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Mietkündigung bei der Äußerung – Verhalten echt asozial

AG Wedding – Az.: 11 C 73/21 – Urteil vom 18.02.2022

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Wedding aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2022 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerinnen jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerinnen können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Die Klägerinnen verlangen von den Beklagten Räumung und Herausgabe der von ihnen innegehaltenen Räume sowie Auskunftserteilung über die erfolgte Untervermietung.

Die Klägerinnen sind Vermieterinnen des in der Rue ………, ……… B………, gelegenen Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 445,00 m².

Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin des Einfamilienhauses. Mit Mietvertrag vom 29. Januar 2017 schlossen die Klägerinnen als Vermieterinnen mit der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) einen Zeit-Mietvertrag. Dieser sollte gemäß § 2 Nr. 1 des Mietvertrages am 1. April 2017 beginnen und am 1. April 2027 enden. Auf den Mietvertrag (Anlage K2, Bl. 18 ff d. A.) wird Bezug genommen.

In § 1 Nr. 4 des Mietvertrages heißt es:

„Die Benutzung der Mietsache für gewerbliche oder berufliche Zwecke bedarf der Zustimmung des Vermieters. Behördliche Genehmigungen hat der Mieter auf seine Kosten einzuholen und dem Vermieter unaufgefordert nachzuweisen. Der Vermieter stimmt der Untervermietung sowie der teilgewerblichen Nutzung hiermit zu. Eine Untervermietung führt nicht zur Erhöhung der Miete.“

In § 17 Nr. 5 des Mietvertrages heißt es:

„Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten. Zur Erlangung der Erlaubnis hat der Mieter neben dem Namen, der Anschrift und der Telefonnummer des Dritten auch das berechtigte Interesse an der Überlassung im Sinne des § 553 BGB mitzuteilen. Die Erlaubnis kann der Vermieter dann verweigern oder widerrufen, wenn ein berechtigtes Interesse nicht dargetan wurde, in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann. Der Mieter hat dem Vermieter den jeweils aktuellen Untermietvertrag unaufgefordert zur Kenntnis zu geben.“

In § 17 Nr. 15 des Mietvertrages heißt es:

„Den Mietern werden zum Vertragsabschluss folgende Genehmigungen erteilt: Die dauerhafte Untervermietung der Räumlichkeiten an eine weitere Person „Billy“ sowie die Untervermietung der Schulungsräume für Gruppen, Seminare und vergleichbare Tätigkeiten.“

Im Nachtrag zum Mietvertrag vom 11. März 2017 (Bl 33 d. A.) heißt es:

„Die Gesamtzahl der Personen, die die Mietsache bewohnen werden, beträgt 2 sowie 1 dauerhafter Untermieter“.

Mietkündigung bei der Äußerung - Verhalten echt asozial
(Symbolfoto: Tavarius/Shutterstock.com)

Nach Abschluss des Mietvertrages nahmen die Beklagten zu 1) und 2), die Beklagte zu 3), bei der es sich um die Mutter der Beklagten zu 1) handelt, im Wohnhaus auf.

Darüber hinaus meldeten die Beklagte zu 4) und der Beklagte zu 5), ohne im Einfamilienhaus tatsächlich zu wohnen, ihren Wohnsitz unter der Anschrift des Wohnhauses an, wobei es sich bei der Beklagten zu 4) um die Tochter der Beklagten zu 1) und bei dem Beklagten zu 5) um den Lebenspartner und Vater des gemeinsamen Kindes der Tochter handelt.

Darüber hinaus vermieteten die Beklagten zu 1) und 2) Räumlichkeiten des Wohnhauses an Frau. Dr. K………, einer Fachärztin für Chirurgie.

Nachdem die Beklagten zu 1) und 2) hierzu aufgefordert wurden, teilten sie der Klägerin zu 1) mit E-Mail vom 18. September 2020 mit, dass die Beklagten zu 3) bis 5) im streitgegenständliche Wohnhaus wohnen.

