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Mieter haftet für schuldhaft verursachte Toilettenverstopfung

AG Bergheim, Az.: 28 C 219/07

Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger 321,47 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2006 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 83,54 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 11% und die Beklagten tragen 89 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mieter haftet für schuldhaft verursachte Toilettenverstopfung
Foto: Yastremska/Bigstock

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Schadensersatz und Nachzahlung von Betriebskosten aus einem inzwischen beendeten Mietverhältnis.

Die Kläger sind Eigentümer des Hauses mit der Anschrift in … .

Die Beklagten waren Mieter der Wohnung im Souterrain dieses Hauses. Die Wohnung ist an eine Fäkalienhebeanlage zur Entsorgung des Abwassers angeschlossen. Der in der Hebeanlage befindlichen Pumpe ist ein Zerhacker vorgeschaltet, der Festteile und Papier pumpfähig zerkleinert.

Die Parteien schlossen am 25.05.2005 einen Mietvertrag. § 22 des Mietvertrages lautet u. a. wie folgt:

„Der Mieter ist verpflichtet: (…) Die Gas-, Be- und Entwässerungsanlagen, die elektrische Anlage und sonstige Hauseinrichtungen nicht zu beschädigen, insbesondere Verstopfungen der Abwasserrohre zu verhindern sowie die Gasbrennstellen sauber zu halten und Störungen an diesen Einrichtungen dem Vermieter sofort zu melden.“

Die Kläger wiesen die Beklagten außerdem ausdrücklich darauf hin, dass über das WC der Souterrainwohnung insbesondere keine Damenhygienetextilien entsorgt werden dürften, da ansonsten die Gefahr einer Verstopfung der Hebeanlage bestünde.

Während der Dauer des Mietverhältnisses kam es mehrfach zu Verstopfungen des WC-Abflusses, die von Klägerseite beseitigt wurden.

Am 09.10.2006 musste die Hebeanlage aufgrund einer erneuten Verstopfung gereinigt werden. Der von den Klägern zur Schadensfeststellung eingeschaltete Zeuge beauftragte die Firma GmbH mit den erforderlichen Rohrreinigungsarbeiten. Die Kosten der Schadensfeststellung und -beseitigung beliefen sich insgesamt 321,47 Euro. Wegen der durchgeführten Arbeiten und der Höhe der geltend gemachten Kosten wird im Einzelnen auf die Rechnungen der Firma Elektrotechnik vom 10.10.2006 (Bl. 27 d. A.) und der Firma GmbH vom 13.10.2006 (Bl. 28 d. A.) sowie auf den Arbeitsbericht der von der Firma GmbH mit der Ausführung der Arbeiten beauftragten Firma Rohr- und Kanalreinigung GmbH vom 09.10.2006 (Bl. 41 d. A.) verwiesen.

Die Kläger forderten die Beklagten mit Schreiben vom 07.11.2006 zur Zahlung der entstandenen Kosten auf. Dies lehnten die Beklagten mit Schreiben vom 15.11.2006 ab. Die Kläger forderten die Beklagten sodann erneut mit anwaltlichem Schreiben vom 12.12.2006 außergerichtlich zur Regulierung des Schadens und zur Zahlung einer Betriebskostennachzahlung in Höhe von 40,70 Euro auf, was die Beklagten wiederum ablehnten. Wegen der geltend gemachten Nachzahlung wird auf die zur Akte gelangte Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum vom 15.06.2005 bis 30.06.2006 (Bl. 33 d. A.) Bezug genommen.

Die Kläger behaupten, die Beklagten hätten durch das Einleiten von Tampons in den Abfluss die am 09.10.2006 beseitigte Verstopfung verursacht. Zwar sei die Hebeanlage auch an den Büroraum des Zeugen sowie an den Waschmaschinenraum angeschlossen, in dem auch die übrigen Mieter ihre Waschmaschinen aufgestellt hätten. Aufgrund des Rohrsystems könne ihnen die Verursachung aber eindeutig zugeordnet werden.

Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, an sie 362,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von weiteren 40,70 Euro seit dem 31.08.2006 sowie aus einem Betrag in Höhe von 321,47 Euro seit dem 30.11.2006 zuzüglich außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 83,54 Euro zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die streitgegenständliche Verstopfung könne auch von dem ebenfalls an die Hebeanlage angeschlossenen Büroraum oder dem Waschmaschinenraum des Hauses in die Pumpe gelangt sein. Zudem sind die Beklagten der Ansicht, die von den Klägern geltend gemachte Betriebskostennachzahlung sei nicht geschuldet, insbesondere sei der der Abrechnung zugrunde gelegte Zeitraum von 12 ½ Monaten vom 15.06.2005 bis zum 30.06.2006 zu lang.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 18.12.2007 durch die Vernehmung der Zeugen. Wege des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2007 (Bl. 61 bis 67 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Hinsichtlich der geltend gemachten Schadensfeststellungs- und -beseitigungskosten steht den Klägern ein Anspruch auf Ersatz der ihnen dafür entstandenen Kosten von 321,47 Euro gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag vom 25.05.2005 zu.

Die Beklagten waren aufgrund des Mietvertrages zum sorgfältigen Umgang mit der Mietsache und insbesondere zur Verhinderung von Verstopfungen der Abwasserrohre verpflichtet. Diese Verpflichtung haben sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einleitung von Tampons in den WC-Abfluss schuldhaft verletzt. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Aussagen der Zeugen fest.

Der Zeuge hat vor dem Hintergrund seiner beruflichen Tätigkeit als Rohrreiniger nachvollziehbar und glaubhaft bekundet, dass die durch eine erhebliche Menge von in den WC-Abfluss eingeleiteten Tampons hervorgerufene Verstopfung der Hebeanlage ausschließlich der Wohnung der Beklagten zugeordnet werden konnte, da es sich bei dem für die Rohrreinigung benutzten Abflussrohr um eine sog. Stichleitung von der Toilette der Souterrainwohnung in die Hebeanlage handelte, an die ein anderer Zulauf nicht angeschlossen war. Er hat den Ablauf der durchgeführten Arbeiten in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar geschildert. Seine Darstellungen zu Art und Umfang der aus der Hebeanlage entfernten Rückstände sowie zum Verlauf einer durch Tampons verursachten Rohrverstopfung sind sowohl im Kern- als auch im Randgeschehen detailreich und präzise. Sie stimmen vollständig mit dem Klägervortrag überein. Insbesondere aufgrund des von dem Zeugen bekundeten Umstandes, dass sich aufgrund der erheblichen Menge der entfernten Tampons eine Verstopfung bereits zu einem erheblich früheren Zeitpunkt hätte bemerkbar machen müssen, wenn diese sich schon – wie von den Beklagten behauptet – über ein Jahr und damit zeitlich vor ihrem Einzug in die Souterrainwohnung des klägerischen Hauses in dem Rohrsystem befunden hätten, erscheint eine anderweitige Schadensursache als ein pflichtwidriges Entsorgungsverhalten der Beklagten praktisch ausgeschlossen. Die Aussage ist zudem frei von einseitiger Be- oder Entlastungstendenz. Der Zeuge hat auch kein eigenes Interesse am Ausgang des zugrunde liegenden Rechtsstreits.

Der von dem Zeugen geschilderte Geschehensablauf wird auch durch die Aussage des Zeugen gestützt. Zwar hat der Zeuge bekundet, er habe durch die Rohröffnung der abmontierten Toilette nicht bis zur Hebeanlage durchfräsen können, weshalb er auf die Revisionsöffnung desselben Rohres im Flur der Souterrainwohnung ausweichen musste. Demgegenüber hat der Zeuge bekundet, der Zeuge habe nach Abmontieren der Toilette und dem Beginn der Fräsearbeiten „bei diesem Vorgehen“ Rückstände aus dem Rohrsystem entfernt. Eine Aussage mit hinreichend vielen und sicheren Realitätskriterien braucht indes nicht an Widersprüchen zu anderen Zeugenaussagen zu scheitern (vgl. nur Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl., Rn 419). Die Aussage des Zeugen ist ansonsten glaubhaft und widerspruchsfrei. Seine Darstellungen sowohl zur gemeinschaftlich mit dem Zeugen vorgenommenen Schadensfeststellung zu Beginn der Arbeiten an der Hebeanlage als auch seine Bekundungen zu Art und Umfang der entfernten Rückstände sind nachvollziehbar und stehen in Einklang mit der Aussage des Zeugen.

