Skip to content
Menü

Wohnungsherausgabe bei bloßem Verzicht auf Räumungsvollstreckung

Im Mietrecht gibt es vielfältige Situationen, die zu Konflikten zwischen Vermieter und Mieter führen können. Ein zentrales Thema dabei ist die Frage der Wohnungsherausgabe, insbesondere wenn es um den Verzicht auf eine Räumungsvollstreckung geht. Hierbei stehen oft das Besitzrecht des Mieters und die Rechte des Vermieters im Fokus. Wann ist eine Klage gerechtfertigt? Unter welchen Umständen kann ein Mieter in der Wohnung verbleiben, trotz eines bestehenden Urteils? Und welche Rolle spielen dabei Zahlungsrückstände und der abgeschlossene Mietvertrag? Diese und weitere Aspekte sind essenziell, um die Komplexität des Themas zu verstehen und juristisch korrekt zu handeln.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 221 C 390/20  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Köln hat entschieden, dass der Beklagte, Sohn des Hauptmieters, kein Besitzrecht an der Wohnung hat und die Wohnung an die Klägerin herausgeben muss, trotz einer vorherigen Vereinbarung, die Räumungsvollstreckung auszusetzen, solange keine neuen Zahlungsrückstände auftreten.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Klägerin ist Vermieterin der Wohnung in Köln, während der Hauptmieter der Vater des Beklagten war.
  2. Der Vater des Beklagten hatte Zahlungsrückstände, weshalb ihm gekündigt wurde.
  3. Nach der Kündigung erkannte der Vater die Klageforderung an und wurde durch ein Anerkenntnisurteil zur Räumung verurteilt.
  4. Die Klägerin versprach, nicht aus dem Urteil zu vollstrecken, solange keine neuen Rückstände entstehen.
  5. Trotzdem traten weitere Zahlungsrückstände auf, weshalb die Klägerin die Wohnung räumen lassen möchte.
  6. Der Beklagte argumentierte, er leite sein Besitzrecht von seinem Vater ab und dieser habe weiterhin ein Recht zum Besitz der Wohnung.
  7. Das Gericht entschied, dass der Beklagte kein eigenes oder abgeleitetes Besitzrecht hat und die Wohnung herausgeben muss.
  8. Die Klägerin hat das Recht, die Wohnung räumen zu lassen, und der Beklagte muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Hintergrund des Falles

Die Klägerin ist Vermieterin einer Wohnung im Hause E-Str. 33, 00000 Köln, 1. OG links. Der Hauptmieter dieser Wohnung war R. A., der Vater des Beklagten. Der Beklagte selbst ist der volljährige Sohn von R. A. Der Vater des Beklagten hatte einen Zahlungsrückstand, weshalb ihm gekündigt wurde. Nachdem ihm gekündigt wurde, erkannte er in einem Räumungsverfahren die Klageforderung an und wurde durch ein Anerkenntnisurteil dazu verurteilt, die Wohnung zu räumen. Die Klägerin versprach jedoch, nicht aus diesem Urteil zu vollstrecken, solange keine neuen Zahlungsrückstände entstehen. Trotzdem traten weitere Zahlungsrückstände auf, zuletzt in Höhe von 133,87 €, weshalb die Klägerin nun die Wohnung räumen lassen möchte und einen Titel gegen den Beklagten benötigt.

Das Besitzrecht im Mittelpunkt

Das rechtliche Problem in diesem Fall dreht sich um das Besitzrecht der Wohnung. Der Beklagte argumentiert, dass der Räumungstitel gegen seinen Vater aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Vater herausgegeben werden müsste. Er behauptet weiterhin, dass sein Vater immer noch ein Recht zum Besitz der Wohnung hat und er sein eigenes Besitzrecht von diesem ableitet.

