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WEG – Unzulässigkeit der Beschlussanfechtungsklage bei fehlerhafter Eigentümerliste

AG Pinneberg – Az.: 60 C 39/18 – Urteil vom 18.04.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Steher 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Der Streitwert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Teilungserklärung vom 30.03.2011 sowie der Änderung der Teilungserklärung vom 15.07.2011 besteht die Gemeinschaft aus drei Häusern mit insgesamt 10 Wohneinheiten. Zur Anlage gehört auch eine Tiefgarage mit 18 Stellplätzen. Diese ist vor dem Hintergrund einer Insolvenz – ebenso wie weitere Teile des Gemeinschaftseigentums – noch nicht vollständig mangelfrei errichtet und, jedenfalls zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung vom 10.10.2018 nach dem Inhalt des Protokolls, vom Bauamt noch nicht abgenommen. Ein Tiefgaragenstellplatz konnte bei Erwerb einer Wohnung zum Kaufpreis von 13.500,00 € mit erworben werden.

Davon machten 9 Eigentümer Gebrauch, eine Eigentümerin, der 2 Wohnungseinheiten gehören, sowie 4 weitere Wohnungseigentümer haben 2 Stellplätze, 3 Eigentümer haben einen Stellplatz und ein Eigentümer hat 5 Stellplätze.

In einer früheren Eigentümerversammlung – vom 02.11.2017 – beschlossen die Wohnungseigentümer mit 7 Ja-Stimmen und 3 Enthaltungen zu TOP 3 „Kostenverteilung für die Maßnahmen in der Tiefgarage zur Fertigstellung und Wasserabdichtung“.

„Die Sonderumlage von … in Höhe von Euro 7000,00 soll durch Miteigentumsanteile umgelegt werden, vorbehaltlich einer juristischen Prüfung. Die juristische Prüfung der Kostenverteilung wird verschoben auf spätere Beschlüsse. Es wird beschlossen, dass zur Beschleunigung des Verfahrens nach Miteigentumsanteilen die Kosten umgelegt werden.“

Bei … handelt es sich um den Bauleiter, der mit der Angebotseinholung und Planung zur Fertigstellung der Tiefgarage betraut wurde.

In der weiteren Eigentümerversammlung vom 10.10.2018 wurde dann der hier angefochtene, von den Klägern beantragte Beschluss zu TOP 3 mit 4 Ja-Stimmen und 5 Nein-Stimmen abgelehnt.

Der Beschlussantrag lautete:

„Änderung der Verteilung der Kosten zur Erstellung der Tiefgarage nach Stellplätzen. Aufhebung des Beschlusses der ETV Nr. 8 vom 02.11.2017 unter TOP 3 (Verteilung der Kosten von ETV Nr. 10 vom 02.02.2018 TOP 6, 7, 8, 10 und fortfolgende). Die Verwaltung weist auf den Vertrauensschutz bei Aufhebung von Erstbeschlüssen hin.“

Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll Anlage K3, Bl. 20 d.A., verwiesen.

Die Änderung vom 15.07.2011 der Teilungserklärung vom 30.03.2011 nebst Änderung vom 20.06.2011 sieht an verschiedenen Stellen die Übertragung der Instandhaltung auf die an den Stellplätzen Sondernutzungsberechtigten vor. So heißt es beispielsweise unter Ziffer 6 Abs. 4:

„Die Instandhaltung und Pflege der Tiefgaragenanlage einschließlich Zuwegung obliegt allein denjenigen Eigentümern, die ein oder mehrere Sondernutzungsrechte an den Garagenplätzen haben. Sämtliche mit dem Betrieb der Tiefgarage verbundenen Kosten sind von den Sondernutzungsberechtigten der Garagenplätze entsprechend der Anzahl ihrer Garagenplätze zu tragen.“

Bereits in der Vorbemerkung dieser Urkunde heißt es, dass die Änderung der Teilungserklärung erfolge, da sowohl die Gebäude als auch die Tiefgarage wirtschaftlich jeweils eigenständig behandelt werden sollen.

