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Mieterhöhung wegen Nutzung von Fahrrad-Stehplatz

AG Hamburg-Altona – Az.: 316 C 284/20 – Urteil vom 27.04.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Der Streitwert wird auf € 600,00 festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung in Anspruch.

Der Kläger ist Vermieter, die Beklagten sind Mieter der nicht preisgebundenen Wohnung Nr. 29 in der E. Straße .., ….. H., 4. Obergeschoss rechts. Die Wohnung hat eine Größe von 73,22 qm, besteht aus drei Zimmern und ist mit einem Bad und einem WC, einer Küche, Diele, Zentralheizung und einem Speicheranteil ausgestattet.

Mit Schreiben vom 27. August 2020 (Anlage K2, Bl. 20f. d. A.) erbat der Kläger von den Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete ohne Betriebskostenanteil von € 820,00 auf € 870,00 ab dem 1. November 2020, was einer Erhöhung von € 11,20 pro qm auf € 11,88 pro qm entspricht. Die Beklagten erteilten dem Kläger keine Zustimmung und zahlten die Nettokaltmiete von € 820,00 unverändert weiter.

Die Wohnung ist in das Rasterfeld C3 des Hamburger Mietenspiegels 2019 für nicht preisgebundenen Wohnraum der Baualtersklasse ab 1905 bei mittlerer Wohnlage und mit einer Größe von 60 bis 90 qm einzuordnen. Das Rasterfeld C3 weist eine Mietenspanne von € 8,94 bis € 11,91 und einem Mittelwert von € 10,26 aus.

Die Wohnung befindet sich in einem sanierten, spätestens im Jahr 1905 errichteten Wohngebäude mit einer in Stand gehaltenen Jugendstilfassade. Das Wohngebäude liegt im Grenzbereich zwischen Eimsbüttel und Altona in ruhiger Lage einer alleeartigen Wohnstraße mit guter Anbindung an den Nahverkehr. In der Umgebung befinden sich ein Bäcker, ein Zeitschriftengeschäft sowie ein Gemüseladen.

Neben Wohnungen befinden sich im Wohngebäude auch WG-Zimmer mit einer Größe von 30 qm, die für eine Nettokaltmiete von € 520,00 vermietet werden. Das Gebäude verfügt nicht über einen Aufzug. Vorhanden ist ein 5 m langer, überdachter Fahrradstellplatz, der den Bewohnern von mindestens 50 umliegenden Wohnungen zur Benutzung offensteht.

Die Wohnung verfügt über Türen mit Glaseinsätzen und – mit Ausnahme von Küche und Bad – über Dielenböden. Im Badezimmer befindet sich ein nicht zu öffnendes Zierfenster zum Nebenraum. Ein Außenfenster ist im Badezimmer nicht vorhanden. Die Küche ist vermieterseits weder mit einer Einbauküche, noch mit einem Kühlschrank, einem Tiefkühlschrank oder einem Geschirrspüler ausgestattet.

Die Beklagte nutzt einen Raum der Wohnung als Arbeitszimmer für ihre freiberufliche Tätigkeit als Grafikerin, die ein Drittel ihrer beruflichen Tätigkeit ausmacht.

Der Kläger behauptet, die Wohnung verfüge über Stuckdecken. In der Umgebung befänden sich Einkaufsmöglichkeiten des täglichen Bedarfs. Der Mietzins, zu dem er eine Zustimmung verlangt, übersteige die üblichen Entgelte für vergleichbare Wohnungen nicht.

Mieterhöhung wegen Nutzung von Fahrrad-Stehplatz
(Symbolfoto: Olga Visavi/Shutterstock.com)

Er meint, das Gebäude hebe sich durch seine überdurchschnittlich schöne und repräsentative Fassade bereits optisch von vergleichbaren Anwesen ab. Wohnwerterhöhend wirke zudem die gute Nahverkehrsanbindung sowie die Ausstattung der Wohnung mit Dielenboden und Glaseinsätzen in den Türen. Das Zierfenster im Badezimmer sei ein Merkmal besserer Ausstattung im Sinne der Ziffer 6.3.2.2 des Hamburger Mietenspiegels 2019. Dies rechtfertige eine Überschreitung des Mittelwerts und eine Einordnung an der oberen Grenze des Rasterfelds. Zu berücksichtigen seien zudem die teilweise gewerbliche Nutzung der Wohnung durch die Beklagte entgegen § 1.1 des Mietvertrags und die Vermietung der 30 qm großen WG-Zimmer im Wohngebäude für eine Nettokaltmiete von € 520.

Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, der Erhöhung der Nettomiete für die in ….. H. E. Straße .. belegene Wohnung Nr. 39, 4. Obergeschoss rechts, von bisher € 820,00 netto zzgl. Nebenkostenvorauszahlung auf nunmehr monatlich € 870,00 netto zzgl. Nebenkostenvorauszahlung mit Wirkung ab dem 1. November 2020 zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der überdachte Fahrradständer sei aufgrund der Nutzung durch die Bewohner von mindestens 50 Wohnungen im Umkreis kaum benutzbar. Die Wohnung verfüge lediglich über eine unvollständige Stuckleiste ohne Deckverzierungen und Ornamente.

