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WEG – fristlose Kündigung des Verwaltervertrages

LG Frankfurt – Az.: 2-13 S 9/15 – Urteil vom 20.09.2017

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 08.12.2014 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens und der Berufung wird festgesetzt auf 26.138,11 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft nach Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund auf Zahlung der bis zum regulären Beendigungszeitpunkt rückständig gebliebenen Verwaltervergütungen abzüglich ersparter Aufwendungen in Anspruch.

Der Verwaltervertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten war von der Beklagten aufgrund eines am 02.03.2011 zustande gekommenen Beschlusses über die Abberufung der Klägerin als Verwalterin und Bevollmächtigung zweier Miteigentümer mit der Ausarbeitung und Zustellung der Kündigung von diesen durch Erklärung vom 09.03.2011 und nach Zurückweisung dieser Erklärung wegen mangelnden Nachweises der Vollmacht durch weitere Erklärung vom 26.03.2011 gekündigt worden. Die Abberufung war von der Beklagten nochmals am 02.05.2011 sowie am 01.11.2011 beschlossen worden; die Kündigung des Verwaltervertrags war mit einem Schreiben vom 01.06.2011, dessen Zugang von der Klägerin bestritten wird, sowie einem Schreiben der neu bestellten Verwalterin vom 30.11.2011 wiederholt worden.

Die Klägerin hat die Beklagte erstinstanzlich auf Zahlung der seit 01.04.2011 bis zum Ablauf der regulären Vertragslaufzeit zum 31.12.2013 rückständig gewordenen Verwaltervergütungen abzüglich ersparter Aufwendungen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat die Wirksamkeit der von ihr ausgesprochenen Kündigungen geltend gemacht und mehrere nach ihrer Auffassung bestehende Forderungen auf Schadenersatz wegen Pflichtverletzungen der Klägerin zur Hilfsaufrechnung gestellt.

Das Amtsgericht hat der Klage … stattgegeben. …

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. …

II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die am 26.03.2011 ausgesprochene Kündigung ist formell wirksam und nach § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Es liegt ein dafür ausreichender Bestand an nicht gemäß §§ 314 Abs. 3 BGB, § 626 Abs. 2 BGB (analog) verfristeten Kündigungsgründe vor.

Der Verwaltervertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten unterliegt als entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag hinsichtlich seiner Kündbarkeit den Vorschriften des Dienstvertragsrechts, §§ 675, 611 ff BGB. Er sieht monatliche Bezüge von … € je Wohnungseigentum vor. Da somit ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen vorliegt, kommt eine Anwendung von § 627 BGB nicht in Betracht.

Jedoch wurde das Vertragsverhältnis der Parteien noch vor Beginn der mit der Klage geltend gemachten Vergütungsrückstände aus der Zeit vom 01.04.2011 bis 31.12.2013 durch die schriftlich am 26.03.2011 aus wichtigem Grund erklärte Kündigung beendet. Diese Kündigung war wirksam.

Die beiden das Kündigungsschreiben unterzeichnenden Miteigentümer waren durch Beschluss der Miteigentümergemeinschaft vom 02.03.2011 hierzu wirksam bevollmächtigt worden. Der Beschlusswortlaut, wonach diese beiden Miteigentümer „bevollmächtigt“ wurden, „die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages vorzubereiten und mit anwaltlicher Hilfe (..) auszuarbeiten sowie <der Klägerin> zuzustellen“, deckt entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Beklagten auch die vorsorgliche Wiederholung einer bereits zuvor von den beauftragten Miteigentümern ausgesprochenen Kündigung ab. Die Vollmacht war daher nicht deshalb erschöpft, weil die zuvor von diesen beiden Miteigentümern mit Schreiben vom 09.03.2011 erklärte Kündigung von der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 15.03.2011 mangels ordnungsgemäßer Nachweise der Bevollmächtigung zurück gewiesen worden war. Dafür bietet der Wortlaut des Bevollmächtigungsbeschlusses vom 02.03.2011 keine zureichenden Anhaltspunkte. Der Singular „die Kündigung“ ist vielmehr dahin auszulegen, dass die beiden bevollmächtigten Miteigentümer bei zweifelhafter Wirksamkeit einer ersten Kündigung auch zu deren vorsorglicher Wiederholung bevollmächtigt waren.

