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WEG – Miteigentümerhaftung bei Verursachung eines Versicherungsfalls in Gebäudeversicherung

LG Hamburg – Az.: 318 S 215/10 – Urteil vom 15.11.2012

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 22. Juni 2010 – Az. 980C C 22/09 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz für behauptete Schäden im Zusammenhang mit behaupteten Wassereintritten in seiner Eigentumseinheit und ferner auch ein Schmerzensgeld.

Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), die keiner Ergänzung bedürfen.

Das Amtsgericht hat mit seinem Urteil vom 22. Juni 2010 (Bl. 116 d. A.) das Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2009 (Bl. 49 d. A.) aufrechterhalten und die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der Kläger gemäß § 242 BGB gehindert sei, einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten geltend zu machen. Aus der zwischen den Mitgliedern einer WEG bestehenden schuldrechtlichen Sonderverbindung folge die Verpflichtung, in Haftungsfällen, die sich aus der zwischen den Eigentümern bestehenden Sonderverbindung ergeben, den Gebäudehaftpflichtversicherer in Anspruch zu nehmen. Der Grund dafür läge darin, dass sämtliche Wohnungseigentümer durch Zahlung der Versicherungsprämie einen Beitrag dafür lieferten, in Schadensfällen Versicherungsschutz zu erlangen. Nach dem Sachvortrag der Parteien sei nicht nachzuvollziehen, weshalb der Kläger von der Inanspruchnahme des Versicherers Abstand genommen habe. Das Bestehen von Haftpflichtversicherungsschutz der WEG sei zwischen den Parteien unstreitig; Versicherer sei die P-Versicherung. Nach dem Vortrag des Klägers liege ein Haftpflichtfall vor. Eindringendes Wasser in die Wohnung des Klägers aus dem Bereich der Wohnung des Beklagten stelle sich als haftungsbegründender Tatbestand dar. Sämtliche vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen (Maler- und Elektrikerkosten, Kosten für Trocknung der Räumlichkeiten, Nutzungsausfall und Fahrtkosten) seien solche, die von der Schadensersatzverpflichtung eines Schädigers über §§ 249 ff. BGB erfasst würden und die typischerweise den Inhalt der Regulierungsverpflichtung eines Haftpflichtversicherers betreffen. Dem Vorbringen des Klägers sei nicht zu entnehmen, dass er ausnahmsweise berechtigt gewesen wäre, den Schädiger direkt in Anspruch zu nehmen. Die dafür vom BGH (Urt. v. 10.11.2006, Az. VZR 62/06) aufgestellten Anforderungen seien hier nicht erfüllt. Insbesondere rechtfertige der Vortrag des Klägers nicht die Annahme eines grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten bzw. seines Mieters. Danach habe der Beklagte im ersten Obergeschoss ein Duschbad nicht fachgerecht einbauen lassen; es habe sich offensichtlich um eine laienhafte Installation mit schweren Mängeln gehandelt. Das Duschbad sei installiert worden, ohne für eine fachgerechte Abdichtung der Installation zu sorgen, so dass immer wieder Wasser in Boden und Wand eindringen konnte und musste. Dieses Vorbringen, ergänzt durch die Ausführungen im Schriftsatz des Klägers vom 12. April 2010 (Bl. 68 ff. d. A.), reiche nicht aus, um von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Der Hinweis auf angeblichen „Pfusch“ und eine laienhafte Installation der Dusche ersetzten substantiierten Parteivortrag nicht. Welche Installationsarbeiten genau der Beklagte bzw. sein Mieter vorgenommen habe, sei nicht nachzuvollziehen. Eine unzureichende Abdichtung könne auch als bloße Nachlässigkeit angesehen werden. Der Kläger habe die Schadensursache nicht ausreichend abklären lassen.

Soweit der Kläger nach § 253 Abs. 2 BGB Schmerzensgeld verlange, seien die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht ersichtlich. Dass der Kläger sich wegen der mit den immer wieder auftretenden Wasserschäden verbundenen nervlichen Belastungen in ärztliche Behandlung habe begeben müssen, stütze einen Schmerzensgeldanspruch nicht. Eine Gesundheitsbeeinträchtigung sei nicht nachvollziehbar dargestellt worden. Die behaupteten „nervlichen Belastungen seien zu pauschal, auch nach dem Inhalt des Schriftsatzes vom 12. April 2010. Es sei auch nicht nachvollziehbar, ob die Beeinträchtigungen auf den behaupteten Schäden beruhten. Der Beweisantritt des Klägers – Zeugnis seiner Ehefrau – sei insoweit ungeeignet.