Sie meinen, das letzte Erhöhungsverlangen sei außerhalb der gesetzlichen Frist erfolgt. Weder der Zustand der Wohnung noch die Wohnlage rechtfertigten eine Erhöhung bis zum oberen Rand des Rasterfeldes C3. Die Infrastruktur in der Umgebung sei durchschnittlich. Mangels Außenfenster liege gerade kein Merkmal besserer Ausstattung im Sinne der Ziffer 6.3.2.2 des Hamburger Mietenspiegels 2019 vor. Die Glaseinsätze in den Türen seien für das Baujahr der Wohnung typisch. Die Nutzung eines Raums als Arbeitszimmer zu Gewerbezwecken habe keine Auswirkungen auf ein Mieterhöhungsverfahren gemäß §§ 558 ff. BGB.

Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 558 Abs. 1 BGB auf Zustimmung zur Mieterhöhung auf eine Nettokaltmiete von € 870,00 ab dem 1. November 2020.

Unter Heranziehung des Hamburger Mietenspiegels 2019 bei 73,22 qm Wohnfläche ergibt sich für die von den Beklagten angemietete Wohnung keine ortübliche Vergleichsmiete, die eine Erhöhung des bisherigen Mietzinses von € 11,20 / m² rechtfertigt.

Nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB wird die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten sechs Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Dazu kann nach § 558 a Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere der einschlägige Mietspiegel herangezogen werden. Dies hat der Kläger mit Schreiben vom 27. August 2020 an die Beklagten getan, wobei die vorgenommene Einordnung der von den Beklagten bewohnten Wohnung in den Hamburger Mietenspiegel 2019, Rasterfeld C3, nicht bestritten wurde. Die Spanne für die ortsübliche Vergleichsmiete pro qm beträgt demnach zwischen € 8,94 und € 11,91, bei einem Mittelwert von € 10,26. Der vom Kläger begehrte Mietzins von € 11,88 pro qm liegt deutlich über dem Mittelwert von € 10,26 pro qm sowie über der bisherigen Nettokaltmiete von € 11,20 pro qm und schöpft die Mietenspanne des Rasterfelds C3 bis € 11,91 pro qm nahezu aus.

Wesentliche Merkmale der Wohnung, die den Wohnwert so wesentlich erhöhen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete an der Obergrenze der Mietenspanne des Rasterfelds C3 bei € 11,88 pro qm einzugruppieren wäre, liegen indes nicht vor.

Zunächst ist von Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung auszugehen, die vorliegend als typisch zu bezeichnen sind. Die Wohnung gehört zu einem mehrgeschossigen Altbau mit einer Fassade im Jugendstil, Baujahr spätestens 1905 und ist 73,22 qm groß. Durch den Speicheranteil verfügt sie über eine Abstellfläche außerhalb der Wohnung. Die Zimmer haben bis auf Bad und Küche einen altbautypischen Dielenfußboden sowie Türen mit Glaseinsätzen. Auch die in den Räumen unstreitig teilweise vorhandenen Stuckleisten an den Decken sind altbautypisch. Darüber hinausgehende besondere Stuckverzierungen oder Ornamente an den Decken hat der Kläger nicht dargelegt.

Die Wohnung verfügt über keine Merkmale einer besseren Ausstattung im Sinne der Ziffer 6.3.2. Das nicht öffnungsfähige Zierfenster zum Nebenraum im Badezimmer begründet kein Merkmal besserer Ausstattung „Bad mit Fenster“ im Sinne der Ziffer 6.3.2.2 des Hamburger Mietenspiegels 2019. Bei einem Fenster handelt es sich nach dem allgemeinen Verständnis um eine verschließbare Belichtungs- und Lüftungsöffnung an Gebäuden. Unabhängig davon, ob Ziffer 6.3.2.2 nur Außenfenster oder auch Innenfenster zu Nebenräumen erfasst, ist ein unbewegliches Fenster ohne Öffnungs- und Schließmechanismus zur Lüftung ungeeignet (vgl. auch AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 23. Mai 2018 – 3 C 181/17).

