Rechtsstreit um die Nutzung von Kellerräumen: LG Karlsruhe trifft Entscheidung im Wohnungseigentumsrecht
In einem komplexen Fall, der bis zum Landgericht Karlsruhe eskalierte, ging es um die Nutzung von bestimmten Räumen in einem Mehrfamilienhaus in Freiburg. Der Kläger, ein Wohnungseigentümer, wandte sich gegen die Beklagte, eine weitere Wohnungseigentümerin, wegen der Nutzung von Kellerräumen zu Wohnzwecken. Das Hauptproblem lag in der Frage, ob die Nutzung dieser Räume als Wohnfläche gegen das Wohnungseigentumsrecht und die bestehende Teilungserklärung verstößt.
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Übersicht
Die Vorinstanz und der Vergleich
Das Amtsgericht Freiburg hatte die Klage des Klägers zunächst abgewiesen. In der Berufungsinstanz schlossen die Parteien einen Vergleich, der jedoch später von der Beklagten widerrufen wurde. Die Beklagte argumentierte, dass die Nutzung der Räume im Einklang mit der Satzung der Stadt Freiburg und der Teilungserklärung stehe.
Neue Beweismittel und deren Auswirkungen
Der Kläger rügte, dass die Beklagte eine ihm unbekannte Urkunde erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt hatte. Diese Urkunde bezeichnete die strittigen Räume als „Gewerberäume“ und „Kellerräume“, was die Argumentation der Beklagten schwächte. Der Kläger argumentierte, dass die Nutzung der Räume zu Wohnzwecken gegen die Teilungserklärung und damit gegen das Wohnungseigentumsrecht verstoße.
Rechtliche Beurteilung und Urteil
Das Landgericht Karlsruhe entschied teilweise zugunsten des Klägers. Es stellte fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Unterlassung der Wohnnutzung der Kellerräume hat. Das Gericht verwies auf § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG a. F. und § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG n. F. Die Beklagte wurde verurteilt, die Nutzung der Kellerräume zu Wohnzwecken zu unterlassen und dem Kläger nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
Bedeutung für die Wohnungseigentümergemeinschaft
Das Urteil hat weitreichende Implikationen für die Wohnungseigentümergemeinschaft, da es klärt, dass die Nutzung von Räumen, die in der Teilungserklärung als „Kellerräume“ oder „Gewerberäume“ bezeichnet sind, nicht zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. Dies dient der Wahrung der Interessen aller Wohnungseigentümer und der Einhaltung der gemeinschaftlichen Vereinbarungen.
Kellerräume als Wohnraum nutzen? Was das WEG-Recht dazu sagt
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Das vorliegende Urteil
LG Karlsruhe – Az.: 11 S 129/18 – Urteil vom 30.12.2020
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 2. November 2018 – 57 C 1201/18 WEG – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die im Aufteilungsplan zur öffentlichen Urkunde über die Begründung von Wohnungseigentum des Notariats II Staufen im Breisgau (2 UR 985/82) vom 3. September 1982 und vom 24. August 1982 als Keller G 2 und Keller G 3 bezeichneten Räume im Untergeschoss des Hinterhauses der Liegenschaft Sch.straße … in … zu Wohnzwecken zu nutzen oder zu Wohnzwecken nutzen zu lassen.
2. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 292,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2018 zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Soweit die Beklagte verurteilt wurde, es zu unterlassen, die Räume Keller G 2 und Keller G 3 zu Wohnzwecken zu nutzen oder zu Wohnzwecken nutzen zu lassen, ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. Wegen der Kosten ist das Urteil für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 2. November 2018 – 57 C 1201/18 WEG – die Anträge des Klägers zurückgewiesen, der Beklagten die Nutzung der Räume im Erd- und Untergeschoss der Liegenschaft Sch.straße … in Freiburg zu Wohnzwecken zu untersagen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Zweitinstanzlich ist Folgendes zu ergänzen:
In der mündlichen Verhandlung am 22. September 2020 haben die Parteien widerruflich folgenden Vergleich geschlossen:
1. Die Beklagte verpflichtet sich, die Kellerräume des Rückgebäudes der Liegenschaft Sch.straße … in Freiburg zukünftig nicht mehr als Wohnung zu nutzen oder als solche nutzen zu lassen.
