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WEG – Bauliche Maßnahme im Bereich eines Sondernutzungsrechts

Streit um Carport und Grenzmauer: LG Hamburg entscheidet

Die Wohnungseigentümergemeinschaft K.- N.-Straße in H. war in einem Rechtsstreit verwickelt, bei dem es um die Rückbauverpflichtung eines Mitglieds ging. Dieses Mitglied, der Beklagte, hatte auf seiner Sondernutzungsfläche eine Holzwand mit Fensterelementen in einen bestehenden Carport eingebaut und eine Grenzmauer aus Holz und Grenzsteinen errichtet.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 318 S 93/19 >>>

Amtsgerichtliche Entscheidung

Das Amtsgericht Hamburg hatte zuvor entschieden, dass der Beklagte die Grenzsteine und den Holzzaun, die er zur Abgrenzung seiner Sondernutzungsfläche errichtet hatte, teilweise zurückbauen muss. Dies wurde damit begründet, dass die Kläger, die Nachbarn des Beklagten, durch diese Grenzmauer in ihrer Nutzung beeinträchtigt wurden. Insbesondere wurde ihre Anfahrt sowie das Ein- und Aussteigen aus ihrem PKW erschwert. Allerdings sah das Amtsgericht keine Beeinträchtigung durch die 2015 ersetzte Carportwand mit Fensterelementen oder durch die hälftige Grenzmauer und den Holzzaun, die lediglich den Komfort beim Parken einschränkten.

Berufungsverfahren

Sowohl die Kläger als auch der Beklagte legten gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung ein. Die Kläger argumentierten, dass die Carportwand und die Grenzmauer eine optische Beeinträchtigung darstellten und den Charakter der Wohnanlage störten. Sie behaupteten auch, dass ihr Stellplatz durch die baulichen Veränderungen des Beklagten nicht mehr nutzbar sei. Der Beklagte hingegen verteidigte seine baulichen Maßnahmen und argumentierte, dass er lediglich das Material der Außenwand des Carports ausgetauscht habe und keine Vergrößerung vorgenommen habe. Er wies auch darauf hin, dass die Kläger ihren PKW-Stellplatz verlegt hatten, was zu den aktuellen Parkproblemen führte.

Entscheidung des LG Hamburg

Das Landgericht Hamburg entschied, dass die Berufung der Kläger keinen Erfolg hatte. Es bestätigte, dass die Berufung zulässig war, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde. Die selbständige Berufung des Beklagten hingegen war erfolgreich. Das bedeutet, dass die Entscheidung des Amtsgerichts in Teilen geändert wurde, wobei die genauen Details dieser Änderung im vorliegenden Text nicht angegeben sind.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 318 S 93/19 – Urteil vom 25.03.2020

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 30.08.2019, Az. 22a C 409/18, wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 30.08.2019, Az. 22a C 409/18, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft K.- N.-Straße in… H. und streiten in der Berufungsinstanz weiter um die Rückbauverpflichtung des Beklagten bezüglich einer auf seiner Sondernutzungsfläche in den bestehenden Carport eingebauten Holzwand mit Fensterelementen sowie einer aus Grenzsteinen und ca. 0,3 m hohen aus Holz bestehenden Grenzmauer, beides belegen auf der (vor dem Grundstück stehend) rechten Seite der Sondernutzungsfläche des Beklagten.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils vom 30.08.2019 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, die vor seinem Carport errichteten Grenzsteine nebst Holzzaun um die Hälfte zurückzubauen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Ortstermin habe eine im Umfang des Tenors deutliche Beeinträchtigung der Kläger bei der Anfahrt sowie beim Ein- und Aussteigen aus ihrem PKW durch die vom Beklagten zur Abgrenzung seiner Sondernutzungsfläche gezogene Grenzmauer gezeigt. Die Kläger seien insoweit teilweise in ihrer Nutzung durch die Grenzmauer nebst Holzzaun im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG beeinträchtigt worden. Wenn beide Nachbarn ihre Sondernutzungsfläche mit üblichen Markierungen abgrenzten, könnten die Kläger aufgrund der beengten örtlichen Verhältnisse nicht mehr mit ihrem PKW ein- und ausparken. Das Rücksichtsnahmegebot des § 14 Ziff. 1 WEG gebiete es, dass die jeweiligen Nachbarn auf eine Grenzgestaltung jedenfalls insoweit verzichteten, wie es notwendig sei, damit auch ihre Nachbarn, die Kläger, ihre eigene Parkfläche erreichen könnten.

