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Zustimmungsvorbehalt des Vermieters zur Haustierhaltung nur bei sachlichen Kriterien wirksam

Vermieter-Zustimmung zur Hundehaltung: Was das Urteil bedeutet

Im Mietrecht stellt sich häufig die Frage nach den Rechten und Pflichten von Mietern und Vermietern, insbesondere wenn es um die Haltung von Haustieren geht. Ein zentrales Thema dabei ist der sogenannte „Zustimmungsvorbehalt“, bei dem der Vermieter seine Zustimmung zur Haustierhaltung geben muss. Doch unter welchen Voraussetzungen ist eine solche Klausel im Mietvertrag wirksam? Und welche Abwägungskriterien müssen bei der Entscheidung berücksichtigt werden? Ein aktuelles Urteil beleuchtet diese Fragen und gibt Aufschluss darüber, wann ein Vermieter die Hundehaltung in einer Mietwohnung erlauben muss und wann nicht. Dabei spielen sowohl die konkrete Klausel im Mietvertrag als auch allgemeine Grundsätze des Mietrechts eine entscheidende Rolle.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 64 S 151/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass Vermieter die Zustimmung zur Haustierhaltung nicht willkürlich verweigern können. Eine Klausel im Mietvertrag, die eine Zustimmung des Vermieters zur Haustierhaltung vorsieht, ist nur dann wirksam, wenn sie auf nachvollziehbaren und überprüfbaren sachlichen Kriterien basiert.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Landgericht Berlin hat ein Urteil bezüglich der Haustierhaltung in Mietwohnungen gefällt.
  2. Mieter benötigen nicht zwingend die Zustimmung des Vermieters, um einen Hund in ihrer Wohnung zu halten.
  3. Eine Klausel im Mietvertrag, die eine Zustimmung des Vermieters zur Haustierhaltung vorsieht, muss auf klaren Kriterien basieren.
  4. Das Amtsgericht Köpenick hatte zuvor entschieden, dass die Kläger den Hund aus der Wohnung entfernen müssen.
  5. Das Landgericht Berlin hat diese Entscheidung revidiert und die Klausel im Mietvertrag als unwirksam eingestuft.
  6. Die Entscheidung des Vermieters zur Haustierhaltung darf nicht auf subjektiven Erfahrungen basieren, sondern muss nachvollziehbare Kriterien haben.
  7. Die Kläger sind nicht zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verpflichtet, da die Kündigung unwirksam war.
  8. Das Urteil betont die Wichtigkeit von Treu und Glauben im Mietrecht und die Notwendigkeit, klare Regelungen für die Haustierhaltung zu haben.

Hintergrund des Falles: Haustierhaltung in Mietwohnungen

In dem ergangenen Urteil des Landgerichts Berlin (Az.: 64 S 151/22) vom 07.12.2022 wurde die Frage der Haustierhaltung in Mietwohnungen, insbesondere die Haltung eines Hundes, erneut thematisiert.

Haustierhaltung im Mietrecht: Vermieter-Zustimmung
Hundehaltung im Mietvertrag (Symbolfoto: Drazen Zigic /Shutterstock.com)

Im Kern des Falles stand die Frage, ob Mieter die Zustimmung ihres Vermieters benötigen, um in ihrer angemieteten Wohnung einen Hund zu halten. Die Kläger wollten in ihrer Wohnung einen Hund der Rasse … halten und wurden vom Vermieter, der Beklagten, daran gehindert. Die Beklagte hatte die Zustimmung zur Hundehaltung verweigert und begründete dies damit, dass die Haltung von Hunden in all ihren Objekten nicht gewünscht sei, da es erfahrungsgemäß immer wieder zu Problemen komme.

Die rechtliche Herausforderung: Wirksamkeit der Klausel

Das rechtliche Problem in diesem Fall lag in der Frage, ob die im Mietvertrag enthaltene Klausel, die eine Zustimmung des Vermieters zur Haustierhaltung vorsieht, wirksam ist. Die Klausel legte keine konkreten Abwägungskriterien fest, nach denen der Vermieter seine Zustimmung erteilen oder verweigern könnte. Dies führte zu der rechtlichen Herausforderung, ob solch eine Klausel den Mieter unangemessen benachteiligt und somit unwirksam ist.