Unter Ziffer 5 ist die Zuordnung der Stellplätze geregelt. Dort heißt es: „Sämtliche künftigen Wohnungseigentümer sind von der Benutzung der in der Anlage 4 zu dieser Teilungserklärung mit den Nummern TG 1 bis TG 18 bezeichneten Kfz-Stellplätze in der Tiefgarage ausgeschlossen. Dem aufteilenden Eigentümer ist die Befugnis eingeräumt, einzelnen Wohnungseigentümern ein oder mehrere Sondernutzungsrechte an diesen Stellplätzen zuzuweisen. Ein Sondernutzungsrecht entsteht alsdann mit entsprechender Eintragung im Grundbuch. Die Zuweisungsbefugnis erlischt, wenn der aufteilende Eigentümer nicht mehr Eigentümer zumindest einer Einheit ist. (…) Auch jeder spätere Eigentümer einer Sondereigentumseinheit, dem ein oder mehrere Sondernutzungsrechte zugewiesen worden sind, ist berechtigt, diese Sondernutzungsrechte an einen anderen Eigentümer einer Sondereigentumseinheit entgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen.“

In Ziffer 11 Abs. 2 heißt es zum Stimmrecht:

„Über Angelegenheiten, die ausschließlich das jeweilige Haus 1, 2 oder 3 oder die Tiefgaragenanlage betreffen, sind jeweils nur die jeweiligen Wohnungseigentümer bzw. Sondernutzungsberechtigten entsprechend ihren Miteigentumsanteilen bzw. Anzahl der Sondernutzungsrechte an einem Tiefgaragenstellplatz stimmberechtigt.“

Wegen der Einzelheiten wird auf die Änderung der Teilungserklärung vom 15.07.2011, Anlage K 5, Bl. 42 ff. d.A. verwiesen.

In der Teilungserklärung vom 30.03.2011 (Anlage K 4, Bl. 26 ff. d.A.) ist unter § 10 geregelt, dass Lasten und Kosten des Gemeinschaftseigentums die Miteigentümer im Verhältnis der Miteigentumsanteile tragen. Weiter heißt es, dass der jeweilige Eigentümer der Wohneinheit 10 weder an den Kosten der Heizanlage für die Wohneinheiten 1-9 noch an den Kosten der Tiefgarage und der Zuwegung zu beteiligen sei, wenn er keine Sondernutzungsrechte an Stellplätzen mehr innehabe.

Die Kläger sind der Ansicht, dass eine Kostenverteilung nach Stellplätzen sachlich gerechtfertigt sei und auch dem in WEG-Verfahren zu berücksichtigenden Grundsatz der Billigkeit entspreche. Eine Verteilung der Kosten widerspreche nicht nur der Regelung der Teilungserklärung, sondern sei auch in der Sache unbillig. Hierfür spreche auch, dass die Stellplätze nicht beim Erwerb der Wohnungen enthalten gewesen seien, sondern gesondert mit 13.500,00 € erworben werden konnten.

Die Mehrbelastungen einzelner Eigentümer im Bereich 2500,00 € bis 6200,00 € bzw. Übervorteilungen in Höhe von rund 1000,00 € bis rund 15000,00 € ergäben sich aus der Aufstellung Anlage K7. vgl. Blatt 68 der Akte. Diese Aufstellung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, fertigten die Kläger an, um die Mehrbelastung zu verdeutlichen, die durch Anwendung des ihrer Ansicht nach falschen Verteilungsschlüssels – Miteigentumsanteile statt Anzahl der Stellplätze – entstehe. Es verhält sich dabei so, dass die Eigentümer der Wohneinheit 10, deren Wohnungseigentum nach Abriss eines Gebäudes derzeit nur in einem unbebautem Grundstücksteil besteht, in dieser Aufteilung nicht berücksichtigt sind, sondern nur die übrigen neuen Wohnungseigentümer, die das Sondernutzungsrecht an 1-5 Stellplätzen erworben haben.

Die Kläger machen weiter geltend, dass die anhand des Einzelfalls vorzunehmende Würdigung, ob eine Kostenverteilungsregelung bei Anlegung eines strengen Maßstabs zu unzumutbaren Ergebnissen führe, in erster Linie Sache des Tatrichters sei. Die Trennung von reinen Herstellungskosten und Sanierungskosten würde verwaltungstechnisch zu einem hohen, kaum durchführbaren und zu rechtfertigenden Verwaltungsmehraufwand führen.

