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WEG – Nichtigkeit Beschluss über Kostenverteilungsschlüsseländerung

AG Norderstedt – Az.: 44 C 283/12 – Urteil vom 05.12.2012

I.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24.5.2012 zu Tagesordnungspunkt 5 nichtig ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben die Beklagten zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf € 4.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Wohnungseigentümerin gegen Tagesordnungspunkt 5 des Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 24.05.2012.

Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 24.5.2012 wurde unter dem Tagesordnungspunkt 5 folgendes beschlossen (Bl. 9 d. A.):

„Die Eigentümerversammlung beschließt die Änderung des Umlageschlüssels in der Abrechnung für die Betriebs- und Verwaltungskosten von Miteigentumsanteile auf qm-Wohnfläche. Diese Änderung soll ab der Abrechnung 2012 gültig sein.“

In dem Beschlussprotokoll ist festgehalten, dass Frau … der Umstellung nur zustimmen würde, wenn eine exakte Neuberechnung aller Wohnflächen inkl. der Loggien erfolgt (Bl. 9 d. A.).

In der Teilungserklärung vom 15.03.1951 (Bl. 34 ff. d. A.) ist für die Räume im Dachgeschoss eine Flächenangabe nicht enthalten. Die Ergänzung zur Teilungserklärung vom 07.10.1975 (Bl. 50 ff. d. A.) enthält für die – aufgeteilten – Dachgeschosswohnungen ebenfalls keine Flächenangaben.

Die Klägerin meint, es ergebe sich aus dem Beschluss nicht eindeutig, ob die Kostenverteilung nur für die Fläche zur Wohnnutzung oder auch für Teileigentum gelten solle. Nur wenn die Flächenangaben in der Teilungserklärung von den tatsächlichen Flächen abweichen würden, seien die Flächenangaben der Teilungserklärung nicht als verbindlich anzusehen. Dies sei hier der Fall. Auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses, welcher unstreitig als Durchführungsbeschluss vorgesehen ist, könne eine ordnungsgemäße Abrechnung nicht erstellt werden, weil nicht klar sei, welche Quadratmeterflächen überhaupt für die Abrechnung maßgeblich sein sollen. Enthalte die Teilungserklärung keine exakten Flächenangaben, sei durch Auslegung zu ermitteln, wie sich Wohn- und Nutzfläche zusammensetzen. Die Wohnungseigentümer hätten im vorliegenden Fall indes durch Mehrheitsbeschluss noch nicht festgelegt, welche Flächen in Ansatz zu bringen seien. Vor diesem Hintergrund komme für die Verwaltung eine Abrechnung auf Grundlage von TOP 5 des streitgegenständlichen Beschlusses nicht in Betracht und könne die Verwaltung den Beschluss insoweit nicht durchführen.

Die Klägerin beantragt, der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24.5.2012 zu Tagesordnungspunkt 5 wird für ungültig erklärt, hilfsweise wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24.5.2012 zu Tagesordnungspunkt 5 nichtig ist.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, zum Einen ergebe sich aus dem Beschluss eindeutig, dass eine Kostenverteilung nach Wohnflächen vorgenommen werden solle, was bereits begrifflich nicht das Teileigentum mit einbeziehe. Des Weiteren meinen die Beklagten, es sei zwar richtig, dass die Teilungserklärung keine Maße im Hinblick auf die Wohnfläche des Dachgeschosses bzw. der Dachgeschosswohnungen enthalte. Seit vielen Jahren bestehe allerdings für die Heizkostenverteilung ein Konsens bezüglich der Wohnungsflächen, der Grundlage für die Heizkostenabrechnung sei. Dementsprechend treffe das Argument, der Beschluss sei für die Verwaltung nicht durchführbar, nicht zu. Denn es werde jedes Jahr mit einem entsprechenden Verteilungsschlüssel im Rahmen der Heizkostenabrechnung gearbeitet, die auch für den Beschluss zu TOP 5 zugrunde gelegt werden müsse. Vor diesem Hintergrund ergebe sich eindeutig, dass die Parteien als Wohnfläche jene Fläche zugrunde legen wollten, nach der sie im Bereich der Heizkosten seit Jahren abrechne.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Insbesondere ist die Anfechtungsfrist des § 46 WEG im Hinblick auf die Klageinreichung als auch im Hinblick auf die Begründung eingehalten.

Die angefochtenen Beschlüsse waren indes nicht nur für ungültig zu erklären, sondern aufgrund ihrer Nichtigkeit deren Nichtigkeit festzustellen. Dies hat die Klägerin auch hilfsweise beantragt, so dass das Gericht nicht mehr zugesprochen hat, als beantragt.

Die Beschlussfassung zu TOP 5 der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 24.5.2012 ist nicht hinreichend bestimmt und damit im Ergebnis nichtig.

