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WEG – Ungültigkeit der Jahresabrechnung bei fehlender Angabe der Gesamteinnahmen

LG Frankfurt –  Az.: 2/13 S 27/13 – Urteil vom 09.01.2014

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 13. Dezember 2012 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Klage hinsichtlich Tagesordnungspunkt 2 der Wohnungseigentumsversammlung vom 25.08.2011 abgewiesen worden ist. Dieser Beschluss der Wohnungseigentumsversammlung wird für ungültig erklärt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Kläger zu 30 % und die Beklagten zu 70 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil und das angefochtene Urteil – im Umfang der Berufungszurückweisung – sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

II.

WEG - Ungültigkeit der Jahresabrechnung bei fehlender Angabe der Gesamteinnahmen
Symbolfoto: Von fizkes /Shutterstock.com

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

1. Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass sich der Einladungsmangel hinsichtlich des Beklagten zu 4) vorliegend nicht auswirkt. Zwar sind die Beklagten zu 3) und 4) gemeinsame Eigentümer eines Miteigentumsanteils, sodass an sich auch der – von der Beklagten zu 3) getrennt lebende Beklagte zu 4) zu der Wohnungseigentümerversammlung einzuladen war.

Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich (mehrfach) entschieden hat, führt die unterbliebene Einladung eines Wohnungseigentümers zu einer Eigentümerversammlung regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit (vgl. zuletzt BGH WuM 2012, 573); falls nicht – in ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen – „der Wohnungseigentümer in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden soll“ (BGH a. a. O. Rn 8). Ein derartiger Ausnahmefall liegt – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht vor. Anhaltspunkte, dass der Verwalter den Beklagten zu 4) „böswillig“ an der Versammlungsteilnahme hindern wollte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Denn der Verwalter ist ersichtlich davon ausgegangen, der Beklagte zu 4) würde seine Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung mit der in der Wohnung lebenden Beklagten zu 3) abstimmen. Zudem haben die Kläger nicht beweisen können, dass dem Verwalter die neue Anschrift bekannt war. Ein Fall der böswilligen Vereitelung der Teilnahme des Beklagten zu 4) an der Wohnungseigentumsversammlung liegt daher nicht vor. Die in der Versammlung gefassten Beschlüsse sind daher nicht bereits aus diesem Grund nichtig.

Auch eine Anfechtbarkeit der Beschlüsse aus diesem Grunde ist nicht gegeben, denn eine Kausalität des Einladungsmangels auf die Beschlussfassung ist jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil der Beklagte zu 4) in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass er ebenso abgestimmt hätte, wie dies die Beklagte zu 3) – die den angefochtenen Beschlüssen zugestimmt hat – getan hat.

2. Gleichwohl ist der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 2 (Jahresabrechnung) für unwirksam zu erklären. Denn in der Abrechnung fehlen sowohl die Kontostände als auch die Einnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Abrechnungsjahr. Dies führt – entgegen der Ansicht des Amtsgerichts – jedoch nicht nur zu einem Ergänzungsanspruch, sondern hat die Ungültigkeit der Abrechnung zur Folge.

Bereits ohne die Kontenstände ist die Abrechnung grundsätzlich nicht aus sich heraus nachvollziehbar, weil die Gleichung „Anfangsbestand + Einnahmen – Ausgaben = Endbestand“ nicht aus der Abrechnung ersichtlich ist. Zwar hat die Kammer im Anschluss an eine in der Rechtsprechung vertretene Meinung (vgl. etwa BayObLG ZMR 2004, 50) in diesen Fällen zumeist lediglich einen Ergänzungsanspruch angenommen und die im Übrigen beanstandungsfreie Abrechnung jedenfalls in dem Fall unangetastet gelassen, dass die Kontenstände im Prozess nachgereicht worden sind (vgl. insgesamt Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 28 Rn.130, 132 m.w.N.). Vorliegend kommt aber nicht mehr in Betracht, die Kläger – wie das Amtsgericht meint – auf einen bloßen Ergänzungsanspruch zu verweisen. Denn vorliegend weist die Abrechnung weitere Fehler auf.

Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass – was ebenfalls gerügt worden ist – die Abrechnung keinerlei (Gesamt) Einnahmenseite besitzt. Eine Übersicht über die Einnahmenseite enthält die Jahresabrechnung mit Ausnahme der Einnahmen, welche durch die Vorauszahlungen der Kläger gezahlt worden sind, nicht. Damit fehlt es der Abrechnung insgesamt an der Nachvollziehbarkeit, da eine lediglich ausgabenorientierte Abrechnung, bei der es sich im vorliegenden Fall praktisch um eine isolierte Einzelabrechnung ohne eine Gesamtabrechnung handelt, keinen Bestand haben kann. Denn da es an einer nachvollziehbaren Gesamtabrechnung fehlt, ist auch der darauf eigentlich fußenden Einzelabrechnung der Boden entzogen. Der Beschluss über die Abrechnung ist daher insgesamt für ungültig zu erklären.

3. Entgegen der Ansicht der Kläger ist mit der Unwirksamkeit des Beschlusses über die Jahresabrechnung aber nicht auch (quasi automatisch) die Unwirksamkeit des Wirtschaftsplanes verbunden. Der Wirtschaftsplan soll eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthalten. Zutreffend ist zwar, dass der vorgelegte Wirtschaftsplan ebenso wie die Jahresabrechnung nur eine Ausgabenseite enthält. Die Kläger tragen jedoch nicht vor – noch ist dieses sonst ersichtlich -, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft über weitere Einnahmen, als die Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer verfügt. Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden hat (BGH NZM 2013, 650) müssen in einem Wirtschaftsplan die (künftigen) Hausgeldvorschüsse der Wohnungseigentümer nicht ausdrücklich als Einnahmen aufgeführt werden. Denn es kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die aus dem Wirtschaftsplan ersichtlichen Deckungslücke zwischen den voraussichtlichen Ausgaben und den sonstigen Vermögenszuflüssen der Gemeinschaft durch die Belastung der Wohnungseigentümer mit Hausgeldvorschüssen ausgeglichen werden sollen (BGH a. a. O.). Auch im vorliegenden Fall ist in dem Einzelwirtschaftsplan für die Kläger ihr Anteil an den Gesamtausgaben in nachvollziehbarer Weise ermittelt worden. Unter Berücksichtigung der angegebenen Verteilerschlüssel lassen sich bei dem vorliegenden Wirtschaftsplan ebenfalls, wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, unschwer die Vorschüsse der anderen Wohnungseigentümer errechnen, so dass insoweit der Wirtschaftsplan wirksam ist.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708Nr. 10, 711,713,544 ZPO, 62 Abs. 2 WEG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen. Insbesondere liegen – entgegen der Ansicht der Kläger – die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht deshalb vor, weil in der Kommentarliteratur vereinzelt zur Auswirkung der Nichteinladung von Wohnungseigentümern auf die Wirksamkeit der Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung abweichende Ansichten vertreten werden. Diese Frage ist gleichwohl nicht mehr klärungsbedürftig im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Denn diese Frage ist höchstrichterlich entschieden. Zwar kann auch eine Rechtsfrage die vom Bundesgerichtshof geklärt ist, weiterhin klärungsbedürftig sein, dieses setzt allerdings voraus, dass nicht nur einzelne Instanzgerichte oder Literaturstimmen der Auffassung des Bundesgerichtshofs weiterhin widersprechen und insoweit neue Argumente ins Feld geführt werden, die den BGH zu einer Überprüfung seiner Auffassung veranlassen können (vgl. Musielak/Ball § 543 Rn 5 a). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt, denn mit den Einwendungen des Schrifttums hat sich der Bundesgerichtshof zuletzt im Juli 2012 befasst (BGH WuM 2012, 573) und die abweichenden Ansichten erneut abgelehnt, neue Argumente werden hiergegen nicht vorgebracht.

 

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