Auch die Vorhaltungen des Beklagten zu 2, der Kläger habe bei den zuvor aufgetretenen Verstopfungen in der Hebeanlage lediglich den der Pumpe vorgeschalteten Zerhacker mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt, um die bis zu diesem Zeitpunkt aufgetretenen Verstopfungen zu beseitigen, vermögen keine andere Würdigung der Beweisaufnahme zu rechtfertigen. Denn der Zeuge hat nachvollziehbar dargelegt, dass eine Verstopfung des Häckslers durch Einsatz eines Hochdruckreinigers durchaus beseitigt werden kann. Ein Zusammenhang der früheren Arbeiten des Klägers mit der hier streitgegenständlichen Rohrverstopfung ist aber nicht ersichtlich.

Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, 286 BGB. Die Beklagten sind gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB mit der Zahlung der geltend gemachten Schadensbeseitigungskosten bereits zum 15.11.2006 ohne Mahnung in Verzug geraten, indem sie mit Schreiben vom 15.11.2006 eine Zahlung ernsthaft und endgültig verweigert haben.

Die zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens gemäß § 280 Abs. 2, 286 BGB begründet.

Den Klägern steht indes kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Betriebskostennachforderung zu. Denn die den Beklagten übermittelte Betriebskostenabrechnung der Kläger vom 14.08.2006 ist nicht fällig. Gemäß § 556 Abs. 3 S. 1 BGB ist über die Vorauszahlung von Betriebskosten jährlich abzurechnen. Diesen Zeitraum haben die Kläger nicht eingehalten. Die Abrechnung erstreckt sich über einen Zeitraum von 12 ½ Monaten vom 15.06.2005 bis 30.06.2006. Überschreitet der Vermieter den gesetzlich festgelegten Abrechnungszeitraum, so stellt die über die zulässigen 12 Monate hinausgehende Kostenbeteiligung keine ordnungsgemäße Abrechnung dar mit der Folge, dass die Saldoforderung nicht verlangt werden kann. Denn die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung setzt nach unbestrittener Auffassung voraus, dass der Zeitraum des § 556 Abs. 3 S. 1 BGB nicht mehr als 365 Tage betragen darf (LG Düsseldorf, ZMR 1998, 167; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl, III Rn 366; Blank/Börstinghaus, Neues Mietrecht, 2. Aufl., § 556, Rn 21; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl., G Rn 99). Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der eine für den Mieter nachteilige Abweichung hiervon mit § 556 Abs. 4 BGB ausdrücklich für unwirksam erklärt hat. Eine Tolerierbarkeit geringfügiger Überschreitungen von etwa einem Monat hat entgegen der Auffassung der Kläger in der Rechtsprechung keine Anerkennung gefunden. Die von den Klägern zitierte Entscheidung des Amtsgerichts Köln vom 13.12.1996 (205 C 321/96 = WuM 1997, 232) hat sich nicht mit der Frage nach den konkreten Voraussetzungen für eine noch zu tolerierende Überschreitung des zwölfmonatigen Abrechnungszeitraums auseinandergesetzt. So bleibt offen, welche Anforderungen an eine „geringfügige“ Überschreitung zu stellen sind und welche Zeiträume im Einzelnen als „geringfügig“ zu erachten sind. Sie schließt dies lediglich für einen Zeitraum von 6 Monaten aus, ohne konkrete Anhaltspunkte für die Beurteilung geringfügiger Überschreitungen zu liefern.

Die Betriebskostenabrechnung ist im Übrigen auch deswegen nicht formell ordnungsgemäß, weil sie nicht erkennen lässt, für welche Gesamtkosten die anteiligen Aufschläge für den den Abrechnungszeitraum von 12 Monaten überschreitenden halben Monat errechnet wurde. Die Abrechnung soll den Mieter aber in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachprüfen zu können. Ein durchschnittlich gebildeter, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulter Mieter muss die Abrechnung gedanklich und rechnerisch nachvollziehen können (vgl. nur BGH NJW-RR 2003, 442). Die dafür erforderlichen Angaben enthält die Betriebskostenabrechnung vom 14.08.2006 für die anteiligen Aufschläge indes nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwert: 362,17 Euro

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