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Wann erhält ein WEG-Verwalter eine Sondervergütung

AG Buxtehude – Az.: 31 C 389/21 – Urteil vom 13.10.2022

Zusammenfassung

Klägerin fordert von ehemaliger WEG-Verwalterin Erstattung von Zahlungen in Höhe von 16.179,10 Euro

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft fordert von ihrer ehemaligen Verwalterin eine Rückerstattung von Zahlungen in Höhe von 16.179,10 Euro, die in den Jahren 2017 und 2018 ohne Rechtsgrundlage geflossen sind. Die ehemalige Verwalterin hatte eine Pauschalvergütung erhalten, die sämtliche Kosten für die Verwaltung enthielt. Weitere Kosten sollten nur bei Sonderleistungen anfallen. Laut Vertrag seien sämtliche Kosten für die kaufmännische und technische Verwaltung in den Honorarsätzen enthalten gewesen. Die Verwaltungskosten seien jedoch überschritten worden. Eine Klausel über Sondervergütungen sei unwirksam. Es könne keine weitere Vergütung geben, ohne eine besondere Regelung im Verwaltervertrag. Auch liegen keine wirksamen Entlastungen für die Jahre 2017 und 2018 vor. Eine Rückforderung sei somit rechtens. Die Verwalterin ist der Ansicht, dass die Zahlungen als Sonderleistungen zu vergüten seien und die Ansprüche der Klägerin verwirkt seien. Das Gericht entschied zugunsten der Klägerin und die Verwalterin muss die geforderte Summe sowie Zinsen erstatten.


1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.179,10 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.02.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 16.179,10 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Erstattung von Zahlungen an den Verwalter bzw. auf Veranlassung des Verwalters.

Die Beklagte ist frühere WEG-Verwalterin der Klägerin. Zuletzt wurde die Beklagte auf der Eigentümerversammlung am 09.12.2013 unter TOP 4 für die Dauer von 5 Jahren zur Verwalterin bestellt. Die Bestellung erfolgt auf der Grundlage des Vertrages vom 01.07.1991. Auf diesen Vertrag, Anlage K 1, wird Bezug genommen. Im § 3 des Verwaltervertrages ist geregelt, dass in den aufgeführten Honorarsätzen sämtliche Kosten für die kaufmännische und technische Verwaltung der Wohneigentums-Anlage enthalten sei. Weitere Kosten würden nur entstehen für Sonderleistungen bei Bearbeitung von Angelegenheiten, die jedem Wohnungseigentümer obliegen. Auf das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 09.12.2013, Anlage K 2, wird ebenfalls Bezug genommen.

Die Beklagte erhielt für das Jahr 2017 eine Pauschalvergütung in Höhe von 33.637,80 Euro und für das Jahr 2018 eine Pauschalvergütung in Höhe von 33.138,24 Euro.

In den Jahren 2017 und 2018 sind jedoch – wie auch bereits in den Vorjahren – weitere Zahlungen von der Klägerin an die Beklage für die Verwaltertätigkeit geflossen.

Im Jahr 2017 flossen zusätzliche Zahlungen in Höhe von insgesamt 3.546,85 Euro. Diese Zahlungen flossen zumeist auf Grundlage von Rechnungen der Beklagten an die Klägerin. Auf diese Rechnungen, Anlagen K 3 bis K 4 sowie Anlagen K 6 bis K 7 wird Bezug genommen. Für eine Zahlung für „Haushaltsnahe Dienstleistung Beschluss Beirat 12.4.07“ wird auf den Kontoauszug Anlage K 5 Bezug genommen. Die Beklagtenseite reichte hierfür eine Rechnung ein, Anlage B 10.

Im Jahr 2018 flossen zusätzliche Zahlungen in Höhe von insgesamt 12.632,25 Euro. Den Zahlungen liegen zumeist Rechnungen der Beklagten an die Klägerin zugrunde. Auf diese wird Bezug genommen, Anlagen K 8, K 10 bis K 11, K 14 und Anlagen K 17 bis K 22.

Weiter liegen den Zahlungen Rechnungen der Firma P. und K. zu Grunde. Auf diese gemäß Anlagen K 9 und K 13 und K 15 wird Bezug genommen. Einer Zahlung lag ein Bon der Bürobox B. B. zu Grunde. Auf diesen, Anlage K 12, wird Bezug genommen. Einer weiteren Zahlung lagen Bewirtungsbons der Gaststätte Z. G. zu Grunde. Auf diese wird Bezug genommen, Anlage K 16.