Nicht beeinträchtigt würden die Kläger hingegen durch die im Jahr 2015 ersetzte streitgegenständliche Carportwand mit Fensterelementen und durch die hälftige Grenzmauer nebst Holzzaun, soweit diese nur den Komfort beim Ein- und Ausparken beschränkten.

Im Übrigen sehe es keine objektive optische Beeinträchtigung durch den beklagtenseits geschaffenen Zustand. Weitere von den Klägern erhobene Einwendungen gegen die streitgegenständlichen Errichtungen, wie die falsche Positionierung des Carports unter Verstoß gegen den Aufteilungsplan der Teilungserklärung, die Nichterfüllung der Auflagen der Baugenehmigung, die Beeinträchtigung der Nutzung des Stellplatzes der Kläger durch den Carport sowie das Fehlen virtueller Räume, lägen nicht vor.

Schließlich sei auch kein Verzugszinsanspruch der Kläger gegeben, da Verzug zum Zeitpunkt der anwaltlichen Tätigkeit für die Kläger nicht dargetan sei. Die Kosten der außergerichtlichen Abmahnung seien nicht ersatzpflichtig.

Die Kläger haben gegen das ihnen am 25.09.2019 zugestellte amtsgerichtliche Urteil mit einem bei Gericht am 17.10.2019 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach einmonatiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem bei Gericht am 23.12.2019 eingegangenen Schriftsatz begründet haben.

Gegen das dem Beklagten am 25.09.2019 zugestellte amtsgerichtliche Urteil hat dieser ebenfalls mit einem bei Gericht am 10.10.2019 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem bei Gericht am 08.11.2019 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Kläger wenden sich gegen das amtsgerichtliche Urteil, soweit sie unterlegen sind und tragen vor, es liege durch die im Jahr 2015 ersetzte Carportwand sowie der Grenzmauer nebst Holzzaun, soweit letztere nicht bereits von der amtsgerichtlichen Entscheidung zur Rückbauverpflichtung des Beklagten umfasst sei, eine optische Beeinträchtigung vor. Diese stelle eine ganz erhebliche Störung des Charakters der Wohnanlage dar, der dadurch getragen sei, dass es einen erheblichen Grünanteil gebe. Auch sei in der Baugenehmigung des Beklagten das Begrünen der Dächer ausdrücklich vorgeschrieben. Die Ersetzung der Carportwand durch den Beklagten habe auch nicht nur in einer Auswechselung des Materials bestanden. Die Errichtungen hätten zu einer erheblichen Veränderung des bisherigen Zustands geführt. Weiter sei unzutreffend, dass nur eine Einschränkung des Komforts vorliege. Denn auch wenn der Beklagte die Grenzmauer teilweise zurückbaue, wäre ihr Stellplatz nicht weiter nutzbar. Dieser könne nicht mehr angefahren werden. Auch seien die Türen ihres PKW an einer Seite nicht mehr problemlos zu öffnen.

Die Kläger beantragen,

1. das Urteil des Amtsgerichts abzuändern, soweit es die Klage abweist und den Beklagten über die Verpflichtung aus dem amtsgerichtlichen Urteil (Ziffer 1, Satz 1) hinaus zu verurteilen, den Ausbau des auf der Sondernutzungsfläche K.- N.-Straße… befindlichen Carports rückgängig zu machen, und zwar insbesondere folgende Baumaßnahme: Einbau einer Wand mit Fensterelementen sowie Errichtung einer aus 11 Einzelelementen (Steinen) bestehenden und ca. 0,3 m hohen Mauer, beides belegen auf der (vor dem Grundstück stehend) rechten Seite der Sondernutzungsfläche des Beklagten;

