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Mieterkündigung wegen Wohnungsumbau zur Eigennutzung

AG Hamburg-Altona, Az.: 319a C 209/12

Urteil vom 27.11.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 3.806,16 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger sind Vermieter, der Beklagte Meter der in der … gelegenen Wohnung.

Mieterkündigung wegen Wohnungsumbau zur Eigennutzung
Foto: didesign/Bigstock

Mit Schreiben vom 27.12.2011 (Anlage K 1) kündigte der Prozessbevollmächtigte im Namen der Erbengemeinschaft …, bestehend aus Frau … die streitgegenständliche Wohnung wegen Eigenbedarfes zum 30.09.2012, hilfsweise zum 31.12.2012. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Wohnung für die Klägerin zu 2) nebst Ehemann und Tochter benötigt werde. Vorgesehen sei, dass das gesamte 2. Obergeschoss umgebaut und das Dach saniert werde, so dass eine große Wohnung, bestehend aus den von dem Beklagten gemieteten Räumen und der ebenfalls gekündigten und inzwischen geräumten, an die Wohnung des Beklagten angrenzenden Wohnung der Mieterin Schröder sowie einem durch Einbau einer Treppe verbundenen Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von insgesamt 120 qm geschaffen werde. Das Dachgeschoss wird gegenwärtig nicht zu Wohnzwecken genutzt.

Mit Schreiben vom 30.01.2012 (Anlage K 4) kündigte der Prozessbevollmächtigte im Namen der Erbengemeinschaft … bestehend aus … die streitgegenständliche Wohnung erneut wegen Eigenbedarfes zum 30.11.2012, hilfsweise zum 28.02.2013.

Beiden Kündigungsschreiben war eine durch Herrn … unterschriebene Vollmacht beigefügt, auf die in den Kündigungsschreiben jeweils Bezug genommen war.

Nachdem die Kläger zunächst haben vortragen lassen, die beabsichtigte Zusammenlegung der Wohnungen und die insoweit geplanten Bauausnahmen seien genehmigungsfrei, behaupten die Kläger nunmehr, am 29.10.2013 einen entsprechenden Bauantrag gemäß Anlage K 12 gestellt zu haben. Sie meinen, dass die Stellung des Bauantrages bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ausreichend sei.

Die Kläger beantragen, den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung in dem Mehrfamilienhaus … zu räumen und geräumt an die Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bestreitet, die Kündigung vom 27.12.2011 erhalten zu haben. Er ist der Auffassung, die Kündigungen vom 27.12.2011 und vom 30.01.2012 seien unwirksam, da die erforderliche Baugenehmigung zum Zeitpunkt der Kündigung hätte vorliegen müsse; jedenfalls aber zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung hätte ein Bauvorbescheid vorliegen müssen.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die zu Protokoll gegebenen Erklärungen gemäß Sitzungsprotokoll vom 22.5.2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die klagende Partei hat keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gem. § 546 Abs. 1 BGB. Denn das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wurde weder durch Kündigung vom 27.12.2011 noch durch Kündigung vom 30.01.2012 wirksam beendet.

Es kann dahinstehen, ob die Eigenbedarfskündigungen vom 27.12.2011 und vom 30.01.2012 durch den Klägervertreter im Namen der Erbengemeinschaft im Hinblick darauf, dass die jeweils beigefügte Prozessvollmacht an den Klägervertreter nur von Herrn … unterschrieben worden war, formal wirksam war.

Denn jedenfalls sind die materiellen Voraussetzungen für die Eigenbedarfskündigung vom 27.12.2011 gem. § 573 Abs. 2 Ziff. 2 BGB nicht gegeben. Die klagende Partei hat bereits nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass sie eine ernsthafte und nachvollziehbare Nutzungsabsicht hat.

Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter, der die gekündigten Räume vor der Eigennutzung an einen Angehörigen umbauen möchte, bei Ausspruch der Kündigung bereits die bis ins Einzelne vorliegende Planungen und Genehmigungen vorweisen kann (vgl. Landgericht Hamburg, Urteil vom 25.09.2009, Az. 333 S 67/08, BeckRS 2010, 01803; Schmidt-Futterer, 11. Aufl., 2013, Rn. 63).

Erforderlich ist aber, dass eine ernsthafte Planung bereits ersichtlich ist. Daher darf der Vermieter erst kündigen, wenn seine Planung ein Stadium erreicht hat, in dem beurteilt werden kann, ob die Verwirklichung des Plans eine Kündigung rechtfertigt (LG München WuM 1992, 612; Schmidt-Futterer, 11. Aufl., 2013, Rn. 63). Dies muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (OLG Frankfurt a. a. O.; BayObLG ZMR 1993, 560).

Vor dem Hintergrund, dass die klagende Partei weder bei Kündigung, noch bei Klageinreichung noch im Verlaufe des Prozesses trotz entsprechender Hinweise der beklagten Partei zu der Erkenntnis gelangt ist, dass die von ihr beabsichtigten Umbaumaßnahmen bauordnungsrechtlich genehmigungspflichtig sind, ist eine ernsthafte Nutzungsabsicht nicht ersichtlich.

Dass die beabsichtigte Baumaßnahme bauordnungsrechtlich genehmigungspflichtig ist, ergibt sich im Wesentlichen aus der Anlage 2 zur § 60 Abschnitt II der HBauO i. V. m. § 68 Abs. 2 HBauO und wird durch die durch das Gericht eingeholte behördliche Auskunft der Freien und Hansestadt Hamburg, Fachamt Bauprüfung, vom 17.09.2013 (Bl. 129 f. d. A.) bestätigt (vgl. zur Zulässigkeit der Einholung einer amtlichen Auskunft: OLG Hamburg, NJW 1981, 2308). Da vorliegend der Ausbau des ehemaligen Bodenraumes im Dachgeschoss als Aufenthaltsraum eine Umnutzung darstellt, für die andere öffentlich-rechtliche Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung, ist diese gemäß Anlage 2 zu § 60 Abschnitt II HBauO genehmigungspflichtig, da entsprechend der Gebäudeklasse 4 brandschutztechnische und bautechnische Belangen einschließlich der Anforderungen an Rettungswege geprüft und genehmigt werden müssen, § 68 Abs. 2 HBauO. Außerdem ist der Einbau einer zusätzlichen Treppe zur Verbindung des Dachgeschosses mit dem 2. OG gemäß Anlage 2 Abschnitt 10 zu § 60 HBauO genehmigungspflichtig, da es um ein Gebäude der Gebäudeklasse 4 handelt.

Die Behauptung der klagenden Partei, der von ihr beauftragte Architekt habe ausgesagt, dass das Vorhaben genehmigungsfrei sei, führt zu keiner abweichenden Beurteilung, weil sich die klagende Partei die dem Gericht schwer nachvollziehbare Unwissenheit dieses Architekten zurechnen lassen muss, § 166 BGB. Eine Kündigung ins Blaue hinein ohne entsprechende verlässliche baustatische und baugenehmigungsrechtliche Vorprüfung ist nicht ausreichend. Nicht einmal zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung lag eine entsprechend verlässliche Bauplanung vor. Auf welche konkrete Baumaßnahme sich der eingereichte Antrag bezieht, wurde nicht substantiiert vorgetragen, so dass das Gericht keine Möglichkeit hatte, diese hinsichtlich ihrer öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu überprüfen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 41 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.

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