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WEG – Ungültigerklärung einer gesonderten Heizkostenabrechnung

LG München I – Az.: 1 S 4470/11 – Urteil vom 08.08.2011

I. Das Endurteil des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 01.02.2011 wird in Ziffern 1 und 2 des Tenors dahingehend abgeändert, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 31.03.2009 zu Tagesordnungspunkt 1 insgesamt, d.h. auch bezüglich der Heizkostenabrechnung 2008 für ungültig erklärt wird.

II. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten samtverbindlich.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 4 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet.

1. Die Berufung ist zulässig. Die Berufungssumme gemäß § 511 II Nr. 1 ZPO ist überschritten.

WEG - Ungültigerklärung einer gesonderten Heizkostenabrechnung
Symbolfoto: Von LadyPhotos/Shutterstock.com

Gegenstand der Berufungsinstanz ist allein noch die Genehmigung der Heizkostenabrechnung als Teil der Genehmigung der Jahresabrechnung für 2008 durch Beschluss vom 31.03.2009, TOP 1. Bezüglich dieser Heizkostenabrechnung hat das Amtgericht die Anfechtungsklage der Kläger abgewiesen. Die Kammer schätzt die daraus resultierende Beschwer der Kläger auf 1.000 €.

Das Amtsgericht hat, nach Meinung der Kammer angemessen und von den Parteien unbeanstandet, für den TOP 1 einen Streitwert von insgesamt 3.000 € angesetzt. Nach dem Parteivortrag strebten die Parteien jedenfalls ursprünglich einmal eine ungefähre Dreiteilung ihres Wohngeldes an: Ein Drittel sollte auf die laufende Verwaltung entfallen, 1/3 auf die Instandhaltungsrücklage und 1/3 auf die Heizkosten. Angesichts dessen erscheint es hier angebracht, die Beschwer in Bezug auf die Heizkostenabrechnung mit 1/3 von 3.000 €, also 1.000 € zu bemessen.

2. Die Berufung ist begründet. Die Genehmigung der Jahresabrechnung für 2008 ist auch hinsichtlich der Heizkosten für ungültig zu erklären.

a) Das ergibt sich schon aus dem Rechtsgedanken des § 139 BGB. Das Amtsgericht hat mit Ausnahme der Heizkosten die Genehmigung der Jahresabrechnung für ungültig erklärt. Es verbleibt demnach also letztlich nur noch eine einzelne Position der Abrechnung. Eine singuläre Ausgabenposition ist aber keine Abrechnung mehr, auch kein selbständiger Rest einer solchen mehr. Sie kann also nicht isoliert aufrecht erhalten bleiben. Vielmehr ist aufgrund der vom Amtsgericht überzeugend festgestellten Fehlerhaftigkeit der Jahresabrechnung diese für insgesamt für ungültig zu erklären.

b) Hinzu kommt, dass die Abtrennung der Heizkostenabrechnung von der Restabrechnung ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.

Die Trennung ist schon mit dem Wortlaut des § 28 III WEG unvereinbar, wonach eine Jahresabrechnung zu erstellen ist, nicht mehrere Teilabrechnungen.

Die Aufteilung hat überdies zur Folge, dass kein Gesamtsaldo ausgewiesen wird, der das Gesamtergebnis des Wirtschaftsjahres für die WEG insgesamt und das Einzelergebnis für den einzelnen Eigentümer ausweist. Zumindest letzteres widerspricht dem Zweck des § 28 III, V WEG, wonach die Einzelabrechnungen die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen der Wohnungseigentümer verbindlich regeln (BGH NJW 2010, 2127; NJW 1999, 3713; NJW 1996, 725; BayObLG ZMR 2005, 65).

