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Mietvertragskündigung wegen Verweigerung einer Wohnungsbesichtigung

Mieter verweigert Besichtigung: Gericht kündigt Mietvertrag

Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagten das Reihenmittelhaus räumen müssen, da sie wiederholt die Besichtigung durch die Kläger verweigerten, obwohl dies vertraglich vereinbart war. Die fristlose Kündigung war jedoch nicht gerechtfertigt, da die Beklagten den Zutritt nicht endgültig verweigerten und persönliche Umstände wie eine Krebserkrankung und Corona-Risiken vorlagen. Stattdessen wurde eine ordentliche Kündigung mit einer angemessenen Räumungsfrist bis zum 30. August 2023 gewährt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 33 C 2117/22 (76)   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verweigerung der Wohnungsbesichtigung: Die Beklagten verweigerten wiederholt die vertraglich vereinbarte Besichtigung des Reihenmittelhauses.
  2. Vertragliche Verpflichtungen: Gemäß § 20 des Mietvertrags müssen Mieter Besichtigungen unter bestimmten Bedingungen zulassen.
  3. Kündigung des Mietverhältnisses: Die fristlose Kündigung war nicht gerechtfertigt, eine ordentliche Kündigung wurde jedoch bestätigt.
  4. Gesundheitliche und persönliche Umstände: Die persönlichen Umstände der Beklagten, wie Krebserkrankung und Corona-Risiken, wurden bei der Entscheidung berücksichtigt.
  5. Interessenabwägung: Das Gericht nahm eine Abwägung zwischen den Rechten der Vermieter und den persönlichen Umständen der Mieter vor.
  6. Räumungsfrist: Den Beklagten wurde eine Räumungsfrist bis zum 30. August 2023 gewährt.
  7. Kosten des Rechtsstreits: Die Beklagten müssen die Kosten des Rechtsstreits tragen.
  8. Vorgerichtliche Anwaltskosten: Die Beklagten sind verpflichtet, die vorgerichtlichen Anwaltskosten der Kläger zu zahlen.

Mietvertragskündigung und Wohnungsbesichtigung: Eine rechtliche Betrachtung

Im Fokus des Mietrechts stehen oft Konflikte zwischen Vermieter und Mieter, insbesondere wenn es um die Kündigung von Mietverhältnissen und die damit verbundenen Rechte und Pflichten geht. Ein zentrales Element dieser Auseinandersetzungen ist häufig die Wohnungsbesichtigung, ein Recht, das Vermietern unter bestimmten Umständen zusteht, und das Verhältnis zum Besitzrecht des Mieters ausbalancieren muss. Die Frage, unter welchen Bedingungen eine Mietvertragskündigung rechtens ist, wenn der Mieter eine Wohnungsbesichtigung verweigert, ist von hoher praktischer Relevanz. Sie berührt nicht nur die Vertragsfreiheit und Vertragstreue, sondern auch grundlegende Rechte wie das Eigentumsrecht des Vermieters und das Persönlichkeitsrecht des Mieters.

Der nachfolgende Text beleuchtet einen spezifischen Fall, in dem diese Thematik im Zentrum steht. Es wird dargestellt, wie das Gericht die Balance zwischen den Rechten der Kläger und der Beklagten in einer Situation fand, in der die Räumung eines Reihenmittelhauses gefordert wurde. Diese Ausführungen bieten einen tiefen Einblick in die Anwendung und Interpretation relevanter Gesetze und geben Aufschluss darüber, wie Gerichte in ähnlichen Fällen entscheiden könnten. Lassen Sie uns nun einen genaueren Blick auf die Details dieses interessanten und lehrreichen Falles werfen.