2. Der Kläger stimmt der dauerhaften Nutzung der Räume im Erdgeschoss des Rückgebäudes der Liegenschaft Sch.straße … in Freiburg als Wohnung zu.
3. Damit ist dieser Rechtsstreit erledigt.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
5. Dieser Vergleich kann mit Anwaltsschriftsatz, der bis zum 13. Oktober 2020 beim Landgericht Karlsruhe eingegangen sein muss, von beiden Parteien widerrufen werden.
Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2020 hat der Beklagtenvertreter den Vergleich widerrufen und dies zum einen damit begründet, dass die Beklagte bei Erfüllung von Ziffer 1 des Vergleichs gegen die Satzung der Stadt Freiburg im Breisgau über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum verstoßen würde. Zum anderen sei die Nutzung des Untergeschosses im Rückgebäude als Wohnung zulässig, weil es sich nicht um Kellerräume, sondern um Räume im „Untergeschoß“ handele. Dies ergäbe sich aus der mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2020 – erstmals – vorgelegten öffentlichen Urkunde über die Teilung von Wohnungs- und Teileigentum des Notariats II Staufen im Breisgau (2 UR 1215/82) vom 3. November 1982.
Diese Urkunde ergänzt in § 2 hinsichtlich des Rückgebäudes der Liegenschaft die öffentliche Urkunde über die Begründung von Wohnungseigentum des Notariats II Staufen im Breisgau (2 UR 985/82) vom 3. September 1982 und vom 24. August 1982 auf dem Grundstück der Gemarkung Freiburg Lgb. Nr. 5014 (Sch.straße …). § 2 lautet:
„Die Beteiligten teilen das Teileigentum an dem Rückgebäude in drei Raumeinheiten auf. Im Einzelnen werden folgende Wohnungs- und Teileigentumsrechte gebildet:
1. 1050/30.000 Miteigentumsanteil an dem vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit G 2 bezeichneten Gewerberaum im Erdgeschoss rechts mit insgesamt 38 qm Nutzfläche und dem ebenso bezeichneten Raum im Untergeschoß
2. 1042/30.000 Miteigentumsanteil an dem vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit G 3 bezeichneten Gewerberaum im Erdgeschoss links mit insgesamt 37 qm Nutzfläche und dem ebenso bezeichneten Raum im Untergeschoß
3. 4187/30.000 Miteigentumsanteil an dem vorgenannten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit W 5 bezeichneten Wohnung im ersten Obergeschoss mit insgesamt 68 qm Wohnfläche und der gesamten Speicherfläche im zweiten Obergeschoss einschließlich der Aufgangstreppen vom Innenhof zum I. Obergeschoß und von hier zum Speicher.
[…]“
Der Kläger rügt mit Schriftsatz vom 6. November 2020, dass die Beklagte diese – ihm bis dato unbekannte – Urkunde über die Änderung der Teilungserklärung vom 3. September 1982 und vom 24. August 1982 erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz vorlegt habe. Aus der Urkunde ergebe sich jedoch, dass die Teileigentumseinheit Nr. 1 und Nr. 2 im Erdgeschoss des Rückgebäudes ausdrücklich als Gewerberaum bezeichnet seien. Auch würde bei den Räumen im Untergeschoss eine Zweckbestimmung als Keller vorliegen. Die Urkunde habe in diesem Punkt die ursprüngliche Teilungserklärung nicht abgeändert. Dort sei auf Seite 8 unter § 4 Abs. 3 ausdrücklich von einem Kellergeschoss des Rückgebäudes die Rede.