Die Gerichtsentscheidung

Das Gericht entschied jedoch, dass die Klage gemäß § 985 BGB begründet ist. Die Klägerin ist Eigentümerin der streitgegenständlichen Wohnung und der Beklagte ist lediglich der Besitzer. Ein Besitzrecht des Beklagten besteht nicht, da er nie einen Mietvertrag mit der Klägerin abgeschlossen hat. Er hat auch kein abgeleitetes Besitzrecht aus dem Besitzrecht seines Vaters. Das Gericht stellte fest, dass der Vater des Beklagten kein Besitzrecht hat, da ihm die Wohnung aufgrund von Zahlungsrückständen rechtmäßig gekündigt wurde. Auch wenn der Vater des Beklagten nach dem Anerkenntnisurteil weiterhin Miete zahlte, bedeutet dies nicht, dass das Mietverhältnis stillschweigend fortgesetzt wurde.

Das Gericht begründete seine Entscheidung weiterhin damit, dass die Klägerin klar gemacht hatte, dass sie nur dann auf die Vollstreckung verzichten würde, wenn die anfallenden Nutzungsentschädigungen pünktlich gezahlt werden würden. Dies stellt keine Verlängerung oder einen Neuabschluss eines Mietvertrags mit dem Vater dar. Eine Räumungsfrist wurde ebenfalls nicht gewährt, da das Räumungsinteresse der Klägerin aufgrund der wiederholten Rückstände das Interesse des Beklagten überwiegt.

Schlussfolgerung und Bedeutung des Urteils

Zusätzlich zu diesen Entscheidungen wurden prozessuale Nebenentscheidungen getroffen, die sich aus den §§ 91, 708 Nr. 7, 711 ZPO ergeben. Der Streitwert wurde auf 6048 € festgesetzt.

Das Fazit dieses Urteils ist, dass der Beklagte kein Besitzrecht an der Wohnung hat, weder ein eigenes noch ein abgeleitetes. Die Klägerin hat das Recht, die Wohnung räumen zu lassen, und der Beklagte muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil zeigt die Bedeutung von klaren Mietverträgen und die rechtlichen Konsequenzen von Zahlungsrückständen im Mietrecht. Es betont auch die Wichtigkeit von klaren Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter, insbesondere in Bezug auf Zahlungsbedingungen und Räumungsverfahren.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist eine Räumungsvollstreckung?

Eine Räumungsvollstreckung, auch als Zwangsräumung bekannt, ist eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung, die dazu dient, die Räumung und Herausgabe einer Immobilie, wie einer Wohnung oder eines Hauses, zu erzwingen. Dies geschieht in der Regel aufgrund einer gerichtlichen Anordnung, die auf einem entsprechenden Räumungsurteil oder einer behördlichen Anordnung basiert.

Die Räumungsvollstreckung wird durchgeführt, wenn ein Mieter nach Erhalt eines Räumungstitels die Wohnung nicht freiwillig räumt. In diesem Fall ist die Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher der einzige Weg für den Vermieter, einen nicht auszugswilligen Mieter aus der Wohnung zu bekommen.

Die Durchführung der Räumungsvollstreckung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher, der bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, wegschafft und dem Schuldner, oder wenn dieser abwesend ist, einem Bevollmächtigten des Schuldners, einem erwachsenen Familienangehörigen oder einer in der Familie beschäftigten Person übergibt oder zur Verfügung stellt.

Vor der Durchführung der Räumungsvollstreckung muss der Gerichtsvollzieher in der Regel einen Kostenvorschuss vom Vermieter erhalten, der die voraussichtlich entstehenden Kosten deckt. Zwischen dem Tag der Zustellung des Räumungstermins an den Schuldner und dem Räumungstermin selbst müssen wenigstens drei Wochen liegen, so dass der Schuldner gegebenenfalls noch einen Vollstreckungsschutzantrag stellen und zumindest die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bewirken kann.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Räumung der Wohnung ohne Einverständnis des Mieters und ohne vorher erwirkten Räumungstitel (sogenannte „kalte Räumung“) eine verbotene Eigenmacht des Vermieters und eine Verletzung des Besitzrechts des Mieters darstellt. Sie kann den Vermieter zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an den Mieter verpflichten.