Recht auf Wohnungsbesichtigung und die Grenzen der Duldungspflicht

In einem bemerkenswerten Fall vor dem Amtsgericht Frankfurt wurde die Frage der Mietvertragskündigung wegen der Verweigerung einer Wohnungsbesichtigung verhandelt. Die Mieter eines Reihenmittelhauses weigerten sich wiederholt, dem Vermieter Zutritt zu gewähren, um das Objekt für potenzielle Käufer zu zeigen. Diese Weigerung führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung über die Grenzen der Duldungspflicht des Mieters und das Betretungsrecht des Vermieters.

Abwägung von Mieter- und Vermieterinteressen

Das Gericht musste in diesem Fall eine sorgfältige Abwägung der Interessen beider Parteien vornehmen. Einerseits steht dem Vermieter das Recht zu, seine Immobilie zu verkaufen und zu diesem Zweck zu besichtigen. Andererseits ist das Recht des Mieters auf Privatsphäre und das Unversehrtheitsgebot der Wohnung zu berücksichtigen. Besonders relevant wurde dieser Aspekt, da die Mieter gesundheitliche Probleme als Grund für ihre Weigerung anführten.

Die Rolle der Corona-Pandemie in der Urteilsfindung

Ein weiterer Aspekt, der in diesem Fall eine Rolle spielte, war der Einfluss der Corona-Pandemie. Das Gericht musste entscheiden, inwieweit die Pandemie die Duldungspflicht der Mieter beeinflusst. Dabei war zu berücksichtigen, ob die Besichtigungen unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen hätten durchgeführt werden können, ohne das Risiko für die Gesundheit der Mieter unangemessen zu erhöhen.

Entscheidung des Gerichts: Kündigung und Räumungspflicht

Letztlich entschied das Gericht zugunsten der Vermieter. Die Beklagten wurden zur Räumung des Hauses und zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verurteilt. Trotz der Berücksichtigung der individuellen Umstände und der gesundheitlichen Situation der Mieter, sah das Gericht in der wiederholten Verweigerung der Wohnungsbesichtigung eine nicht unerhebliche Verletzung der mietvertraglichen Pflichten.

Ausblick: Ein Präzedenzfall mit Signalwirkung

Dieses Urteil könnte Signalwirkung für ähnliche Fälle haben. Es verdeutlicht, dass die Weigerung von Mietern, Wohnungsbesichtigungen zu ermöglichen, unter bestimmten Umständen zu einer Kündigung des Mietverhältnisses führen kann. Gleichzeitig zeigt es auf, dass bei der Beurteilung solcher Fälle eine differenzierte Betrachtung der individuellen Umstände erforderlich ist.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was umfasst das Besichtigungsrecht des Vermieters in einem Mietverhältnis?

Das Besichtigungsrecht des Vermieters in einem Mietverhältnis ist ein Recht, das dem Vermieter unter bestimmten Umständen erlaubt, die vermietete Wohnung zu betreten. Dieses Recht kann im Mietvertrag vereinbart werden, muss jedoch hinreichend bestimmt sein und auf sachlich gerechtfertigte Gründe beschränkt sein. Es muss auch die Belange des Mieters hinreichend berücksichtigen.

Es gibt verschiedene Gründe, die das Besichtigungsrecht des Vermieters rechtfertigen können. Dazu gehören der begründete Verdacht, dass der Mieter die Wohnung grob vernachlässigt oder einen vertragswidrigen Gebrauch der Mieträume macht, wie beispielsweise eine verbotene Haustierhaltung. Weitere Gründe können geplante Modernisierungsmaßnahmen, der Verdacht auf Mängel an der Mietsache oder der drohende Eintritt eines Schadens sein. Auch wenn der Vermieter die Wohnung verkaufen oder neu vermieten möchte, hat er ein Besichtigungsrecht.

Der Vermieter muss jedoch das Besichtigungsrecht in einer möglichst schonenden Weise ausüben und auf die Interessen des Mieters Rücksicht nehmen. Er muss den Besichtigungszweck so konkret angeben, dass für den Mieter der räumliche und zeitliche Umfang der Besichtigung erkennbar ist. Zudem darf der Vermieter sein Besichtigungsrecht nur zu ortsüblichen Zeiten ausüben, also werktags zwischen 10 und 13 sowie zwischen 15 und 18 Uhr. Besichtigungstermine am Wochenende sind nur dann zulässig, wenn der Mieter diesen selbst anbietet.