Das Amtsgericht Köpenick hatte in erster Instanz entschieden, dass die Kläger den Hund aus der Wohnung entfernen müssen. Das Gericht war der Ansicht, dass die Klausel im Mietvertrag, die eine Zustimmung des Vermieters zur Haustierhaltung vorsieht, wirksam sei. Die Kläger legten gegen dieses Urteil Berufung ein.

Das Urteil des Landgerichts Berlin: Klare Kriterien sind erforderlich

Das Landgericht Berlin entschied nun, dass die im Mietvertrag enthaltene Klausel unwirksam ist. Es stellte fest, dass eine Klausel, die die Zustimmung des Vermieters zur Haustierhaltung vorsieht, nur dann wirksam ist, wenn sie „ausschließlich von nachvollziehbaren und überprüfbaren sachlichen Kriterien“ abhängig gemacht wird. Dadie Klausel im vorliegenden Fall keine solchen Kriterien enthielt, wurde sie als unwirksam angesehen.

Das Gericht führte weiter aus, dass die Entscheidung des Vermieters, ob er die Hundehaltung genehmigt oder nicht, nicht in dessen freiem Ermessen liegen darf. Es muss klare und nachvollziehbare Kriterien geben, nach denen der Vermieter seine Entscheidung trifft. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte ihre Entscheidung allein auf der Grundlage ihrer allgemeinen Erfahrung getroffen, dass die Hundehaltung in ihren Objekten zu Problemen führe. Dies war nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend.

Schlussfolgerung: Vermieter müssen sachlich entscheiden

Die Auswirkungen dieses Urteils könnten weitreichend sein. Es stellt klar, dass Vermieter nicht willkürlich über die Haustierhaltung ihrer Mieter entscheiden können. Sie müssen klare und nachvollziehbare Kriterien anwenden, nach denen sie ihre Entscheidung treffen. Dies gibt Mietern mehr Sicherheit und Klarheit in Bezug auf ihre Rechte zur Haustierhaltung.

Das Fazit des Urteils ist, dass Vermieter, die die Haustierhaltung in ihren Mietobjekten regeln wollen, dies auf eine klare und nachvollziehbare Weise tun müssen. Sie können nicht einfach pauschal die Haustierhaltung verbieten oder ihre Zustimmung davon abhängig machen, ob sie Tiere mögen oder nicht. Sie müssen sachliche Kriterien anwenden, die im Einklang mit dem Mietrecht stehen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Zustimmungsvorbehalt des Vermieters zur Haustierhaltung

Ein Zustimmungsvorbehalt des Vermieters zur Haustierhaltung bedeutet, dass der Mieter die Erlaubnis des Vermieters benötigt, um ein Haustier in der Mietwohnung zu halten. Diese Erlaubnis wird meistens durch eine Klausel im Mietvertrag geregelt. Es ist allerdings wichtig zu beachten, dass die Bedingungen für die Wirksamkeit einer solchen Klausel variieren können.

Im allgemeinen Kontext kann der Vermieter eine Zustimmung zur Haustierhaltung nicht willkürlich verweigern. Es ist jedoch immer von Vorteil, die spezifische Situation und den Wortlaut des Mietvertrages zu berücksichtigen, um Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass sowohl die Rechte des Mieters als auch die des Vermieters gewahrt bleiben.

Ebenfalls wichtig ist, dass einige Tiere, wie zum Beispiel Kaninchen, Fische, Meerschweinchen, Hamster und Wellensittiche, als Kleintiere eingestuft werden und problemlos und ohne die Zustimmung des Vermieters in der Wohnung gehalten werden dürfen 2. Andererseits können größere Haustiere wie Hunde und Katzen, obwohl sie in einigen Fällen als Kleintiere betrachtet werden können, in der Regel nicht ohne die Zustimmung des Vermieters gehalten werden.

Wenn im Mietvertrag nichts zur Tierhaltung geregelt ist, kommt es darauf an, ob die Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehört. Dies ist immer eine Einzelfallentscheidung der Gerichte. Es gibt jedoch Fälle, in denen ein Anspruch auf die Zustimmung des Vermieters bestehen kann, insbesondere bei therapeutisch wichtigen Tieren.