Gegen dieses Urteil, dem Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten am 29. Juni 2010 zugestellt (Bl. 127 d. A.), hat dieser mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21. Juli 2010 – Eingang bei Gericht am 26. Juli 2010 (Bl. 130 d. A.) – Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist am 31. August 2010 bis 30. September 2010 (Bl. 146 d. A.) mit weiterem Schriftsatz vom 30. September 2010 – Eingang bei Gericht am selben Tag (Bl. 149 d. A.) – begründet.

Der Kläger wiederholt und ergänzt sein Vorbringen aus erster Instanz und macht mit seiner Berufung ferner geltend, dass das Amtsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass er die Gebäudehaftpflichtversicherung der Eigentümergemeinschaft hätte in Anspruch nehmen müssen. Er habe sich über die Fa. K – die WEG-Verwaltung – u. a. an die Fa. P als Gebäudehaftpflichtversicherung gewandt. Diese sei aber für die vom Beklagten verursachten Schäden nicht eingetreten; sie habe keine Haftung übernommen (Beweis: Zeugnis R K). Es komme hinzu, dass die P überhaupt nicht eintrittspflichtig gewesen sei, da es sich stets um sog. Leitungswasserschäden gehandelt habe, für die die Eintrittspflicht der Versicherungen nur beschränkt bestehe. Bei Leitungswasser sei es nach § 6 Ziff. 1 der Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB) erforderlich, dass das Leitungswasser „bestimmungswidrig ausgetreten“ sei. Das sei bei dem aus dem Duschkopf beim Duschen austretenden Leitungswasser jedoch nicht der Fall. Demgemäß sei bereits gerichtlich entschieden worden (vgl. LG München I, Urt. v. 30.04.2009 – Az. 26 O 19450/08), dass Leitungswasser, das nach dem Duschen durch Haarrisse in der Duschwanne in die Wände und in den Boden eingedrungen sei, zu keinem Anspruch gegen die Versicherung führe, weil die Undichtigkeit der Duschwanne kein Versicherungsfall sei. Bei der Versicherung der Eigentümergemeinschaft handele es sich auch nicht um eine Haftpflichtversicherung, sondern um eine Wohngebäudeversicherung. Mit diesem Vortrag sei er, der Kläger, in zweiter Instanz auch nicht präkludiert Selbst wenn in erster Instanz der Umstand unstreitig gewesen sei, dass der Gebäudeversicherer für die materiellen Schäden einzustehen gehabt habe, habe es sich dabei allenfalls um die übereinstimmende Annahme einer Rechtsfolge oder um eine gemeinsame Rechtsmeinung der Parteien gehandelt. Der Beklagte habe entgegen der Ansicht des Amtsgerichts auch grobfahrlässig gehandelt; die vorhandenen Installationsdefizite seien für jedermann erkennbar gewesen, auch für den Beklagten, der trotz der Vorkommnisse hier nichts unternommen habe.

Betreffend das Schmerzensgeld sei zu berücksichtigen, dass er sich immer wieder aufgeregt habe, was zu Bluthochdruck und Herzrhythmus-Störungen geführt habe; er habe sich deshalb in laufende ärztliche Behandlung begeben müssen. Er sei über viele Monate hinweg an seiner Gesundheit so geschädigt gewesen, dass die Funktion seines Herzens schwer gestört gewesen sei, er schlecht geschlafen habe und niedergeschlagen gewesen sei. Das sei durch notwendige Ausquartierung und die unterlassene Reaktion des Beklagten noch verstärkt worden.

Das Amtsgericht habe auch verfahrensfehlerhaft gehandelt. Noch in der mündlichen Verhandlung habe es angedeutet, in eine umfangreiche Beweisaufnahme einzutreten. Bedenken an der Schlüssigkeit seines Vortrages habe es indes nicht geäußert. Ihm, dem Kläger, hätte daher Gelegenheit gegeben werden müssen, seinen Sachvortrag noch weiter zu konkretisieren.

Die Kläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 22. Juni 2010 – Az. 980C C 22/09 – sowie das Versäumnisurteil des Gerichts vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 6.743,36 zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens aber € 4.500,– zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit;

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts. Er macht geltend, dass der Kläger mit seinem erstmals in der Berufungsinstanz gebrachten Vorbringen, wonach er sich an die Versicherung gewandt, diese ihre Einstandspflicht aber abgelehnt habe, und es sich nach den Versicherungsbedingungen auch nicht um einen Versicherungsfall gehandelt habe, präkludiert sei; dieser Vortrag sei neu und verspätet. Das Amtsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die Haftpflichtversicherung der Gemeinschaft hätte in Anspruch nehmen müssen. Ferner habe der Kläger auch nichts für ein grobfahrlässiges Verhalten dargetan.