2. an die Kläger zur gesamten Hand – zur Weiterleitung an deren Rechtsschutzversicherung – 300,35 € (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Weiter beantragt der Beklagte, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil insoweit, als dass die Klage abgewiesen wurde. Hinsichtlich seiner Verurteilung zum hälftigen Rückbau der Grenzmauer nebst Holzzaun trägt er vor, es bestehe keine Notwendigkeit für die Kläger, ihr Fahrzeug über eine Ecke seines Grundstücks zu fahren. Soweit er sein Carport mit einer neuen Außenwand versehen habe, liege hierin keine bauliche Veränderung und auch keine Veränderung des Erscheinungsbilds. Er habe lediglich das Material der Außenwand ausgetauscht. Eine Vergrößerung habe nicht stattgefunden. Die Errichtung des Carports entspreche der Hamburger Bauordnung. Die Grenzmauer sei optisch nicht beeinträchtigend. Soweit die Kläger beanstandeten, er habe sein Carport entgegen der ursprünglichen Bauplanung nicht unmittelbar an seine Doppelhaushälfte, sondern an die Grenze zum Kläger errichtet, berufe er sich auf Verjährung. Dagegen sei es von Relevanz, dass die Kläger ihren PKW Stellplatz abweichend von der ursprünglichen Bauplanung verlegt haben. Dieser sei ursprünglich rückwärtig gelegen und könne ohne Befahren des Nachbargrundstücks erreicht werden. Das Amtsgericht habe sich unter dem Eindruck der von den Klägern in Vorbereitung des Ortstermins unlauter geschaffenen Einschränkung der PKW-Stellfläche der Kläger beeindrucken lassen. Durch das rotweiße Absperrband hätten die Kläger eine so enge Fahrsituation geschaffen, die in Wirklichkeit nie zuvor bestanden habe. Der Nachbar der Kläger stelle sein Fahrzeug unmittelbar an seinem Haus ab, wodurch die Kläger genügend Platz zum ungehinderten Ein- und Ausparken hätten. Die jetzige Rangierbedürftigkeit beruhe auf dem Umstand, dass die Kläger ihren ursprünglich vorgesehenen PKW Stellplatz an den Gemeinschaftsweg vorverlegt und dadurch den Einbiegerradius deutlich verkürzt hätten.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen im Berufungsverfahren Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg (nachfolgend unter A.).

Die selbständige Berufung des Beklagten hat hingegen Erfolg (nachfolgend unter B.).

A. Berufung der Kläger

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat ihre Berufung aber keinen Erfolg.

1. Beseitigungsanspruch der Kläger gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG

a.) Carportwand mit Fenstern

Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückbau der Carportwand in seinen vor 2015 bestandenen Zustand gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Beseitigungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten verneint.

Verstößt ein Wohnungseigentümer gegen die gesetzlichen, vereinbarten oder beschlossenen Gebrauchsregelungen, steht jedem Wohnungseigentümer ein Abwehranspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG zu, der darauf gerichtet ist, dass der oder die störenden Wohnungseigentümer einen unzulässigen Gebrauch des Sondereigentums oder des Gemeinschaftseigentums unterlassen oder einen störenden Gebrauch beendigen (Kümmel in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage, § 15, Rn. 37). Der Abwehranspruch steht jedem Wohnungseigentümer, der durch einen gesetzes-, vereinbarungs- oder beschlusswidrigen Gebrauch über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird, als Individualrecht zu (vgl. Kümmel in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., Rn. 38). Der einzelne Wohnungseigentümer kann einen Beseitigungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG wegen einer unzulässigen baulichen Veränderung allein gegen den Störer geltend machen und bedarf dazu nicht der Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH, Urteil vom 07.02.2014 – V ZR 25/13, NZM 2014, 245, Rn. 6; Jennißen/Hogenschurz, WEG, 3. Auflage, § 22 Rn. 49). Da lediglich eine gekorene Ausübungsbefugnis des Verbandes im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 2 WEG besteht, kommt eine gemeinschaftliche Rechtsverfolgung nur in Betracht, wenn die Gemeinschaft die Rechtsausübung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss an sich gezogen hat. (BGH, a.a.O.). Der Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB richtet sich gegen den störenden Wohnungseigentümer (Kümmel in: in Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., Rn. 44). Gemäß § 14 Ziff. 1 WEG darf der einzelne Wohnungseigentümer von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Unter Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen, wobei nur konkrete und objektiv nachweisbare Beeinträchtigungen als Nachteil gelten (Kümmel in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O, § 14, Rn. 2; BGH NJW 1992, 978). Entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (Kümmel in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 14, Rn. 2; BGH NJW 1992, 978).