Die gesamte Abrechnung ist deswegen für den Eigentümer auch nicht mehr, wie im Rahmen des § 28 V WEG erforderlich (BGH NJW 2010, 2127, 2128; OLG München NZM 2008, 492; LG München I ZWE 2010, 138; Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rz. 58; Bärmann/Merle, WEG, 11. Aufl., § 28 Rz. 67), ohne weiteres verständlich und nachvollziehbar. Ein Abgleich mit dem tatsächlichen Kontostand wird durch die Aufspaltung der Abrechnung in mehrere Teilabrechnungen nämlich erheblich erschwert. Denn für einen solchen Abgleich bedarf es der Ermittlung eines Gesamtsaldos, der dann in Beziehung zum Kontoanfangs- und Kontoendstand gesetzt werden kann (ggf. unter Berücksichtigung von Rechnungsabgrenzungsposten). Die Nachvollziehbarkeit des Gesamtrechenwerks wird zusätzlich noch dadurch vermindert, dass der Heizkostenabrechnung ein anderer Abrechnungszeitraum als der Restabrechnung zugrunde liegt: Während sich die Heizkostenabrechnung nur auf die zweite Jahreshälfte für 2008 bezieht, bezieht sich die Restabrechnung auf das Gesamtjahr 2008.

c) Die Begrenzung der Heizkostenabrechnung auf die zweite Jahreshälfte 2008 stellt auch unabhängig von der dadurch bedingten Verringerung der Nachvollziehbarkeit des Gesamtrechenwerks einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung dar. Nach § 28 V WEG ist das ganze Jahr abzurechnen. Die Abrechnung nur über einzelne Monate oder Quartale ist grundsätzlich unzulässig (Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rz. 6; Bärmann/Merle, WEG, 11. Aufl., §28 Rz. 67). Eine Ausnahme ist denkbar, wenn einmal für eine gebotene Umstellung von einem unrichtigen Abrechnungsjahr auf das korrekte Wirtschaftsjahr ein verkürztes Rumpfgeschäftsjahr erforderlich wäre (LG München I NZM 2009, 822; so auch Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rz. 6 a.E. für die Parallelproblematik beim Wirtschaftsplan). Abgesehen davon, dass in einem solchen Fall die Abrechnung insgesamt und einheitlich für das verkürzte Rumpfgeschäftsjahr erstellt werden müsste, nicht nur die Heizkostenabrechnung, ist eine derartige Ausnahmekonstellation hier nicht vorgetragen noch sonst ersichtlich.

d) Die Anfechtungsklage ist entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht rechtsmissbräuchlich gemäß § 242 BGB.

Insoweit reicht es nicht aus, dass die vorliegende Abrechnungsweise einer jahrelangen Übung in der WEG entspricht. Die vorliegende Abrechnung ist für die Miteigentümer nicht ausreichend nachvollziehbar. Sie kann daher eine ihrer wichtigsten Funktionen, die Überprüfbarkeit der Verwaltung durch die Miteigentümer sicherzustellen (LG Hamburg ZWE 2011, 129; LG München I NZM 2009, 822; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.10.2006, Az.: 20 W 278/03, zit. nach juris Rz. 28; Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rz. 31), nicht oder jedenfalls nicht in genügendem Maße erfüllen. Angesichts dieses gravierenden Mankos ist das Vorgehen des Klägers nicht rechtsmissbräuchlich, mag er auch gegen eine seit längerem bestehende Übung in der Gemeinschaft vorgehen. Ein Vertrauensschutz der übrigen Eigentümer bezüglich der Abrechnung 2008 wäre abgesehen auch schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil der Kläger bereits gegen die am 18.04.2008 beschlossene Jahresabrechnung 2007 vorgegangen war. Spätestens seit dieser Zeit war offenbar, dass der Kläger die bisherige rechtswidrige Übung nicht mehr tolerieren würde.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

2. Die Revision war gemäß § 543 I Nr. 1, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich ist. Es ging nur um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen reinen Einzelfall.

3. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht veranlasst, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil nicht mehr gegeben ist. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß §§ 62 II, 43 Nr. 4 WEG nicht gegeben.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49a GKG. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen zur Berufungssumme (oben Ziffer II 1) Bezug genommen.

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