Der Vortrag des Klägers zu den angeblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen sei zu pauschal.

Die Kammer hat gemäß Beschluss vom 19. Januar 2012 (Bl. 261 d. A.) Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen R K, J F, K K, M S und M L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle vom 11. April 2012 (Bl. 282 d. A.) und 22. Juni 2012 (Bl. 343 d. A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits eingereichten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 Abs. 2 ZPO. Auch die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwer ist erreicht.

2. Die Berufung ist unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht das Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2009 aufrechterhalten und die Klage nach Maßgabe der in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2010 gestellten Anträge (vgl. Bl. 89 d. A.) abgewiesen. Der Kläger kann von dem Beklagten weder Schadensersatz noch die Zahlung von Schmerzensgeld verlangen.

a) Soweit der Kläger von dem Beklagten Schadensersatz wegen der behaupteten Schäden im Zusammenhang mit den angeblichen Wassereintritten in seine Sondereigentumseinheit begehrt, steht ihm ein darauf gerichteter Anspruch nicht zu. Der Beklagte kann dem Kläger – wie das Amtsgericht bereits ausgeführt hat – über die Regelung in § 242 BGB einen eigenen Schadensersatzanspruch nach Maßgabe der §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB entgegenhalten.

Der Kläger hat mit der gerichtlichen Inanspruchnahme des Beklagten auf Ersatz der durch die behaupteten Wassereinbrüche verbundenen materiellen Schäden ohne vorherige Inanspruchnahme des Gebäudeversicherers gegen das die Parteien – aufgrund ihrer (seinerzeit) gemeinsamen Zugehörigkeit zu ein und derselben Wohnungseigentümergemeinschaft – verbindende Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme verstoßen. Insoweit hat das Amtsgericht auch zu Recht schon die einschlägige und dazu weiterentwickelte Rechtsprechung des BGH (vgl. dazu nur NJW 2007, 292) herangezogen. Danach ist ein geschädigter Wohnungseigentümer verpflichtet, nicht den schädigenden Miteigentümer auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen, wenn ein Versicherungsfall vorliegt, ein Regress des Gebäudeversicherers gegen den Eigentümer ausgeschlossen ist und der geschädigte Wohnungseigentümer nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den schädigenden Miteigentümer hat.

aa) Ein Versicherungsfall war gegeben. Die Schäden, die der Kläger hier geltend macht, wären von dem mit der WEG abgeschlossenen Gebäudeversicherungsvertrag gedeckt gewesen.

Für die Würdigung der Sach- und Rechtslage durch die Kammer im Hinblick auf das Bestehen eines entsprechende Versicherungsvertrages kommt es nicht auf das Vorbringen des Klägers in seiner Berufungsschrift an, soweit es sich dabei – etwa in Bezug auf den Versicherungsschutz – um neuen Sachvortrag handelt. Jener ist in zweiter Instanz nicht unstreitig geworden und der Kläger ist damit nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert. Die danach der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen, wie sie sich nach dem Vorbringen der Parteien in erster Instanz darstellen, rechtfertigen keine andere Entscheidung. Der Umstand, dass der Gebäudeversicherer für die materiellen Schäden einzustehen gehabt hat, war in erster Instanz unstreitig; insoweit ist das Berufungsgericht auch an die Ausführungen in dem Urteil des Amtsgerichts, soweit es Feststellungen zur Sache getroffen hat, gebunden (BGH, NJW 2001, 448, 449). Davon kann der Kläger nunmehr nicht mehr mit gegenteiligem Sachvortrag abrücken. Die Kammer folgt auch nicht der Ansicht des Klägers, dass die Feststellungen des Amtsgerichts betreffend den unstreitig bestehenden Versicherungsschutz lediglich Rechtsmeinungen der Parteien oder die übereinstimmende Annahme einer Rechtsfolge wiedergeben. Ob ein Versicherungsschutz besteht und durch welchen Versicherer das versicherte Risiko abgedeckt ist, sind Tatsachen, die die Parteien vortragen und unstreitig werden lassen können.

