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WEG-Beschlüsse bei 2G-Versammlung sind anfechtbar

Rechtliche Hürden: Anfechtung von WEG-Beschlüssen bei 2G-Versammlungen

Das juristische Kernthema dieses Urteils betrifft die Anfechtbarkeit von WEG-Beschlüssen, die während einer 2G-Versammlung gefasst wurden. Die Frage, ob ungeimpfte Wohnungseigentümer von der Teilnahme an einer Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden können und welche Auswirkungen dies auf die Gültigkeit der gefassten Beschlüsse hat, steht im Mittelpunkt dieses Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Ebersberg.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 C 689/21 WEG   >>>

Das Wichtigste in Kürze


WEG-Beschlüsse, die während einer 2G-Versammlung gefasst wurden, sind anfechtbar, da sie die Rechte ungeimpfter Wohnungseigentümer verletzen.

Wichtigste Punkte zum Urteil:

  1. Amtsgericht Ebersberg entschied über die Anfechtbarkeit von WEG-Beschlüssen, die während einer 2G-Versammlung getroffen wurden.
  2. Ungeimpfte Wohnungseigentümer wurden von der Teilnahme, Abstimmung und Rederecht bei der Versammlung ausgeschlossen.
  3. Der Kläger hätte an der Versammlung teilgenommen, wenn nicht die 2G-Regel gegolten hätte.
  4. Einige Beschlüsse wurden als nicht ordnungsgemäß betrachtet, da nicht alle erforderlichen Vergleichsangebote eingeholt wurden.
  5. Das Gericht betonte die wesentliche Bedeutung der persönlichen Teilnahme und Beteiligung an der Beschlussberatung für Wohnungseigentümer.
  6. Die Durchführung der Versammlung trotz der 2G-Regel wurde als formeller Verstoß gegen die ordnungsgemäße Verwaltung angesehen.
  7. Der Kläger hatte kein Versäumnis, da es keine allgemeine gesetzliche Pflicht zur COVID-Impfung gab.
  8. Das Gericht erklärte die angegriffenen Beschlüsse für ungültig, da sie anfechtbar waren.

In dem kontrovers diskutierten Fall hat das Amtsgericht Ebersberg ein Urteil erlassen, das weitreichende Auswirkungen auf die Durchführung von Eigentümerversammlungen in Zeiten von Gesundheitskrisen haben könnte. Im Kern des Falles stand die Frage, ob Beschlüsse, die während einer sogenannten „2G-Versammlung“ gefasst wurden, anfechtbar sind. „2G“ bezieht sich hierbei auf die Regelung, dass nur Geimpfte und Genesene an bestimmten Veranstaltungen teilnehmen dürfen.

Hintergrund des Falles und getroffene Entscheidungen

Anfechtung von WEG-Beschlüssen in 2G-Versammlungen
Rechtliche Folgen von 2G-Regel bei Eigentümerversammlungen (Symbolfoto: BongkarnGraphic /Shutterstock.com)

Der Fall begann, als die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu einer ordentlichen Eigentümerversammlung am 19.11.2021 in eine Gaststätte in Neufarn bei Vaterstetten einlud. Während dieser Versammlung wurden mehrere Beschlüsse gefasst, darunter solche zur weiteren Vorgehensweise bezüglich der Nichtzahlung des monatlichen Wohngeldes von einem bestimmten Eigentümer, zur Genehmigung von Jahresabrechnungen und zur Auflösung bestimmter Rücklagenkonten. Ebenso wurde über die Neuwahl des Verwaltungsbeirates und die Beauftragung einer Kanzlei zur Durchsetzung des Zutritts zu einem Sondereigentum entschieden.

Klägerliche Einwände und Anfechtung der Beschlüsse

Ein Sondereigentümer, der Kläger in diesem Fall, war jedoch der Meinung, dass er aufgrund der 2G-Regelung von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen wurde. Er argumentierte, dass dies einen unzulässigen Eingriff in die Kernbereiche seiner Mitgliedschaftsrechte darstelle. Der Kläger war der Ansicht, dass er an der Versammlung teilgenommen hätte, wenn nicht die 2G-Regelung gegolten hätte. Er focht daher mehrere der während der Versammlung gefassten Beschlüsse an.

Gegenargumente der Beklagten und gerichtliche Entscheidung

Die Beklagte, die Wohnungseigentümergemeinschaft, argumentierte, dass die Anfechtungsklage des Klägers nicht fristgerecht erhoben wurde und dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, rechtzeitig zum Zeitpunkt der Durchführung der Versammlung einen vollständigen Impfschutz zu erreichen.

Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass die Durchführung der Versammlung trotz Geltung der 2G-Regel zu einem formellen Fehler führte, der die Anfechtbarkeit aller angegriffenen Beschlüsse zur Folge hat. Das Gericht betonte, dass die Möglichkeit der persönlichen Teilnahme und der persönlichen Beteiligung an der Beschlussberatung ein wesentlicher und grundlegender Bestandteil der Mitgliedschafts- und Teilhaberechte eines Eigentümers einer WEG ist.

Ausblick und mögliche Konsequenzen des Urteils

Das Urteil des Amtsgerichts Ebersberg könnte weitreichende Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie Eigentümerversammlungen in der Zukunft durchgeführt werden, insbesondere in Zeiten von Gesundheitskrisen. Es betont die Bedeutung der persönlichen Teilnahme und Beteiligung an solchen Versammlungen und stellt klar, dass Regelungen, die bestimmte Gruppen von der Teilnahme ausschließen, sorgfältig geprüft werden müssen, um sicherzustellen, dass sie nicht die Rechte der Wohnungseigentümer verletzen. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil in höheren Instanzen Bestand haben wird oder ob es zu weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen in diesem Bereich führen wird.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


  • 2G-Regel: Die 2G-Regel ist eine Maßnahme, die während der COVID-19-Pandemie in verschiedenen Regionen eingeführt wurde und besagt, dass nur geimpfte (also vollständig gegen COVID-19 geimpfte) und genesene Personen Zutritt zu bestimmten Veranstaltungen oder Versammlungen haben. Diese Regel wurde eingeführt, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. In dem spezifischen Fall, der in der Frage erwähnt wird, führte die Anwendung der 2G-Regel dazu, dass ungeimpfte Wohnungseigentümer von einer Versammlung ausgeschlossen wurden, was rechtliche Fragen hinsichtlich ihrer Teilnahmerechte aufwarf.
  • Beschlussanfechtung: Die Beschlussanfechtung ist ein rechtlicher Schritt, den Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) unternehmen können, wenn sie der Ansicht sind, dass bestimmte Beschlüsse, die in einer Eigentümerversammlung gefasst wurden, ungültig sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Beschlüsse gegen das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder gegen die Regeln der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. Sobald ein Beschluss angefochten wird, wird seine Gültigkeit gerichtlich überprüft.
  • Kernbereich des Wohnungseigentums: Der Kernbereich des Wohnungseigentums bezieht sich auf die grundlegenden Rechte und Befugnisse, die ein Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat. Dazu gehören das Recht auf persönliche Anwesenheit und Beteiligung an Versammlungen, das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Stimmabgabe bei Beschlüssen. Ein Eingriff in diesen Kernbereich stellt eine schwere Verletzung der Rechte des Wohnungseigentümers dar und kann dazu führen, dass Beschlüsse, die diesen Kernbereich beeinträchtigen, für nichtig erklärt werden. Im spezifischen Fall, der in der Frage erwähnt wird, wurde diskutiert, ob die Anwendung der 2G-Regel einen solchen Eingriff darstellt und daher die Möglichkeit einer Beschlussanfechtung eröffnet.

§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:


  1. Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Das Wohnungseigentumsgesetz regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen den Eigentümern von Wohnungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Es enthält Bestimmungen zur Eigentümerversammlung, Beschlussfassung und Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.  Das WEG wird mehrmals im Urteil erwähnt, insbesondere in Bezug auf die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung und die Anfechtbarkeit von Beschlüssen.
  2. Nichtigkeitsgründe für Beschlüsse:  Das deutsche Recht legt bestimmte Nichtigkeitsgründe für Beschlüsse von Eigentümerversammlungen fest. Ein Beschluss kann unter anderem nichtig sein, wenn er gegen gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstößt, in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreift oder die Beschlusskompetenz überschreitet. In dem Fall wird auf die Nichtigkeit von Beschlüssen hingewiesen, insbesondere in Bezug auf die Anfechtung von Beschlüssen, die gegen das WEG oder andere Vorschriften verstoßen.
  3. 2G-Regelung: Die 2G-Regelung bezieht sich auf die Zulassung von Geimpften und Genesenen bei Veranstaltungen oder Versammlungen. Personen, die geimpft oder genesen sind, dürfen teilnehmen, während nicht geimpfte Personen unter bestimmten Umständen ausgeschlossen werden können. Die 2G-Regelung wird in diesem Rechtsstreit im Kontext der Teilnahme an der Eigentümerversammlung erwähnt und hat Auswirkungen auf die Anfechtbarkeit der Beschlüsse.

