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WEG-Versammlung – Wirksamkeit identischer Einzelwirtschaftspläne und Vorauszahlungen

AG Hamburg-Blankenese – Az.: 539 C 13/14- Urteil vom 16.07.2014

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 757,85 nebst 5%-Punkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von jeweils Euro 151,75 seit dem 5.8.2013, 4.9.2013, 3.10.2013, 5.11.2013 und 4.12.2013 sowie weitere Euro 147,56 als Erstattung außergerichtlich entstandener Geschäftsgebühr zu zahlen.

Wegen des restlichen Zinsantrags wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, begehrt vom Beklagten als Mitwohnungseigentümer die Zahlung rückständiger Hausgeldvorauszahlungen für die Monate August 2013 bis Dezember 2013 (5 x Euro 151,57) sowie die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten.

Auf der Versammlung vom 5.6.2012 (Anlage K2) wurde zu Top 20 der Wirtschaftsplan für 2012 genehmigt. Der Gesamtwirtschaftsplan wies eine Summe von 117.587,60 Euro aus. Trotzdem wurde es bei den Einzelwirtschaftsplänen, die zu einer Gesamtsumme von Euro 117.957,48 führten, belassen, damit keine neue Hausgeldberechnung erfolgen müsse.

Ähnlich wurde verfahren auf der Eigentümerversammlung v. 11.6.2013. Dort wurde zu Top 18 der Wirtschaftsplan 2013 genehmigt. Der Gesamtwirtschaftsplan wies eine Endsumme von Euro 118.237,60 aus. Trotzdem wurden weiterhin die Einzelwirtschaftspläne – wie im Vorjahr – mit einer Gesamtsumme von Euro 117.957,48 erneut beschlossen, damit keine Hausgeldneuberechnung erforderlich werde.

Diesen Beschluss fasste die Eigentümerversammlung mit 100% Ja-Stimmen.

Der Beklagte war auf der Eigentümerversammlung durch seine Mutter mit Vollmacht vertreten.

Das Hausgeld für die Sondereigentumseinheit des Beklagten beläuft sich ausweislich – des insoweit fortgeschriebenen – Wirtschaftsplans für 2011 auf monatlich Euro 523,47 (vgl. Schreiben der … Hausverwaltung an … vom 23.6.2011, Anlage K1).

Der Beklagte hat seit August 2013 monatlich lediglich Euro 371,90, d.h. monatlich Euro 151, 57 weniger an Hausgeld vorausgezahlt.

Außerdem wurde der Beklagte unter Fristsetzung anwaltlich aufgefordert, Zahlung zu leisten.

Für die außergerichtliche Tätigkeit berechneten die Kläger-Vertreter eine 1,3 Gebühr gem. Nr. 2300 VV-RVG i.V.m. §§ 13, 14 RVG, d.h. Euro 104,- zuzüglich Postpauschale Euro 20,-, zuzüglich 19% Mehrwertsteuer = insgesamt Euro 147,56.

Der Beklagte hat eine „Kontrollliste“, Ausgabedatum 15.3.2013 für den Zeitraum 1.1. – 31.12.2013 vorgelegt. Diese zum Wirtschaftsplan per 1.1.2013 entworfene Liste endete mit einer Gesamtsumme von Euro 118.237,18, sie erwähnt für das Sondereigentum des Beklagten ein Hausgeld von Euro 254,40 zzgl. Instandhaltungsrücklage Euro 117,50 = insgesamt Euro 371,90.

Die Summe der einzelnen erwähnten Vorauszahlungen ergibt Euro 9.853,15, multipliziert mit 12 Monaten ergibt sich der Jahres-Gesamtbetrag in Höhe von Euro 118.237,18.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Euro 757,85 nebst 5%-Punkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von jeweils Euro 151,75 seit dem 2.8.2013, 2.9.2013, 2.10.2013, 2.11.2013 und 2.12.2013 sowie weitere Euro 147,56 als Erstattung außergerichtlich entstandener Geschäftsgebühr zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die erwähnten Beschlüsse zu den Wirtschaftsplänen 2012 und 2013 (Anlage K2 und K3) eine nichtige Fortgeltungsklausel darstellten.

Es sei für den Beklagten nicht klar, wie lange das bisher geschuldete Hausgeld weiter geleistet werden solle. Eine unbefristete Fortgeltung führe zur Nichtigkeit, weil es an der entsprechenden Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung fehle.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der „Wirtschaftsplan zur Beschlussfassung ab 1.1.2013“ (Anlage B1) vom 17.5.2013 trotz des (späteren) Beschluss zu Top 18 vom 11.6.2013 maßgeblich sei.

Das Gericht hat mit der Ladungsverfügung vom 16.6.2014 darauf hingewiesen, dass das Problem hier nicht die zumindest für 2013 geltende beschlossene Fortgeltung des Wirtschaftsplanes 2012 sei.

Die Parteien wurden verwiesen auf LG Itzehoe ZMR 2014,144 sowie zur möglichen Beschlusskompetenz über § 21 Abs. 7 WEG.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

1.

Die gemäß § 43 WEG zulässige Klage ist begründet.

Der Beklagte schuldet auch für die Zeit von August 2013 bis Dezember 2013 ein weiteres Differenzwohngeld in Höhe von monatlich Euro 151,75.

Der Zahlungsanspruch folgt aus dem – evident ordnungs- und rechtswidrigen, aber bestandskräftigen – Beschluss zu Top 18 vom 11.6.2013 i.V.m. § 28 WEG.

