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Verwalterlose Zweier-WEG – Unterlassung zweckwidriger Nutzung

LG Karlsruhe – Az.: 11 S 135/21 – Urteil vom 06.12.2022

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 26.10.2021, Az. 12 C 1055/21, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig zurückgewiesen wird.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil und das angefochtene Urteil im Umfang der Berufungszurückweisung sind vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger und die Beklagten sind die einzigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft M.straße 99 in ….

Den Klägern haben das Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit der Nr. 2 bezeichneten Wohnung in Verbindung mit 40/100 Miteigentumsanteilen an dem gemeinschaftlichen Eigentum. Den Beklagten ist das Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Wohn- und Gewerberäumen in Verbindung mit 60/100 Miteigentumsanteilen an dem gemeinschaftlichen Eigentum zugewiesen. Ein Verwalter ist für die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht bestellt.

Die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 25.07.1991 lautet auszugsweise wie folgt:

㤠2

Die Eigentümer teilen das Eigentum an dem vorbezeichneten Grundstück, auf dem ein Wohnhaus errichtet ist, das erweitert wird, gemäß § 8 WEG in Wohnung- und Teileigentum in der Weise auf, daß mit jedem Miteigentumsanteil Sondereigentum an einer in sich abgeschlossenen Wohnung (Wohnungseigentum) und an in sich abgeschlossenen sonstigen Räumen (Teileigentum) verbunden ist, wie folgt:

„1. Miteigentumsanteil von 60/100 an Flst. Nr. 32/1 verbunden mit Sondereigentum an den mit Nr. 1 bezeichneten Wohn- und Gewerberäumen, bestehend aus folgenden Räumen im Erdgeschoß: Küche, Ladenstube, Laden, Ladenkühlraum, Flur, Büro, Wasch- und Bügelraum, Lagerraum, Kühlraum, Kuttelraum, Schlachthaus, Wurstküche, WC und Dusche; sowie aus folgenden Räumen im Obergeschoß: 4 Zimmer, Diele, Bad, dazu gehört der mit Nr. 1 bezeichnete Dachraum im Dachgeschoß sowie die drei mit Nr. 1 bezeichneten Keller und der mit Nr. 1 bezeichnete Heizungsraum im Kellergeschoß.“

2. Miteigentumsanteil 40/100 an Flst. Nr. 32/1 verbunden mit Sondereigentum an den mit Nr. 2 bezeichneten Wohnräumen, bestehend aus folgenden Räumen im Obergeschoss: Küche, Abstellraum, Bad mit WC, Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohn- und Esszimmer, Küche, Diele und WC; sowie aus folgenden Räumen im Dachgeschoss: 2 Zimmer, Speicher, Dusche mit WC und Flur, dazu gehören im Kellergeschoss ein Kellerraum, ein Kühlraum und ein Heizungsraum.“

Die Wohnungen und die nicht zu Wohnzwecken dienenden Raumeinheiten sind in sich abgeschlossen im Sinne des § 3 Abs. 3 WEG und im Aufteilungsplan vorschriftsmäßig bezeichnet (…).

§ 3 …

a) Wohnungseigentum und Teileigentum

Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

Teileigentum ist das Sondereigentum an den Räumen, die nicht zu Wohnzwecken bestimmt sind. Im folgenden ist „Teileigentum“ im Begriff „Wohnungseigentum“ enthalten.

Die Gewerberäume im Erdgeschoss der Einheit Nr. 1 wurden früher als Metzgerei mit Schlachthaus genutzt und stehen seit einigen Jahren leer. Die Beklagten beabsichtigen, die Räume – nach Umbau – einer Wohnnutzung zuzuführen.

Die Kläger sind der Ansicht, die von den Beklagten beabsichtigte Nutzungsänderung sei unzulässig. Ausweislich der Teilungserklärung handele es sich bei den Räumen im Erdgeschoss um Teileigentum bzw. Gewerberäume. Es liege eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im weiteren und auch im engeren Sinne vor, die einer Wohnnutzung entgegenstehe. Zudem sei die beabsichtigte Wohnnutzung bei typisierender Betrachtungsweise auch störender, insbesondere da die Anlage um weitere Wohneinheiten vergrößert werde.