Der Vermieter darf sein Recht zum Betreten der Mieträume nicht eigenmächtig oder gegen den Willen des Mieters durchsetzen. Wenn sich der Mieter weigert, das Besichtigungsrecht des Vermieters zuzulassen, kann dieses bei Eilbedürftigkeit ausnahmsweise durch den Anwalt im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Ansonsten kann das Besichtigungsrecht durch den Rechtsanwalt mit einer Duldungsklage und durch Zwangsvollstreckung aus dem Duldungstitel geltend gemacht werden.

Eine hartnäckige und vorsätzliche Verweigerung des Besichtigungsrechts kann nach Abmahnung unter Umständen eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen. Der Mieter kann jedoch auch eigene Rechte verlieren, wenn er den Zutritt verweigert.


Das vorliegende Urteil

AG Frankfurt – Az.: 33 C 2117/22 (76)  Urteil vom 15.03.2023

 

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilet, das von Ihnen innegehaltene Reihenmittelhaus in … B., G.-Straße .., bestehend aus 5 Zimmern, Küche, Diele, 2 Bädern, 3 Kellerräumen und Bodenraum nebst Garage und Garten zu räumen und am 28.02.2023 an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 1 .390,87 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30. August 2023 gewährt.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung hinsichtlich der Räumung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten. Die Beklagten können die Vollstreckung im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die wirksame Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum.

Mit Vertrag vom 30.3.2012 (Bl. 5 ff. d.A.) mieteten die Beklagten von den Klägern über das Reihenmittelhaus G.-Straße .., … B. ab 15.5.2012. Die monatliche Nettomiete betrug zuletzt 1.300,00 EUR. Gemäß § 20 des Mietvertrages hat der Mieter während der üblichen Tageszeit zu gewährleisten, dass Vermieter, Beauftragte, Sachverständige und Interessenten die Mietsache aus begründetem Anlass, nach vorheriger Terminvereinbarung, besichtigen können. Für einen solchen Besichtigungstermin wurden den Beklagten folgende Tage vorgeschlagen: 4.3.2021, 25.5.2021, 2.6.2021, 26.7.2021, 14.8.2021 und 12.10.2021. Mit Schreiben vom 6.8.2021 lehnten die Beklagten die Besichtigung aufgrund einer überflüssigen Hausbetretung ab. Mit Schreiben vom 6.4.2022 (Bl. 13 ff. d.A.), zugestellt am 07.04.2022, wurden den Beklagten erneut 6 Terminvorschläge zur Besichtigung des Hauses unterbreitet und ebenfalls um alternativ Termine gebeten. Gleichzeitig wurde die Beklagten wegen der bisherigen Weigerung abgemahnt. Es wurde angekündigt, dass trotz Aufhebung der Corona Maßnahmen, die Teilnehmer während der Besichtigung FFP2 Masken tragen würden und sehr warm angezogen kommen würden, sodass auch eine permanente Lüftung während der Besichtigung möglich wäre. Die Beklagten wurden binnen einer Frist von 13 Tagen bis zum 19.4.2022 aufgefordert, einen für sie geeigneten Termin mitzuteilen.

Unter dem 5.5.2022 (BI. 16 ff. d.A.) ließen die Kläger schriftlich die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung zum 15.5.2022 bzw. zum 28.2.2023 erklärt. Hierfür wurden den Klägern 1.390,87 EUR berechnet. Mit Schreiben vom 16.5.2022 ließen die Beklagten die Kündigung zurückweisen.

