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WEG – Bestandsschutz für einen Schwarzbau

AG Rosenheim – Az.: 12 C 1082/11 – Urteil vom 20.03.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Der Streitwert wird auf EUR 25.270,52 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft T.

In der Eigentümerversammlung vom 12.04.2011 beschloss die Eigentümergemeinschaft wie folgt:

„TOP 8:

Die noch fehlende Edelstahlabdichtung im Bereich der Dachterrasse der Eigentümerin Frau S, wird ergänzt. Hierzu hat die Hausverwaltung drei Angebote auf Basis eines Leistungsverzeichnisses der Firma Sch. abgefragt. Abgegeben haben die Firmen Sch. sowie die Firmen L. Die Firma Schw. wollte aufgrund der räumlichen Distanz kein Angebot abgeben. Der günstigere Anbieter ist die Firma Sch. mit einem Preis von EUR 21.349,89.

Die Hausverwaltung wird ermächtigt und beauftragt, einen Bauvertrag mit der Firma Sch. abzuschließen, ggf. einen Sicherheitskoordinator zu beauftragen. Das Angebot ist zu verhandeln (Angebot: Skonto, Gewährleistungseinbehalt etc.). Für die fachliche Betreuung darf ein unabhängiger Berater (Fachingenieur oder Architekt) für technische Detailfragen sowie zur Baustelleneinweisung wie auch Abnahme Namens und im Auftrag der Gemeinschaft beauftragt werden (maximal 10 Stunden). Die Ausführungen erfolgen bis 31.10.2011. Die Finanzierung erfolgt durch Entnahme aus den Rücklagen.“

„TOP 8 a:

Zur Ausführung des TOP 8 ist es notwendig, ungehinderten Zugang zur Dachterrasse zu erhalten. Außerdem ist der Wintergarten voraussichtlich abzubauen (bauseitige Forderung der Fachhandwerker). Die Hausverwaltung wird ermächtigt und beauftragt, ggf. einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der Interessen der Eigentümergemeinschaft zu beauftragen, um TOP 8 ausführen zu können.“

Mit Klage vom 12.05.2011 hat die Klägerin die Tagesordnungspunkte 8 und 8 a form- und fristgerecht angefochten. Die Beschlüsse entsprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die beschlossene Edelstahlabdichtung sei nicht notwendig und erforderlich. Die festgestellte Feuchtigkeit bzw. das eingedrungene Wasser beschädige lediglich den Wintergarten der Klägerin. Darunterliegende Wohnungen seien nicht betroffen.

Im Übrigen sei die bisherige Ausführung der Firma Sch. mangelhaft, so dass es aufgrund dessen zum Eindringen von Wasser kam, so dass nicht eine neue Edelstahlabdichtung, sondern eine Nachbesserung der Firma Schmid zu fordern sei.

Sofern bei der Baumaßnahme der Wintergarten beschädigt, beseitigt oder versetzt werden müsse, entspräche der Beschluss ebenfalls nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Bisherige Beseitigungsverlangen der Gemeinschaft seien rechtskräftig vom Amtsgericht Rosenheim und Landgericht München I abgewiesen worden, so dass die Klägerin ihren Wintergarten bestehen lassen dürfe. Im Übrigen fehle es an entsprechenden Entschädigungsregelungen für die Klägerin für den Fall des Abbaus und einer Regelung über die Kostentragungspflicht für den Wiederaufbau, da hiermit ein unzulässiger Eingriff in das Sondereigentum der Klägerin verbunden ist.

Die Klägerin beantragt daher: Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 12.04.2011 der Tagesordnungspunkte 8 und 8 a werden für ungültig erklärt.

Die Beklagten beantragen: Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.

Eine ordnungsgemäße Abdeckung sei aufgrund des bestehenden Wintergartens nicht ohne weiteres möglich. In diesem Bereich dringt weiterhin Wasser ein. Es staut sich unter dem nunmehr aufgebrachten Edelstahldach. Es sei auch schon zu feuchten Stellen an darunterliegenden Wohnungen gekommen. Darüber hinaus sei nicht eine mangelhafte Ausführung der Firma Schmid für den Wassereindrang verantwortlich, sondern die Undichtigkeiten des Wintergartens selbst.