Im September 2020 stellte die Klägerin zu 1) fest, dass am Garteneingangstor des Wohnhauses ein Arztpraxisschild anmontiert war, woraufhin sie mit E-Mail vom 6. Oktober 2020 die Untervermietung an Frau Dr. K……… untersagte und den Untermietvertrag sowie die Angabe der Höhe des Untermietzinses bis zum 16. Oktober 2020 forderte.

Mit Kündigungsschreiben vom 26. Oktober 2020 (Anlage K11, Bl. 43 ff d.A.) erklärte die Klägerin zu 1) den Beklagten zu 1) und 2) die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung und stützte die Kündigung auf eine ungenehmigte gewerbliche Überlassung als Praxis an die Ärztin/Chirurgin für ästhetische Medizin Dr. K………, Beleidigung der Klägerin zu 1) als „asozial“, Vergraulen der Handwerker sowie die Nutzung des Wohnhauses als Scheinwohnsitz der Tochter sowie ihres Lebensgefährten und des Enkelkindes.

Die Klägerinnen behaupten, die Beklagte zu 1) habe die Klägerin zu 1) gegenüber der Klägerin zu 2) mit den Worten beleidigt: „Ich finde das Verhalten von M……… echt asozial“. Die Beklagte zu 1) habe rassistische Äußerungen kundgetan: „Endlich mal ein Deutscher Handwerker. Sonst sind das immer nur Ausländer“ und darüber hinaus die Handwerker vergrault und wiederholt verhindert, dass die Handwerker ihre Tätigkeiten ausführen konnten. Ferner haben die Beklagten zu 1) und 2) sich gegenüber der Untermieterin Frau Dr. K……… als Eigentümer geriert. Frau Dr. K……… habe ohne behördliche Genehmigung im Wohnhaus eine Arztpraxis betrieben. Die Beklagten zu 4) und 5) wohnten ausschließlich in der Dachgeschosswohnung der Familie G………. Es läge daher nur ein Scheinwohnsitz der Beklagten zu 4) und 5) vor.

Die Klägerin zu 1) verfolgt nunmehr ihren Räumungsanspruch auf dem Klageweg weiter und hat im Rahmen der Klageschrift vom 9. Februar 2021, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, erneut die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung gegenüber den Beklagten zu 1) bis 5) ausgesprochen. In der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2021 hat die Klägerin zu 1) im Wesentlichen ursprünglich beantragt, die Beklagten zu 1) bis 5) zu verurteilen, das streitgegenständliche Einfamilienhaus geräumt an sie herauszugeben und vorgerichtliche Rechtsanwalts kosten zu zahlen. Aufgrund des Befangenheitsantrags der Klägerin zu 1) hat das Gericht nach der mündlichen Verhandlung nicht entscheiden können und nach Dezernentenwechsel die Verhandlung wiedereröffnet. Mit Kündigungsschreiben vom 10. August 2021 haben die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) das Mietverhältnis erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt und sich im Wesentlichen auf die im Kündigungsschreiben vom 26. Oktober 2020 ausgeführten Gründe berufen. Auf das Kündigungsschreiben vom 10. August 2021 (Bl. 135 ff d. A.) wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 16. August 2021 ist der Rechtsstreit sodann sowohl auf die Klägerin zu 2) als auch um einen Auskunftsanspruch erweitert worden.

Die Klägerinnen beantragen nunmehr:

1. Die Beklagten zu 1) bis 5) als Gesamtschuldner zu verurteilen, das von ihnen innegehaltene Einfamilienhaus, gelegen Rue ………, ……… B………, bestehend aus 9 Zimmern, 2 Bädern, Küchenraum, 2 Dielen, Abstellraum, Gäste-WC, 2 Terrassen und 3 Kellerräumen mit einer Wohnfläche von 445 m² (beheizt 360 m²) zur Nutzung als Wohnung geräumt im vertraglichen Zustand an sie herauszugeben.

2. Die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 1.590,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.242,84 Euro seit dem 12.12.2020 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus weiteren 348,07 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, wie hoch die Untermieteinnahmen aus der Untervermietung eines Teils des Einfamilienhauses, gelegen Rue ………, ……… B………, bestehend aus 9 Zimmern, 2 Bädern, Küchenraum, 2 Dielen, Abstellraum, Gäste-WC, 2 Terrassen und 3 Kellerräumen mit einer Wohnfläche von 445 m² (beheizt 360 m²) zur Nutzung als Wohnung an die Fachärztin für ästhetische Chirurgie Frau Dr. V……… K……… waren.