Ob der schriftlichen Kündigung vom 26.03.2011 zureichende Nachweise über die Bevollmächtigung der beiden unterzeichnenden Miteigentümer beigefügt worden waren, kann dahin stehen. Denn die Schreiben der Klägerin vom 05.04.2011 genügen nicht den Anforderungen, die sich aus § 174 S. 1 BGB an eine wirksame Beanstandung der Kündigung ergeben. Die Klägerin hat in beiden Schreiben wortgleich ausgeführt, sie wiederspreche vorsorglich auch der nochmals ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung vom 26.03.2011. Jedoch erfordert schon der Wortlaut des § 174 S. 1 BGB, dass der Erklärungsempfänger einer Kündigung, bei der keine Kündigungserklärung vorgelegt worden war, die Kündigung „aus diesem Grunde“ unverzüglich zurückzuweisen hat. Aus der Zurückweisungserklärung muss sich daher in für den Kündigenden hinreichend deutlicher Weise ergeben, dass die Zurückweisung gerade wegen Nichtvorlage der Vollmacht erfolgen soll (vgl. BAG NJW 1981, 2374; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 174 BGB Rdnr. 6 m.w.N.). Die fehlende Darstellung der Zurückweisungsgründe in den Schreiben der Klägerin vom 05.04.2011 bleibt nicht deshalb unschädlich, weil nach Vorbringen der Klägerin auch den vorausgegangenen Kündigungsschreiben der Beklagten vom 09.03.2011 keine ausreichenden Nachweise der Bevollmächtigung beigefügt worden waren und die Klägerin mit Zurückweisungsschreiben vom 15.03.2011 (K 6, Bl. 204 bzw. K 8, Bl. 207 d.A.) die mangelnden Nachweise näher dargestellt hatte. Die Klägerin hat in ihren Zurückweisungsschreiben vom 05.04.2011 in keiner Weise erkennen lassen, ob sie gerade an ihren formalen Bedenken aus den beiden vorausgegangenen Zurückweisungsschreiben vom 15.03.2011 festhalten wollte. Die Beklagte und die sie vertretenden Miteigentümer durften daher ohne weiteres der Auffassung sein, dass die Klägerin nunmehr ihre Bedenken gegen eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung aufgegeben habe und die Zurückweisung der Kündigung auf andere Gründe, insbesondere die schon in den vorausgegangenen Schreiben vom 15.03.2011 formulierte Auffassung gestützt werden solle, dass die fristlose Kündigung auch materiell-inhaltlich unberechtigt sei. Nach dem Zweck des § 174 S. 1 BGB, dem Empfänger der Zurückweisungserklärung Klarheit über den nach Auffassung des Erklärungsempfängers bestehenden Nachweismangel zu verschaffen und ihm Gelegenheit zur Heilung des formalen Mangels zu geben, war es insoweit Sache der Klägerin, Klarheit darüber zu schaffen, ob auch die erneute Zurückweisung – jedenfalls auch – auf den fehlenden Nachweis der Bevollmächtigung gestützt werden sollte. Ohne eine solche deutliche Klarstellung durften die Beklagte und die für sie handelnden Miteigentümer die Zurückweisungsschreiben vom 05.04.2011 redlicherweise dahin werten, dass die Klägerin ihre Bedenken gegen eine wirksame Bevollmächtigung nunmehr nicht mehr aufrecht erhalten wolle.

