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Betriebskostenabrechnung – Wirksamkeit der Zustellung

LG Cottbus – Az.: 2 O 136/19 – Urteil vom 27.12.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29.845,94 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2019 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.141,90 € zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung gelangenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht die Zahlung einer Betriebskostenabrechnung und vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten geltend.

Zwischen den Parteien besteht ein Gewerberaummietverhältnis auf Grundlage eines im Jahr 2012 geschlossenen Vertrages (K1, Bl. 7 ff. GA).

Unter § 6 des Vertrages haben die Parteien bezüglich der Nebenkosten eine Abrechnungsfristen- und Ausschlussklausel vereinbart. Danach müssen die „Nebenkosten kalenderjährlich“ abgerechnet werden. „Die Abrechnung ist dem Mieter innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres schriftlich, detailliert und nachprüfbar durch entsprechende Belege, die dem Mieter kostenlos übersandt werden, zu erteilen.“ Bei nicht fristgemäßer Abrechnung entfällt ein Anspruch auf Nachzahlung von Nebenkosten.

Die Klägerin hat die … mit der Betriebskostenabrechnung für das Objekt beauftragt. Diese nimmt bereits seit Jahren die Aufgabe wahr, insbesondere auch gegenüber der Beklagten.

Diese erstellte zum 20.12.2018 die Betriebskostenabrechnung für 2017 über insgesamt 29.845,94 €. Dieser Betrag ist zwischen den Parteien unstreitig. Der höhere, abweichende Betrag in der Endabrechnung ist einer anderweitigen Anspruchsverrechnung geschuldet.

Die Zustellung durch Einschreiben/Rückschein wurde an die Deutsche Post beauftragt. Nachweislich des Rückscheins erfolgte die Übergabe am 24.12.2018 an eine … , die den Rückschein mit dem Zusatz „i. A.“ unterschrieben hat (K3, Bl. 16 GA).

Belege zur Nebenkostenabrechnung gingen am 21.01.2019 bei der Beklagten ein.

Die Beklagte hatte ihre Einrichtung im … in … bereits geschlossen am 24.12.2018 als Art „Betriebsferientag“. Die Beklagte hatte einen Dritten als Postdienstleister beauftragt, der werktags zur Postfiliale fuhr, dort die an die Beklagte adressierte Post abholte und dann in die Zentrale der Beklagten – Poststelle – verbrachte. Für Einschreiben hatte der Dienstleister von der Beklagten die Vollmacht erhalten, bei Abholung in der Postfiliale für die Entgegennahme zu unterzeichnen.

Da die Firma der Beklagten am 24.12.2018 geschlossen war, holte der beauftragte Dienstleister die Post an diesem Tage nicht aus der Postfiliale ab, sondern erst wieder am 27.12.2018.

 

Die Klägerin beantragt: – wie tenoriert –.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte behauptet, nachweislich ihres Posteingangsbuches sei die Nebenkostenabrechnung für 2017 erst am 03.01.2019 zugestellt worden (B4, Bl. 98 GA). Deshalb und weil die Belege zudem erst am 21.01.2019 übersandt worden seien, könne die Klägerin die Nachzahlung von Nebenkosten nicht mehr verlangen. Eine Frau … sei weder bei ihr noch beim Postdienstleiter beschäftigt. Die im Posteingangsbuch notierte RT-Nummer zum Rückschein für die am 03.01.2019 zugestellte Post entspreche im Übrigen nicht der auf dem auf den 24.12.2018 datierten Rückschein.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Zahlungsanspruch folgt aus dem Vertrag, konkret § 6 der mietvertraglichen Regelung.

Der Anspruch der Höhe nach ist unstreitig. Ausführungen hierzu sind dementsprechend entbehrlich.

Der Zahlungsanspruch ist nicht auf Grundlage der vertraglichen Ausschlussklausel ausgeschlossen, weil die Betriebskostenabrechnung vor Ablauf des Jahres 2018 wirksam an die Beklagte zugestellt wurde. Sie muss sich insoweit das Verhalten ihres Vertreters zurechnen lassen.