4. Die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, über welchen Zeitraum die Untervermietung eines Teils des Einfamilienhauses, gelegen Rue ………, ……… B………, bestehend aus 9 Zimmern, 2 Bädern, Küchenraum, 2 Dielen, Abstellraum, Gäste-WC, 2 Terrassen und 3 Kellerräumen mit einer Wohnfläche von 445 m² (beheizt 360 m²) zur Nutzung als Wohnung an die Fachärztin für ästhetische Chirurgie Frau Dr. V……… K……… erfolgte.

5. Die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, Auskunft durch die Vorlage des Untermietvertrages zu erteilen.

6. Die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, die erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Untervermietung an Frau Dr. K……… sei im Jahr 2019 gegenüber der Klägerin zu 2) mündlich angezeigt und von dieser gestattet worden. Frau Dr. K……… habe lediglich beabsichtigt, den Schulungsraum und das Arbeitszimmer der Beklagten zu 1) zur Durchführung von Beratungsterminen zu nutzen. Die Untervermietung sei spätestens am 15. Oktober 2020 beendet worden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Parteierweiterung auf der Klägerseite sowie die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 16. August 2021 war gemäß § 263 ZPO zulässig, denn die Beklagten haben rügelos verhandelt. Eine Einwilligung war mithin gemäß § 267 ZPO anzunehmen. Die Klageänderung erfolgte auch nicht unzulässigerweise nach Schluss der mündlichen Verhandlung, da die mündliche Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 3 ZPO aufgrund des Dezernentenwechsels wiedereröffnet wurde.

II.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Wohnhauses gegen die Beklagten zu 1) und 2) besteht unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus § 546 Abs. 1 BGB, denn das Mietverhältnis ist nicht wirksam beendet worden.

a) Die Kündigungserklärungen vom 26. Oktober 2020 und 9. Februar 2021 sind unwirksam, denn sie wurden allein von der Klägerin zu 1) ausgesprochen. Erforderlich ist wegen der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses grundsätzlich eine Kündigung von allen an alle (Palandt/Weidenkaff Aufl. 2021, § 542 Rn. 18). Vorliegend ist auch die Klägerin zu 2) Vermieterin des Mietverhältnisses. Die Klägerin zu 2) hat die Kündigungserklärung vom 26. Oktober 2020 weder unterschrieben noch wurde die Klägerin zu 2) zum Zeitpunkt der ausgesprochenen zweiten Kündigung durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der Klageschrift vom 9. Februar 2021 vertreten. Eine Vertretung der Klägerin zu 2) kann den Kündigungsschreiben nicht entnommen werden. Zum notwendigen Inhalt einer Kündigung gehört es allerdings, dass sich aus ihr ergibt, wer die Kündigung ausgesprochen hat. Kündigungsberechtigt sind nur die Vertragspartner. Die (lediglich) dinglich Berechtigten können nicht kündigen (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 542 Rn. 47). Auf die Eigentümerverhältnisse, insbesondere auf den Umstand, dass die Klägerin zu 1) Alleineigentümerin des Wohnhauses ist, kommt es vorliegend mithin nicht an.

b) Die fristgerechte, ordentliche Kündigung vom 10. August 2021 ist unwirksam, denn eine ordentliche Kündigung zum damaligen Zeitpunkt war ausgeschlossen. Die Klägerinnen haben mit den Beklagten zu 1) und 2) laut § 2 Nr. 1 des Mietvertrages vom 29. Januar 2017 eine zeitliche Befristung des Mietverhältnisses bis zum 1. April 2027 vereinbart. Eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses ist während der Mietzeit ausgeschlossen, § 542 BGB. Selbst wenn die Befristungsregelung den Anforderungen des § 575 Abs. 1 BGB nicht entsprechen sollte und damit unwirksam wäre, ergäbe eine Auslegung des Mietvertrags, dass an die Stelle der unwirksamen Befristung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht in der Weise tritt, dass eine Kündigung frühestens zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit möglich ist. Auf diese Weise wird das von beiden Parteien erstrebte Ziel der langfristigen Bindung erreicht (BGH, Urteil vom 10. 7. 2013 – VIII ZR 388/12 = NJW 2013, 2820 Rn. 16).