Der Beschluss ist derart unbestimmt, dass er nicht vollzogen werden kann. Er verhält sich lediglich darüber, den Abrechnungsschlüssel von Miteigentumsanteilen auf Quadratmeter umzustellen. Er enthält allerdings keinerlei Festlegungen dazu, welche Quadratmeterzahlen als Gesamtfläche und welche Quadratmeterzahlen als Einzelfläche für jedes einzelne Objekt für jeden Wohnungseigentümer maßgeblich sind. Auch die Teilungserklärung enthält hierzu keine abschließenden Vereinbarungen, da weder in dieser, noch in der Ergänzung zur Teilungserklärung die Flächen der Dachgeschosswohnungen benannt sind. Eine konkrete Wohnflächenaufschlüsselung ist dem Beschluss zudem weder beigefügt noch wurde auf eine entsprechende Wohnflächenaufschlüsselung im Rahmen des Protokolls verwiesen.

Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass Begleitumstände heranzuziehen sein können, die eine Auslegung des Beschlusses dahin erlauben, dass die Flächenangaben zugrunde gelegt werden sollten, auf deren Grundlage die Heizkostenabrechnungen erfolgen.

Soweit Begleitumstände heranzuziehen sind, sind diese nur relevant, wenn diese auch für einen objektiven Betrachter aus dem Protokoll erkennbar sind (BGH NJW 1998, 3713). Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, z. B. weil sie sich aus dem – übrigen – Versammlungsprotokoll ergeben (BGH aaO).

Vorliegend ergibt sich aus dem Protokoll vom 24.5.2012 indes gerade nicht, dass die den Heizkostenabrechnungen zugrunde gelegten Flächen auch für die Ermittlung der Betriebs- und Verwaltungskosten herangezogen werden sollen. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Protokoll, dass offenbar Streitigkeiten im Hinblick auf die Wohnflächen bestehen. So heißt es in dem Protokoll, dass Frau … als Eigentümerin eine exakte Neuberechnung aller Wohnflächen inklusive der Loggien begehrt. Vor diesem Hintergrund erscheint bereits aus dem Protokoll ersichtlich zu sein, dass die Wohnflächen insgesamt nicht klar feststehen. Dies wird im Wesentlichen auch dadurch belegt, dass in der Teilungserklärung die Wohnflächen der Dachgeschosswohnungen nicht angegeben sind. Zwar ist hinsichtlich der übrigen Miteigentumsanteile jeweils eine Flächenangabe vorhanden. Dies trifft indes auf die aufgeteilten Dachgeschosswohnungen nicht zu. Vor diesem Hintergrund ist in keiner Weise ersichtlich, welche Wohnflächen für diese Wohnungen zugrunde gelegt werden sollen oder können. Für einen objektiven Dritten ist aus der Beschlussformel auch nicht erkennbar, dass die Flächen zugrunde gelegt werden sollen, die im Rahmen der Heizkostenabrechnungen berücksichtigt werden.

Vor diesem Hintergrund ist der unter TOP 5 gefasste Beschluss zu unbestimmt. Dies führt nach Auffassung des Gerichts nicht nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, sondern zur Nichtigkeit (vgl. insoweit auch OLG Düsseldorf, Urteil bzw. Beschluss vom 26.3.2004, Az: I-3 Wx 344/03, 3 Wx 344/03, AG Oberhausen, Urteil vom 21.02.2012, Az: 34 C 7/10)).

Zwar ist auch ein Eigentümerbeschluss mit unbestimmtem Inhalt regelmäßig nur anfechtbar (§ 23 Abs. 4 WEG). Als nichtig sind dagegen Beschlüsse anzusehen, wenn eine durchführbare Regelung nicht mehr erkennbar ist (OLG Düsseldorf, a. a. O.). Letzteres ist vorliegend der Fall. Eine Abrechnung der Betriebskosten nach den Wohnflächen ist nicht durchführbar, solange ein Punkt, mit dem die Beschlussfassung „steht und fällt“, hier die Wohnflächen, weder insgesamt feststeht noch mit zulässigen Mitteln der Beschlussauslegung geklärt werden kann. Da im vorliegenden Fall die Wohnflächen aus der Teilungserklärung – wie erwähnt – gerade nicht vollumfänglich ersichtlich sind und auch nicht mit weiteren Mitteln der Beschlussauslegung geklärt werden können, insbesondere in keiner Weise auf die Flächen, die der Heizkostenabrechnung zugrunde gelegt werden, Bezug genommen wird, ist der streitgegenständliche Beschluss nicht durchführbar.

Die Beklagten können insoweit auch nicht mit dem Argument gehört werden, der Beschluss sei jedenfalls als Grundlagenbeschluss zu berücksichtigen und wirksam. Insoweit ist das Gericht der Auffassung, dass es sich um einen einheitlichen Beschluss über die Abrechnung der Betriebs- und Verwaltungskosten handelt, so dass dieser Beschluss auch nur einheitlich angefochten werden konnte. Im Falle der Nichtigkeit wäre die Wohnungseigentümergemeinschaft ohnehin gehalten, erneut zu entscheiden. Da der vorliegende Beschluss ohne Angabe der Wohnflächen zudem nicht ausführbar ist, gibt es auch keinen hinreichenden Grund, den ggf. enthaltenen Grundlagenbeschluss auszuklammern und die Wohnungseigentümergemeinschaft insoweit von erneuter Beschlussfassung zu entlasten (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 15.2.2011, Az: 102D C 79/10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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