Die Klägerin sei daher zur Duldung der Arbeiten verpflichtet. Einen Bestandsschutz aufgrund Verjährung des Beseitigungsverlangens bezüglich ihres Wintergartens habe sie nicht.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat durch Sachverständigenbeweis und Inaugenscheinnahme der Lichtbilder und Pläne Beweis erhoben. Bezüglich der Beweisergebnisse wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet.

Der Beschluss zur ordnungsgemäßen Abdichtung des gemeinschaftlichen Daches entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

1. Die geplante Maßnahme ist zunächst aus sich heraus ordnungsgemäß. Sachverständigenseits wurden feuchte Stellen im Bereich des Wintergartens und unterhalb der Edelstahlabdichtung bestätigt. Insoweit wird vollumfänglich auf das mündliche Gutachten Bezug genommen. Ein ordnungsgemäßer Abfluss dieses Wassers ist nicht vorhanden und gewährleistet. Der bisherige Abfluss der ursprünglichen Bitumendachabdichtung ist durch das neue Fallrohr der neuen Edelstahldachabdichtung versperrt. Dies entspricht zunächst ordnungsgemäßer Ausführung, da hierdurch bei einem Rückstau das Eindringen von Wasser unterhalb der Dachabdichtung verhindert wird.

Aus Sachverständigensicht besteht die Gefahr der Beeinträchtigung der Wärmedämmung. Gelegentliche leichte Feuchtigkeit könne möglicherweise auszuhalten sein, jedoch würde ein ständiger Kontakt mit Wasser zu Schäden an der Wärmedämmung führen.

Die Beseitigung dieser Ursachen zur Vermeidung von Schäden an der gemeinschaftlichen Wärmedämmung entspricht ohne weiteres zunächst ordnungsgemäßer Verwaltung.

2. Die Maßnahme entspricht auch unter dem Gesichtspunkt des Verursacherprinzips ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Frage der Verursachung spielt letztlich nur für die Frage der Kostentragung eine Rolle, da die technische Seite der Maßnahme hierdurch nicht in Frage gestellt wird. Vorliegend wollen die Eigentümer die Maßnahme aus der Rücklage bezahlen.

Eine genaue Zuordnung der Verursachung kann nicht erfolgen, da eine Abgrenzung zwischen weiteren Undichtigkeiten, Mängeln der Firma Sch. oder konstruktionsbedingten Wasserläufen des Wintergartens nicht vorgenommen werden kann und diese auch kumulativ vorliegen können.

Trotz umfangreicher Beweisaufnahmen im Parallelverfahren 9 H 2609/07 vor dem Amtsgericht Rosenheim, konnte der gerichtliche Sachverständige eine eindeutige Schadensverursachung nicht zuordnen. Auch die Klägerin weist eine eindeutige Schadensverursachung aus ihrer Sphäre von sich. Demgegenüber ist es nur konsequent, wenn die Maßnahme dann aus der Rücklage gezahlt wird.

Ob in einem späteren Prozess je nach Ausgang des Beweissicherungsverfahrens Gewährleistungsansprüche gegenüber der Firma Sch. bestehen, kann und darf von den Eigentümern zu gegebener Zeit entschieden werden. Nach vorläufiger Einschätzung der Parteien in der mündlichen Verhandlung, seien die Gewährleistungsansprüche der Gemeinschaft verjährt und aufgrund des Beweissicherungsverfahrens nur noch die Gewährleistungsansprüche der Klägerin im Raume.

Demgemäß kommt eine Inanspruchnahme der Firma Sch. seitens der Gemeinschaft nicht in Frage, so dass eine Entnahme aus den Rücklagen erneut ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, da andere Quellen der Gemeinschaft nicht zur Verfügung stehen.

Obwohl die Entnahme aus den Rücklagen auch die Klägerin betrifft, entspricht diese Umlage ordnungsgemäßer Verwaltung.

Ausweislich der Sachverständigenausführungen dringt Wasser auch und gerade über die Profile des Wintergartens in den Innenraum ein. Eine Beteiligung der Klägerin an den Kosten entspricht daher ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung.

3. Auch unter dem Gesichtspunkt der Berührung mit dem Sondereigentum der Klägerin entspricht der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung.