c) Die außerordentliche Kündigung vom 10. August 2021 ist mangels Vorliegen eines wichtigen Grundes ebenfalls unwirksam. Die Klägerinnen stützen die Kündigung vom 10. August 2021 ausdrücklich auf (aa) die ungenehmigte gewerbliche Überlassung als Praxis an die Ärztin/Chirurgin für ästhetische Medizin Frau Dr. K………, (bb) die Bezeichnung der Klägerin zu 1) als „asozial“, (cc) das Vergraulen der Handwerker sowie (dd) die Nutzung des Wohnhauses als Scheinwohnsitz der Beklagten zu 4) und 5) und des Enkelkindes.

(aa) Ein wichtiger Grund ist insbesondere nicht darin zu erblicken, dass die Räumlichkeiten des Wohnhauses teilweise Frau Dr. K……… als Arztpraxis überlassen wurden. Denn unabhängig davon, ob die Räumlichkeiten tatsächlich ‒ wie von den Klägerinnen behauptet ‒ ungenehmigt als Arztpraxis verwendet wurden oder ‒ wie von der Beklagtenseite vorgetragen ‒ das Arbeitszimmer sowie der Schulungsraum von Frau Dr. K……… lediglich zur Durchführung von Beratungsterminen verwendet werden sollte, und dies von der Klägerin zu 2) genehmigt war, sind die Voraussetzungen von § 542 Abs. 2 S.1 Nr. 2 BGB nicht erfüllt. Auf eine Beweiserhebung kam es insoweit nicht an, sodass dem Beweisangebot der Klagepartei nicht nachgegangen werden musste.

Eine unbefugte Überlassung an Dritte stellt nach § 542 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB zwar grundsätzlich einen wichtigen Grund dar. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass es sich um eine erhebliche Verletzung der Rechte der Vermieterinnen handelt. Es ist bereits zweifelhaft, ob selbst auf Grundlage des klägerischen Vortrags überhaupt eine unbefugte Gebrauchsüberlassung an Frau Dr. K……… vorliegt, denn die Untervermietung sowie die teilgewerbliche Nutzung war nach § 1 Nr. 4 des Mietvertrages unstreitig ausdrücklich erlaubt und die Untervermietung der Schulungsräume für Gruppen, Seminare und vergleichbare Tätigkeiten nach § 17 Nr. 15 des Mietvertrages gestattet. Jedoch selbst wenn der Mietvertrag so ausgelegt wird, dass eine Untervermietung an Frau Dr. K……… als Arztpraxis nicht von der Erlaubnis erfasst wird, so kann angesichts der unklaren Regelungen im Mietvertrag nicht von einer erheblichen Verletzung im Sinne des § 543 Abs. 2 S 1 Nr. 2 BGB ausgegangen werden.

Im Übrigen fehlt es an einer erfolglosen Abmahnung nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB. Die Beklagten haben substantiiert vorgetragen, dass die Untervermietung an Frau Dr. K……… nach der Abmahnung vom 6. Oktober 2020 durch die Klägerin zu 1) spätestens am 15. Oktober 2020 beendet wurde. Dies wird durch die klägerseits vorgelegte E-Mail Korrespondenz vom 8. Oktober 2020 (Anlage K12, Bl. 47 d. A.) auch bestätigt. So heißt es in der E-Mail vom 8. Oktober 2020 von der Beklagten zu 1) an die Klägerin zu 1): „Wir haben durch Dein Verhalten eine Mieterin verloren“. Die Klägerinnen scheinen darüber hinaus in ihrem Schriftsatz vom 16. August 2020 und insbesondere unter Berücksichtigung der Formulierung ihrer Anträge („wie hoch die Untermieteinnahmen (…) waren“) selbst davon auszugehen, dass es sich um ein vergangenes Untermietverhältnis handelt. Sofern der Vortrag der Klägerinnen, die Beklagten haben noch nicht nachgewiesen, dass Frau Dr. K……… ausgezogen sei, als Bestreiten der Beendigung des Untermietvertrages auszulegen wäre, so ist dieses nicht ausreichend substantiiert und damit unbeachtlich.

