dazu verpflichtet, Ihnen die Wohnung in einem Zustand zu überlassen und zu erhalten, der den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht. Dazu gehört auch die Versorgung mit gesundheitlich unbedenklichem Trinkwasser (§ 535 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).
Wenn Ihr Vermieter von dem Legionellenbefall weiß, aber nichts unternimmt, stehen Ihnen verschiedene Rechte zu. Ganz entscheidend ist jedoch immer: Sie müssen Ihrem Vermieter den Mangel zuerst anzeigen, also offiziell mitteilen. Am besten tun Sie dies schriftlich, um einen Nachweis zu haben. Geben Sie dem Vermieter dabei eine angemessene Frist, um den Mangel zu beseitigen.
Bleibt der Vermieter nach dieser Fristsetzung untätig, haben Sie folgende Möglichkeiten:
Mietminderung
Solange der Legionellenbefall besteht und die Nutzung Ihrer Wohnung dadurch beeinträchtigt wird (z.B. weil das Duschen gefährlich ist oder Warmwasser nicht genutzt werden kann), können Sie die Miete mindern (§ 536 BGB). Das bedeutet, Sie dürfen für den Zeitraum der Beeinträchtigung einen Teil der Miete einbehalten. Die Höhe der Minderung hängt von der Schwere der Beeinträchtigung ab. Sie müssen die Minderung nicht beantragen, sie tritt gesetzlich ein, sobald der Mangel besteht und dem Vermieter bekannt ist.
Selbstbeseitigung des Mangels (Selbstvornahme)
Wenn Ihr Vermieter den Mangel trotz Ihrer Anzeige und der gesetzten Frist nicht beseitigt, dürfen Sie unter bestimmten Voraussetzungen selbst aktiv werden (§ 536a Abs. 2 BGB). Das bedeutet:
- Sie können eine Fachfirma beauftragen, die den Legionellenbefall beseitigt.
- Die notwendigen Kosten dafür können Sie vom Vermieter zurückfordern.
- Alternativ können Sie die Kosten unter Umständen mit zukünftigen Mietzahlungen verrechnen (Aufrechnung).
Wichtig ist hierfür in der Regel die vorherige Fristsetzung gegenüber dem Vermieter. Nur in sehr dringenden Notfällen, wenn schnelles Handeln zur Abwehr einer akuten Gefahr (z.B. Gesundheitsgefahr) notwendig ist, kann die Selbstbeseitigung eventuell auch ohne vorherige Fristsetzung zulässig sein.
Klage auf Mängelbeseitigung
Sie haben auch das Recht, Ihren Vermieter gerichtlich dazu zu zwingen, den Mangel zu beseitigen. Sie können beim zuständigen Gericht eine Klage auf Mängelbeseitigung einreichen. Das Gericht kann den Vermieter dann per Urteil verpflichten, die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung des Legionellenbefalls durchzuführen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Technischer Maßnahmewert
Der technische Maßnahmewert ist ein Grenzwert, der in der Trinkwasserverordnung für Legionellen im Trinkwasser festgelegt ist und derzeit bei 100 Koloniebildenden Einheiten (KbE) pro 100 Milliliter liegt. Wird dieser Wert erreicht oder überschritten, ist der Betreiber der Wasserversorgungsanlage, meist der Vermieter, gesetzlich verpflichtet, Ursachenforschung zu betreiben und Maßnahmen zur Senkung der Legionellenkonzentration einzuleiten. Der Wert dient als Frühwarnsystem, bedeutet aber nicht automatisch, dass eine konkrete Gesundheitsgefahr oder ein Recht zur Mietminderung besteht. Er löst vielmehr Handlungspflichten aus, um eine Gefährdung zu verhindern.
Konkrete Gesundheitsgefahr
Eine konkrete Gesundheitsgefahr liegt vor, wenn durch die Konzentration von Legionellen im Trinkwasser ein tatsächliches, nicht nur potenzielles Risiko für die Gesundheit der Nutzer besteht. Diese Gefahr wird in der Regel erst ab einem deutlich höheren Wert von ungefähr 10.000 KbE/100 ml angenommen. Eine konkrete Gesundheitsgefahr erfordert meist sofortige Schutzmaßnahmen, wie etwa ein Duschverbot. Für eine Mietminderung ist nach Gerichtsmeinung häufig der Nachweis einer solchen konkreten Gefährdung erforderlich, da nur dann eine erhebliche Beeinträchtigung der Wohnnutzung vorliegt.
Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB)
Eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs erlaubt dem Vermieter, das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden, wenn der Mieter mit einem erheblichen Teil der Miete im Rückstand ist. Nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB gilt dies insbesondere, wenn der Rückstand zwei Monatsmieten übersteigt. In solchen Fällen entfällt die sonst übliche Kündigungsfrist, sodass der Mieter schnell zur Räumung verpflichtet werden kann. Voraussetzung ist, dass der Rückstand nicht unerheblich ist und der Vermieter die Kündigung schriftlich ausspricht.