Bei den Wasserschäden, die Gegenstand der Klage sind, hat es sich um Versicherungsfälle gemäß § 6 Ziff. 1 lit. b) VGB gehandelt. Danach ist „Leitungswasser“ Wasser, das bestimmungswidrig ausgetreten ist aus mit den Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen. Zu solchen Einrichtungen gehören – wie der Beklagte zu Recht geltend macht – auch Duschwannen und Duschkabinen, d. h. auch die eine Duschwanne umgebenden gefliesten Wände einschließlich etwaiger den Einstieg ermöglichender Kunststoff- oder Glaswände, weil der Sprachgebrauch des täglichen Lebens eine Mehrzahl solcher Einzelteile als zusammengehörige Einrichtung begreift; die Verbindung mit dem Rohrsystem wird dabei durch den Zulauf, der in der Wand montiert ist, hergestellt (OLG Frankfurt, Urt. v. 22.12.2009 – 7 U 196/07, abrufbar unter BeckRS 2010, 17467). Der Qualifikation als „Einrichtung“ im o. g. Sinne steht nicht entgegen, dass sich Duschkabinen – in der Regel – zusammensetzen aus einer (emaillierten) Duschtasse und ein bis zwei gefliesten Zimmerwänden; ein homogenes Material ist nämlich nicht erforderlich (AG Düsseldorf, NZM 2002, 48). Bestimmungswidrig ist der Wasseraustritt aus einer Einrichtung im o. g. Sinne, wenn er subjektiv und wirtschaftlich nicht der Bestimmung durch den Versicherungsnehmer oder einen berechtigten Benutzer derjenigen Räume oder Grundstücke des Versicherungsnehmers entspricht, innerhalb derer sich die Rohre oder Einrichtungen befinden (vgl. dazu nur BGH, NJW-RR 2005, 381, 383 m. w. N.).

Die Kammer hat die Beweisaufnahme im Hinblick auf die Behauptung des Klägers durchgeführt, das Duschbad in der Küche der Wohnung des Beklagten habe im November/Dezember 2006 eine „wenig fachgerechte“ bzw. „laienhafte“ Gesamtinstallation aufgewiesen, es sei also bei Inbetriebnahme der Dusche entweder Wasser am schwachen Duschvorhang über den Duschwannenrand vorbei auf den Boden oder beim Richten der Duschbrause an die Wände gelaufen, wobei weite Teile des Fugenwerkes von Fußboden und Wänden Schäden aufgewiesen hätten bzw. nicht fachgerecht abgedichtet gewesen seien, wodurch Wasser durch Wand und Decke in die Wohnung des Klägers geführt worden sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zwar nach den Bekundungen der Zeugen K, F K und S – auch unter Berücksichtigung dessen, was der Zeuge L bekundet hat – fest, dass diese Beweisbehauptung des Klägers vorliegend erwiesen ist. Allerdings führt dieses Beweisergebnis gleichzeitig auch zu der Annahme eines o. a. Versicherungsfalls nach § 6 VGB.

Nach den insgesamt glaubhaften Angaben der o. g. Zeugen, die teilweise auch durch die vorgelegten Urkunden gestützt werden, ist die Ursache des – aus Sicht der Kammer feststehenden – Wasseraustritts aus dem nur laienhaft hergestellten „Duschbad“ in der ehemaligen Wohnung des Beklagten darauf zurückzuführen, dass weder eine ausreichende Silikonabdichtung zwischen der Duschwanne und den aufgehenden Fliesen noch ein „Fugenbild“ zwischen den Fliesen selbst vorhanden gewesen ist, es „mehrere defekte Wasser- und Abwasserrohre“ sowie einen nur provisorisch gefertigten Duschvorhang gegeben hat. Dass auch der Fußbodenaufbau in diesem Bereich nicht ausreichend gegen nach unten dringende Feuchtigkeit hergestellt war, steht der Einordnung als Versicherungsfall nach § 6 Ziff. 1 lit. b) VGB nicht entgegen, weil dies nur die mittelbare Folge des bestimmungswidrigen Wasseraustritts gewesen ist. Dass sich der Beklagte vorgenannte Umstände zur Untermauerung seines vorgebrachten Rechtsstandpunktes nicht ausdrücklich zu Eigen gemacht hat, ist unschädlich; es ist anerkannt, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, hilfsweise zu Eigen macht (BGH, NJW 2006, 63, 65 m. w. N.).