Für eine weitere Zahlung, „Haushaltsnahe Dienstleistungen“, konnte die Klägerin keinen Beleg ausmachen. Die Beklagtenseite reichte hierfür eine Rechnung ein, Anlage B 11.

Vorgerichtlich begehrte die Klägerseite die Erstattung von Zahlungen für die Jahre 2007 bis 2017.

Die Beklagte wurde für ihre damalige Tätigkeit als Verwalterin der Klägerin für die Jahre 2017 und 2018 nicht wirksam entlastet. Die Jahresabrechnung 2018 wurde auf der Eigentümerversammlung am 12.09.20219 unter TOP 3.2 beschlossen, Anlage K 23. In dem Beschluss ist festgehalten, dass eine Verwalterentlastung nicht inkludiert sei. Der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2017, vgl. wegen Jahresabrechnung die Anlage B 3, wurde durch Urteil des Amtsgerichts Buxtehude für ungültig erklärt. Eine beschlossene Jahresabrechnung für 2017 besteht nicht.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Verwaltervergütung sei als Pauschale geregelt, so dass weitergehende Vergütungsansprüche nicht bestünden. Die Klausel im letzten Satz des § 3 des Verwaltervertrages sei unwirksam. Bei den streitgegenständlichen Kosten würde es sich um eine originäre Verwaltertätigkeit handeln. Sie behauptet, die Beklagte habe die Leistungen nicht sämtlich gemäß den eingereichten Belegen erbracht und ist der Auffassung, es handele sich zum Teil bereits nicht um Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Für die Einzelheiten wird auf Bl. 98R ff. d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 16.179,10 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.02.2022 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Leistungen, die den streitgegenständlichen Zahlungen zu Grunde liegen, gemäß § 3 des Verwaltervertrages als Sonderleistungen zu vergüten seien. Etwaige Rückforderungsansprüche seien jedenfalls verwirkt, da die Sondervergütungen einer langjährigen Praxis entsprochen haben und der Beklagten in der Vergangenheit insoweit auch jeweils – was unstreitig ist – Entlastung erteilt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 16.179,10 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.02.2020 aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB sowie bezüglich der Zinsen aus §§ 280, 286, 288 BGB.

1. Die Beklagte hat Zahlungen im Umfang von 16.179,10 Euro durch Leistungen der Klägerin, die auf vermeintliche Ansprüche der Beklagtenseite gezahlt hat, erhalten.

2. Die Leistungen erfolgen jedoch ohne Rechtsgrund.

a) Die Beklagte hat die streitgegenständlichen Zahlungen ohne Rechtsgrund von der Klägerin erhalten. Die Beklagtenseite konnte die Zahlungen insbesondere nicht als Sonderleistungen im Rahmen der Verwaltertätigkeit abrechnen. Es war zwischen den Parteien ein Pauschalhonorar vereinbart. Die Klausel, dass in den Honorarsätzen sämtliche Kosten für die kaufmännische und technische Verwaltung der Wohneigentums-Anlage enthalten sei, lässt sich nur als Pauschalierung des Honorars verstehen. Zwar enthält der nächste Satz im relevanten § 3 die Formulierung, dass weitere Kosten nur für Sonderleistungen bei Bearbeitung von Angelegenheiten, die jedem Wohnungseigentümer obliegen, entstehen würden. Doch ist diese Klausel unwirksam, so dass sie keinen Rechtsgrund darstellen kann für ein Behaltendürfen der streitgegenständlichen Zahlungen, die über die Pauschalhonorare für die Jahre 2017 und 2018 hinausgehen.

b) Die Vertragsparteien können zwar neben einer Grundvergütung eine Vergütung für besondere Leistungen vereinbaren (vgl. BGH NJW 2020, 988 Rn. 35; AG Düsseldorf BeckRS 2016, 114577; Greiner NZM 2013, 481, 490). Nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Ordnungsmäßigkeit sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Transparenz erfordert eine solche Aufspaltung allerdings eine klare Abgrenzung derjenigen gesetzlich geschuldeten oder im Einzelfall vereinbarten Aufgaben, die von der Grundvergütung erfasst sein sollen, von denen, die gesondert zu vergüten sein sollen (vgl. BGH NJW 2020, 988 Rn. 35). Es muss also eindeutig bestimmt sein, welche vertraglich versprochenen Leistungen bereits mit dem pauschalen (Grund-) Vergütungsanteil abgegolten sein sollen (vgl. Greiner NZM 2013, 481, 490).