Eine Abmahnung gemäß § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB war auch nicht entbehrlich, da gerade nicht zweifelsfrei feststand, dass die Beklagten zu 1) und 2) nicht zur Gebrauchsüberlassung an Frau Dr. K……… berechtigt waren und auch keine weiteren Umstände klägerseits vorgetragen wurden, die den Vertragsverstoß als besonders schwerwiegend erscheinen lassen. Solche Umstände können insbesondere auch nicht im Fehlen einer Genehmigung der Ärztekammer gesehen werden. Denn die Erfüllung eines Straftatbestandes seitens der Beklagten zu 1) und 2) ist für das Gericht genauso wenig ersichtlich wie, dass die Klägerinnen als Vermieterinnen der Vermieter, bzw. die Klägerin zu 1) als Eigentümerin der Räumlichkeiten bei Fehlen einer etwaigen Genehmigung rechtliche Konsequenzen zu befürchten hätten, sodass eine sofortige Kündigung möglicherweise gerechtfertigt gewesen wäre.

Sofern sich die Klägerinnen allein auf die Tatsache stützen, dass Frau Dr. K……… im Wohnhaus möglicherweise eine ohne entsprechende Genehmigung der Ärztekammer oder sonstige behördlichen Genehmigung eine Arztpraxis geführte hat bzw. eine solche Genehmigung den Klägerinnen nicht vorgelegt wurde, fehlt es ebenfalls an einer erfolglosen Abmahnung nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB. Eine Pflicht zur Vorlage einer Genehmigung für eine gewerbliche Nutzung des Wohnhauses, die nicht mehr vorliegt, kann dem Mietvertrag nicht entnommen werden.

(bb) Die Äußerung der Beklagten zu 1), „ich finde das Verhalten von M……… echt asozial“, stellt, unterstellt sie sei wahr, ebenfalls keinen wichtigen Grund dar, da eine Beleidigung der Klägerin zu 1) nach § 185 Abs. 1 StGB in der Äußerung nicht zu erkennen ist. Vielmehr handelt es sich angesichts der Wortwahl „ich finde“ um ein von der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gedecktes Werturteil. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer unzulässigen Schmähkritik erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfG, Beschluss vom 29.6.2016 – 1 BvR 2646/15). Da sich die behauptete Äußerung darauf beschränkt, das Verhalten der Klägerin zu 1) als „asozial“ zu beschreiben und die Äußerung nach dem klägerischen Vortrag im Zusammenhang mit einer nicht gewährten Mietminderung gefallen sein soll, kann hiervor jedoch nicht ausgegangen werden. In eine Beweisaufnahme musste mangels Entscheidungserheblichkeit nicht eingetreten werden.

(cc) Das vorgetragene Vergraulen der Handwerker stellt ebenfalls keinen wichtigen Grund dar. Dieser wurde bereits nicht substantiiert dargelegt. Die klägerseits behauptete Äußerung der Beklagten zu 1) gegenüber einem Dritten „Endlich mal ein deutscher Handwerker. Sonst sind das immer nur Ausländer“ ‒ unterstellt sie sei tatsächlich gefallen ‒ stellt keinen außerordentlichen Kündigungsgrund dar. Eine Beleidigung gegenüber dem Vermieter oder anderen Hausbewohnern, wie sie grundsätzlich als außerordentlicher Kündigungsgrund in Betracht kommt, ist hierin nicht zu erblicken. Im Übrigen werden keine solchen Äußerungen nach erfolgter Abmahnung vom 6. Oktober 2020 dargelegt. Dass die Beklagten zu 1) und 2) notwendige Tätigkeiten der Handwerker gänzlich verhindert hätten, wird seitens der Klägerinnen nicht vorgetragen.