Die Kläger behaupten, die Besichtigung erfolge aufgrund des Weiterverkaufs des Hauses, weshalb es unabdingbar sei, einen Besichtigungstermin mit dem Makler zu vereinbaren um ausreichend Informationen über den aktuellen Zustand der Räumlichkeiten und zur Vorbereitung des Verkaufsexposés zu erhalten. Das Geld aus der Veräußerung wollen sie für den Ausbau des Gewerbebetriebes der Kläger, der F. F.-K.-Technik GmbH nutzen. Konkret sei geplant, den Betrieb der GmbH baulich zu erweitern, hierfür habe sich die Gesellschaft um ein Gewerbegrundstück bei der Stadt Vilbel in einem neu erschlossenen Gewerbegebiet beworben.

Die Kläger beantragen, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner das von Ihnen innegehaltene Reihenmittelhaus in … B., G.-Straße .., bestehend aus 5 Zimmern, Küche, Diele, 2 Bädern, 3 Kellerräumen und Bodenraum nebst Garage und Garten zu räumen und mit allen Schlüsseln an die Kläger herauszugeben, hilfsweise die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner das von Ihnen innegehaltene Reihenmittelhaus in … Bad Vilbel, G.-Straße .., bestehend aus 5 Zimmern, Küche, Diele, 2 Bädern, 3 Kellerräumen und Bodenraum nebst Garage und Garten zu räumen und mit allen Schlüsseln am 28.2.2023 an die Kläger herauszugeben, sowie die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Kläger die entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. EUR 1.390,87 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Vollstreckung eines Räumungstitels gem. §712 Abs. 1 S. 1 ZPO durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung der Beklagten ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Kläger abzuweisen, sowie eine angemessene Räumungsfrist nach § 721 ZPO zu gewähren, die mindestens 9 Monate beträgt.

Sie behaupten, dass die Klägerseite nicht zum ersten Mal versuche, sich durch anwaltlich bzw. gerichtliche Hilfe Zutritt zu den Wohnräumen der Beklagten zu verschaffen. Schon in der Vergangenheit habe die Klägerseite unterschiedliche Absichten behauptet, um sich einen Zugang zu ermöglichen. Der anstehende angebliche Verkauf sei einer von vielen Ausreden, um die Wohnung in Augenschein nehmen zu können.

Auch habe die Beklagte zu 2) im Frühjahr 2022 eine Krebsdiagnose erhalten. In der Folge seien zahlreiche Arzttermine, mehrere Krankenhausaufenthalte und Eingriffe notwendig gewesen. Anfang März 2022 sei der letzte Operative Eingriff erfolgt, gefolgt von einer häuslichen Reha. Überdies habe die Beklagte zu 2) im Jahr 2014 einen Schlaganfall erlitten, weshalb sie, aufgrund der genannten Umstände, Corona Risikopatientin sei. Der Beklagte zu 1) sei einerseits durch die Erkrankung der Beklagten zu 2) erheblich eingebunden gewesen, andererseits habe sich im Frühjahr die Gründung einer neuen Kanzlei in seiner finalen Phase befunden, welche Ihn ebenfalls erheblich in Anspruch nahm. Zu dieser Zeit seien die Beklagten aufgefordert worden, Besichtigungstermine zu vereinbaren.

Entscheidungsgründe

Zulässige Klage ist überwiegend begründet

Den Klägern steht gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des im Tenor näher bezeichneten Reihenmittelhauses gemäß § 546 Abs. 1 BGB zu. Die Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner folgt aus der gemeinsamen vertraglichen Verpflichtung.

Zwar wurde das mit Vertrag der Parteien vom 30.3.2012 begründete Mietverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 5.5.2022 nicht wirksam ohne Einhaltung einer Frist gekündigt.

Gemäß § 543 Abs,1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Als wichtiger Grund wird hier das Verhalten der Beklagten genannt, die den Klägern keinen Zutritt zu ihren Räumlichkeiten ermöglicht haben. Auch ist bis zur Kündigung mit Schreiben vom 5.5.2022 kein Terminvorschlag seitens der Beklagten erfolgt.