Nach diesen Maßstäben sind die Kläger zwar aktivlegitimiert und der Beklagte passivlegitimiert. Die streitgegenständliche neu errichtete Carportwand aus Holz mit eingebauten Fenstern verstößt jedoch weder gegen gesetzliche Regelungen des § 14 Ziff. 1 WEG noch gegen Regelungen der Teilungserklärung und insbesondere nicht gegen Ziffer II. § 2 Nr. 1 Abs. 4 der Teilungserklärung (Anl. K2, Bl. 10 d.A.), die Folgendes vorsieht:

„Die Wohnungseigentümer können im Bereich ihres jeweiligen Sondereigentums und Sondernutzungsrechtes bauliche Veränderungen vornehmen, und zwar auch, soweit gemeinschaftliches Eigentum betroffen ist. Einer Zustimmung bedarf es nur dann, wenn dadurch die Rechte der jeweils anderen Miteigentümer beeinträchtigt werden.“

Die ursprünglich errichtete Carportwand aus Plexiglas ist unstreitig auf der Sondernutzungsfläche des Beklagten errichtet worden, nachdem diesem mit Bescheid vom 07.05.1990 (Anl. K4, Bl. 21 ff. d.A.) eine Baugenehmigung erteilt wurde. Diese Carportwand ist im Jahr 2015 in eine massive Holzwand mit Fenstern ausgetauscht worden. Dass die streitgegenständliche Carportwand sich ebenfalls auf der Sondernutzungsfläche des Beklagten befindet, ist unstreitig. Durch die Ersetzung liegt zwar erneut eine bauliche Veränderung im Bereich des Sondernutzungsrechts des Beklagten vor. Die Kläger wenden sich hingegen nicht gegen die Errichtung des Carports an sich, sondern gegen die Ersetzung der rechtsseitigen Carportwand in Form eines Materialaustausches im Jahr 2015. Diese Ersetzung der ursprünglichen Carportwand aus Plexiglas in eine Holzwand mit Fenstern stellt aber weder eine Beeinträchtigung für die jeweils anderen Miteigentümer iSd Teilungserklärung noch eine über das in § 14 Ziff. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehende Beeinträchtigung für die Kläger dar.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht sämtliche von den Klägern vorgetragene Beeinträchtigungen, die aus der ersetzten Carportwand herrühren sollen, verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die amtsgerichtliche Entscheidung Bezug genommen, der sich die Kammer vollumfänglich anschließt. Die Berufungsbegründung vermochte zu keiner anderen Entscheidung über die Sach- und Rechtslage führen.

Entgegen der Ansicht der Kläger liegt durch die ersetzte Carportwand keine optische Beeinträchtigung vor. Die Kläger begehren in der Sache lediglich die Wiederherstellung des Zustands vor 2015. Zu diesem Zeitpunkt war eine Carportwand aus Plexiglas errichtet worden. Worin in der Veränderung des Materials eine optische Beeinträchtigung herrühren soll, ist nicht ersichtlich. In der Teilungserklärung ist unter Ziffer II. § 2 Nr. 1 Abs. 1 u.a. geregelt, dass im jeweiligen Bereich des Sondereigentums und der Sondernutzungsrechts soviel Individualrechte (Nutzungs- und Gestaltungsrechte) wie möglich entstehen sollen, wobei gem. Ziffer II. § 1 Nr. 1 Abs. 2 der einheitliche Charakter der Wohnanlage nicht beeinträchtigt werden darf. Hierdurch wurde den Wohnungseigentümern insbesondere ein weitgehender Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Vornahme von baulichen Veränderungen im Bereich ihres Sondereigentums bzw. Sondernutzungsrechts eingeräumt. Dass durch die Carportwand aus Holz im Vergleich zu der aus Plexiglas der einheitliche Charakter der Wohnanlage beeinträchtigt worden ist, ist weder klägerseits vorgetragen noch ersichtlich. Auch die Carportwand vor 2015 hatte insbesondere keine Begrünung. Die Teilungserklärung sah eine Begrünung der baulichen Anlagen auch nicht vor. Lediglich die Baugenehmigung ist dem Beklagten unter der Auflage erteilt worden, das Carportdach zu bepflanzen und die Pfosten mit Schling- und Kletterpflanzen zu begrünen. Dass der Beklagte das Carportdach nicht begrünte, ist bereits deswegen unerheblich, da sich das Begehren der Kläger in der Ersetzung der Carportwand erschöpft und nicht auf das Carportdach bezieht. Aus der fehlenden Begrünung der Carportwand rührt insoweit kein Nachteil her. Der einheitliche Charakter der Wohnanlage ist hierdurch nicht beeinträchtigt.