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Das vorliegende Urteil

AG Ebersberg – Az.: 21 C 689/21 WEG – Urteil vom 12.05.2023

In dem Rechtsstreit wegen Beschlussanfechtung erlässt das Amtsgericht Ebersberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2023 folgendes Endurteil

1. Die in der ordentlichen Eigentümerversammlung der Beklagten vom 19.11.2021 zu GO 1 „Beschlussfassung zur weiteren Vorgehensweise bezüglich der derzeitigen sowie anhaltenden Nichtzahlung des monatlichen Wohngeldes von Herrn L“

TOP 5 „Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2019 vom 12.11.2020“

TOP 6 „Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2020 vom 14.10.2021“

TOP 7 „Beschlussfassung über die Entlastung der Hausverwaltung Hahn für ihre Tätigkeit im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020“

TOP 8 „Beschlussfassung über die Entlastung des Verwaltungsbeirates und Belegprüfer im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020“

TOP 9 „Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan 2022“

TOP 10 „Beschlussfassung über Vorfälligkeitsbeschluss“

TOP 11 „Beschlussfassung über die Erhebung von- Bearbeitungsgebühr bei Nichtteilnahme am Einzugsverfahren- Mahnkosten bei nicht fristgerechter Zahlung von Wohngeld, Nachzahlungen aus Jahresabrechnungen sowie Sonderumlagen“

TOP 12 „Beschlussfassung über die Auflösung der Rücklagenkonten Umzug, Waschmaschine, Stellplätze um Kontoführungskosten zu reduzieren“

TOP 13 „Beschlussfassung über Anzahl und Neuwahl des Verwaltungsbeirates“

TOP 14 „Beschlussfassung über die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung des Zutritts zum Sondereigentum von Herrn L zur Anbringung des gesetzlich vorgeschriebenen Heizkostenverteilers im Bad durch die Firma B. zu ermöglichen. (TOP 10 ETV vom 06.11.2019)“

TOP 15 „Beschlussfassung über die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der Hausordnung gegen Herrn L (siehe TOP 16 ETV 06.11.2019)“

TOP 19 „Beschlussfassung über einen Wechsel des Hausmeisterservices“

TOP 21 „Beschlussfassung über die Erhöhung der Stellplatzmieten von Euro 92,03 pro Jahr um 20% jährlich auf Euro 110,00 pro Jahr.“

TOP 22 „Beschlussfassung über die Durchführung der Fall- und Grundleitungen des gesamten Anwesens.“

GO 2 „Beschlussfassung über die Vorgehensweise hinsichtlich des Verlustes eines Z-Schlüssels durch den Postboten“

gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 57.210,63 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zahlreichen in der Eigentümerversammlung der Beklagten vom 12.11.2020 gefassten Beschlüsse.

Der Kläger ist Sondereigentümer einer Einheit der Beklagten.

Mit Schreiben vom 27.10.2021 lud die Verwaltung der Beklagten zu einer Eigentümerversammlung am 19.11.2021 in eine Gaststätte in Neufarn bei Vaterstetten ein.

In dieser ordentlichen Eigentümerversammlung vom 19.11.2021 wurden die folgenden Beschlüsse gefasst:

GO 1 Beschlussfassung zur weiteren Vorgehensweise bezüglich der derzeitigen sowie anhaltenden Nichtzahlung des monatlichen Wohngeldes von Herrn L

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt folgendes Vorgehen:

– Mahnbescheid soll weiterverfolgt werden

– Die Hausverwaltung wird beauftragt sich wegen der Vorgehensweise Entzuges des Wohneigentums bei der Kanzlei S kundig zu machen

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 5 Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2019 vom 12.11.2020.

Die Versammlung der Wohnungseigentümer genehmigt die Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2019 vom 12.11.2020.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 6 Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2020 vom 14.10.2021

Die Versammlung der Wohnungseigentümer genehmigt die Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2020 vom 14.10.2021.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 7 Beschlussfassung über die Entlastung der Hausverwaltung Hahn für ihre Tätigkeit im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020

Die Versammlung der Wohnungseigentümer entlastet die Hausverwaltung Hahn für ihre Tätigkeit im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 8 „Beschlussfassung über die Entlastung des Verwaltungsbeirates und Belegprüfer im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020“

Die Versammlung der Wohnungseigentümer entlastet die Verwaltungsbeiräte sowie Belegprüfer für ihre Tätigkeit im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020.

Zustimmung: 583,25/1.000 MEA

Enthaltung: 166,75/1.000 MEA Verwaltungsbeirat

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 9 Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan 2022

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt den Wirtschaftsplan 2022 vom 14.10.2021 gültig ab 01.01.2022.