Mietminderung (§ 536 BGB)
Die Mietminderung erlaubt es einem Mieter, die vereinbarte Miete zu kürzen, wenn ein Mangel der Mietsache vorliegt, der die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung beeinträchtigt. Der Mangel kann z.B. ein Legionellenbefall im Trinkwasser sein, wenn dadurch die Nutzung der Wohnung oder von Einrichtungen wie der Warmwasserversorgung eingeschränkt oder gefährlich wird. Die Höhe der Mietminderung bemisst sich nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung. Die Minderung tritt ein, sobald der Mangel bekannt ist und besteht, ohne dass es einer gesonderten Zustimmung des Vermieters bedarf.
Beweislast
Beweislast bezeichnet im Mietrecht die Verpflichtung der Partei, die eine Behauptung aufstellt, die dafür notwendigen Beweise zu erbringen. Im Zusammenhang mit einer Mietminderung wegen Legionellen liegt die Beweislast beim Mieter: Er muss nachweisen, dass ein Mangel vorliegt und dieser die Wohnnutzung beeinträchtigt. Fehlt dieser Nachweis, wird eine Mietminderung abgelehnt. Das betrifft insbesondere den Nachweis einer konkreten Gesundheitsgefährdung oder einer relevanten Nutzungsbeeinträchtigung der Wohnung durch den Legionellenbefall.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 536 BGB (Mietminderung): Regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Mieter die Miete mindern kann, wenn die Mietsache mangelhaft ist und dadurch die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt wird. Wichtig ist, dass die Minderung nur bei einer objektiven Beeinträchtigung zulässig ist und nicht bei bloßer subjektiver Unannehmlichkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht entschied, dass die Legionellen-Belastung unterhalb von 10.000 KbE/100 ml keine objektive Gesundheitsgefährdung darstellt und somit keine Mietminderung nach § 536 BGB gerechtfertigt ist.
- § 543 Abs. 2. 3 BGB (Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs): Ermöglicht dem Vermieter eine außerordentliche fristlose Kündigung, wenn der Mieter mit einer nicht unerheblichen Mietzahlung in Verzug ist. Die Schwelle wird oft bei einem Rückstand von mehr als zwei Monatsmieten gezogen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kündigung der Vermieterin war wirksam, weil der Mieter zum Kündigungszeitpunkt mit einem Betrag im Rückstand war, der diese Schwelle deutlich überschritt.
- § 7 Abs. 1 Satz 2 Trinkwasserverordnung (TrinkwV): Bestimmt Vorgaben für die Qualität von Trinkwasser, einschließlich technischer Maßnahmewerte, die bei Überschreitung bestimmte Handlungsmaßnahmen erfordern. Die Grenze von 100 KbE/100 ml ist dabei ein Maßnahmewert, der Untersuchungen und Sanierungen auslöst, nicht aber automatisch eine Gesundheitsgefährdung bedeutet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die gemessenen Legionellenwerte lagen zwar über dem Maßnahmewert, aber unter dem Grenzwert, der eine akute Gesundheitsgefahr nach TrinkwV begründet, deshalb besteht kein Recht zur Mietminderung.
- DVGW Arbeitsblatt W 551: Ein technisches Regelwerk des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, das Empfehlungen und Grenzwerte zum Umgang mit Legionellen im Trinkwasser enthält. Es unterscheidet zwischen Maßnahmen bei Überschreitung des Maßnahmewertes und akuter Gesundheitsgefahr bei extrem hohen Konzentrationen (über 10.000 KbE/100 ml). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht nutzte dieses Regelwerk, um festzustellen, dass erst bei sehr hohen Legionellenwerten Sofortmaßnahmen und eine Gefährdung der Nutzbarkeit vorliegen, was vorliegend nicht gegeben war.
- § 366 BGB (Verrechnung): Regelt die Verrechnung von Forderungen bei gegenseitigen Leistungen und bestimmt, dass Zahlungen grundsätzlich auf die älteste Schuld angerechnet werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Vermieterin hat die Zahlung des Mieters korrekt mit den ältesten offenen Mietforderungen verrechnet, wodurch der Rückstand trotz Zahlung weiterhin bestand.
- § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB (Schonfristzahlung bei Kündigung): Verbietet im Regelfall die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, wenn der Mieter vor Zugang der Kündigung die rückständige Miete vollständig bezahlt hat. Teilzahlungen, die die Rückstände nicht vollständig abdecken, führen jedoch nicht zur Unwirksamkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Zahlung des Mieters nicht den gesamten Rückstand ausglich, war die fristlose Kündigung trotz Zahlung wirksam.
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Das vorliegende Urteil
LG Dresden – Az.: 4 S 81/23 – Urteil vom 24.09.2024
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