Die Kläger seien auch prozessführungsbefugt. Ihr Anspruch ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, da mit der beabsichtigten Nutzung nicht nur Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums, sondern naturgemäß auch verschiedenste Beeinträchtigungen des Sondereigentums der Kläger einhergingen, die bei einer zweckbestimmungsgemäßen Nutzung nicht vorhanden seien. Dies seien unter anderem Wohngeräusche und – gerüche, auch an den Wochenenden und in den Abend- und Nachtstunden, sowie entsprechender Fahrzeuglärm.

Die Kläger haben in erster Instanz beantragt, die Beklagten werden verurteilt es zu unterlassen, die im Erdgeschoss des Anwesens M.straße 99 in …. gelegenen Gewerberäume, gemäß Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung vom 25.07.1991 bezeichnet als: Küche, Ladenstube, Laden, Ladenkühlraum, Flur, Büro, Wasch- und Bügelraum, Lagerraum, Kühlraum, Kuttelraum, Schlachthaus, Wurstküche, WC und Dusche, zu Wohnraum (2 Wohnungen) umzunutzen bzw. umzubauen und als solchen zu nutzen.

Die Beklagten haben in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, den Klägern stehe kein Unterlassungsanspruch zu. Der behauptete binnenrechtswidrige Gebrauch stelle bereits keine Beeinträchtigung des Sondereigentums dar, weshalb sich die Kläger nicht auf einen Anspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG oder § 1004 Abs. 1 BGB berufen könnten. Auch könnten sich die Kläger nicht auf einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB wegen der Beeinträchtigung von Gemeinschaftseigentum berufen, da dieser nach dem seit dem 01.12.2020 geltenden WEG nur der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zustehe. Jedenfalls sei die begehrte Wohnnutzung aber auch zulässig, da sie bei typisierender Betrachtungsweise weniger störe als die durch die Teilungserklärung erlaubte gewerbliche Nutzung als Metzgerei mit Schlachthaus und Wurstküche.

Das Amtsgericht hat – soweit für das Berufungsverfahren von Interesse – die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die von den Beklagten angestrebte Wohnnutzung im vorliegenden Fall zulässig sei, da sie bei einer typisierenden Betrachtungsweise nicht mehr störe als die nach der Teilungserklärung erlaubte gewerbliche Nutzung als Metzgerei mit Schlachthaus.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Die Kläger verfolgen mit ihrer Berufung ihr Begehren weiter und führen zur Begründung aus, dass zwar zutreffend sei, dass in Ausnahmefällen eine zweckbestimmungswidrige Nutzung zulässig sein könne, wenn von dieser bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr Störungen ausgingen, als von jener die zweckbestimmungsgemäß sei. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall, da die Anlage um weitere Wohneinheiten vergrößert werden würde und die Wohnnutzung intensiver und konfliktträchtiger sei, als ein kleiner Fleischerei- und Metzgereibetrieb.

Die Kläger beantragen, unter teilweiser Abänderung des am 26.10.2021 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Pforzheim – 12 C 1055/21 – sowie Aufhebung selbigen im Kostenpunkt wird für Recht erkannt, was folgt:

Die Beklagten werden verurteilt es zu unterlassen, die im Erdgeschoss des Anwesens M.straße 99 in …. gelegenen Gewerberäume, gemäß Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung vom 25.07.1991 bezeichnet als: Küche, Ladenstube, Laden, Ladenkühlraum, Flur, Büro, Wasch- und Bügelraum, Lagerraum, Kühlraum, Kuttelraum, Schlachthaus, Wurstküche, WC und Dusche, zu Wohnraum (2 Wohnungen) umzunutzen bzw. umzubauen und als solchen zu nutzen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist unzulässig, da den Klägern die Prozessführungsbefugnis fehlt. Es kann daher offenbleiben, ob die Klage – wie das Amtsgericht ausführt – unbegründet ist, weil die beabsichtigte Wohnnutzung bei typisierender Betrachtungsweise weniger störender ist, als die erlaubte gewerbliche Nutzung.

1.

Es ist das WEG in der Fassung ab dem 01.12.2020 anzuwenden, da die Klage am 21.07.2021 anhängig wurde und es sich inhaltlich um eine Leistungsklage handelt.

Anders als noch vor der WEG-Reform kann der einzelne Wohnungseigentümer aber nach Inkrafttreten des WEMoG nicht mehr von einem anderen Wohnungseigentümer die Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums verlangen. Diese Unterlassungsansprüche können nur noch von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2022 – V ZR 86/21 -).

a.

Die Kläger können den Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG nicht geltend machen.

