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Türspion in die Wohnungseingangstür ohne Genehmigung eingebaut

AG Meißen, Az.: 112 C 353/17, Urteil vom 04.12.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird die Abwendung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages nachgelassen, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung entsprechende Sicherheit leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Streitwert: bis 580,30 €

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte Mieter einer Wohnung im Gebäude G.-straße … in R.. In die Eingangstür dieser Wohnung hat der Beklagte nach der am 14.12.2013 erfolgten Übergabe einen Türspion eingebaut. Fachgerechte Entfernung dieses Türspions verlangt die Klägerin vorliegend.

Türspion in die Wohnungseingangstür ohne Genehmigung eingebaut
Foto: javitrapero/Bigstock

Die Klägerin behauptet, bei Einbau des Türspions mit einem Durchmesser von ca. 30 mm habe der Beklagte das Türblatt teilweise zerstört. Durch diesen Eingriff sei die Standfestigkeit der Tür dauerhaft beeinträchtigt. Den Einbau des Türspions habe sie ihm zuvor ausdrücklich untersagt. Das vom Beklagten geltend gemachte Sicherheitsbedürfnis sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls habe sich der Beklagte auf die Anbringung eines „digitalen Türspions“ beschränken können. Es genüge nicht, dass sich der Beklagte bereit erklärt habe, bei Ende des Mietverhältnisses einen Rückbau des Türspions vorzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, den in der Wohnungseingangstür der mit der Nr. 18 bezeichneten Wohnung im 2. Stock des Anwesens G.-straße … in … R. eingebauten Türspion auf eigene Kosten fachgerecht zu entfernen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, dass ihm bei Übergabe der Wohnung der hierbei anwesende Mitarbeiter der Klägerin die Anbringung eines Türspions ausdrücklich erlaubt habe. Der eingebaute Türspion sei lediglich 15 mm groß, sein Einbau habe nicht zur Instabilität der Tür führen können. Wegen der zunehmenden Zahl von Wohnungseinbrüchen rechtfertige das Sicherheitsbedürfnis des durchschnittlichen Mieters den Einbau eines Türspions. Ein digitaler Spion sei nicht ausreichend. Dem Interesse der Klägerin an einer Wiederherstellung der Substanz der Mietsache sei mit seiner Verpflichtung genüge getan, bei Auszug den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien einschließlich der Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Solange der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag Bestand hat, ist die Klägerin zur Duldung des vom Beklagten geschaffenen Zustandes verpflichtet. Der Einbau des Türspions hält sich in den Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache.

1. Eine bauliche Veränderung der Mietsache ist dem Mieter ohne Zustimmung des Vermieters verwehrt, wenn der Vermieter sie nicht zu dulden hat. Zu dulden hat der Vermieter beispielsweise geringfügige Eingriffe in die Bausubstanz, soweit sie durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gedeckt sind. Darunter fällt beispielsweise der streitgegenständliche Fall des Einbaus eines Türspions (vgl. LG Berlin, Urteil vom 13.07.1984 – 65 S 3/84; Staudinger/Emmerich, Kommentar zum BGB, 2014, § 535 Rz. 40). Es kommt schon danach nicht darauf an, ob nach den in Radebeul gegebenen Verhältnissen die Sicherheitserwartungen eines Mieters es rechtfertigen, einen Türspion anzubringen, auch nicht darauf, ob ein „digitaler Türspion“ das Sicherheitsbedürfnis des Beklagten in gleicher Weise erfüllen kann.

Entscheidend wäre letzteres nur, wenn die Duldungspflicht das Ergebnis einer auf der Grundlage des § 242 BGB im Einzelfall zu treffenden Abwägung der widerstreitenden Belange der Vertragsparteien zu Ungunsten der Klägerin wäre (in diesem Sinne AG Hamburg, Urteil vom 15.03.1979 – 48 C 18/79). Nur dann müsste geprüft werden, ob das Sicherheitsbedürfnis des Beklagten nicht in einer die Belange der Klägerin weniger beeinträchtigenden Weise durch den Einbau eines „digitalen Türspions“ Rechnung getragen werden kann. Inwieweit das Sicherheitsbedürfnis eines Mieters berechtigt oder übertrieben erscheint, dürfte sowieso kaum judizierbar sein.

Auf eine Abwägung der Belange der Vertragsparteien wäre beim Streitpunkt Türspion jedoch nur abzustellen, wenn der Mieter sich bei seinem Auszug ohne Weiteres auf das Zuspachteln der Türöffnung, die sich nach Ausbau des Türspions ergibt, beschränken dürfte. Indes ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Beschaffenheit der Wohnungseingangstür gefordert. Gegebenenfalls muss der Beklagte das Türblatt auf seine Kosten auswechseln lassen (zur Wiederherstellungspflicht vgl. AG Hamburg aaO). Er hat dann wie in einem Dübelfall die Grenzen der Angemessenheit und Zulässigkeit der baulichen Veränderung überschritten. Wie in dem Dübelfall ändert das im Türspionfall nichts an der Erlaubnisfreiheit der Maßnahme.

2. Wie die Dinge hinsichtlich der Wiederherstellungspflicht im Streitfall liegen, ist für die hier zu treffende Entscheidung ohne Belang. Die Klägerin verlangt Verurteilung des Beklagten zur Entfernung des Türspions noch während laufenden Mietverhältnisses.

3. Die Zulassung der Berufung kann im weiteren Rechtszug zu der bislang fehlenden höchstrichterlichen Klärung führen, ob der Einbau eines Türspions vom Vermieter stets zu dulden ist oder nur unter den Voraussetzungen einer zu seinen Lasten ausgehenden Abwägung der widerstreitenden Belange der Vertragsparteien.

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