Zu beachten gilt, dass der Vermieter die Erlaubnis zur Haustierhaltung in der Mietwohnung widerrufen kann, wenn es einen vernünftigen Grund gibt, wie zum Beispiel erhebliche Beschädigungen der Mietsache oder Störungen der Nachbarn durch das Tier.

Unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB

Gemäß § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Diese Regelung dient dem Schutz der Vertragspartner vor missbräuchlichen Bedingungen, die vom Verwender einseitig festgelegt werden.

Die Unangemessenheit einer Benachteiligung wird insbesondere dann angenommen, wenn der Verwender versucht, missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, dürfen durch die AGB nicht so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist.

Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB bezieht sich auf vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen, die vom Verwender einseitig bei Abschluss des Vertrags gestellt werden. Die Unangemessenheitsprüfung ist ein wesentlicher Bestandteil der AGB-Kontrolle und betrifft nicht nur Verbraucherverträge, sondern auch Verträge zwischen Unternehmern.

Das Transparenzgebot ist ein wichtiger Aspekt des § 307 BGB. Es besagt, dass der Verfasser von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dazu verpflichtet ist, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, verständlich und durchschaubar darzustellen. Die Unklarheiten in den AGB können zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel führen.

Die Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung erfolgt im Einzelfall und kann komplex sein. Dabei werden die gesetzlichen Regelungen, die Rechtsprechung und die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Insbesondere bei Verbraucherverträgen werden die den Vertragsschluss begleitenden Umstände ebenfalls in die Beurteilung einbezogen.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:


  1. Mietrecht: Im vorliegenden Fall geht es um das Mietrecht, insbesondere um die Haustierhaltung in Mietwohnungen. Hierbei ist relevant, dass Mieter in Deutschland gemäß § 535 Abs. 1 BGB das Recht haben, ihre Wohnung vertragsgemäß zu nutzen, was auch die Tierhaltung einschließt.
  2. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB): Die Klausel über den Zustimmungsvorbehalt des Vermieters zur Haustierhaltung fällt unter die Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 307 BGB. Diese Klausel muss den Grundsätzen von Treu und Glauben entsprechen und darf den Mieter nicht unangemessen benachteiligen. Insbesondere muss sie klare und nachvollziehbare sachliche Kriterien für die Zustimmung des Vermieters enthalten, um wirksam zu sein.
  3. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH): Das Urteil bezieht sich auf Entscheidungen des BGH, die die Anforderungen an die Wirksamkeit von Klauseln bezüglich des Zustimmungsvorbehalts des Vermieters zur Haustierhaltung erläutern. Diese Rechtsprechung stellt klar, dass die Zustimmung des Vermieters ausschließlich von nachvollziehbaren und überprüfbaren sachlichen Kriterien abhängig gemacht werden darf, die sich auf den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung beziehen.
  4. Recht auf individuelle Prüfung und Abwägung: Ein wichtiger Aspekt des deutschen Rechts, der aus dem Urteil hervorgeht, ist das Recht auf eine individuelle Prüfung und Abwägung im Zusammenhang mit der Haustierhaltung. Dies bedeutet, dass der Vermieter nicht pauschal ablehnen kann, sondern die konkreten Umstände und das Verhalten des Tieres berücksichtigen muss.

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Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 64 S 151/22 – Urteil vom 07.12.2022

Auf die Berufung der Kläger wird das am 3. Mai 2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick – 7 C 181/21 – geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Kläger zur Haltung eines Hundes der Rasse … in der von ihnen angemieteten Wohnung — straße …, 1 — B. keine Zustimmung der Beklagten benötigen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auch für den zweiten Rechtszug auf 11.731,52 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger sind Mieter einer Zweizimmerwohnung im 1. OG eines Mehrfamilienhauses, die Beklagte ist die Vermieterin. Die Kläger halten in der Wohnung einen Hund der Rasse …, obwohl die Beklagte ihnen die nach § 11 des Mietvertrages vorausgesetzte Zustimmung zur Haltung des Tieres versagt hat. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass sie den Hund auch ohne Zustimmung der Beklagten halten dürften, und hilfsweise auf Erteilung der Zustimmung zur Hundehaltung. Die Beklagte begehrt widerklagend Räumung und Herausgabe der Wohnung, hilfsweise, die Entfernung des Hundes aus der Wohnung. Wegen der Einzelheiten sowie des Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Entscheidung gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils verwiesen, welches den Klägern am 18. und der Beklagten am 13. Mai 2022 zugestellt worden ist.