Nach der vor dem Inkrafttreten des WEMoG geltenden Fassung des WEG war jeder Wohnungseigentümer gem. § 15 Abs. 3 WEG (a.F.) berechtigt, von einem anderen Wohnungseigentümer die Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung zu verlangen. Der Anspruch beruhte im Wesentlichen darauf, dass nach altem Recht der einzelne Wohnungseigentümer gegenüber den anderen Wohnungseigentümern ein Anspruch auf Einhaltung des Binnenrechts hatte. Dies ist nach neuem Recht jedoch nicht mehr der Fall. Die Pflicht der Wohnungseigentümer zur Einhaltung des Binnenrechts besteht gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG vielmehr nur noch gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Daher ist auch nur die Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt, nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG die Unterlassung eines etwaigen vereinbarungswidrigen Gebrauchs zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2022 – V ZR 86/21 -). Der einzelne Wohnungseigentümer kann, wenn diese es ablehnt gegen die zweckwidrige Nutzung vorzugehen, gem. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG ein Anspruch auf Einschreiten gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend machen und diesen notfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage durchsetzen (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2022 – V ZR 86/21 -).

b.

Die Kläger sind auch nicht befugt, einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB geltend zu machen.

Zwar kann sich ein Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 BGB ergeben, da das WEMoG nichts daran geändert hat, dass die einer Zweckbestimmung widersprechende Nutzung einer Sondereigentumseinheit sich als (mittelbare) Beeinträchtigung des Eigentums aller Wohnungseigentümer darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2022 – V ZR 86/21 -). Nach § 9a Abs. 2 Alt. 1 WEG ist die Prozessführungsbefugnis zur Geltendmachung des Anspruchs aber der Gemeinschaft der Eigentümer zugewiesen (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2022 – V ZR 86/21 -; LG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2021 – 2-13 S 155/19 -).

Es ergibt sich auch nichts anderes, soweit die Kläger (in erster Instanz) zur Begründung ihrer Prozessführungsbefugnis ausführen, dass sie durch die Wohngeräusche und – gerüche, die mit der beabsichtigten Wohnnutzung entstehen werden, in ihrem räumlichen Bereich des Sondereigentums beeinträchtigt werden. Das WEMoG hat zwar nichts daran geändert, dass der einzelne Eigentümer (weiterhin) Ansprüche nach § 1004 Abs. 1 BGB wegen der Beeinträchtigung des räumlichen Bereichs seines Sondereigentums gegen andere Wohnungseigentümer hat und hierfür auch prozessführungsbefugt ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2011 – V ZR 41/19 -). Im Hinblick auf die Prozessführungsbefugnis muss jedoch zwischen der Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich des Sondereigentums i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB und § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG und der Abwehr einer behaupteten Verletzung von Binnenrecht durch zweckwidrigen Gebrauch unterscheiden werden. Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus (BGH, Urteil vom 28.01.2022 – V ZR 86/21 -), dass nach dem in der Gesetzesbegründung dokumentierten Willen des Gesetzgebers die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerade für die Abwehr von Verletzungen des Binnenrechts allein zuständig und damit prozessführungsbefugt sein solle und es sich hiermit nicht vertrage, wenn der Anspruch auf Einhaltung des Binnenrechts nach § 14 Abs. 1 Nr.1 WEG der Gemeinschaft zugeordnet werde (siehe hierzu oben unter II. 1.a.) und der auf das gleiche Ziel gerichtete Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB individuell von den einzelnen Eigentümern geltend gemacht werden könne. Hierfür spreche auch, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nach altem Recht zwar den Anspruch eines Wohnungseigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB und aus § 15 Abs. 3 WEG (a.F.) wegen zweckwidriger Nutzung einer anderen Einheit an sich ziehen habe können, nicht jedoch Unterlassungsansprüche, die dem einzelnen Eigentümer zur Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich seines Sondereigentums zugestanden hätten.

2.

Die Kläger können den Anspruch auch nicht für den Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen.

Die Überlegung, das aus dem Gesellschaftsrecht stammende Institut der actio pro socio auf die Wohnungseigentümergemeinschaft zu übertragen und dem einzelnen Eigentümer damit das Recht einzuräumen, unmittelbar für die Gemeinschaft zu klagen, ist abzulehnen, da hierdurch die Intention des WEMoG, Ansprüche bei der Gemeinschaft zu bündeln, umgangen würde (vgl. BeckOK WEG/Müller, 50. Edition, Stand: 30.09.2022, § 14 Rn. 50a; LG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2021 – 2-13 S 155/19 -). Dies gilt auch, wenn es sich – wie vorliegend – um eine verwalterlose Zweiergemeinschaft handelt (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 11.02.2021 – 2-13 S 46/20 -; Suilmann, ZfIR 2021, 277 (281 f.)). Dass die Rechtsdurchsetzung in diesem Fall aufwändiger sein kann und möglicherweise auch mit mehreren Verfahren verbunden ist, rechtfertigt die Anerkennung der Klagebefugnis im Weg der actio pro socio nicht, da dem einzelnen Eigentümer auch anderweitig hinreichender Rechtsschutz gewährt ist.