Ferner muss für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei den Aufgaben, die in jeder Wohnungseigentumsanlage regelmäßig anfallen, der tatsächliche Gesamtumfang wenigstens der jährlichen und annähernd der monatlichen Vergütung erkennbar sein (vgl. BGH NJW 2020, 988 Rn. 35), (vgl. zum Vorstehendem insgesamt BeckOK WEG/Elzer, 48. Ed. 1.3.2022, WEG § 26 Rn. 242-246).

Gemessen an den vorgenannten Ausführungen ist die Klausel über die Sondervergütung unwirksam. Die streitgegenständliche Klausel lässt die Art der anfallenden Sondervergütungen nicht hinreichend erkennen. Zudem lässt die Formulierung auch die Höhe der anfallenden Sondervergütungen nicht erkennen. Die Reichweite der Klausel ist daher für die Wohnungseigentümer nicht ersichtlich und daher unwirksam.

c) Eine weitere – über die Pauschalen – hinausgehende Vergütung der Verwaltertätigkeit der Beklagten kommt mangels wirksamer Vereinbarung nicht in Betracht. Ohne besondere Regelung im Verwaltervertrag hat der Verwalter grundsätzlich keinen Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Verwaltervergütung für solche Tätigkeiten, die im Rahmen der ihm vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse liegen und zum typischen Berufsbild eines Verwalters gehören. Dazu gehört etwa die Betreuung von Instandsetzungsmaßnahmen, das Führen der Beschlusssammlung (außer bei Rückwärtsdokumentation), die Unterrichtung der Wohnungseigentümer über Rechtsstreitigkeiten, die Vertretung der Wohnungseigentümer im Passivprozess, die Durchführung schriftlicher Beschlüsse, auch die Durchführung von Eigentümerversammlungen (vgl. Bärmann/Becker, 14. Aufl. 2018, WEG § 26 Rn. 164).

d) Es liegen auch keine wirksamen Entlastungen der Verwalterin für die Jahre 2017 und 2018 vor, die im Einzelfall einer Rückforderung der streitgegenständlichen Beträge entgegenstehen würden (vgl. zu dieser Möglichkeit OLG Düsseldorf NZM 2002, 264, 265 LS 1 bis 3).

e) Die Rückforderung gemäß §§ 812, 818 BGB ist auch nicht gemäß § 242 BGB wegen Treu und Glauben ausgeschlossen. Soweit in der Vergangenheit über längere Zeit Sonderleistungen von der Klägerin akzeptiert worden sind, vermag dies die Treuwidrigkeit der Rückforderung nicht zu begründen. Dem steht bereits entgegen, dass der Verwalterin in den Jahren 2017 und 2018 keine wirksame Entlastung erteilt wurde. Es erscheint sachgerecht, der Verwalterin das Risiko einer Rückforderung jeweils in den Jahren zuzuweisen, in dem keine Entlastung erteilt wurde. Zwar mag zuvor langjährig auf den Wohnungseigentümerversammlungen der Verwalterin jeweils Entlastung erteilt worden sein, da die Problematik der nicht geschuldeten Sonderleistungen und die dem zugrundeliegende Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel den Wohnungseigentümern und Beiräten nicht auffiel, doch ist die Verwalterin gerade durch die vorangegangenen Entlastungen hinreichend geschützt. Durch die erfolgten Entlastungen muss sie gerade keine weit in die Vergangenheit reichende Rückforderungen befürchten, sondern nur im Hinblick auf die Jahre, für die noch keine Entlastung erfolgt ist. Ohne Entlastung ist die Verwalterin nicht schutzwürdig im Vertrauen dahin, die abgerechneten Sonderleistungen behalten zu dürfen. Diese Überlegung wird auch dadurch gestützt, dass sich die Sonderleistungen von Jahr zu Jahr verändern und auch sprunghaft ansteigen können. Bereits deswegen kann es nicht treuwidrig sein, unrechtmäßig abgerechnete Sonderleistungen zurückzufordern, nur, weil in Vorjahren Entlastungen – im Umfang und Höhe möglicherweise komplett anders – erteilt worden waren.

3. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen war wegen der Hauptsache wie tenoriert zu erkennen.

4. Der Anspruch im Hinblick auf die Zinsen folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB, da die Beklagtenseite mit Schreiben unter dem 04.02.2022 unter Fristsetzung zum 18.02.2020 zur Zahlung aufgefordert wurde, worin eine Mahnung liegt.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

III.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO in Verbindung mit § 48 GKG.

 

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