Der Wirtschaftsplan behält solange seine Gültigkeit bis ein neuer Wirtschaftsplan erstellt und genehmigt wird.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 10 Beschlussfassung über Vorfälligkeitsbeschluss

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt, sobald ein Eigentümer mit den laufenden Beiträgen gemäß genehmigtem Wirtschaftsplan mit mehr als 2 Beiträgen bzw. Teilbeiträgen in den Rückstand kommt, ist der gesamte noch offene Jahresbeitrag gemäß genehmigtem Wirtschaftsplan sofort in einer Summe zur Zahlung fällig.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 11 Beschlussfassung über die Erhebung von – Bearbeitungsgebühr bei Nichtteilnahme am Einzugsverfahren – Mahnkosten bei nicht fristgerechter Zahlung von Wohngeld, Nachzahlungen aus Jahresabrechnungen sowie Sonderumlagen

a) Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr bei Nichtteilnahme am Einzugsverfahren in Höhe von Euro 5,00 zu Gunsten der Hausverwaltung.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

b) Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt die Erhebung von Mahnkosten bei nicht fristgerechter Zahlung von Wohngeld, Nachzahlungen aus Jahresabrechnungen sowie Sonderumlagen in Höhe von Euro 20,00 zu Gunsten der Hausverwaltung.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 12 Beschlussfassung über die Auflösung der Rücklagenkonten Umzug, Waschmaschine, Stellplätze um Kontoführungskosten zu reduzieren

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt die Rücklagenkonten für Umzug, Waschmaschine und Stellplätze bei der DKB aufzulösen und die Guthabenbeträge auf das allgemeine Rücklagenkonto der WEG W umzubuchen.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 13 Beschlussfassung über Anzahl und Neuwahl des Verwaltungsbeirates

Die Versammlung der Wohnungseigentümer wählt Herrn/Frau….. als Verwaltungsbeirat für die WEG W.

Wir bitten evtl. Kandidaten sich bis zum 10.11.2021 bei der Hausverwaltung zu melden, da bei diesem TOP 12 eine schriftliche Abstimmung zu jedem einzelnen Kandidaten erfolgen wird. Die Berücksichtigung von Meldungen von Kandidaten unmittelbar vor und während der Versammlung ist daher nicht möglich.

Die anwesenden Mitglieder der Gemeinschaft stimmen vor Wahl des Verwaltungsbeirates über die Anzahl der Verwaltungsbeiräte ab. (nach WEG-Gesetz vom 01.12.2020 gilt 3 Verwaltungsbeiräte)

Die anwesenden Wohnungseigentümer beschließen, dass nur 2 Verwaltungsbeiräte gewählt werden.

Bei der anschließenden schriftlichen Abstimmung wurden Frau Lehner und Frau A zum Verwaltungsbeirat gewählt und nehmen die Wahl an.

Frau L:

Zustimmung: 666,50/1.000 MEA

Enthaltung: 83,50/1.000 MEA (Frau Lehner)

Frau A:

Zustimmung: 666,50/1.000 MEA

Enthaltung: 83,25/1.000 MEA (Frau A)

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 14 Beschlussfassung über die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung des Zutritts zum Sondereigentum von Herrn L zur Anbringung des gesetzlich vorgeschriebenen Heizkostenverteilers im Bad durch die Firma B. zu ermöglichen. (TOP 10 ETV vom 06.11.2019)

Die Firma B hat bereits mehrfach versucht Zutritt zum Sondereigentum von Herrn L zur Anbringung des gesetzlich vorgeschriebenen Heizkostenverteilers im Bad zu bekommen. Ohne Erfolg. Hinweis B.: Zutritt nicht gewünscht.

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlich und gerichtlichen Durchsetzung des Zutrittes zum Sondereigentum von Herrn L zur Anbringung des gesetzlich vorgeschriebenen Heizkostenverteilers im Bad durch die Firma B.

Die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeit von Herrn R betragen Euro 290,00 pro Stunde zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 15 Beschlussfassung über die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der Hausordnung gegen Herrn L (siehe TOP 16 ETV 06.11.2019)

Herr L wurde bereits mehrfach durch die Hausverwaltung aufgefordert, die für alle Eigentümer und Bewohner gültige Hausordnung einzuhalten. D.h. Fahrräder im Fahrradraum oder eigenem Kellerabteil abstellen, Holz und sonstige privaten Gegenstände im eigenen Kellerabteil zu lagern, Fenster im Treppenhaus in der kalten Jahreszeiten nachts nicht zu öffnen etc. Leider ohne Erfolg.

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlich und gerichtlichen Durchsetzung der Hausordnung gegen Herrn L.

Die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeit von Herrn R betragen Euro 290,00 pro Stunde zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 19 Beschlussfassung über einen Wechsel des Hausmeisterservices

Der derzeitige Hausmeister wurde mehrfach mit Aufgaben in seinem Aufgabenbereich und Sonderaufgaben betraut, die auch nach öfteren Reklamationen nur widerwillig bzw. überhaupt nicht erledigt wurden.