Die Kläger beantragen, den in der Eigentümerversammlung vom 10.10.2018 unter TOP 3 gefassten Beschluss zur Kostenverteilung hinsichtlich der Kosten der Tiefgarage für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Der angefochtene Negativbeschluss entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, da die von den Wohnungseigentümern vorgesehene Kostenverteilung eine Belastung aller Eigentümer gemäß § 16 Abs. 2 WEG vorsehe. Dieser Maßstab sei stets bei der erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung des Gemeinschaftseigentums zugrunde zu legen, wenn die Teilungserklärung nicht ausdrücklich etwas anderes vorsehe. Deren Regelungen bezögen sich ausschließlich auf die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschafseigentums, eine Regelung hinsichtlich der erstmaligen Herstellung des Gemeinschafseigentums finde sich nicht.

Ein Anspruch auf eine positive Beschlussfassung aufgrund einer Reduzierung des Entschließungsermessens der Wohnungseigentümer auf Null läge nicht vor. Die Erwägungen der Kläger zu einer vermeintlich oder tatsächlich gerechteren Kostenverteilung aus Billigkeitsgesichtspunkten seien in dem Beschlussanfechtungsverfahren nicht berücksichtigungsfähig.

Die Kläger hatten zunächst mit dem Klagebegründungsschriftsatz als Anlage K2 ein Eigentümerliste ohne Anschriften eingereicht. Auf den Hinweis des Gerichts, dass dies nicht ausreichend ist, reichten die Kläger mit Schriftsatz vom 17.12.2018 eine nur noch 9 Eigentümer aufführende Liste mit Adressen ein. Diese hatten sie vom Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft angefordert und in dieser Form erhalten. In der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2019 hat sich herausgestellt, dass die Wohnungseigentümer der Wohneinheit 10 in der Liste nicht aufgeführt sind und die angegebene Anschrift hinsichtlich des Wohnungseigentümers Noll unzutreffend ist.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenseite mit Mitteilung vom 26.03.2019 eine korrigierte Eigentümerliste eingereicht.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die Klage war nicht aufgrund des Umstandes für unzulässig abzuweisen, dass im Grundsatz eine hinsichtlich aller Beklagten zutreffende Eigentümerliste bis spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen hat.

Zwar verlangt § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG in Verbindung mit § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4, § 130 Nr. 1 ZPO, dass die in der Klage zunächst nur mit „übrige Wohnungseigentümer“ bezeichneten Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unter Angabe eine ladungsfähige Anschrift namentlich zu bezeichnen sind. Diesen Anforderungen genügt weder die als Anlage K2 eingereichte Liste, die gar keine Anschriften enthält, noch aufgrund der genannten Fehler die später mit Schriftsatz vom 17.12.2018 nachgereichte Liste. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung durch die Beklagten eingereichte Eigentümerliste ist nicht berücksichtigungsfähig. Grundsätzlich wäre daher die Klage als unzulässig abzuweisen, vgl. BGH V ZR 190/10. Die Kläger sind jedoch der ihnen nach § 44 Absatz 1 Satz 2 WEG auferlegten prozessualen Obliegenheit, eine Eigentümerliste vorzulegen, durch Einreichung der ihnen durch die Verwaltung überlassenen Liste nachgekommen. Ein Versäumnis der Verwaltung darf sich nicht zulasten des Klägers auswirken und zur Klageabweisung führen, vgl. BGH V ZR 266/16, ZMR 2018, 839, unter Bezugnahme auf BGH V ZR 162/11, NJW 2013, 103. Dies muss nach Ansicht des Gerichts unabhängig davon gelten, ob die Verwaltung die Eigentümerliste auf Anordnung des Gerichts direkt zur Akte reicht oder sie auf Anforderung der Kläger diesen überlässt und sie von diesen eingereicht zur Gerichtsakte gelangt.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Ablehnung eines Beschlussantrags durch die Wohnungseigentümer (Negativbeschluss) unterliegt auch ohne Verbindung mit einem auf die Feststellung eines positiven Beschlussergebnisses gerichteten Antrags der gerichtlichen Anfechtung (BGH V ZR 114/09, ZMR 2010, 542).