Zwar ist, wenn der Verband den Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen soll, grundsätzlich ein entsprechender Beschluss der Eigentümergemeinschaft notwendig. Der einzelne Eigentümer kann seinen Anspruch aus § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG, wenn ein Beschluss – wie oft bei (zerstrittenen) Zweiergemeinschaften – nicht gefasst wurde, jedoch mittels einer Beschlussersetzungsklage gegen den Verband der Eigentümergemeinschaft durchsetzen. Die für das Rechtsschutzbedürfnis der Beschlussersetzungsklage grundsätzlich erforderliche Vorbefassung der Eigentümergemeinschaft ist hierbei nicht erforderlich, wenn sie als bloße Förmelei angesehen wird (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 191/15 -; BGH, Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 9/14 -). Jedenfalls kann sich der einzelne Eigentümer aber auch mittels einer Klage zur Einberufung eine Eigentümerversammlung ermächtigen lassen (§ 24 Abs. 3 WEG) und auf dieser einen entsprechenden Beschlussantrag stellen. Der andere Eigentümer könne die Beschlussfassung nicht blockieren, weil er gem. § 25 Abs. 4 Var. 2 WEG nicht stimmberechtigt ist, da es um die Einleitung eines Rechtsstreits gegen ihn geht (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 11.02.2021 – 2-13 S 46/20 -). Bei der Klage auf Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung bzw. auf Unterlassung oder Beseitigung kann der verwalterlose Verband sodann von demjenigen Eigentümer, der dem Verband nicht als Prozessgegner gegenübersteht, vertreten werden (vgl. BGH Versäumnisurteil vom 08.07.2022 – V ZR 202/21 -).

Die Rechtsdurchsetzung ist daher nicht unzumutbar erschwert. Vor diesem Hintergrund kommt vorliegend auch keine Ausnahme für die verwalterlose Zweiergemeinschaft in Betracht. Dies hat der Bundesgerichtshof auch bereits in der Vergangenheit für ähnliche Fallgestaltungen entschieden. Beispielsweise kommt in einer verwalterlosen Zweiergemeinschaft, in der ein Eigentümer die Verbindlichkeiten des Verbandes getilgt hat und von dem anderen Eigentümer Erstattung seiner Aufwendungen verlangt, eine ausnahmsweise direkte Inanspruchnahme des anderen Eigentümers nicht in Betracht – auch nicht aus prozessökonomischen Erwägungen (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2020 – V ZR 288/19 -; BGH, Urteil vom 25.03.2022 – V ZR 92/21 -). Auch hat der Bundesgerichtshof in einer anderen Fallgestaltung entschieden, dass auch in einer Zweiergemeinschaft ein Wohnungseigentümer die Beseitigung einer von dem anderen Wohnungseigentümer rechtswidrig herbeigeführten baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums nach Verjährung entsprechender Beseitigungsansprüche nicht selbst vornehmen, sondern eine solche nur im Wege der Beschlussersetzungsklage durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erreichen kann (vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2019 – V ZR 149/19 -). Hierbei wurde insbesondere angeführt, dass auch in Zweiergemeinschaften die Ausübung der Eigentümerbefugnisse den üblichen Verwaltungsregeln obliege und auch das Prozedere einer danach erforderlichen Beschlussersetzungsklage grundsätzlich keine unnötige Förmelei darstelle, sondern vielmehr nur die Vorbefassung der Eigentümerversammlung entbehrlich machen könne (vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2019 – V ZR 149/19 -).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da – soweit ersichtlich – jedenfalls zu der konkreten Frage, ob in verwalterlosen Zweiergemeinschaften der einzelne Eigentümer ausnahmsweise den Anspruch für den Verband auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums direkt geltend machen kann, bislang noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist.

Die Streitwertfestsetzung folgt der von beiden Parteien unbeanstandet gelassenen Streitwertfestsetzung in erster Instanz.

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