Skip to content
Menü

WEG – Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Beseitigung Carport

LG Frankfurt – Az.: 2/13 S 48/19 – Urteil vom 17.10.2019

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 18.01.2019, Az. 6 C 822/17 (11), wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung haben die Kläger zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil, im Umfang der Berufungszurückweisung, sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird für die zweite Instanz auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

1. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Ansprüche der Kläger können nur aus § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG folgen. Die Beklagten haben aber eine Eigentumsbeeinträchtigung nicht zu verantworten bzw. sind keine Störer im Sinne der genannten Normen. Die baulichen Veränderungen wurden von der teilenden Eigentümerin gemäß einer entsprechenden Vereinbarung vorgenommen.

a) Eine Zustimmung zu den baulichen Veränderungen ist jedoch nicht erfolgt. Insofern ist ohne Bedeutung, ob das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.01.2017 tatsächlich gefälscht wurde. Die GbR als teilende Eigentümerin konnte keinen für die späteren Sondereigentümer bindenden Beschluss fassen.

Beschlüsse können nach dem gesetzlichen Wortlaut des § 23 Abs. 1 WEG nur im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung gefasst werden. Es muss daher zumindest ein (werdender) Sondereigentümer neben dem aufteilenden Eigentümer existieren. Nur dann kann überhaupt eine Wohnungseigentümerversammlung abgehalten werden und insofern eine Willensbildung stattfinden. Dies war hier nicht der Fall. Unstreitig war zum 30.01.2017 nur die … GbR im Grundbuch eingetragen. Auch für einen werdenden Sondereigentümer ist nichts ersichtlich. Hierzu haben die Parteien nicht vorgetragen (etwa Zeitpunkt der Besitzverschaffung oder Eintragung einer Auflassungsvormerkung).

WEG - Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Beseitigung eines Carports
(Symbolfoto: Von Palatinate Stock/Shutterstock.com)

Der „Beschluss“ zu TOP 2 d) der Wohnungseigentümerversammlung vom 30.01.2017 kann auch nicht als (schuldrechtliche) Vereinbarung eine genehmigende Wirkung entfalten. Zwar konnte die teilende Eigentümerin noch den Inhalt des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums vor Veräußerung verändern (BGH, Urteil vom 13. 10. 2006 – V ZR 289/05 = NJW 2007, 213). Jedoch wurde diese „Vereinbarung“ nicht im Grundbuch eingetragen. Sie wirkt damit nicht für und gegen die späteren Erwerber, § 10 Abs. 3 WEG.

b) Unabhängig von dem Zeitablauf der streitgegenständlichen Gegebenheiten (Zeitpunkt des Entstehens einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, Zeitpunkt der Baumaßnahmen, Zeitpunkt der Vereinbarung der Beklagten mit der GbR) besteht ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagten auf Beseitigung nicht. Dies folgt daraus, dass die streitgegenständlichen Baumaßnahmen auf eine Vereinbarung der Beklagten mit der teilenden GbR als Bauträgerin zurückgehen.

Sollten die planwidrigen Baumaßnahmen vor dem Entstehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführt worden sein, folgt dies schon daraus, dass es an der von § 1004 Abs. 1 BGB vorausgesetzten Eigentumsbeeinträchtigung fehlt (BGH, Urteil vom 14.11.2014 – V ZR 118/13 = ZWE 2015, 180). Zu diesem Zeitpunkt ist der Eigentümer frei, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren. Dieser Fall ist vorliegend anzunehmen betreffend die Errichtung des Carports. Eine werdende WEG entsteht, wenn Erwerbsverträge abgeschlossen wurden, diese durch eine Vormerkung gesichert sind und dem Erwerber Besitz an dem Sondereigentum übertragen wurde (Bärmann/Suilmann, 14. Aufl. 2018, WEG § 10 Rn. 16 f.). Insbesondere zu letzterer Voraussetzung wurde nicht vorgetragen. Auch ist der Zeitpunkt, an welchem Auflassungsvormerkungen zugunsten der Erwerber eingetragen wurden, unbekannt. Es kann daher nicht angenommen werden, dass zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Beklagten mit der GbR (der ebenfalls unbekannt ist) eine werdende WEG bestanden hat.

Für den Fall, dass die planwidrige Bauausführung erst nach dem Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführt oder fertiggestellt worden sein sollte, scheidet eine Inanspruchnahme der Beklagten dennoch aus. Diese sind auch insoweit nicht als Störer zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 14.11.2014 – V ZR 118/13 = ZWE 2015, 180). Die Beklagten könnten nur Zustands- oder mittelbare Handlungsstörer sein. Beides würde nach einer wertenden Betrachtung voraussetzen, dass die Störung (zumindest mittelbar) auf ihren Willen zurückgeht. Allein der Abschluss eines die Baumaßnahme bedingenden Kaufvertrag reicht als Zurechnungsgrundlage für die Störung jedoch nicht aus. Dies, da der Käufer davon ausgehen darf, dass der Verkäufer im Rahmen seiner Befugnisse handelt bzw. auf eine Legalität der zugesicherten Eigenschaften der Kaufsache hinwirken wird. Zudem wird durch diese Betrachtung vermieden, dass Wertungswidersprüche mit der zuerst genannten Konstellation entstehen. Der Zeitpunkt der Fertigstellung der Baumaßnahmen ist zufällig und sollte nicht die Rechtslage beeinflussen.

Dem folgend können die Beklagten vorliegend nicht als Störer angesehen werden. Unstreitig wurde der Carport, wie auch die anderen streitgegenständlichen baulichen Veränderungen, auf Grundlage einer Vereinbarung der Beklagten als Käufer mit der verkaufenden GbR vorgenommen.

Die von der Baumaßnahme benachteiligten Eigentümer sind auch nicht rechtlos gestellt, da sie von den übrigen Eigentümern die plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung verlangen können und weiterhin Ansprüche gegen den Veräußerer nach den Regeln des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts durchsetzen können.

Entsprechendes gilt auch betreffend die weiteren baulichen Veränderung, die Errichtung des Rolltores sowie die Installation von Seitenwänden an dem Carport. Diese Konstellation unterscheidet sich von der oben dargestellten dadurch, dass die Beklagten zum Zeitpunkt der Errichtung dieser baulichen Maßnahmen bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen waren. Insofern kann es aber keinen Unterschied machen, wann diese baulichen Maßnahmen vorgenommen bzw. fertiggestellt wurden. Sie beruhten jeweils auf einer Vereinbarung mit der teilenden Eigentümerin. Auch insofern können die Beklagten bei einer wertenden Betrachtung wiederum nicht als Störer angesehen werden. Eine Unterscheidung danach, zu welchem Zeitpunkt die bauliche Veränderung begonnen bzw. abgeschlossen wurde, wäre zufällig und durch rechtliche Argumente nicht zu rechtfertigen. Wiederum ist entscheidend, dass die baulichen Veränderungen auf Grundlage einer Vereinbarung mit dem teilenden Eigentümer erfolgten. Insofern kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

4. Gründe die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen liegen nicht vor.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49a Abs. 1 GKG.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!