Ein Mangel der Bevollmächtigung ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, wonach der Beschluss der Gemeinschaft vom 05.03.2011 zur Beauftragung und Bevollmächtigung zweier Miteigentümer mit dem Ausspruch der Kündigung in einem nachfolgenden Anfechtungsprozess nach §§ 46 ff WEG rechtskräftig aufgehoben worden sei. Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass ein rechtskräftiges Aufhebungsurteil bereits bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 26.03.2011 vorgelegen haben soll. Ob ein solches Aufhebungsurteil später ergangen war, kann mangels Entscheidungserheblichkeit dahin stehen. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 47 FamFG. Nach dieser Vorschrift hat die Aufhebung eines Gerichtsbeschlusses, durch den ein Dritter zur Vornahme von Rechtshandlungen bevollmächtigt worden war, auf die Wirksamkeit der von ihm vorgenommenen Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen keinen Einfluss. Es handelt sich dabei um eine Vorschrift nicht des Verfahrensrechts, sondern des materiellen Rechts. Sie ist deshalb einer entsprechenden Anwendung auf Organbeschlüsse privater Vereinigungen zugänglich. Dies gilt insbesondere für Beschlüsse von Wohnungseigentümergemeinschaften (vgl. OLG Köln ZMR 2002, 466 <zu § 32 FGG a.F.>). Diese Ansicht vertritt auch der Bundesgerichtshof für das Handeln des Verwalters im Falle der Ungültigerklärung seiner Bestellung (BGH NJW 2007, 2776; ausdr. bestätigt in BGH NJW 2016, 716 Rn. 9). Für das Handeln anderer Vertreter der WEG zur Umsetzung eines zwar später für ungültig erklärten, zunächst aber bindenden (§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG) Beschlusses – kann nichts anderes gelten.

Die Kündigungserklärung vom 26.03.2011 ist auch materiell gerechtfertigt. Im Zeitpunkt ihres Ausspruchs lag ein zureichender Bestand von nicht gemäß § 626 Abs. 2 BGB (analog) verfristeter Tatsachen vor, auf Grund derer es der Gemeinschaft bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile und Abwägung aller Umstände des Einzelfalles gemäß § 626 Abs. 1 BGB unzumutbar geworden war, den Verwaltervertrag bis zu dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt fortzusetzen.

Es kann gleichfalls dahin stehen, ob das Vorbringen der Klägerin zutrifft, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung über ihre Abberufung in einem späteren Anfechtungsprozess rechtskräftig aufgehoben wurde. Ein solcher Anfechtungsprozess hat keine vorgreifliche Wirkung für den Streit über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Verwaltervertrages (vgl. BGH NJW 2002, 3240). Die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung des Verwaltervertrages ist rechtlich grundsätzlich abschließend nach den in § 626 Abs. 1 BGB niedergelegten Kriterien und nicht anhand der Regelung der Abberufung in § 26 WEG zu bewerten (vgl. BGH NJW-RR 1990, 1123 <1124>). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die von beiden Vorschriften – allerdings in Einzelheiten nach unterschiedlichen Maßstäben – vorausgesetzte Interessenabwägung einen gleichlaufenden Ausgang nehmen mag, wenn jeweils dieselben Umstände in die Abwägung eingestellt werden müssen.

Der Klägerin sind als Pflichtverletzung jedenfalls die Art und Weise der Anlage des Rücklagenkontos der Gemeinschaft sowie eine in erheblicher Weise mangelhafte Führung der Beschlusssammlung anzulasten. Da bereits diese beiden Gesichtspunkte jedenfalls bei Gesamtschau die fristlose Kündigung tragen, kommt es auf die Beurteilung der weiteren von der Beklagten geltend gemachten Kündigungsgründe nicht mehr an.

Zwischen den Parteien ist im Ergebnis unstreitig, dass die Klägerin das Rücklagenkonto der Gemeinschaft nicht als Eigenkonto der teilrechtsfähigen und damit kontofähigen Gemeinschaft, sondern in Form eines Treuhandkontos geführt hatte. Die Beklagte macht zu Recht geltend, dass die Klägerin damit in schwer wiegender Weise ihre Verpflichtung aus § 27 Abs. 5 S. 1 WEG verletzt hatte, eingenommene Gelder der Verwaltung von ihrem Vermögen getrennt zu halten.