(dd) Die Nutzung der Wohnung als Scheinwohnsitz durch die Beklagten zu 4) und 5) stellt ebenfalls keinen Kündigungsgrund dar. Selbst wenn die Beklagten zu 4) und 5) nicht im Wohnhaus wohnen würden, ist für das Gericht nicht ersichtlich, wie sich dies nachteilhaft auf das Verhältnis der Klägerinnen zu den Beklagten auswirken sollte. Sofern die Beklagten zu 1) und 2) sowie die Beklagten zu 4) und 5) durch ihr Verhalten ‒ welches bestritten ist ‒ eine Ordnungswidrigkeit begehen, reicht dies für die Begründung eines wichtigen Grundes im Rahmen der außerordentlichen Kündigung nicht aus, da die Anmeldung eines Scheinwohnsitzes sich weder auf die Mietsache noch die Vermieterinnen unmittelbar auswirkt. Insbesondere ist ein Bußgeld gemäß § 54 Bundesmeldegesetzes (BMG) für die Klägerinnen nicht zu befürchten, denn sie haben durch ihr Verhalten weder eine Wohnungsanschrift für eine Anmeldung nach § 17 Abs. 1 BMG einem Dritten angeboten noch zur Verfügung gestellt, obwohl ein tatsächlicher Bezug der Wohnung durch einen Dritten weder stattfindet noch beabsichtigt ist.

(ee) Sofern die Kündigung auf weitere Umstände gestützt wird, insbesondere darauf, die Beklagten zu 1) und 2) hätten sich gegenüber Frau Dr. K……… als Eigentümer geriert, sind diese bereits nicht substantiiert dargelegt. Selbst auf Grundlage des klägerischen Vortrags ist es für das Gericht nicht ersichtlich, dass ein wichtiger Grund vorliegt, der unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Klägerinnen unzumutbar macht.

2. Ein Anspruch auf Räumung der Beklagten zu 3) bis 5) aus § 546 Abs. 2 BGB besteht ebenfalls nicht, denn das Mietverhältnis wurde, wie oben erläutert, nicht wirksam beendet.

3. Ein Anspruch auf Auskunft über die Höhe der Untermieteinnahmen sowie den Zeitraum der Untervermietung steht den Klägerinnen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere weder aus dem Mietvertrag noch aus § 535 Abs. 1 BGB noch aus Treu und Glaube gemäß § 242 BGB.

Der Anspruch ist bereits unsubstantiiert. Der Untermietvertrag war zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens ‒ wie von den Beklagten den Klägerinnen mitgeteilt ‒ bereits beendet. Die Beklagten haben, wie oben bereits ausgeführt, substantiiert dargelegt, dass das Untermietverhältnis mit Frau Dr. K……… spätestens zum 15. Oktober 2020 beendet war. Ein rechtlich geschütztes Interesse der Klägerinnen an der Auskunft zur Höhe der Untermieteinnahmen sowie zum genauen Zeitraum der Untervermietung ist für das Gericht nicht erkennbar. Die Klägerinnen haben keine Tatsachen vorgetragen aus welchen sich ein solches Interesse ergeben könnte.

Insbesondere dürfte den Klägerinnen kein Anspruch auf den Untermietzins zustehen. Ebenso haben die Klägerinnen nach § 1 Nr. 4 des Mietvertrages mit den Beklagten zu 1) und 2) ausdrücklich vereinbart, dass eine Untervermietung nicht zur Erhöhung der Miete führt, sodass auch diesbezüglich kein Interesse der Klägerinnen an der Auskunft besteht.

4. Ein Anspruch der Klägerinnen auf Vorlage des Untermietvertrages mit Frau Dr. K……… gegen die Beklagten zu 1) und 2) besteht ebenfalls nicht. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus dem Mietvertrag. Nach § 17 Nr. 5 des Mietvertrages besteht, unterstellt die Klausel sei wirksam, lediglich ein Anspruch auf Vorlage des jeweils aktuellen Untermietvertrages. Ein aktuelles Untermietverhältnis mit Frau Dr. K……… besteht allerdings nicht.

5. Da kein Anspruch auf die geltend gemachten Auskünfte besteht, besteht auch kein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung dieser.

5. Ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie Zinsen steht den Klägerinnen mangels Pflichtverletzung der Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Abs. 1 ZPO.

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