Die Räumungsvollstreckung kann auch in anderen Fällen stattfinden, wie zum Beispiel bei einer Hausbesetzung oder der Abwicklung eines notleidenden Kredits im Wege der Zwangsversteigerung eines Grundstücks und anschließender Zwangsräumung des zahlungsunfähigen Darlehensnehmers.


Das vorliegende Urteil

Amtsgericht Köln – Az.: 221 C 390/20 – Urteil vom 20.05.2021

1.   Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im Hause E-Str. 33, 00000 Köln, 1. OG links, bestehend aus 3 ZKD, Bad/Dusche, WC an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6000 €, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin der Wohnung im Hause E-Str. 33, 00000 Köln, 1. OG links. Hauptmieter war der Vater des Beklagten, R. A.. Der Kläger ist der volljährige Sohn von R. A.. Dieser hat nach dem ihm wegen Zahlungsrückstands gekündigt worden war, in einem anschließenden Räumungsverfahren in den Jahren 2017/2018 die Klageforderung anerkannt und wurde entsprechend durch Anerkenntnisurteil verurteilt, die Wohnung zu räumen. Die Klägerin sagte zu, nicht aus dem Urteil zu vollstrecken, soweit keine neuen Rückstände auftreten. In der Folgezeit traten weitere Rückstände auf, zuletzt sind 133,87 € zur Zahlung offen, so dass die Klägerin die Wohnung räumen lassen möchte und einen Titel gegen den Beklagten benötigt.

Sie beantragt, wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Bewilligung einer Räumungsfrist.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Räumungstitel gegen seinen Vater hätte aufgrund der Vereinbarung mit seinem Vater herausgegeben werden müssen. Dieser habe weiterhin ein Recht zum Besitz an der Wohnung, von dem er sein eigenes Besitzrecht ableite.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen, insbesondere soweit diese im vorstehenden Text in Klammern zitiert sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist aus § 985 BGB begründet.

Die Klägerin ist Eigentümerin der streitgegenständlichen Wohnung, der Beklagte Besitzer.

Ein Besitzrecht des Beklagten besteht nicht. Nach § 986 Abs. 1 BGB kann der Besitzer die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist.

Beides ist hier nicht der Fall. Der Beklagte hat kein eigenes Besitzrecht da mit ihm ein Mietvertrag nie geschlossen wurde.

Er verfügt aber auch über kein abgeleitetes Besitzrecht aus dem Besitzrecht seines Vaters. Insofern hat der Beklagte Unrecht, wenn er meint, sein Vater habe Anspruch auf die Herausgabe des Räumungstitels, der gegen ihn erlangt worden sei. Richtig ist, dass ein Besitzrecht des Vaters nicht besteht, weil die Wohnung ihm zu Recht gekündigt wegen Zahlungsrückstands gekündigt worden ist. Soweit nach Erlass des Anerkenntnisurteils weiterhin durch den Vater des Beklagten Miete gezahlt wurde, liegt darin keine stillschweigende Fortsetzung des Mietverhältnisses gem. § 545 BGB, denn es war klar gemacht worden, dass die Klägerin nur dann auf die Vollstreckung verzichten würde, wenn die anfallenden Nutzungsentschädigungen pünktlich gezahlt werden würden. Darin liegt keine Verlängerung bzw. kein Neuabschluss eines Mietvertrags mit dem Vater. In der Weiterzahlung der Miete durch den Mieter und der Entgegennahme des Geldes durch den Vermieter liegt keine konkludent vereinbarte Vertragsfortsetzung (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 545 Rn. 34).

Eine Räumungsfrist war nicht zu bewilligen, da das Räumungsinteresse der Klägerin aufgrund der immer wieder aufgelaufenen Rückstände das Behaltensinteresse des Beklagten überwiegt. Der Beklagte hat keine abweichenden Gründe vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Streitwert 6048 €.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!