Schließdienst und Überwachung bei Handwerkern funktioniert nur mangelhaft.

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beauftragt die Hausverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat ein Leistungsverzeichnis für die notwendigen Hausmeistertätigkeiten im Anwesen zu erstellen und anschließend 3 Angebote von Hausmeisterfirmen bis zur nächsten ETV einzuholen.

Zustimmung: 666,75/1.000 MEA

Enthaltung:. 83,25/1.000 MEA,

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 21 Beschlussfassung über die Erhöhung der Stellplatzmieten von Euro 92,03 pro Jahr um 20% jährlich auf Euro 110,00 pro Jahr

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt die Erhöhung der Stellplatzmieten von bisher Euro 92,03 auf nunmehr Euro 110,00 pro Jahr.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

TOP 22 Beschlussfassung über die Durchführung der Fall- und Grundleitungen des gesamten Anwesens

Die Versammlung der Wohnungseigentümer beschließt die Durchführung der Reinigung der Fall- und Grundleitungen des gesamten Anwesens W.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

GO 2 Beschlussfassung über die Vorgehensweise hinsichtlich des Verlustes eines Z-Schlüssels durch den Postboten

Die anwesenden Wohnungseigentümer beschließen einen Austausch der Zylinder an den Hauseingangstüren sowie Gartentürchen um das Eindringen von unbefugten Personen zu verhindern.

Die Eigentümer sollen der Hausverwaltung bis zum 15.12.2021 melden, wie viele Schlüssel für die Hauseingangstüre benötigt werden.

Die Begleichung der anfallenden Kosten wird an die Deutsche Post weitergeleitet.

Zustimmung: 750/1.000 MEA

Der Beschluss wurde einstimmig beschlossen.

Ab dem 16.11.2021 und somit auch zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Eigentümerversammlung galt aufgrund der sog. Corona-Pandemie ausweislich § 17 Satz 1, Satz 2 Nr. 2a, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 der BayIfSMV die sog. „2G-Regel“ für öffentliche und private Veranstaltungen bis 1.000 Personen in nichtprivaten Räumlichkeiten, (…), der Gastronomie usw., d.h. ein Besuch von derartigen Veranstaltungen war nur geimpften oder genesenen Personen gestattet. Zum Zeitpunkt der Ladung galt hingegen noch die sog. „3G-Regel“, d.h. eine Teilnahme an einer fraglichen Veranstaltung war auch mit einem negativen Coronatest möglich. Der Kläger nahm an der Eigentümerversammlung vom 19.11.2021 nicht teil.

Der Kläger trägt vor, dass er zum Tatzeitpunkt ungeimpft gewesen sei und deswegen nicht an der Versammlung teilgenommen habe. Auch vertritt er die Auffassung, dass ab dem 16.11.2021 keine Eigentümerversammlungen nach dem WEG mehr hätten stattfinden können. Andernfalls seien ungeimpfte Wohnungseigentümer von der Teilnahme, der Abstimmung und von ihrem Rederecht ausgeschlossen, was einen unzulässigen Eingriff in die Kernbereiche ihrer Mitgliedschaftsrechte darstelle. Dieser könne auch nicht durch die Möglichkeit einer Vollmachtserteilung für eine dritte Person kompensiert werden. Der Kläger wäre zu der Versammlung erschienen, wenn nicht die o.g. Regelungen der 14. BayIfSMV ihm eine Teilnahme verboten hätten. Aus diesen Gründen seien die angegriffenen Beschlüsse nichtig.

Die zu TOP 14, 15, und 19 gefassten Beschlüsse seien unabhängig von diesen Erwägungen anfechtbar bzw. nichtig. Hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 14 und 15 sei zu bemängeln, dass diese nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprächen, nachdem nicht drei Vergleichsangebote eingeholt worden seien; auch sei eine Kostenobergrenze nicht bestimmt worden. Der Beschluss zu TOP 19 sei unbestimmt und daher nichtig, wenn dieser bestimme, dass die Hausverwaltung beauftragt werde, in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat (Anm.: drucktechnische Hervorhebung durch das Gericht) ein Leistungsverzeichnis für notwendige Hausmeistertätigkeiten zu erstellen. Aus dieser Formulierung ergebe sich nicht, ob der Verwaltungsbeirat ein Zustimmungs- oder nur ein Anhörungsrecht habe. Auch der Beschluss zu TOP 21 sei unklar formuliert und damit nichtig. Aus der Formulierung „Erhöhung um 20% jährlich“ ergebe sich nicht, ob die Miete für die Stellplätze jährlich wiederholt oder nur einmal erhöht werden solle.