Daran ändert auch das Vorbringen der Klägerin aus ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.09.2017 nebst Anlagen nichts, wonach das auf den Namen der Klägerin als Kontoinhaberin lautende Konto von ihr als sogenanntes offenes Treuhandkonto, also mit Offenlegung des Treuhandverhältnisses gegenüber der kontoführenden Bank eröffnet worden war. Dies vermag im Ergebnis nichts an einer gravierenden Pflichtverletzung zu ändern.

Spätestens seit der zum 01.07.2007 in Kraft getretenen gesetzlichen Klarstellung, dass die Gemeinschaft in dem von §§ 10 Abs. 6, Abs. 7 WEG umschriebenen Umfang Trägerin eigener Rechte sein kann, besteht keine Veranlassung mehr, die Geldmittel der Gemeinschaft auf einem rechtlich dem Verwalter als Kontoinhaber zustehenden Konto anzulegen. Jedoch ist anerkannt, dass es dieser für die Gemeinschaft mit Risiken verbundenen Anlageform seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft nicht mehr bedarf und darin ein Verstoß gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung liegt (vgl. Niedenführ/Niedenführ, 12. Aufl., § 12 WEG Rdnr. 55). Daran ändert wegen der auch damit im Fall eines Vermögensverfalls oder der Insolvenz des Verwalters verbundenen Risiken auch die Anlage der Geldmittel der Gemeinschaft auf einem offen geführten Treuhandkonto nichts. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 26.03.2011 war auch ein der Klägerin insoweit möglicherweise zustehender Zeitraum zur Anpassung der Kontoführung an die neue Gesetzeslage seit längerem verstrichen. Die Anlage auf einem Treuhandkonto wurde schon im damaligen Zeitraum als Pflichtverletzung des Verwalters gewertet (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 26.05.2009, 3 W 181/08, juris Rdnr. 38; LG Itzehoe vom 12.07.2013, 11 S 39/12, juris Rdnr. 38 ff‘).

Es handelt sich um einen Verstoß von hinreichendem Gewicht, um – jedenfalls bei Hinzutreten weiterer gewichtiger Umstände – die Abberufung des Verwalters bzw. die Kündigung seines Dienstvertrages zu rechtfertigen (vgl. LG Hamburg vom 19.12.2014, 318 5//14, juris, Rdnr. 30: AG Essen vom 26.08.2015, 196 C 37/15, juris, Rdn. 9).

Eine Verfristung dieses Kündigungsgrundes nach § 626 Abs. 2 BGB kommt für diesen Kündigungsgrund nicht in Betracht.

Insoweit ist anerkannt, dass die gesetzliche Frist des § 626 Abs. 2 BGB von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes bei einer seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgesprochenen Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund wegen der erforderlichen Befassung der Miteigentümerversammlung keine Anwendung finden kann, sondern in Anlehnung an den in § 314 BGB niedergelegten Rechtsgrundsatz als ausreichend anzusehen ist, wenn die Kündigung binnen angemessener Frist ausgesprochen wird, wobei sich die Frage der Dauer der angemessenen Frist danach beurteilt, wie schnell eine Beschlussfassung durch die Eigentümerversammlung zu erreichen ist (vgl. Niedenführ/Niedenführ, WEG, 12. Aufl. § 26 Rdnr. 115).