Dabei kann dahinstehen, ob aufgrund der festen Verbindung mit Dach und Mauer der Wintergarten aufgrund Verbindung mit dem Gebäude nicht schon als gemeinschaftliches Eigentum anzusehen ist. Die Klägerin ist jedenfalls zur Duldung gem. § 14 Nr. 3 WEG verpflichtet, Einwirkungen auf ihr Sondereigentum hinzunehmen.

Diese werden zwangsläufig erfolgen, da es nach Ausführungen des Sachverständigen erforderlich ist, den Wintergarten zur Anbringung der Edelstahlabdichtung zumindest anzuheben. Etwaige Gefahren für den Wintergarten könnten dabei nicht abgeschätzt werden.

Dennoch erweist sich der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend, sowohl unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Sondereigentum der Klägerin als auch unter dem Gesichtspunkt fehlender Entschädigungszahlungen oder Kosten für einen etwaigen Wiederaufbau.

Bei dem streitgegenständlichen Wintergarten handelt es sich um einen WEG-rechtlichen Schwarzbau. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat diesen Wintergarten ohne Genehmigung der Wohnungseigentümergemeinschaft errichtet. Die Beseitigungsklagen scheiterten „lediglich“ an der Erhebung der Einrede der Verjährung.

Hieraus folgt jedoch kein Bestandsschutz der Klägerin. Das Verjährungsrecht gilt als Abwehrrecht mit der Folge, dass die übrigen Eigentümer den rechtswidrigen Zustand faktisch dulden müssen, vgl. OLG Düsseldorf vom 26.06.2008, Az. 3 WX 217/07. Folgerichtig erlangt die Klägerin kein Recht auf Haben und Halten des Wintergartens.

Mangels Bestandsschutz erweisen sich daher etwaige Eingriffe oder fehlende Ausgleichszahlungen nicht als wohnungseigentumsrechtswidrig, so dass der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Ein schutzwürdiger Belang der Klägerin an einem rechtswidrigen Wiederaufbau des Sondereigentums kann hier nicht zuerkannt werden. Den Fortbestand des rechtswidrigen Ausbaus des Sondereigentums soll die Gemeinschaft nach Ansicht der Klägerin nicht nur dulden, sondern er soll in Form von Ausgleichszahlungen geschützt und vertieft werden. Letzteres folgt daraus, dass bei einem Neuaufbau, die Lebenshaltungsdauer des Wintergartens verlängert würde, da ein neuer Wintergarten errichtet würde. Dem ist nicht zu folgen.

Wenn der Klägerin schon kein Anspruch auf modernisierende Instandsetzung zustehen würde, OLG Düsseldorf aaO, so erst Recht kein Anspruch auf Wiederaufbau.

4. Auch der Ermächtigungsbeschluss TOP 8a entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Unabhängig von der Frage, ob der Gemeinschaft inhaltlich ein solcher Anspruch zusteht, was wohl aus § 14 Nr. 4 WEG folgen dürfte, entspricht der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung. Das Gericht hat dabei nicht inzident die Erfolgsaussichten des Folgeverfahrens zu prüfen. Der Ermächtigungsbeschluss entspricht schon dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Eigentümerversammlung das Bestehen des Anspruches für plausibel halten darf, vgl. OLG München, NZM 2010, 674.

Dies ist hier vorliegend der Fall, so dass auch dieser Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Aufgrund der Duldungspflichten der Klägerin, erscheint ein solcher Anspruch plausibel.

5. Nach all dem war die Klage mit der Kostenpflicht des § 91 ZPO abzuweisen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt aus dem § 709 ZPO.

Der Streitwert entsprach dem einfachen klägerischen Interesse nach § 49 a WEG.

Die Klägerin will die beschlossenen Maßnahmen verhindern, so dass vorliegend nicht das hälftige Interesse aller, sondern das klägerische Interesse zu bewerten ist. Die Maßnahmen unter TOP 8 zieht Kosten in Höhe von EUR 21.349,89 nach sich, die entsprechend festgesetzt wurden. Die Maßnahmen unter TOP 8 a wurden mit den Kosten eines möglichen Folgeprozesses bewertet. Bei einem Regelstreitwert von EUR 4.000,– ist bei zwei Anwälten und Gerichtskosten mit einem Prozesskostenrisiko von EUR 3.920,63 zu rechnen. Dieser Betrag wurde für TOP 8 a festgesetzt, so dass sich insgesamt ein Streitwert in Höhe von EUR 25.270,52 ergibt.

 

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