Gemäß Beschluss zu Top 18 wurde festgestellt, dass keine Hausgeldneuberechnung gegenüber denn Vorjahr erfolgen sollte. Dies bedeutet, dass es weiterhin bei den bisherigen Vorauszahlungen bleibt, obwohl der Wirtschaftsplan in der Gesamtsumme 118.237,16 Euro ausweist, während die Summe der Vorauszahlungen gem. den Einzelwirtschaftsplänen lediglich Euro 117.957,48 erreicht.

So schreibt etwa Abramenko (Riecke/Schmid, WEG 3. Aufl. § 28, Randnr. 9):

„…… war der allgemeine Beschluss, jeder Wirtschaftsplan solle bis zur Genehmigung eines neuen fortgelten, bislang mangels Beschlusskompetenz nichtig (OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 1596). Es wurde lediglich der Beschluss mehrerer aufeinanderfolgender Wirtschaftspläne für jeweils ein Jahr für zulässig befunden (Staudinger/Bub § 28 Randnr. 53). Dies mag hinsichtlich der Beschlusskompetenz zutreffen, wind aber regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen……… Bei weiter oder analoger Anwendung lassen sich die entsprechenden Schwierigkeiten über die neue Beschlusskompetenz in § 21 Abs. 7 WEG ausräumen………“

Auch dieser Lösungsansatz räumt das Nichtigkeitsrisiko nicht vollständig aus.

Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass genau wie im Fall des LG Itzehoe (ZMR 2014, 144, unter Ziff. 2 der Gründe) für das hier streitgegenständliche Wirtschaftsjahr 2013 ein Wirtschaftsplan beschlossen wurde (Top 18 vom 11.6.2013).

Selbst wenn man der strengen Auffassung von Casser, ZWE 2014, 157, Fußnote 7 unter Hinweis auf Riecke WuM 1989, 319/321 folgt, dass ein Wirtschaftsplan bereits vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu beschließen ist, kann auch dies hier wegen Versäumens der Anfestsetzungsfrist nicht mehr geltend gemacht werden.

Außerdem ist der Beschluss zu Top 18 im Juni 2013 erfolgt, während hier Wohngelder (Differenzbeträge) erst für spätere Zeiträume (August bis Dezember 2013) geltend gemacht werden.

Hinzu kommt, dass der Beklagte dieser Beschlussfassung selber zugestimmt hat.

Diese Zustimmung – durch die bevollmächtigte Mutter – hätte zwar einer Anfechtungsklage nicht entgegen gestanden, diese wurde jedoch vom Beklagten nicht (fristgerecht) erhoben (vergl. dazu Riecke/Schmidt/Elzer, ETV, 4. Aufl., Randnr. 797 unter Hinweis auf OlG Karlsruhe, ZMR 2003, 290 ff).

Offen bleiben kann hier die Frage, ob der einstimmige Beschluss zu Top 18 ggf. auch eine teilungserklärungsändernde Vereinbarung enthält. Hier wird zugunsten des Beklagten angenommen, dass sich seine Vollmacht auf eine Beschlussfassung und nicht auf eine Vereinbarung im Sinne des § 10 WEG bezog.

Selbst wenn der Passus „der genehmigte Gesamtwirtschaftsplan 2013 und die Einzelwirtschaftspläne gelten unverändert für das Jahr 2014 fort bis zur Beschlussfassung über einen neuen Gesamtwirtschaftsplan einschließlich Einzelwirtschaftsplänen“ nichtig wäre, stünde dies der Zahlungsverpflichtung – die im Dezember 2013 lt. Klageantrag endet – nicht entgegen. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass eine möglicherweise nichtige Fortgeltungsklausel auch den Wirtschaftsplan für 2013 (Top 18) erfassen sollte.

Weder im Fall des LG Itzehoe (ZMR 2014, 144) noch hier, ging es um eine Zahlungsverpflichtung aufgrund einer Fortgeltungsklausel. Dies übersieht auch Merle in seiner Anmerkung zu LG Itzehoe in ZWE 2014, 134.

Im vorliegenden Fall wurde im Jahr 2013 für das Wirtschaftsjahr 2013 mit Rückwirkung auf den 1.1.2013 anstelle eines neuen Wirtschaftsplanes ein früherer Wirtschaftsplan erneut beschlossen, da man meinte, aufgrund der geringen Abweichungen keine neue Hausgeldberechnung vornehmen zu müssen.

Die Gerichte können keinen Nichtigkeitsgrund daraus konstruieren, dass eine Gemeinschaft – und sei es aus Bequemlichkeit – die Vorauszahlungen/Einzelwirtschaftspläne des Vorjahres im Jahr 2013 erneut beschlossen hat.

Ob der Verwalter den alten Wirtschaftsplan des Vorjahres noch einmal abschreibt oder die prognostizierten Ausgaben marginal über denen des Vorjahres einschätzt und dann den Vorjahresplan erneut beschließen lässt, kann keinen Unterschied machen in punkto Beschlusskompetenz aus § 28 WEG.

Die Frage der Teilnichtigkeit der Fortgeltungsklausel stellt sich hier nicht, da Hausgeldforderungen für 2014 nicht Streitgegenstand sind.

Dem Beschlussinhalt (Top 18) lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Gemeinschaft sich zukünftig nicht mehr zu Beschlussfassungen über den Wirtschaftsplan bereitfinden wird. Ein derartiges künftiges gesetzwidriges/ordnungswidriges Verhalten könnte nicht wirksam im Vorwege beschlossen werden.

Das Gericht sieht davon ab, gemäß § 49 Abs. 2 der WEG Verwaltung die Kosten aufzuerlegen, vielmehr hätte der Beklagte eine derartige Kostenentscheidung allenfalls bei rechtzeitiger Beschlussanfechtung erwirken können.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs.2 Nr.1 ZPO.

3.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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