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Mietvertragsklausel über Tierhaltungsverbot mit Entziehungsmöglichkeit für Hundehaltungserlaubnis

AG Berlin-Mitte – Az.: 124 C 212/18 – Urteil vom 30.10.2019

Es wird festgestellt, dass für den Kläger die Haltung eines Hundes in seiner Wohnung in der …, 10437 Berlin, rechter Seitenflügel, EG rechts, erlaubnisfrei möglich ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreck baren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger beabsichtigt als Mieter in der von der Beklagten an ihn vermieteten Wohnung einen Hund zu halten. Bisher hat der Kläger keinen konkreten Hund im Blick, sondern wollte zunächst die Erlaubnis der Beklagten abwarten. In dem Haus werden bereits drei Hunde gehalten.

§ 10 des Mietvertrages lautet: „Tierhaltung

Tiere, insbesondere Hunde… dürfen nicht gehalten werden. Eine Erlaubnis kann durch den Vermieter erteilt werden, die aber jederzeit ohne Angabe von Gründen entzogen werden kann.“

Der Kläger wandte sich mehrfach schriftlich an die Beklagte mit der Bitte um Erteilung einer Erlaubnis zur Hundehaltung. Er beschrieb darin die Absicht, einen mittelgroßen Mischling mit einem äußerst freundlichen und menschenbezogenen Wesen anschaffen zu wollen und erklärte, er sei erfahren in der Hundehaltung.

Die Beklagte erwiderte darauf, sie werde keine weiteren Hundegenehmigungen erteilen, denn es gebe genug Hunde in dem Haus. Wenn allerdings der Arzt einen therapeutischen Befund vorlege, würde sie die Hundehaltung genehmigen. Der Hund müsse bei Beschwerden von Mietern jedoch wieder abgeschafft werden.

Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm die Erlaubnis zur Haltung eines mittelgroßen Mischlingshundes in seiner Wohnung in der … 10437 Berlin, rechter Seitenflügel, EG rechts, zu erteilen.

Auf den Hinweis des Gerichts, dass aufgrund der Unwirksamkeit der mietvertraglichen Klausel für diesen Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehle, beantragt der Kläger nun,

festzustellen, dass für den Kläger die Haltung eines Hundes in seiner Wohnung in der …, 10437 Berlin, rechter Seitenflügel, EG rechts, erlaubnisfrei möglich ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, sie dürfe die Hundehaltung untersagen, da sie ein hundefreies Haus anstrebe. Jeden falls aber sei eine Erlaubnis nur zu erteilen, wenn sie detaillierte Informationen über das anzuschaffende Tier erhalte.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht für den Feststellungsantrag das Feststellungsinter esse, denn aufgrund der Weigerung der Beklagten, die Erlaubnis zur Hundehaltung zu erteilen, musste der Kläger mit negativen Folgen rechnen, wenn er sich – auch bei Erlaubnisfreiheit der Hundehaltung – gegen den Willen der Beklagten einen Hund anschaffen würde.

Die Klage ist auch begründet.

Mietvertragsklausel über Tierhaltungsverbot mit Entziehungsmöglichkeit für Hundehaltungserlaubnis
(Symbolfoto: Von Weerapon Nantawisit/Shutterstock.com)

Der Kläger bedarf zur Anschaffung eines Hundes nicht der Erlaubnis der Beklagten (vgl. AG Wedding, Urt. v. 11.10.2017, Az: 3 C 176/17, juris). Die Erlaubnisfreiheit ergibt sich aus § 535 BGB, der Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter.

Die Klausel des § 10 des Mietvertrages ist unwirksam, § 307 Abs. 2 Satz 1 BGB. Bei der Regelung § 10 des Mietvertrages handelt es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung, die die Beklagte dem Kläger gestellt hat und somit um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Eine Klausel, nach der die Hundehaltung grundsätzlich verboten ist und nur nach vorheriger Erlaubniserteilung durch den Vermieter zulässig ist, ohne zu regeln, an welche überprüfbaren Beurteilungsvoraussetzungen die Erteilung der Erlaubnis gebunden ist, benachteiligt den Mieter jedoch unangemessen (vgl. BGH, WuM 2013, 220ff., AG Neukölln, Urteil vom 01.04.2015, Az: 20 C 255/14). Dies um so mehr, als die Erlaubnis nach dieser Klausel jederzeit ohne Angabe von Gründen entzogen werden kann. Das Halten eines Hundes gehört in vielen Fällen, ohne hier näher erklären zu müssen, ob dies vorliegend auch der Fall sein würde, zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, so dass die Regelung i.S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB gegen den wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters nach § 535 Abs. 1 BGB verstößt.

Der Wunsch nach einem hundefreien Haus als pauschaler Ablehnungsgrund der Hundehaltung ist gegenüber dem Interesse eines Mieters an einer Hundehaltung nicht schutzwürdig. Dies käme einem generellen Verbot der Hundehaltung gleich, was mit § 535 BGB nicht vereinbar ist, weil es die Interessen des Mieters gänzlich unberücksichtigt ließe.

Auch aus der Entscheidung des BGH vom 20.3.2013, Az: VIII ZR 168/12 lässt sich keine Erlaubnispflichtigkeit der Hundehaltung ableiten. Dort hatte der BGH über die Untersagung der Hundehaltung eines bereits in der Wohnung vorhandenen Hundes zu entscheiden. Er hat dabei festgestellt, dass aufgrund des § 535 BGB eine Abwägung der Vermieter- mit den Mieterinteressen zu erfolgen habe und kam daraufhin zur Zulässigkeit der Hundehaltung. Das Gericht stimmt mit den Erwägungen des BGH dahingehend überein, dass bei der Frage, ob ein Hund behalten werden darf, eine Abwägung erfolgen muss. Diese Situation liegt hier aber nicht vor. Hier gibt es noch keinen Hund auf Seiten des Klägers.

Die Pflicht zur Erlaubniserteilung wäre hier nur Förmelei, die im Ergebnis nur dem nicht schutzwürdigen Interesse eines Vermieters an der generellen Untersagung von Hundehaltung dienen könnte. Ein Vermieter hat naturgemäß vor Anschaffung eines Hundes durch den Mieter noch keine Anhaltspunkte dafür, dass seine Interessen durch die Hundehaltung in irgendeiner Weise beeinträchtigt würden. Damit ergibt sich auch keine nachvollziehbare Basis für eine Erlaubniserteilung. Auch konkretere Informationen über den anzuschaffenden Hund würden insoweit kaum helfen, da sowohl der Mieter als auch die Mitmieter und schließlich der Vermieter selbst nur durch das Zusammenleben mit dem Hund erfahren können, ob Störungen von dem Hund ausgehen oder nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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