Eine gesetzliche Regelung zu dem Besichtigungs- und Betretungsrecht des Vermieters gibt es nicht. Ein solches Recht kann einerseits aus § 241 Abs. 2 BGB als vertragsbegleitende Nebenpflicht abgeleitet werden. Anderseits ist sie zwischen den Parteien in § 20 des Mietvertrages vereinbart worden. Dabei kollidiert das Besichtigungs- und Betretungsrecht mit dem Recht des Mieters, aus Art 13 Abs. 1 GG in den Mieträumen in Ruhe gelassen zu werden, weshalb eine Wohnbesichtigung stets einen besonderen Anlass voraussetzt und deshalb eine Interessenabwägung zwischen den Rechten erfolgen muss. Zu berücksichtigen ist auch das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht des Vermieters, das es ihm erlaubt, ein Mindestmaß an Kontrolle und Einwirkungsmöglichkeit auf sein Eigentum zu haben. Liegen also die Voraussetzungen für einen besonderen Anlass vor, so hat der der Mieter die Besichtigung zu dulden. Hierbei ist zu beachten, dass ein Recht zur regelmäßigen Wohnungsbesichtigungen dem Vermieter nicht zugebilligt werden (BGH NJW 2014, 2566).

In Corona-Zeiten könnte es sich mit einer für Zwecke der Veräußerung oder Weitervermietung gewünschten Wohnungsbesichtigung anders verhalten, zumal hier in der Regel das Betreten des Objekts durch eine Vielzahl von – dem Mieter meist unbekannten – Dritten bzw. eine hohe Frequenz von Terminen erforderlich wird. Im Rahmen der Güterabwägung könnte hier dem Vermieter grundsätzlich ein zumindest vorübergehendes Abwarten zumutbar sein, bis eine Lockerung des öffentlich-rechtlichen „Shutdown“ eine auch für den konkreten Mieter relevante Kontur gewonnen hat (Butenberg/Drasdo/Först/Hannemann/Heilman, NZM 2020, 493).

Dass die Kläger die Wohnung mit einem Makler besichtigen wollen, um für den Weiterverkauf des Hauses ausreichend Informationen über den aktuellen Zustand der Räumlichkeiten und zur Vorbereitung des Verkaufsexposés zu erhalten, stellt grundsätzlich einen besonderen Anlass dar, der den Zutritt ermöglicht. Jedoch ist die bloße Verweigerung des Zutritts nicht ausreichend, um eine fristlose Kündigung auszusprechen (AG München NJOZ 2021 141; Rn.29). Zum einen haben die Beklagten den Zutritt nicht endgültig verweigert. Hierfür sprechen einerseits die schon seit 2012 durchgeführten Arbeiten im Haus und auch die Bereitschaft der Beklagten, nach der ersten mündlichen Verhandlung in dem Versuch eines Vergleichsgesprächs einen festen Termin für die Besichtigung zu vereinbaren. Darüber hinaus haben die Beklagten die Besichtigung mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei Besichtigung um eine überflüssige Hausbetretung handelt. Zwar spricht dagegen, dass eine Besichtigung zum Weiterverkauf nicht als überflüssig bezeichnet werden kann und sich sehr wohl um einen gerechtfertigten Anlass handelt um das Haus zu betreten, vor allem dann, wenn die Kläger sich auch freiwillig dazu bereit erklärt haben FFP2 Masken zu tragen und eine durchgängige Lüftung zuzulassen.

Bei der im Rahmen des § 543 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung sind neben den bereits genannten Interessen der klagenden Vermieter diejenigen der Beklagten heranzuziehen. Die gesundheitliche Situation der Beklagten zu 2) mit den sich daran anschließenden Operationen, Arztterminen und schließlich der häuslichen Reha Anfang März machte sie zu einer Corona-Risikopatientin.

