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Mietminderungsanspruch und Duldungsanspruch bei Balkonanbringung im nächsthöheren Stockwerk

LG Berlin, Az: 18 S 99/13

Urteil vom 13.11.2013

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.02.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – Geschäftsnummer: 214 C 234/12 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen geändert:

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, den von ihr an der zum Hof gelegenen Seite über der von den Klägern gemieteten Wohnung im Hause …-Straße 13, 14057 Berlin, Vorderhaus, 1. Obergeschoss links, im Eckbereich zum Seitenflügel angebrachten Balkon vor der Wohnung im 2. Obergeschoss fachgerecht zu entfernen, und soweit festgestellt worden ist, dass die von den Klägern geschuldete Miete für die Wohnung …-Straße 13, 14057 Berlin, Vorderhaus, 1. Oberschoss links, vom 01.01.2013 bis zur Beseitigung der Verdunkelung/des Lichtentzugs aufgrund des von der Beklagten an der zum Hof gelegenen Seite des Hauses …-, im Eckbereich zum Seitenflügel über der von den Klägern gemieteten Wohnung angebrachten Balkons vor der Wohnung im 2. Obergeschoss um mehr als 2 % gemindert ist.

2. Von den Kosten der Berufung haben zu tragen die Kläger als Gesamtschuldner 17/20 und die Beklagte 3/20, die übrigen Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner ganz zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Mietminderungsanspruch und Duldungsanspruch bei Balkonanbringung im nächsthöheren Stockwerk
Foto: AlexRotenberg/Bigstock

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum. Die Kläger machen in der Berufungsinstanz weiterhin Entfernung eines im Stockwerk über ihrer Wohnung von der Beklagten angebrachten Balkons sowie Minderung ihrer Miete bis zur Beseitigung dadurch angeblich verursachter Beeinträchtigungen geltend. Wegen des Vorbringens und der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des am 13. Februar 2013 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg – 214 C 234/13 -.

Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen insoweit entsprechend dem Klagantrag der Kläger zur Beseitigung verurteilt und eine Mietminderung festgestellt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird verwiesen auf die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils.

Gegen das ihnen am 18. Februar 2013 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte mit am 18. März 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 18. April 2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Rechtsstreit ist durch Beschluss vom 14. Juni 2013 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Die Beklagte hält das amtsgerichtliche Urteil insoweit für falsch. Sie wiederholt und vertieft insoweit ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg vom 13.02.2013, Aktenzeichen: 214 C 234/12, die Klage abzuweisen, soweit die Klage zu einer Verurteilung der Beklagten geführt hat.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragen die Kläger, die Revision zuzulassen.