Wie die Beklagte selbst vorgetragen hat, erfolgte die Postabholung werktags durch den von ihr beauftragten Dienstleister und für Einschreiben lag zudem eine Empfangsvollmacht am Ort der Postfiliale vor.

Die Zuständigkeit der von der Klägerin beauftragten Deutschen Post endete folglich mit Auslieferung der Zustellpost in der Postfiliale und der Bereitlegung zur Abholung durch den von der Beklagten beauftragten Postdienstleister. Danach wäre dieser verpflichtet gewesen, das werktags in der Postfiliale eingegangene Einschreiben entgegenzunehmen. Dem ist dieser nicht nachgekommen, weil eine Übergabe der Post in der Zentrale der Beklagten vor dem 27.12.2018 ohnehin nicht möglich gewesen wäre. Ob sie das eigenmächtig so entschieden hat oder mit Absprache der Beklagten, kann dahingestellt bleiben, weil der Postdienstleister der Beklagten Empfangsvollmacht für Einschreiben hatte, die Beklagte für die Empfangserklärung also vertretungsbefugt war.

Betriebskostenabrechnung - Wirksamkeit der Zustellung
(Symbolfoto: Von Kristen Prahl /Shutterstock.com)

Wenn die Beklagte den Zugang und Erhalt der Post so organisiert, wie es oben dargestellt wurde, dann hat sie dafür Sorge zu tragen, dass die Zustellung auch tatsächlich erfolgen kann. Kommt sie dem nicht nach, stellen sich 2 Lösungsansätze, die zum gleichen Ergebnis führen. Entweder ist von einer der Beklagten zuzurechnenden Zustellungsvereitelung auszugehen mit der Folge, als dass die Zustellung für den 24.12.2018 als erfolgt gilt. Oder die Zustellung gilt als mit Eingang und Bewilligung zur Abholung durch den Postdienstleister der Beklagten in der Postfiliale der Deutschen Post erfolgt. Der Postdienstleiter der Beklagten war deren „verlängerter Arm“. Die Gewährung der Entgegennahme der Post in der Filiale der Deutschen Post ist daher der Zustellung gleichzusetzen, denn nur die Beklagte bzw. ihr Vertreter hat es in der Hand, ob und wann Einschreiben entgegengenommen werden. Der Empfangs- und Machtbereich ist daher an den Ort der Filiale der Deutschen Post vorverlagert.

Warum der Eingang der Post erst am 03.01.2019 im Posteingangsbuch der Beklagten vermerkt worden ist, kann dahingestellt bleiben. Es ist auch müßig und spekulativ, ob es sich bei Frau … um eine Mitarbeiterin bei der Postfiliale der Deutschen Post handelt und ob es Absprachen zur Empfangsbestätigung mit dem Postdienstleister der Beklagten insoweit gegeben hat (weil diese mit „i. A.“ unterschrieben hat), denn auch das kann nach den obigen Ausführungen dahingestellt bleiben. Denn allein der Eingang und die Bereitlegung zur Abholung in der Postfiliale werktags ist maßgeblich.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Nachzahlungsverpflichtung auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Nebenkostenabrechnung nicht alle Belege beigefügt waren. Aus der Vertragsklausel ergibt sich nicht, welche Belege zwingend beigefügt sein müssten, weil anderenfalls eine Abschlussklausel greifen würde. Die vertragliche Regelung kann daher nur so verstanden werden, dass der Vermieter die Abrechnung erst auf Verlangen des Mieters durch Vorlage geeigneter Belege transparenter machen muss.

Dass dies erst nach dem Legen der Nebenkostenabrechnung erfolgt, liegt in der Natur der Sache.

Der Zinsanspruch auf die Hauptsache folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Der Anspruch auf Erstattung vorprozessual entstandener Rechtsanwaltskosten, deren Höhe mit der 1,3-fachen Gebühr aus dem Gebührenstreitwert 29.845,94 € nicht zu beanstanden ist, folgt aus §§ 280, 286 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 29.845,94 €

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