Auch der unstreitig vorhandene überdachte Fahrradstellplatz ist gemäß Ziffer 6.3.2.5 des Hamburger Mietenspiegels 2019 nicht als Merkmal besserer Ausstattung zu berücksichtigen. Für das Merkmal „überdachter Fahrradstellplatz“ bedarf es einer hinreichenden Dimensionierung desselben. Zwar gibt Ziffer 6.3.2.5 keine bestimmte Kapazität des überdachten Stellplatzes vor. Werterhöhend kann das Vorhandensein eines solchen Stellplatzes jedoch nur wirken, wenn eine tatsächlich zureichende Nutzungsmöglichkeit gewährleistet ist (vgl. LG Berlin, Urteil vom 2. März 2017 – 67 S 375/16). Aus der alternativen Nennung eines Fahrradkellers und eines überdachten Fahrradstellplatzes in Ziffer 6.3.2.5 folgt, dass der durch diese den Fahrrädern zugute kommende besondere Schutz für die Einordnung als Merkmal besserer Ausstattung von Bedeutung ist. Angesichts des Verhältnisses der nur 5 m langen Überdachung und der Zuordnung des Stellplatzes zu mindestens 50 Wohnparteien ist eine Nutzung eines überdachten Stellplatzes durch die Beklagten nicht gewährleistet.

Weitere Merkmale besserer Ausstattung im Sinne der Ziffer 6.3.2 der Hamburger Mietenspiegels 2019, etwa eine großzügige Badausstattung oder ein Aufzug, weist die Wohnung nicht auf. Die Küche verfügt weder über eine Einbauküche noch über sonstige zusätzliche Ausstattung wie einen Geschirrspüler, einen Kühlschrank oder eine Tiefkühltruhe.

Vorteilhaft sind zwar die zentrale und ruhige Lage der Wohnung in der alleehaften Wohnstraße sowie ihre verkehrsgünstige Anbindung an öffentliche Nahverkehrsmittel. Durch die Einkaufsmöglichkeiten in einer Bäckerei, einem Gemüseladen und einem Zeitschriftgeschäft ist die Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs jedenfalls teilweise gewährleistet. Diese Lagevorteile fallen jedoch nicht so erheblich ins Gewicht, dass sie eine ortsübliche Vergleichsmiete rechtfertigten, die die Spanne zwischen dem Mittelwert und dem Oberwert um mehr als 57 % ausschöpft und den oberen Drittelwert (€ 799,56) deutlich übersteigt.

Als wohnwertmindernd ist hingegen zu berücksichtigen, dass die Wohnung angesichts der Größe von 73,22 qm über keinen nutzbaren Balkon verfügt.

Letztlich wirken sich die die Wohnung selbst betreffenden Ausstattungsmerkmale stärker aus als die Lage der Wohnung. Auch die durch den Kläger behauptete überdurchschnittlich schöne und repräsentative Jugendstilfassade vermag daran nichts zu ändern.

Auf die Nettokaltmiete der ebenfalls im Wohngebäude befindlichen, 30 qm großen WG-Zimmer kommt es schon aufgrund der erheblich abweichenden Wohnfläche dieser Mietobjekte nicht an.

Auch der Umstand, dass die Beklagte für ihre freiberufliche Tätigkeit als Grafikerin einen Raum der Wohnung als Arbeitszimmer nutzt, vermag eine Einordnung der ortsüblichen Vergleichsmiete über € 11,20 nicht zu rechtfertigen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die fünfzehn Jahre lange, beanstandungslose Duldung dieser Tätigkeit durch den Kläger zu einer ergänzenden konkludenten Vereinbarung einer teilgewerblichen Nutzung des ausweislich § 1.1 reinen Wohnraummietvertrag geführt hat. Zwar wird vertreten, dass die Möglichkeit einer teilgewerblichen Nutzung der Wohnung grundsätzlich einen preisbestimmenden Faktor auf dem Mietenmarkt darstellen kann, welcher bei der Ermittlung des ortsüblichen Mietzinses anhand eines Nettokaltmieten ausweisenden Mietenspiegels mittels eines Zuschlages berechnet werden könne (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 3. April 1998, 311 S 245/97 juris Rn 4). Dies gilt jedoch nur insoweit, als die teilgewerbliche Nutzung über den Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs einer Wohnraumnutzung hinausgeht. Die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauchs ist dann überschritten, wenn durch die teilgewerbliche Nutzung eine unzumutbare Störung für den Vermieter oder andere Mieter, etwa durch Publikumsverkehr, verbunden ist und der Charakter des Mietobjektes als Wohnraum verändert wird oder eine übermäßige Beanspruchung oder Abnutzung der Wohnung zu befürchten ist (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 3. April 1998, 311 S 245/97 juris Rn. 5). Was der Mieter aber im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs einer zu reinen Wohnzwecken vermieteten Wohnung ohnehin unabhängig von der Zustimmung des Vermieters tun darf, kann nicht Gegenstand eines solchen Zuschlages sein. Im Hinblick auf die alleinige Nutzung eines Raums als Arbeitszimmer für die freiberufliche Tätigkeit als Grafikerin ist nicht ersichtlich, welche Umstände diese Tätigkeit gemäß der obigen Ausführungen zustimmungsbedürftig machen sollen.

Offenblieben kann vor diesem Hintergrund das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 558 Abs. 1 BGB. Dies gilt auch für den Vortrag der Beklagten, das letzte Erhöhungsverlangen sei außerhalb der gesetzlichen Frist erfolgt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 41 Abs. 5 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

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