Ein Negativbeschluss entspricht dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn das Ermessen der Wohnungseigentümer dahingehend auf Null reduziert ist, dass nur ein positiver Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, vgl. etwa LG Itzehoe, 11 S 1/17, ZMR 2018, 626, juris Rn. 31.

Das ist hier nicht der Fall.

Die Teilungserklärung enthält Kostenregelungen hinsichtlich des Betriebs und der Instandhaltung betreffend die Tiefgarage. Zur Instandhaltung zählen nach allgemeinem Sprachgebrauch Maßnahmen, die den ursprünglichen Zustand erhalten odereinen mangelhaften Zustand beseitigen.

Hier geht es jedoch um die Kosten der mangelfreien Errichtung der noch nicht fertig gestellten Tiefgarage. Die Erstherstellung gehört zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung, die jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG beanspruchen kann, da zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums neben Instandsetzungsmaßnahmen im engeren Sinne auch die erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums sowie Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen an das gemeinschaftliche Eigentum gehören. Vorliegend streiten die Parteien jedoch nicht über einen Anspruch auf Durchführung der Maßnahmen, sondern über das Ermessen der Gemeinschaft, die Abänderung des Verteilungsschlüssels gegenüber früheren Beschlüssen und der gesetzlichen Regelung abweichenden Verteilungsschlüssel mehrheitlich abzulehnen.

Gemäß § 16 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen.

Dieser Verteilungsschlüssel ist mangels abweichendem wirksamen Beschluss (vom 02.11.2017 betreffend die Sonderumlage in Höhe von 7000,00 Euro und, wie im Beschlusstext des angefochtenen Negativbeschlusses erwähnt, vom 02.02.2018) und mangels abweichender Regelung in der Teilungserklärung, die grundsätzlich eine Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile vorsieht, auch für die erstmalige Herstellung des plangerechten Zustandes anzuwenden, vgl. Niedenführ/Vandenhouten WEG, 12. Auflage, § 22 Rn. 222; Bärmann-Merle WEG 14. Auflage § 22 Rn. 402.

Von einer Reduzierung des Ermessens der Wohnungseigentümer auf Null dahingehend, von der gesetzlichen Kostenverteilung unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit bzw. Kostengerechtigkeit abzuweichen und nur die sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer unter Berücksichtigung der Anzahl der von ihnen gehaltenen Stellplätze zu belasten, ist vorliegend nicht auszugehen.

Die Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums ist auch in dem Bereich, in dem Sondernutzungsrechte begründet wurden, nicht allein Sache der sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer, sondern sämtlicher Wohnungseigentümer. Mit der Fertigstellung der Tiefgarage erfüllt die Gemeinschaft auch die bauordnungsrechtlichen Verpflichtung des zu erbringenden Stellplatznachweises, die das Gemeinschaftseigentum betrifft, vgl. BGH V ZR 84/16, NZM 2017, 224.

Selbst wenn die von den Klägern angestrebte, von der gesetzlichen Regelung abweichende Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen sollte, haben diese keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf genau diese Regelung.

Den Maßstab für die Beurteilung dessen, was ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, enthält zunächst die Regelung in § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG. Danach können die Wohnungseigentümer im Einzelfall durch Beschluss die Verteilung der Kosten für Instandhaltungen oder Instandsetzungen des gemeinschaftlichen Eigentums abweichend von § 16 Abs. 2 WEG regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Hieraus allein ergibt sich allerdings noch nicht, dass der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen muss; dieses Erfordernis folgt aus § 21 Abs. 3 WEG, wonach die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen können, soweit nicht bereits eine Regelung durch Vereinbarung erfolgt ist, vgl. BGH V ZR 114/09, NJW 2010, 2129, juris Rn. 25 f.