Ferner liege kein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit aufgrund der Zweckentfremdungssatzung vor. Die Beurteilung des begehrten Nutzungsverbots der Räumlichkeiten zu Wohnzwecken erfolge ausschließlich nach Wohnungseigentumsrecht. Darüber hinaus seien die fraglichen Räume im Untergeschoss keine Wohnung im Sinn der Zweckentfremdungssatzung, weil sie entgegen ihrer Bestimmung in der Teilungserklärung genutzt würden.
II.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
1.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG a. F. (in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung) bzw. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG n. F. (in der ab dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung) auf Unterlassung der Wohnnutzung des Untergeschosses des Hinterhauses der Liegenschaft Sch.straße … in Freiburg.
a.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Jeder Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann einen den Vereinbarungen entsprechenden Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile verlangen (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2017 – V ZR 275/16 Rn. 10 m.w.N. zu § 15 Abs. 3 WEG a.F.).
aa.
Der Kläger ist – wie die Beklagte – Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft Sch.straße … in Freiburg, wenngleich seine Sondereigentumseinheit im Vorderhaus und ihre Sondereigentumseinheiten im Hinterhaus liegt. Anders als die Beklagte meint, bilden die Eigentümer der Einheiten im Vordergebäude und im Rückgebäude der Liegenschaft keine separaten Eigentümergemeinschaften. Bei den zwei getrennten Baukörpern, die sich beide auf dem Grundstück der Gemarkung Freiburg Lgb.Nr. 5014 befinden, handelt es sich lediglich um zwei Untergemeinschaften derselben Wohnungseigentümergemeinschaft (sog. Mehrhausgemeinschaft), da es auf jedem realen Grundstück nur eine Eigentümergemeinschaft geben kann (ausführlich: Sommer, ZWE 2019, 155; Hügel, NZM 2010, 8, 9).
Soll nach den Vorstellungen der Beteiligten jedes Gebäude auf einem Grundstück so weit wie möglich verselbstständigt und wirtschaftlich als eine eigene getrennte Eigentumsanlage behandelt werden, können in der Gemeinschaftsordnung der Gesamteigentümergemeinschaft Untergemeinschaften vereinbart werden. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 der Teilungserklärung vom 3. September 1982 und vom 24. August 1982 zu verstehen, die besagt, dass die Eigentümer der Einheiten im Vordergebäude und die Eigentümer der Einheiten im Rückgebäude „je eine separate Eigentümergemeinschaft“ bilden. Eine eigene rechtliche Existenz besitzen Untergemeinschaften jedoch nicht. Sie sind (nur) Teil der rechtsfähigen Gesamteigentümergemeinschaft (Hügel, NZM 2010, 8, 9). Da sich § 15 Abs. 3 WEG a. F. bzw. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG n. F. auf die gesamte Eigentümergemeinschaft bezieht – das WEG kennt den Begriff der Untergemeinschaft nicht – kann der Kläger entsprechende Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte geltend machen, obwohl sie einer anderen Untergemeinschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft angehört.
bb.
Der Kläger kann den Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG a. F. bzw. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG n. F. auch individuell geltend machen. Zwar ist es der Wohnungseigentümergemeinschaft möglich, die Durchsetzung entsprechender Ansprüche durch Mehrheitsbeschluss an sich zu ziehen, was zur Folge hat, dass der einzelne Wohnungseigentümer seine Aktivlegitimation verliert (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2014 – V ZR 5/14). Dies ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich.
b.
Die Wohnnutzung des Untergeschosses widerspricht den vereinbarten Gebrauchsregelungen der Wohnungseigentümergemeinschaft (dazu aa.). Auch eine Duldungspflicht des Klägers nach § 1004 Abs. 2 BGB besteht nicht (dazu bb.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2017 – V ZR 275/16 Rn. 10 m.w.N.) kann jeder Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 15 Abs. 3 WEG a. F. einen den Vereinbarungen entsprechenden Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile verlangen. Werden die in der Norm genannten Gebrauchsregelungen nicht eingehalten, liegt darin eine Eigentumsbeeinträchtigung, die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ist.
aa.
