Skip to content
Menü

WEG-Beschluss über die Ausführung einer Baumaßnahme

LG Rostock – Az.: 1 S 86/17 – Urteil vom 01.12.2017

1. Die Berufung der Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Wismar vom 24.04.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu jeweils 1/2 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Wismar ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO).

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet und zurückzuweisen. Sie haben den Beschluss zu TOP 8 innerhalb der maßgeblichen Begründungsfrist (vgl. § 46 Abs. 1 S. 2 WEG) mit zwei Gründen angefochten: Zum einen sei er zu unbestimmt, zum anderen sei versäumt worden, über die Finanzierung eine Beschlussfassung herbeizuführen. Beide Anfechtungsgründe sind nicht gegeben.

1.

Ein Wohnungseigentümerbeschluss, der eine Baumaßnahme zum Gegenstand hat, muss hinreichend bestimmt sein.

Grds. muss erkennbar sein, welche konkreten Maßnahmen vorgenommen werden sollen. Dabei müssen die Grundfragen der Art und Weise der Durchführung im Großen und Ganzen geregelt werden (vgl. u.a. AG Mettmann, Urteil vom 21. März 2017 – 26 C 23/16 -, Rn. 35; LG Hamburg, Urteil vom 02. März 2011 – 318 S 193/10 -, Rn. 69).

Ob ein Beschluss den vorgenannten Anforderungen genügt, ist nach den für die Auslegung von Wohnungseigentümern maßgeblichen Grundsätzen zu bestimmen.

Beschlüsse sind als mehrseitiges Rechtsgeschäft eigener Art wie jedes andere Rechtsgeschäft der Auslegung fähig und ggf. einer Auslegung bedürftig. Es gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze nach §§ 133, 157 BGB, wobei aber dem objektiven Empfängerhorizont besondere Bedeutung zukommt. Beschlüsse binden nämlich nach § 10 Abs. 5 auch die Wohnungseigentümer, die den Beschluss nicht mit gefasst haben und ggf. bei der Beschlussfassung gar nicht anwesend waren, sowie gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 die Sonderrechtsnachfolger. Wohnungseigentümerbeschlüsse sind deshalb „aus sich heraus“ – objektiv und normativ – wie Grundbucherklärungen auszulegen (BGH, Beschluss vom 10. September 1998 – V ZB 11/98 -, BGHZ 139, 288-299, Rn. 16). Auf die subjektiven Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten kommt es nicht an. Maßgeblich ist die unbefangene Sicht eines Dritten und die nächstliegende Bedeutung des Beschlusswortlauts. Auszugehen ist dabei von dem tatsächlichen Wortlaut, der sich i.d.R. aus der Niederschrift und der Beschluss-Sammlung ergibt. Gibt es für die Auslegung eines Beschlusses Umstände, die keinen Eingang in seinen Wortlaut gefunden haben, dürfen diese nur dann herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind oder wenn der Beschluss auf sie Bezug nimmt (allg. Ansicht; vgl. u.a. Schultzky in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 23 WEG, Rn. 76 ff.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erachtet die Kammer den Beschluss für hinreichend bestimmt. Es ist unzweifelhaft, dass er sich auf das Angebot der Fa. …………vom 15.04.2015 bezieht. Dieses Angebot ist inhaltlich eindeutig. Der Beschluss nennt auch eine Preisobergrenze, was ausreichend ist. Unschädlich ist es, dass der Beschluss eine Ausführungsalternative beinhaltet, weil auch diese ausreichend konkretisiert ist. Ob diese Alternative zur Ausführung kommen soll, macht der Beschluss von einem preislichen Vergleich abhängig und einer „leichteren Handhabung der Leitungen“. Die letztere Maßgabe lässt nur scheinbar einen gewissen eingegrenzten Spielraum. Denn die Art der Ausführung bleibt vorgegeben und ist vom Meinungsbild der beschließenden Wohnungseigentümer umfasst (L-Stützen oder Betonfüllsteine). Die Maßgabe „leichtere Handhabung der Leitungen“ spiegelt sich vielmehr wesentlich nur im Preis wider und ist deshalb keine Variabel, die eine zur Anfechtbarkeit führende Unbestimmtheit darstellt.

Dass das Angebot der Fa. ……….zeitlich befristet gewesen und die Frist im Zeitpunkt der Beschlussfassung abgelaufen ist, ist unerheblich für die Frage der Bestimmtheit.

2.

Jedenfalls bei größeren (Bau-)Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum, wozu sowohl (modernisierende) Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen gemäß den §§ 21 Abs. 5 Nr. 2, 22 Abs. 3 WEG als auch Modernisierungen im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG zählen können, müssen die Eigentümer grds. auch über deren Finanzierung beschließen, also darüber entscheiden, ob die Kosten der jeweiligen Maßnahme durch Erhebung einer Sonderumlage oder durch Rückgriff auf die gebildete Instandhaltungsrücklage gedeckt werden sollen und welcher Verteilungsschlüssel zur Anwendung gelangt. Fehlt ein solcher Beschluss(-teil) ganz, kann auch der Sanierungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, weil dieser nicht ohne Finanzierungsregelung allein stehen bleiben kann (vgl. u.a. LG Hamburg, Urteil vom 28. März 2012 – 318 S 17/11 -, Rn. 47).

Allerdings muss eine solche Beschlussfassung über eine Baumaßnahme nicht unbedingt mit einer Beschlussfassung über deren Finanzierung verbunden sein. Im Wohnungseigentumsrecht ist ein sog. Grundlagen- bzw. Grundbeschluss anerkannt. In diesem können die Wohnungseigentümer festlegen, ob sie eine Baumaßnahme überhaupt und grundsätzlich wollen. In einem weiteren Beschluss kann sodann über die konkrete Ausführung befunden werden. Entsprechendes muss gelten, wenn die Wohnungseigentümer die Frage – wie hier – einer späteren Beschlussfassung überlassen wollen bzw. haben. Jedenfalls dann, wenn ein nachträglicher Finanzierungsbeschluss gefasst worden und dieser bestandskräftig geworden ist, kann das Fehlen einer Willensbildung betr. die Finanzierung im Zusammenhang mit der Beschlussfassung betr. eine Baumaßnahme nicht (mehr) dessen Anfechtbarkeit begründen.

Ausgehend hiervon ist das Fehlen einer Finanzierung im angegriffenen Beschluss unerheblich. Dass die Parteien im vorliegenden Fall gar keinen weiteren Beschluss betr. die Finanzierung im Auge gehabt haben, ist eine schlichte Mutmaßung der Kläger, für die es keine hinreichend konkreten und belastbaren Anhaltspunkte gibt. Es ist selbstverständlich, dass eine Baumaßnahme wie die streitgegenständliche einer Entscheidung der Wohnungseigentümer über die Finanzierung bedarf. Letztlich ist eine solche Beschlussfassung später auch erfolgt. Jedenfalls ist dieser Beschluss vom 29.12.2016 mittlerweile bestandskräftig. Die Anfechtungsklage der Beklagten gegen diesen Beschluss hat das Amtsgericht Wismar mit rechtskräftigem Urteil vom 06.09.2017 abgewiesen (Az. 8 C 47/17).

3.

Die Problematik, ob die beabsichtigte Baumaßnahme als ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) angesehen werden kann, stellt sich nicht. Die Kläger haben unter diesem Gesichtspunkt den Beschluss nicht angegriffen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 ZPO sind nicht gegeben.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!