Soll die Kündigung mit erst nach ihrem Ausspruch bekannt gewordenen Tatsachen gerechtfertigt werden (sog. Nachgeschobener Kündigungsgrund), stellt sich diese Frage bereits nicht. So liegt es hier:

Es bleibt unerheblich, dass die Beklagte die Kündigungserklärung vom 26.03.2011 nicht auf diesen ihr auch nach eigenem Vorbringen erst danach bekannt gewordenen Kündigungsgrund gestützt hatte Die Angabe eines Kündigungsgrundes gehört nicht zum notwendigen Inhalt der Kündigungserklärung (vgl. § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB). Daher können grundsätzlich weitere Gründe nachgeschoben werden, soweit sie bei Ausspruch der Kündigung objektiv vorlagen (vgl. BGH DStR 1997, 1338 f.; BGH NJW-RR 1998, 1409). Die Nachschiebebefugnis als solche muss der Kündigungsberechtigte nicht binnen angemessener Frist ab Kenntniserlangung des nachträglich bekannt gewordenen Grundes ausüben. Denn wenn bereits eine fristlose Kündigung ausgesprochen worden war, muss der Gekündigte auch nach Ablauf dieses Zeitraums damit rechnen, dass bei Ausspruch der Kündigung vorhandene, aber bis dahin noch nicht entdeckte Kündigungsgründe nachgeschoben werden (vgl. BGH vom 01.12.2003, II ZR 161/02, juris, Rdnr. 13).

Handelt es sich bei dem Kündigenden um eine juristische Person oder einen rechtsfähigen Rechtsträger, muss die Nachschiebebefugnis zwar auch die Kompetenzordnung des Rechtsträgers beachten. Deshalb ist ein Nachschieben bei Ausspruch der Kündigung schon vorhandener, aber damals noch nicht bekannter und daher von dem zur Kündigung zuständigen Organ noch nicht behandelter Umstände nur zulässig, falls das Nachschieben des neu hervorgetretenen Umstands von dem für die Kündigungsentscheidung zuständigen Organ (hier: Eigentümerversammlung) gebilligt wird. Jedoch ist dafür ausreichend, dass das zur Entscheidung über die Frage der Kündigung zuständige Organ nach Ausspruch der Kündigung erneut mit der Frage befasst wird, ob die Kündigung auf den neu hervorgetretenen Gesichtspunkt gestützt werden soll, und eine Beschlussfassung herbeigeführt wird, wonach die schon ausgesprochene Kündigung nunmehr (auch) auf diesen neu hervorgetretenen Umstand gestützt werden soll (vgl. BGH vom 20.06.2005, II ZR 18/03, juris, Rdnr. 12 ff; BGH vom 14.10.1991, II ZR 239/90, juris, Rdnr. 12).

Hierfür war die Beschlussfassung zu TOP 5 der Versammlung vom 01.11.2011 (B 21, I/135f.) ausreichend, auch wenn ihr ausdrücklicher Gegenstand nur die Abberufung der Klägerin und nicht zugleich die Bestätigung der Kündigung ihres Verwaltervertrages war.

Bei der vorausgegangenen Beschlussfassung vom 02.03.2011 waren zwei Miteigentümer ausdrücklich mit der Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund beauftragt und hierzu bevollmächtigt worden. Angesichts des Umstands, dass die Zurückweisung der Kündigungen vom 09.03. 03.2011 seitens der Klägerin inhaltlich nicht nur mit formalen Mängeln der Bevollmächtigung, sondern auch damit begründet worden war, dass die in dem Kündigungsschreiben ausgeführten Kündigungsgründe unzureichend seien, liegt bei objektiv-normativer Auslegung auf der Hand, dass die Versammlung mit dem am 01.11.2011 gefassten Beschluss über die Bestätigung der Abberufung der Klägerin zugleich ein Nachschieben der dort behandelten Umstände zur Rechtfertigung einer Kündigung des Verwaltervertrages billigen wollte.