Weiter führt die lediglich ersetzte Carportwand nicht zu erhöhten Anfahrts- und Aussteigebeeinträchtigungen, wie sie nicht bereits vor ihrer Ersetzung bestanden haben. Dass diese Beeinträchtigungen erstmalig durch die ersetzte Carportwand entstanden sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Carportwand befindet sich zudem räumlich weiterhin unstreitig auf der Sondernutzungsfläche des Beklagten. Im Übrigen ist es grundsätzlich durchaus möglich, aus dem neben dem Carport des Beklagten parkenden PKW der Kläger ein- und auszusteigen, wenn auch nicht mit dem gleichen Komfort, der vorläge, wenn überhaupt keine Carportwand bestünde. Hierauf können sich die Kläger jedoch nicht mit Recht berufen.

Die Teilungserklärung erlaubt zum einen ausdrücklich die Einzäunung des zur ausschließlichen Nutzung überlassenen Grundstücksteils mit einem Zaun oder durch lebende Hecken gem. Ziffer II. § 2 Abs. 3 der Teilungserklärung. Sofern der Beklagte seine Sondernutzungsfläche anstelle der Carportwand in zulässiger Weise durch einen Zaun oder eine Hecke abgegrenzt hätte, wären hieraus dieselben gegenwärtigen Einschränkungen beim Ein- und Aussteigen hervorgetreten. Sofern die Kläger sich in diesem Zusammenhang auf die falsche Positionierung des Carports des Beklagten unter Verstoß gegen den Aufteilungsplan berufen, so vermag dies zu keinem abweichenden zu Ergebnis führen. Denn dass der Carport als solches auf einer gänzlich anderen als dem Beklagten gemäß der Teilungserklärung i.V.m. dem Aufteilungsplan vorgesehenen Sondernutzungsfläche errichtet wurde, ist für die Beurteilung des Beseitigungsanspruchs unerheblich. Der Carport ist unstreitig auf der Sondernutzungsfläche des Beklagten errichtet worden. Der Beklagte hätte seine Sondernutzungsfläche auch einzäunen oder mit einer Hecke abgrenzen können.

Zum anderen geht dieser Einwand bereits deswegen fehl, da die Kläger nicht ein gänzliches Entfernen der Carportwand, sondern lediglich die Wiederherstellung des Zustandes vor dem Jahr 2015 begehren. Die Fläche, auf der der Carport errichtet wurde, ist gemäß Ziffer I. Nr. 1 Abs. 3 Unterabsatz 4 der Teilungserklärung als Sondernutzungsfläche des Beklagten ausgewiesen, die dieser in zulässiger Weise gemäß Ziffer II. § 2 Nr. 3 der Teilungserklärung begrenzen durfte. Die Carportwand stellt für die Kläger nichts anderes als eine Begrenzung dar. Die Kläger können sich nicht mit Erfolg erstmalig in der Berufungsbegründung darauf berufen, dass die streitgegenständliche Wand sich durch ihre Ersetzung vergrößert habe, da diese sich weiterhin unstreitig auf der Sondernutzungsfläche des Beklagten befindet.

Ob der Beseitigungsanspruch der Kläger bzgl. der im Jahr 2015 ersetzten Carportwand zudem verjährt ist, bedarf nach alledem keiner Entscheidung.

b.) Grenzmauer mit Steinen und darüber liegendem Holzzaun

Die Kläger haben gegen den Beklagten auch keinen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG hinsichtlich der zur Begrenzung der Sondernutzungsfläche des Beklagten angelegten Grenzsteine und der 0,3 m hohen Holzmauer, soweit diese nach der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht zurückgebaut werden müssen.