Maßgebend für die zulässige Nutzung ist die in der Teilungserklärung enthaltene Zweckbestimmung. Danach handelt es sich bei den streitgegenständlichen Räumen im Untergeschoss um Kellerräume.
Im Aufteilungsplan zu der öffentlichen Urkunde über die Begründung von Wohnungseigentum des Notariats II Staufen im Breisgau (2 UR 985/82) vom 3. September 1982 und vom 24. August 1982 sind die fraglichen Räume als „Keller G 2“ und „Keller G 3“ bezeichnet. Zudem spricht die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 1 vom „Kellergeschoß des Rückgebäudes“.
Die öffentliche Urkunde über die Teilung von Wohnungs- und Teileigentum des Notariats II Staufen im Breisgau (2 UR 1215/82) vom 3. November 1982 ändert diese Zweckbestimmung nicht, insbesondere ist die bloße und ohne jede weitere Erläuterung verwendete Bezeichnung in § 2 Nr. 1 und 2 als „Raum im Untergeschoß“ anstatt von „Keller“ nicht geeignet, die Eigenschaft der streitgegenständlichen Räume als Kellerräume in Frage zu stellen. Eine sonstige Änderung der Zweckbestimmung ist durch die Beklagte nicht vorgetragen.
bb.
Aufgrund der eindeutigen Zweckbestimmung der Räume im Untergeschoss als Keller scheidet eine Nutzung zu Wohnzwecken grundsätzlich aus (allg. Ansicht in Rechtsprechung und Literatur: BGH, Beschluss vom 16. Juni 2011 – V ZA 1/11 m.w.N.). Den Kläger trifft auch keine Duldungspflicht, da eine Wohnnutzung der streitgegenständlichen Räume bei typisierender Betrachtungsweise mehr stört als die vorgesehene Nutzung als Keller.
Eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung kann sich zwar als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender, also verallgemeinernder Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung (st. Rspr.: BGH, Urteil vom 23. März 2018 – V ZR 307/16 m.w.N.). Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2017 – V ZR 275/16 m.w.N.). Dies ist bei der Nutzung eines Kellerraums als Wohnung aber nicht der Fall (BayObLG, Beschluss vom 15. Juli 1999 – 2Z BR 94/99). Die Nutzung zu Wohnzwecken ist intensiver und konfliktträchtiger.
cc.
Die Beklagte dringt auch nicht mit dem Einwand durch, dass sie gegen die Satzung der Stadt Freiburg im Breisgau über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Stadt Freiburg im Breisgau verstoße, wenn die streitgegenständlichen Räume nicht weiterhin als Wohnung genutzt würden.
Es kann dahinstehen, ob die kommunale Satzung im Hinblick auf Art. 31 GG überhaupt geeignet ist, Rechte und Pflichten nach dem WEG, einem Bundesgesetz, einzuschränken. Jedenfalls sind die Kellerräume kein Wohnraum im Sinne von § 3 Abs. 1 der Satzung. Dies würde voraussetzen, dass die Räume nicht nur objektiv zur dauerhaften Wohnnutzung geeignet, sondern auch subjektiv durch den Verfügungsberechtigten dazu bestimmt sind. Verfügungsberechtigt ist aber nicht die Beklagte als Eigentümerin der Räume, sondern nur die Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn nur sie kann die Zweckbestimmung der Räume abweichend von der Teilungserklärung regeln.
c.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist weder verjährt noch verwirkt.
aa.