bb) In Abrede genommen hat der Kläger – schon in erster Instanz – zwar, dass „ein Rückgriff des Gebäudeversicherers aufgrund der grob fahrlässigen Handlungsweise des Beklagten nicht ausgeschlossen ist“. Dieser Behauptung hatte die Kammer im Hinblick auf ein etwaiges Verschulden des Beklagten jedoch nicht weiter nachzugehen, weil ein Regress der Gebäudeversicherung beim Beklagten schon aus Rechtsgründen ausgeschlossen gewesen wäre: bei einem Gebäudeversicherungsvertrag, dessen Versicherungsnehmer eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist und der das gesamte Gebäude betrifft, ist das Sachersatzinteresse des einzelnen Miteigentümers an dem Gemeinschaftseigentum und dem Sondereigentum der anderen Wohnungseigentümer mitversichert, weswegen ein schädigender Miteigentümer nicht „Dritter“ im Sinne von § 67 Abs. 1 VVG a. F. ist; ein Regress scheidet aus (vgl. BGH, NZM 2001, 624, 625).

cc) Letztlich war auch kein besonderes Interesse des Klägers an einem Schadensausgleich gerade durch den Beklagten gegeben. Dass – wie der Kläger in seinem letzten Schriftsatz vom 9. August 2012 (Bl. 363 d. A.), dort S. 3, geltend gemacht hat – der Versicherer zu seinen Gunsten nicht tätig geworden sei, rechtfertigt ein solches Interesse nicht. Die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls ist Sache des Versicherungsnehmers und fällt in dessen alleinigen Verantwortungsbereich (BGH, NZM 2005, 100, 102). Gleiches gilt auch, soweit der Kläger neben seinen behaupteten materiellen Schäden auch Schmerzensgeld beansprucht. Abseits des Umstands, dass dieser Anspruch nicht besteht (dazu sogleich), ist für die Kammer nicht ersichtlich, weswegen der Kläger seine materiellen Schadensersatzansprüche, die hier von Belang sind, nicht gegenüber dem Versicherer hätte geltend machen und durchsetzen können. Allein die ablehnende Haltung des Versicherers genügt für eine solche Annahme nicht. Das damit verbundene – ggfs. hohe – Prozessrisiko begründet jedenfalls auch kein „besonderes Interesse“ im o. g. Sinne (vgl. dazu BGH, a. a. O.).

b) Betreffend den immateriellen, auf Zahlung von Schmerzensgeld gerichteten Ersatzanspruch hat das Amtsgericht ferner völlig zutreffend auf den unsubstantiierten Sachvortrag des Klägers abgestellt. Unabhängig davon, dass der Vortrag des Klägers dazu teilweise auch erst in zweiter Instanz erfolgt ist und er, der Kläger, damit nach § 531 Abs. 2 S. 3 ZPO präkludiert wäre, vermag auch die Kammer aus seinem Vorbringen nichts konkretes dafür zu entnehmen, weshalb die Voraussetzungen für einen auf § 253 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einer Haftungsnorm gestützten Anspruch erfüllt sein sollen. Der Vortrag des Klägers dazu erschöpft sich in der Wiedergabe von Allgemeinplätzen und Pauschalbehauptungen, die einer Beweisaufnahme mangels Substanz nicht zugänglich sind. Dass und wie genau der Kläger an seinem Körper und/oder an seiner Gesundheit durch ein etwaig deliktisches oder sonst pflichtwidriges Verhalten des Beklagten geschädigt worden sein will, ist danach hier nicht nachzuvollziehen.

c) Soweit der Kläger Verfahrensfehler rügt, die das Amtsgericht begangen habe, ist eine etwaige Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör jedenfalls im Rahmen des Berufungsverfahrens geheilt worden. Ferner war das Amtsgericht nicht verpflichtet, den anwaltlich vertretenen Kläger in erster Instanz gemäß § 139 Abs. 2 ZPO darauf hinzuweisen, dass dem Vorbringen des Beklagten zum Vorrang der Inanspruchnahme des Versicherers entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt; dies war nach dem Prozessverlauf nicht überraschend. Dass das Amtsgericht dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2010 suggeriert haben soll, in eine Beweisaufnahme eintreten zu wollen, ergibt sich aus dem Protokollinhalt nicht; auch glaubhaft gemacht hat der Kläger diese Behauptung nicht, vgl. § 531 Abs. 2 S. 2 ZPO.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit nach den §§ 708 ff. ZPO bedarf es nicht, weil die Kammer die Revision nicht zugelassen hat und eine Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen ist, s. § 62 Abs. 2 WEG. Es handelt sich vorliegend auch um eine Sache im Sinne von § 43 Ziff. 1 WEG, weil es für die Begründung der ausschließlichen Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts unerheblich ist, ob der Beklagte bereits aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist (BGH, NJW 2002, 3709).

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