Auch die beklagtenseits errichtete niedrige Grenzmauer nebst Holzzaun verstößt insoweit nicht gegen die Regelung in der Teilungserklärung gem. Ziffer II. Nr. 1 Abs. 4 und stellt keinen über das Maß in § 14 Ziff. 1 WEG hinausgehenden Nachteil dar. Eine Beeinträchtigung der Kläger liegt nicht vor. Die streitgegenständliche Grenzmauer nebst Holzzaun ist unstreitig von dem Beklagten auf seiner Sondernutzungsfläche errichtet worden. Die Teilungserklärung erlaubt auch eine Einzäunung von Sondernutzungsflächen gem. Ziffer II. Nr. 3.

Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung die vorgebrachten Einwendungen der Kläger gegen die Errichtung des Grenzzauns verneint. Auch die Berufungsbegründung der Kläger führt zu keinem anderen Ergebnis. Es wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in der amtsgerichtlichen Entscheidung verwiesen, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt.

2. Anspruch der Kläger auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 und 2 BGB

Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB. Das Amtsgericht hat den geltend gemachten Anspruch der Kläger zu Recht und mit zutreffender Begründung verneint.

Die Kosten der Rechtsverfolgung sind zu ersetzen, wenn sie – nach Eintritt des Verzugs – aus Sicht des Forderungsgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 286, Rn. 44; BGH NJW 15, 3782). Dazu gehören nicht die Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung, weil sie nicht durch den Verzug verursacht worden sind und die nicht rechtzeitige Leistung nach § 280 Abs. 2 nur unter den Voraussetzungen des Verzugs eine Schadensersatzpflicht begründet (Palandt/Grüneberg, a.a.O.; BGH, NJW 13 487). Zu ersetzen sind die Kosten von Mahnschreiben, sofern die Mahnung nach Eintritt des Verzugs erfolgt ist und eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung darstellt (Palandt/Grüneberg, a.a.O., Rn. 45; BGH WM 87, 247; BGH NJW-RR 13, 487).

Die vorgerichtlichen Anwaltskosten der Kläger sind nicht nach Eintritt des Verzugs des Beklagten entstanden und daher nicht ersatzfähig. Die Kläger haben den Beklagten erstmalig mit anwaltlichen Schreiben vom 06.11.2018 unter Fristsetzung bis 10.12.18 zum Rückbau aufgefordert (Anl. K7, Bl. 16 ff. d.A.). Dies lehnte der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 12.11.2018 ab (Anl. K8, Bl. 19 f. d.A.). Die Klage ist seit dem 07.12.2019 anhängig.

B. Berufung des Beklagten

Die selbständige Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache ist die Berufung des Beklagten auch begründet.

Zu Unrecht hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, die vor seinem Carport errichtete niedrige Grenzmauer nebst Holzzaun um die Hälfte zu reduzieren, also zurückzubauen. Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf hälftige (vertikale) Beseitigung der Grenzsteine nebst Holzzaun gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG.

Die Verlegung der Grenzsteine und Errichtung des darüber gelegenen Holzzauns bis zu dem Gemeinschaftsweg auf der Sondernutzungsfläche des Beklagten verstößt entgegen der Ansicht des Amtsgerichts weder gegen Regelungen der Teilungserklärungen noch gegen das Rücksichtsnahmegebot des § 14 Ziff. 1 WEG. Bei genauer Anwendung und Umsetzung der Regelungen der Teilungserklärung führt die beklagtenseits errichtete Grenzmauer, soweit das Amtsgericht eine hälftige Rückbauverpflichtung bejaht hat, nicht zu einer Beeinträchtigung der Kläger.

Die Teilungserklärung räumt den Klägern u.a. gemäß Ziffer I. § 1 Abs. 3 Unterabsatz 6 ein alleiniges Nutzungsrecht an dem im Lageplan zur Teilungserklärung dunkelgrün umrandeten Kfz-Stellplatz ein. Weiter sieht die Teilungserklärung gemäß Ziffer I. § 1 Abs. 4 vor, dass die Nutzung und Erhaltung der gelb schraffierten Fläche den jeweiligen Eigentümern der Wohnung Nummer V (d.h. die des Nachbarn H.) und VI (d.h. die der Kläger) des Aufteilungsplanes alleine zusteht.