Der Kläger beantragt daher zu erkennen:

Die in der ordentlichen Eigentümerversammlung der Beklagten vom 19.11.2021 zu GO 1 Beschlussfassung zur weiteren Vorgehensweise bezüglich der derzeitigen sowie anhaltenden Nichtzahlung des monatlichen Wohngeldes von Herrn L

TOP 5 Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2019 vom 12.11.2020

TOP 6 Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2020 vom 14.10.2021

TOP 7 Beschlussfassung über die Entlastung der Hausverwaltung Hahn für ihre Tätigkeit im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020

TOP 8 Beschlussfassung über die Entlastung des Verwaltungsbeirates und Belegprüfer im Wirtschaftsjahr 2019 und 2020

TOP 9 Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan 2022

TOP 10 „Beschlussfassung über Vorfälligkeitsbeschluss“

TOP 11 Beschlussfassung über die Erhebung von- Bearbeitungsgebühr bei Nichtteilnahme am Einzugsverfahren- Mahnkosten bei nicht fristgerechter Zahlung von Wohngeld, Nachzahlungen aus Jahresabrechnungen sowie Sonderumlagen

TOP 12 Beschlussfassung über die Auflösung der Rücklagenkonten Umzug, Waschmaschine, Stellplätze um Kontoführungskosten zu reduzieren

TOP 13 Beschlussfassung über Anzahl und Neuwahl des Verwaltungsbeirates

TOP 14 Beschlussfassung über die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung des Zutritts zum Sondereigentum von Herrn L zur Anbringung des gesetzlich vorgeschriebenen Heizkostenverteilers im Bad durch die Firma B. zu ermöglichen. (TOP 10 ETV vom 06.11.2019)

TOP 15 Beschlussfassung über die Beauftragung der Kanzlei S, Herrn R zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der Hausordnung gegen Herrn L (siehe TOP 16 ETV 06.11.2019)

TOP 19 Beschlussfassung über einen Wechsel des Hausmeisterservices

TOP 21 Beschlussfassung über die Erhöhung der Stellplatzmieten von Euro 92,03 pro Jahr um 20% jährlich auf Euro 110,00 pro Jahr

TOP 22 Beschlussfassung über die Durchführung der Fall- und Grundleitungen des gesamten Anwesens

GO 2 Beschlussfassung über die Vorgehensweise hinsichtlich des Verlustes eines Z-Schlüssels durch den Postboten

gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt zunächst zur Zulässigkeit der Klage vor, dass die Anfechtungsklage des Klägers nicht fristgerecht erhoben worden sei. Des Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, dass es auch dem Kläger möglich gewesen wäre, rechtzeitig zum Zeitpunkt der Durchführung der Versammlung einen vollständigen Impfschutz zu erreichen und damit an der Versammlung teilzunehmen. Auch bei einer etwaigen Teilnahme des Klägers an der fraglichen Versammlung wären die Beschlüsse im Übrigen mit dem gleichen Inhalt mehrheitlich gefasst worden. In inhaltlicher Sicht seien die Beschlüsse zu TOP 14, 15, 19 und 21 nicht zu beanstanden. Insbesondere bzgl. TOP 14 und 15 sei die Festsetzung einer Kostenobergrenze nicht erforderlich gewesen. Die Einholung von drei Vergleichsangeboten sei nicht erforderlich gewesen, weil mit der fraglichen Kanzlei sei langer Zeit eine vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit bestanden habe. Der Beschlüsse zu TOP 19 und 21 seien auch bestimmt genug.

Soweit die Beklagte die Nichteinhaltung der Klagefrist geltend gemacht hat, trägt der Kläger vor, dass eine etwaige verzögerte Zustellung der Klage an die Beklagten nicht dem Kläger zuzurechnen sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 04.04.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage muss vom Gericht nicht vorab geklärt werden, ob es sich um eine (fristgebundene) Anfechtungs- oder eine (nicht fristgebundene) Nichtigkeitsklage handelt. In jedem Fall wurde vom Kläger die Anfechtungsfrist des § 45 Satz 1 WEG eingehalten. Die angegriffenen Beschlüsse wurden am 19.11.2021 gefasst. Die Anfechtungsklage ging bei Gericht am 07.12.2021 ein, der Kostenvorschuss wurde am 20.12.2021 bei der Landesjustizkasse verbucht. Zwar wurde die Anfechtungsklage der Beklagten erst am 27.01.2022 in Ausführung der entsprechenden Verfügung der damals zuständigen Richterin vom 21.01.2022 zugestellt, gleichwohl ist die Zustellung aber als demnächst iSv. § 167 ZPO anzusehen, da die eingetretenen zeitlichen Verzögerungen in der Zustellung offensichtlich allein im Verantwortungsbereich des Gerichts zu finden sind.