Die Kläger verteidigen insoweit das angefochtene Urteil und treten dem Berufungsvorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug im Einzelnen wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze sowie der Sitzungsniederschrift vom 13. November 2013.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Den Klägern steht ein Anspruch auf Beseitigung des im zweiten Obergeschoss über ihrer Wohnung zum Hof hin angebrachten Balkons nicht zu; denn sie sind gemäß § 554 BGB a.F. zur Duldung dieser Modernisierungsmaßnahme verpflichtet. Diese Vorschrift enthält insoweit eine Sonderregelung für die Verpflichtungen der Mietvertragsparteien bei einer Veränderung der Mietsache. Die Kläger haben den Bau auch des Balkons im Stockwerk über ihrer Wohnung als Verbesserung der Mietsache zu dulden. Ob es sich um eine Verbesserungsmaßnahme handelt, ist grundsätzlich objektiv unter Abwägung aller beteiligten Interessen zu beurteilen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die von den Klägern gemietete Wohnung nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern das Gebäude, in dem sie sich befindet, in die Abwägung miteinbezogen werden muss. Danach stellt die Schaffung jeweils eines weiteren Balkons für in dem Haus befindliche Wohnungen insgesamt eine Wertverbesserung für alle Wohnungen dar. Das ergibt sich schon aus der hierdurch geschaffenen zusätzlichen Möglichkeit der Nutzung einer unmittelbar an die Wohnung angeschlossenen freien Fläche. Soweit die Kläger sich darauf berufen, dass die vorhandenen Balkone dazu ausreichen, verkennen sie, dass es nicht auf ihre individuelle Betrachtung ankommt. Sie berücksichtigen auch nicht, dass der hier neu geschaffene Balkon einen Austritt in eine andere Himmelsrichtung als die bisherigen Balkone schafft. Ganz abgesehen davon, dass sie die Größe der Wohnung insgesamt außer Betracht lassen. An einer nicht zu rechtfertigenden Härte fehlt es, soweit die Kläger eine solche überhaupt geltend machen, aus den selben Erwägungen, die das Mietminderungsrecht der Kläger begrenzen (siehe unten). Für die Duldungspflicht der Kläger ist es hier grundsätzlich unerheblich, ob die Maßnahme ordnungsgemäß angekündigt worden ist. Es verstieße gegen Treu und Glauben der Beklagten allein wegen möglicher formeller Mängel bei der Ankündigung den Abriss des Balkons aufzugeben, wenn sie diesen bei Einhaltung aller formellen Voraussetzungen umgehend erneut errichten könnte (vgl. Palandt, § 554 BGB a.F., Rn. 23 und 31 m.w.N.). Die Kläger können sich gemäß § 242 BGB hier auch deshalb nicht auf eine Nichteinhaltung der Ankündigungsfristen berufen, weil der durch diese Fristen gesicherte Zweck, eine rechtzeitige Information der Mieter, hier unabhängig von der Fristversäumnis bereits erreicht war. Die Kläger sind bereits im März 2012 von sich aus an die Beklagte herangetreten, um ihren unbedingten Widerspruch gegen die geplanten Eckbalkone mitzuteilen, wussten also bereits zu diesem Zeitpunkt, was die Beklagte vorhatte. Die im August 2012 nachfolgende Darstellung der Beklagten zu den für Mitte September 2012 angekündigten Maßnahmen im Einzelnen und die Erklärung, eine Mieterhöhung werde nicht erfolgen, hat an dieser Grundeinstellung der Kläger nichts geändert und aufgrund des vorgefassten Entschlusses der Kläger auch nichts ändern können.

Auch wenn die Kläger nach alledem die Errichtung auch des im zweiten Obergeschoss über ihrer Wohnung zum Hof hin angebrachten Balkons dulden müssen, ist wegen der Verschlechterung des Lichteinfalls in die Räume zum Hof, die unmittelbar unter dem darüber liegenden Balkon liegen, der Mietzinsanspruch der Beklagten gegen die Kläger gemindert. Soweit die Beklagte beanstandet, dass das Amtsgericht den Umfang einer Verschlechterung der Lichtverhältnisse nicht ausreichend aufgeklärt habe, übersieht sie, dass das Amtsgericht zurecht davon ausgegangen ist, dass ihr Bestreiten unzureichend substantiiert ist. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vortrag der Kläger, sie könnten von den Fenstern der betroffenen Räume aus den Himmel nicht mehr sehen und benötigten zum Lesen abgesehen von unmittelbarer Fensternähe nunmehr Kunstlicht, zum anderen aus dem Vorbringen der Beklagten selbst, es handele sich um einen Innenhof eines fünfgeschossigen Gebäudes. Angesichts der von der Beklagten selbst beschriebenen örtlichen Verhältnisse liegt es auf der Hand, dass ein unmittelbar über den Fenstern der Wohnung der Kläger angebrachter Balkon den Lichteinfall durch diese Fenster beeinträchtigt. Im Hinblick auf die konkrete Darstellung dieser Beeinträchtigung durch die Kläger reichte das bloße Bestreiten der Beklagten nicht aus, zumal sie zunächst eine Beeinträchtigung auch selbst für möglich gehalten hat. Gerade weil, wie die Beklagte selbst vorträgt, es sich um Fenster zum Innenhof eines fünfgeschossigen Gebäudes handelt, stellt die zusätzliche Verschattung auch keine nur unerhebliche Beeinträchtigung für die Kläger dar. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die betreffenden Räume aber auch nach dem Vortrag der Kläger weiterhin im Wesentlichen nutzbar geblieben sind und unter Einbeziehung der Größe der Wohnung insgesamt erscheint die Beeinträchtigung des Mietgebrauchs mit 10 % allerdings zu hoch bewertet und lediglich ein Minderungssatz von 2 % angemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung hat, sondern auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einheitlicher Rechtsprechung deshalb nicht erforderlich ist.

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