Soweit die Kläger im Rahmen des vom Amtsgericht abgehaltenen Ortstermins die Fläche daher mit rotweißem Flatterband abgegrenzt haben, widersprach dies den zitierten Regelungen in der Teilungserklärung i.V.m. dem Aufteilungsplan. Der Aufteilungsplan sieht nicht vor, dass sich der Stellplatz der Kläger direkt an dem Gemeinschaftsweg befindet. Die Fläche, auf der die Kläger parken, ist weder ihre alleinige Sondernutzungsfläche noch ist diese in der Art und Weise begrenzt, wie sie hinsichtlich des Ortstermins durch Grenzabsperrungen von den Klägern markiert wurde.

Entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts könnten die Nachbarn der Kläger (d.h. die Eigentümer der Wohnung Nummer V) demnach nicht in zulässiger Weise die in dem Ortstermin vorgenommene Grenzmarkierung ohne Verstoß gegen die Teilungserklärung i.V.m. dem Aufteilungsplan vornehmen. Diese Fläche stellt gemäß den Regelungen in der Teilungserklärung nicht die alleinige Sondernutzungsfläche der Kläger dar. Die Nutzung und Erhaltung dieser Fläche vor dem Gemeinschaftsweg, auf der die Kläger ihr Fahrzeug regelmäßig abstellen, steht den Klägern gemeinsam mit den Eigentümern der Wohnung Nummer V zu.

Soweit die Kläger erstmalig in der Berufung mit Schriftsatz vom 04.02.2020 (Bl. 187 d.A.) vortragen, die Bauprüfabteilung L. habe am 12.02.1990 durch einen ihrer Mitarbeiter angeordnet, dass der Stellplatz der Kläger an die Zufahrtsstraße vorzuverlegen sei, was diese bis heute nicht nachvollziehen könnten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Regelungen in der Teilungserklärung i.V.m. dem Aufteilungsplan, in der die Sondernutzungsflächen konkret ausgewiesen sind, sind maßgeblich für die Rechte, die die Kläger aus ihrem Sondernutzungsrecht ableiten wollen. Die Sondernutzungsflächen sind konkret durch Regelungen in der Teilungserklärung i.V.m. dem Aufteilungsplan ausgewiesen.

Der Beklagte durfte demnach auch in zulässiger Weise ohne Beeinträchtigung für die Kläger seine Sondernutzungsfläche bis zum Gemeinschaftsweg einzäunen, da dies ohne Verstoß gegen die Teilungserklärung und die gesetzliche Regelung des § 14 Ziff. 1 WEG erfolgt ist (s.o.). Die Einzäunung durch den Beklagten ist in zulässiger Weise auf seiner Sondernutzungsfläche erfolgt. Die Teilungserklärung räumt den Klägern hingegen eine alleinige Sondernutzungsfläche als Kfz-Stellplatz ein, die rückwärtig gelegen ist und auf der sich aktuell ein von den Klägern errichtetes Gartenhaus befindet. Unter Beachtung der für sie alleinig ausgewiesenen Stellplatzfläche gem. Teilungserklärung i.V.m. dem Aufteilungsplan stünde den Klägern ein größerer Einbiegerradius für ein problemloseres Einparken zur Verfügung. Sofern sie hingegen die ausweislich der Teilungserklärung mit dem Eigentümer der Wohnung Nummer V ihnen gemeinsam zugewiesene Sondernutzungsfläche als Kfz-Stellplatz nutzen, hat dies in Absprache mit diesem Nachbarn zu erfolgen. Dass sich durch diese Wahl als Stellplatzfläche für die Kläger erhöhte Einparkschwierigkeiten in dieser räumlich beengten Wohnanlage auftun, haben sie nach alledem hinzunehmen.

C. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs.1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO zu entnehmen.

Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung durch das Revisionsgericht.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren ist gemäß § 49a Abs. 1 GKG erfolgt. Er beträgt insgesamt 6.000,00 €. Im Einzelnen:

Berufung der Kläger: 4.500,00 €

Berufung des Beklagten: 1.500,00 €

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