Zwar ändert das nichts daran, dass den Klägern unter dem Umstand des Weiterverkaufes ein Besichtigung – und Betretungsrecht zusteht, jedoch erfolgte die außerordentliche Kündigung mit der Begründung, dass die Mieter ihre Pflicht zur Duldung eines Besichtigungs – und Betretungsrecht verletzt haben, was unter Abwägung der Interessen der Vermieter mit denen der Mieter in Anbetracht dessen, dass bei dieser Abwägung dem Besitzrecht des Mieters an der Wohnung aus Art. 14 GG und dem Recht aus Art. 13 GG ein hoher Stellenwert einzuräumen ist, nicht ausreichend ist um eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.

Damit ist die Bedingung für die hilfsweise erhobene Klage auf künftige Räumung eingetreten. Die innerprozessuale Bedingung ist zulässig, weil sie nicht die Klageerhebung selbst unter eine Bedingung stellt.

Die Klage auf künftige Leistung ist zudem zulässig, § 259 ZPO. Nach dem Ablauf des Geschehens mussten die Kläger befürchten, dass die Beklagten ihrer Räumungspflicht nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht nachkommen werden.

Der Anspruch der Kläger folgt aus dem Umstand, dass das Mietverhältnis der Parteien wirksam fristgerecht gekündigt wurde. Die Beklagten haben die sich für sie aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt, § 573 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Sie haben ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses.

Wie bereits festgestellt, haben die Beklagten die sich für sie aus dem Vertrag ergebende Verpflichtung. Die beklagten Mieter haben ihre Pflicht zur Duldung der Besichtigung und Betretung verletzt und haben bis zu Aussprache der Kündigung keine Bereitschaft gezeigt, dieser Pflicht nachzukommen. Auch wenn vorliegend nachvollzogen werden kann, wieso es an der Bereitschaft gefehlt hat, reicht dies wiederum nicht aus, kann dies nicht zu einem Recht auf zeitlich unbegrenzte Weigerung führen. um eine ordentliche Kündigung abzuwehren, Die vertragliche Pflicht haben sie trotz nachvollziehbarer Gründe schuldhaft verletzt. Dass dies nicht unerheblich war, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Kläger vor Erklärung der Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen haben.

Gemäß § 573c Abs. 1 BGB wirkt die Kündigung zum Ablauf des 28.2.2023.

Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.390,87 EUR aus § 280 Abs. 1 BGB.

Der Beklagten wird jedoch eine angemessene Räumungsfrist gemäß § 721 Abs. 1 Satz 1 ZPO bis zum 3062023 gewährt. Auch im Rahmen von § 721 Abs. 1 ZPO bedarf es grundsätzlich einer Interessenabwägung. Diese muss berücksichtigen, dass der derzeitige Zustand nur um eine relativ kurze Dauer – nach § 721 Abs. 5 Satz 1 ZPO um höchstens ein Jahr aufrechterhalten werden soll. Einzustellen sind konkret das Alter und die Bedürftigkeit des Mieters, die Dauer des Mietverhältnisses, der Bedarf des Vermieters, das Bereitstehen von Ersatzwohnraum sowie etwaige Pflichtverletzungen aus dem Mietverhältnis. Letztere sind hier nicht ersichtlich. Ferner besteht das Mietverhältnis bereits seit über zehn Jahren und die Kläger benötigen die Wohnung nicht für sich selbst oder Dritte, sondern wollen das Haus veräußern. Die Beschaffung von geeignetem Ersatzwohnraum dauert erfahrungsgemäß einige Zeit. Hinter diesen berechtigten Interessen der Beklagten hat das Interesse des Klägers zurückzustehen. Ein Zuwarten bis zum Ablauf der Räumungsfrist – für die das Gericht den 30.8.2023 als angemessen ansieht – ist zumutbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 7, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 15.600,00 EUR festgesetzt.

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