2. Zunächst ist festzustellen, dass die Durchführung der Eigentümerversammlung am 19.11.2021 trotz der zum Versammlungszeitpunkt geltenden sog. „2G-Regel“ nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse im Sinne von § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG führt.

a. Ein Beschluss einer Eigentümerversammlung ist nichtig, wenn er gegen Vorschriften des WEG verstößt, auf deren Einhaltung nicht „verzichtet“ werden kann. Nichtigkeit kann sich daraus ergeben, dass ein Beschluss seinem Inhalt nach gegen andere zwingende Vorschriften oder gegen die guten Sitten verstößt, das Gesetz oder eine Vereinbarung dauerhaft ändern will, in den „Kernbereich des Wohnungseigentums“ eingreift, gegen unverletzliche Strukturprinzipien verstößt, zu unbestimmt ist oder die Grenzen der Beschlusskompetenz überschreitet (vgl. hierzu Hügel/Elzer, WEG, § 23, Rn. 121).

b. Vorliegend kommt als Nichtigkeitsgrund ein Eingriff in den Kernbereich des Wohnungseigentums durch einen etwaigen Ausschluss des (zum Versammlungszeitpunkt nicht geimpften) Klägers von der Teilnahme an einer Eigentümerversammlung bzw. der Stimmabgabe in Betracht. Hierbei kann nach Auffassung des Gerichts ein etwaiger Verstoß nicht schon deshalb verneint werden, weil der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, einer geimpften oder genesenen Person eine Vollmacht zu erteilen, damit diese für ihn an der Versammlung teilnimmt und abstimmt. Gerade die Möglichkeit der persönlichen Teilnahme und der persönlichen Beteiligung an der Beschlussberatung erscheint dem Gericht als wesentlicher und grundlegender Bestandteil der Mitgliedschafts- und Teilhaberechte eines Eigentümers einer WEG. Allerdings muss nach Auffassung des Gerichts für die Annahme der Nichtigkeitsfolge als schärfster Sanktion im Sinne eines „subjektiven Elements“ hinzukommen, dass ein vorsätzlicher Ausschluss eines Eigentümers von der Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechten angenommen werden kann (vgl. hierzu Zschieschak in Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, § 4, Rn. 39 m.w.N.). Dies ist im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht zu bejahen, jedenfalls fehlt hierzu jeglicher Vortrag seitens des Klägers. Die Ladung zur Versammlung durch die Hausverwaltung erfolgte unstreitig noch unter Geltung der sog. „3G-Regel“, d.h. es war von Seiten der Verwaltung bei Ladung gerade nicht bewusst davon ausgegangen bzw. in Kauf genommen worden, dass es dem Kläger unmöglich ist bzw. sein wird, an der Versammlung zu erscheinen.

Im Übrigen kann auch schon deshalb nicht von einem entsprechenden Vorsatz auf Seiten der Verwaltung bei Ladung und auch Durchführung der Versammlung ausgegangen werden, weil dort offenkundig keine positive Kenntnis vom jeweiligen Impfstatus der Eigentümer bestanden hat. Somit kann im Ergebnis nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger mit Wissen und Wollen von der Teilnahme an der Versammlung abgehalten werden sollte.

3. Eine etwaige Nichtigkeit der Beschlüsse zu TOP 19 und 21 wegen inhaltlicher Unbestimmtheit kann das Gericht ebenfalls nicht feststellen.

a. Der Beschluss zu TOP 19 enthält keine unmittelbare Verpflichtung der WEG oder deren Mitglieder, sondern nach dem Dafürhalten des Gerichts (insoweit übereinstimmend mit der Einschätzung der Beklagten) lediglich einen „Arbeitsauftrag“ von Seiten der Gemeinschaft im Sinne eines sog. Vorbereitungsbeschlusses, um eine etwaige spätere Beschlussfassung über einen Wechsel des Anbieters von Hausmeisterleistungen vorzubereiten. Der Passus „in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat“ soll nur klarstellen, dass die Aufgabe der Erarbeitung eines Leistungsverzeichnisses nicht allein von der Hausverwaltung, sondern arbeitsteilig mit dem Verwaltungsbeirat erfolgen soll, um Bedürfnisse und Wünsche der Sondereigentümer in Bezug auf die für erforderlich erachteten Hausmeisterleistungen möglichst von Anfang berücksichtigen zu können.

b. Auch der Beschluss zu TOP 21 ist offensichtlich dahingehend auszulegen bzw. vom Wortlaut völlig unzweifelhaft, dass die Erhöhung der Stellplatzmiete von 92,03 EUR auf 110,– EUR offensichtlich nur einmal erfolgen soll (und nicht jedes Jahr erneut um 20%). Wie der Kläger auf eine andere Lesart des Beschlusses kommt, erschließt sich dem Gericht nicht, da ja ein fixer Preis genannt wird.