Die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB, der auch Unterlassungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB unterliegen (st. Rspr.: BGH, Urteil vom 12. Juni 2015 – V ZR 168/14 Rn. 31 m.w.N.), ist vorliegend schon nach dem Vortrag der Beklagten nicht abgelaufen. Wird eine Teileigentumseinheit zweckwidrig als Wohnraum genutzt, so verjährt der Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer nicht, solange diese Nutzung anhält. Dies gilt unabhängig davon, ob der Sondereigentümer selbst oder dessen Mieter Nutzer ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 2015 – V ZR 178/14). Vorliegend hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 22. September 2020 zu Protokoll erklärt, dass sie die streitgegenständlichen Räumlichkeiten im Erd- und Untergeschoss immer für zwei bis drei Jahre vermiete. Seit einigen Wochen sei jedoch nur noch eine Wohnung vermietet.
bb.
Für eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs des Klägers gemäß § 242 BGB fehlt es sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment. Der Anspruch gegen einen Miteigentümer, die zweckwidrige Nutzung seiner Wohnung oder Teileigentumseinheit zu unterlassen, ist nicht schon deshalb verwirkt, weil dieser Anspruch über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht wurde. Hinzutreten muss der Umstand, dass der Berechtigte durch sein gesamtes Verhalten bei dem Verpflichteten das Vertrauen geschaffen hat, er werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen und dass dieser sich darauf eingerichtet hat (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2017 – V ZR 275/16). Jedenfalls ist der Anspruch auf Unterlassung der langjährigen zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnraum in der Regel nicht verwirkt, wenn in jüngerer Zeit eine Neuvermietung zu Wohnzwecken erfolgt ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 2015 – V ZR 178/14). So liegt der Fall hier. Die streitgegenständlichen Räume vermietet die Beklagte nach eigenen Angaben regelmäßig alle zwei bis drei Jahre neu. Darüber hinaus ist eine aktive Billigung der Nutzung des Untergeschosses des Rückgebäudes als Wohnraum seitens des Klägers nicht ersichtlich.
2.
Zu Recht hat das Amtsgericht Freiburg die Klage abgewiesen, soweit die Untersagung der Nutzung der Räume im Erdgeschoss des Rückgebäudes zu Wohnzwecken beantragt war. Insofern steht dem – aktivlegitimierten – Kläger kein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG a. F. bzw. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG n. F. zu.
Zwar sind diese Räume im Aufteilungsplan zu der öffentlichen Urkunde über die Begründung von Wohnungseigentum des Notariats II Staufen im Breisgau (2 UR 985/82) vom 3. September 1982 und vom 24. August 1982 als „Atelier“ und „Werkstatt“ bezeichnet und auch in der öffentlichen Urkunde über die Teilung von Wohnungs- und Teileigentum des Notariats II Staufen im Breisgau (2 UR 1215/82) vom 3. November 1982 in § 2 Nr. 1 und 2 ausdrücklich als Gewerberäume ausgewiesen. Ihre Nutzung zu Wohnzwecken ist jedoch nach typisierender Betrachtung nicht störender als ihre Nutzung gemäß des in der Teilungserklärung vereinbarten Zwecks. Dies wurde bereits in der Klageerwiderung mit dem Hinweis vorgebracht, dass es der Beklagten freistünde, die Räume im Erdgeschoss an eine Schlosserei, Eisenbiegerei, Schreinerei oder ähnlich störende Betriebe zu vermieten. Dieser Vortrag blieb unbestritten.
3.
Der Kläger hat einen Anspruch aus § 823 Abs. 1, § 249 BGB auf Ersatz (nicht anrechenbarer) vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 292,98 EUR (0,65 Gebühren aus einem Streitwert von 17.200,- EUR = 452,40 EUR: 2 = 226,20 EUR + 20,- EUR Auslagenpauschale = 246,20 EUR + 19 % Umsatzsteuer = 292,98 EUR). Die Kammer bewertet die Teile, mit denen die Klage Erfolg und keinen Erfolg hat, gleich.
III.
Die Androhung von Ordnungsmitteln folgt aus § 890 Abs. 2 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger und die Beklagte obsiegen und verlieren jeweils zu gleichen Teilen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.