Zu dem hiernach berücksichtigungsfähigen Umstand, dass die Klägerin ihre Pflichten im Zusammenhang mit einer Anlage der Gelder der Gemeinschaft erheblich verletzt hatte, tritt als gleichfalls berücksichtigungsfähiger Umstand hinzu, dass die Klägerin auch ihre Pflichten aus § 27 Abs. 8 Satz 1 i.V.m. § 27 Abs. 7 WEG zur ordnungsgemäßen Führung der Beschluss-Sammlung verletzt hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Amtsgerichts ist dieser Kündigungsgrund auch nicht deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte es unterlassen habe, die Klägerin nach Bekanntwerden dieses Kündigungsgrundes abzumahnen. Nach § 26 Abs. 1 S. 4 WEG stellt es regelmäßig einen wichtigen Grund für die Abberufung des Verwalters dar, wenn die Beschluss-Sammlung von ihm nicht ordnungsgemäß geführt wird. Den Verwalter trifft insoweit schon bei einmaliger Verletzung einen schweren Vorwurf, der regelmäßig seine Abberufung rechtfertigt (vgl. Niedenführ/Niedenführ, WEG, 12. Aufl. 2015, § 26 WEG Rdnr. 108 m.w.N.). Die gesetzliche Wertentscheidung aus § 26 WEG muss dabei auch in die nach § 626 Abs. 1 BGB erforderliche Interessenabwägung über die Wirksamkeit einer Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund einfließen. Mängel der Beschluss-Sammlung können die Abberufung des Verwalters bzw. die Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund deshalb auch dort rechtfertigen, wo ihnen keine Abmahnung vorausgegangen war (vgl. LG Berlin vom 02.10.2015, 55 S 206/14, juris, Rdnr. 7 ff; LG Hamburg vom 13.11.2013, 318 S 23/13, juris, Rdnr. 46).

Zudem bedarf es jedenfalls keiner Abmahnung des Verwalters mehr, wenn die nach § 626 Abs. 1 BGB erforderliche Interessenabwägung ergibt, dass das Vertrauensverhältnis der Parteien ungeachtet der unterbliebenen Abmahnung irreparabel zerstört ist (vgl. Niedenführ/Niedenführ, WEG, 12. Aufl., § 26 WEG Rdnr. 120). Von einer solchen Sachlage ist auch hier auszugehen. Denn die Mängel der Beschluss-Sammlung wurden der Beklagten erst bekannt, nachdem sie den Dienstvertrag schon zuvor am 09.03.2011 fristlos gekündigt und dabei als Kündigungsgrund unter anderem geltend gemacht hatte, dass den Eigentümern der Einblick in die Beschluss—Sammlung verweigert worden sei.…

Die vorstehend ausgeführten Gründe sind unter den konkreten Umständen des hier gegebenen Einzelfalles nach Umfang, Dauer und Intensität schon jeweils für sich genommen hinreichend gewichtig, um eine Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund zu rechtfertigen. Die mangelhafte Führung der Beschluss-Sammlung wird von § 26 Abs. 1 S. 4 WEG schon aus sich heraus als gravierender Verstoß gewertet und auch die Pflichten des Verwalters im Zusammenhang mit der Anlage der Geldmittel der Gemeinschaft hat § 25 Abs. 5 S. 1 WEG hinreichend deutlich umschrieben, um eine hier bis in das Jahr 2011 hinein fortgesetzte Anlage der Gelder auf einem – sei es auch offen geführten – Treuhandkonto der Gemeinschaft als gewichtigen Verstoß erscheinen zu lassen. Jedenfalls ist eine solche Bewertung aber bei Gesamtschau beider Kündigungsgründe gerechtfertigt.

Die Kammer lässt deshalb ausdrücklich offen, ob sich die Kündigung des Verwaltervertrags auch auf die übrigen von der Beklagten angeführten Gesichtspunkte hätte stützen lassen.

Da die Klageforderung schon aufgrund Wirksamkeit der am 26.03.2011 ausgesprochenen Kündigung unbegründet ist, bedarf gleichfalls keiner Entscheidung, ob die hilfsweise von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen auf Schadenersatz begründet wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen; Zulassungsgründe gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 49a GKG. Die von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen bleiben außer Betracht, da nicht in der Rechtskraft fähiger Weise über sie zu entscheiden war (vgl. § 45 Abs. 3 GKG).

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