4. Jedoch führt die Durchführung der Versammlung trotz Geltung der sog. „2G-Regel“ zum Zeitpunkt der Versammlung zu einem formellen, der ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechenden Fehler, der im Ergebnis jedenfalls die Anfechtbarkeit aller angegriffenen Beschlüsse der Eigentümerversammlung zur Folge hat.

a. Vorliegend hätte im Ergebnis Anspruch auf Absage der Eigentümerversammlung bestanden, da es für den nicht geimpften Kläger unzumutbar war, trotz Geltung der sog. „2G-Regel“ zu der Versammlung zu erscheinen. Der Kläger hätte sich nämlich im Fall einer Teilnahme der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach dem IfSG mit den dort vorgesehenen Bußgeldern ausgesetzt. Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, dass er sich rechtzeitig vor der Versammlung einen ausreichenden Impfschutz hätte verschaffen können, der ihm die Teilnahme an der Versammlung ermöglicht hätte.

Insbesondere existierte keine allgemeine gesetzliche Pflicht, sich gegen COVID impfen zu lassen. Die Entscheidung des Klägers, sich (jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt) nicht impfen zu lassen, stellt sich somit im Ergebnis als nicht zu beanstandende Wahrnehmung seines Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit dar. Eine „Obliegenheitsverletzung“ vermag das Gericht im Verhalten des Klägers gerade nicht zu erkennen. Dass die Eigentümerversammlung gleichwohl durchgeführt wurde, obwohl der Kläger an dieser aufgrund fehlenden Impf- bzw. Genesenenstatus nicht teilnehmen konnte, stellt einen formellen Verstoß dar, wobei es auch nicht auf eine etwaige Kenntnis der Hausverwaltung oder der Beklagten vom Status der Eigentümer ankommen kann.

b. Dieser formelle Fehler führt nach Auffassung des Gerichts auch zur Anfechtbarkeit der angegriffenen Beschlüsse. Grundsätzlich wird die Kausalität eines formellen Beschlusses auf das Beschlussergebnis widerlegbar vermutet (vgl. Zschieschack, a.a.O., Rn. 40 m.w.N.). Dies erscheint vorliegend im Hinblick auf die deutlichen Abstimmungsergebnisse zu den TOP zunächst bereits zweifelhaft, da ggf. angenommen werden kann, dass der Beschluss unabhängig von der Teilnahme des Klägers ebenso, d.h. ebenfalls mit Zustimmung, zustande gekommen wäre. Jedoch ist grundsätzlich von der Ursächlichkeit eines förmlichen Beschlussmangels auszugehen, bis der Erfahrungssatz erschüttert ist, woran jedoch strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Landgericht München I, Urteil vom 29.01.2015, Gz. 36 S 2567/14 WEG, zitiert nach ZMR 2015, 490). Hierbei kommt es nicht auf die Auswirkung eines etwaigen Abstimmungsverhaltens auf das Ergebnis, sondern auch auf die Möglichkeit an, in einer vorausgehenden Aussprache durch überzeugende Argumente das Abstimmungsverhalten der anderen Abstimmungsberechtigten zu beeinflussen (vgl. Landgericht München I a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, dass sich die Unbeachtlichkeit des formellen Mangels feststellen lässt, trifft diejenige Partei, die sich gleichwohl auf die Wirksamkeit des Beschlusses beruft. Hierzu wurde von der Beklagten aber nichts vorgetragen bzw. entsprechender Beweis angeboten. Das Gericht musste somit vorliegend im Ergebnis nicht die Frage klären, ob ggf. nicht schon allein aufgrund der Schwere bzw. Bedeutung des formellen Fehlers automatisch die Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse anzunehmen ist (sog. Relevanztheorie).

5. Nachdem die angegriffenen Beschlüsse bereits aus den unter Ziff. 4. dargestellten Erwägungen nach Auffassung des Gerichts anfechtbar sind und somit für ungültig zu erklären waren, musste sich das Gericht nicht mehr mit der Frage auseinandersetzen, ob die Beschlüsse zu TOP 14 und 15 im Übrigen auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung iSv. § 18 Abs. 2 WEG entsprechen, weil vor Beschlussfassung keine drei Vergleichsangebote eingeholt wurden.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

III.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 49 GKG. Das Gericht folgt hierbei den entsprechenden Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 08.02.2022.

 

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