Ein Anspruch eines Wohnungseigentümers, eine solche Kostenverteilung durchzusetzen, besteht aber nicht schon dann, wenn sie dem Gebrauchsmaßstab nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG Rechnung trägt. Vielmehr müssen die in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG für die generelle Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels genannten Voraussetzungen ebenfalls vorliegen. Ein Änderungsanspruch eines Wohnungseigentümers in beiden Fällen nur dann gegeben, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

Dies ist vorliegend nicht gegeben. Das Festhalten der Wohnungseigentümer an einer Kostenaufteilung nach Miteigentumsanteilen, ist nicht aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig. Das Maß der Kostenmehrbelastung ist dabei nicht das alleinige Kriterium für die Beurteilung der Unbilligkeit des Festhaltens an dem bisherigen Kostenverteilungsschlüssel, in die Abwägung sind ebenso die Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer einzubeziehen.

Bei Erwerb der Eigentumswohnungen war den Wohnungseigentümern bekannt oder es war jedenfalls erkennbar, dass aufgrund besonderer Umstände Teile des Gemeinschaftseigentums noch nicht fertig errichtet sind (so genannter „steckengebliebener Bau“) und diesbezüglich in der Teilungsregelung keine Kostenregelung existiert. Dies mag sich im Einzelfall auch jeweils auf den Kaufpreis niedergeschlagen haben. Eventuelle unterschiedliche finanzielle Leistungen der einzelne Wohnungseigentümer an den Bauträger sind im Übrigen möglicherweise zu verrechnen, vgl. Bärmann-Merle WEG 14. Auflage § 22 Rn. 402.

Auch den zusätzlich einen oder mehrere Stellplätze erwerbenden Wohnungseigentümern war die Notwendigkeit der Fertigstellung bekannt oder erkennbar. Das Vertrauen auf den allgemein gültigen Verteilungsschlüssel ist als Interesse der Erwerber zu berücksichtigen

Die Unbilligkeit einer Kostenregelung ergibt sich wie bei Instandhaltungskosten von Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums wie etwa Balkonen auch nicht bereits daraus, dass ein Wohnungseigentümer daran beteiligt ist, obwohl er die Einrichtung nicht benutzt und auch nicht benutzen kann, vgl. BGH VZR 114/09, NJW 2010, 2129, juris Rn. 31.

Vorliegend sind die Wohnungseigentümer zudem nach Ziffer 5, vorletzter Absatz der Änderung der Teilungserklärung vom 15.07.2011, berechtigt, die Sondernutzungsrechte an einen anderen Eigentümer einer Sondereigentumseinheit entgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen. Diese auf den Kreis der Wohnungseigentümer beschränkte Erwerbsoption begründet ein zu berücksichtigendes Fertigstellungsinteresse aller Wohnungseigentümer und nicht nur der derzeit sondernutzungsberechtigten Stellplatzinhaber, das ebenfalls gegen die Unbilligkeit der geltenden Kostenregelung spricht, gegen die sich die Kläger durch Anfechtung des Negativbeschlusses indirekt wenden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß § 49a GKG festgesetzt. Nach der von den Klägern erstellten Übersicht Anlage K7 führt der Unterschied zwischen der erfolgten Aufteilung nach Miteigentumsanteilen und einer begehrten Aufteilung nach Anzahl der Stellplätze für sie zu einer Minderbelastung von 6205,80 €. Der Wert der von den Klägern geltend gemachten Benachteiligung durch den bestehenden Verteilungsschlüssel ist ein tatsächlicher Anhaltspunkt für die Bemessung des Interesses der Parteien an der gerichtlichen Entscheidung, vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, 3Z BR 6/98, WuM 1998, 750. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass streitgegenständlich nur die Anfechtung eines Negativbeschlusses ist, weswegen nach Ansicht des Gerichts ein Abschlag von 50% vorzunehmen ist, vgl. Niedenführ/Vandenhouten WEG, 12. Auflage, § 49a Rn. 12 und 29.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Kostenlast auch auf den weiteren Wohnungseigentümer der Wohneinheit 10 umzulegen sein dürfte, war der Streitwert unter Vornahme eines weiteren geschätzten Abschlags auf 3000,00 € festzusetzen.

 

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