Das Amtsgericht hat die Klage vollständig sowie die Widerklage mit dem Hauptantrag abgewiesen; dem Hilfswiderklageantrag auf Entfernung des Tieres aus der Wohnung hat das Amtsgericht stattgegeben. Der in § 11 des Mietvertrages vorgesehene Zustimmungsvorbehalt der Beklagten zur Hundehaltung stelle sich nicht als unangemessene Benachteiligung der Kläger im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar. Dass die Klausel keine Abwägungskriterien benenne, sei unschädlich und führe nicht zu einem nicht nachprüfbaren freien Ermessen des Vermieters, denn dieser sei gemäß § 242 BGB vielmehr schon von Gesetzes wegen zu einer umfassenden Abwägung verpflichtet. Dass bei der Abwägung maßgeblich darauf abzustellen sei, ob von dem Tier Störungen ausgingen oder solche zu erwarten seien, sei geradezu selbstverständlich, bedürfe mithin keiner ausdrücklichen Erwähnung. Auf der anderen Seite sei es praktisch unmöglich, die Klausel so zu formulieren, dass alle im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Interessen und Gesichtspunkte aufgezeigt würden, sodass ein Mieter vorab erkennen könne, wie das Ergebnis der Abwägung ausfallen werde.

Die Beklagte habe ihr Ermessen auch fehlerfrei ausgeübt und die Zustimmung mit Recht verweigert; die Störungsprognose für einen Hund der Rasse … falle nicht günstig genug aus, um die Entscheidung der Beklagten zu revidieren.

Die Kläger seien gleichwohl nicht zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verpflichtet, denn die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung sei mangels vorheriger fruchtloser Abmahnung der ungenehmigten Hundehaltung unwirksam geblieben. Auf den Hilfsantrag der Beklagten seien die Kläger aber zu verurteilen, die ungenehmigte Hundehaltung zu unterlassen und das Tier aus der Wohnung zu entfernen.

Gegen das Urteil haben sowohl die Kläger – am 15. Juni 2022 – als auch die Beklagte – am 13. Juni 2022 – Berufung eingelegt; nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfristen – für die Kläger bis zum 18. August 2022 und für die Beklagte bis zum 15. August 2022 – haben die Parteien ihre jeweiligen Berufungen am 11. August 2022 begründet.

Die Kläger machen geltend, das Amtsgericht habe die Mietvertragsklausel des § 11 zu Unrecht als wirksam angesehen; da der Mietvertrag überhaupt keinen Prüfungsmaßstab vorgebe, könne der Vermieter nach der Klausel völlig frei entscheiden, ob er die Hundehaltung genehmigen wolle oder nicht. Hilfsweise müsse die Beklagte jedenfalls der Hundehaltung zustimmen; die lediglich betrachteten abstrakten Informationen über Hunde der Rasse … aus dem Internet würden der vorliegenden individuellen Situation, also dem konkreten Tier, den Klägern als den konkreten Haltern des Tieres und den konkreten Nachbarn, die alle mit der Haltung des Tieres einverstanden seien, nicht im Ansatz gerecht.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil abzuändern und

1. festzustellen, – wie erkannt -,

hilfsweise,

2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber den Klägern die Zustimmung zur Haltung eines Hundes der Rasse … in der Wohnung zu erteilen sowie die Widerklage auch im Übrigen abzuweisen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger zurückzuweisen und die Kläger unter Abänderung des angefochtenen Urteils als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen bewohnte Wohnung in der — straße …, 1. OG …, bestehend aus 2 Zimmern nebst Küche, Dusche, Bad, Diele und Terrasse in 1 — B. zu räumen und an die Beklagte herauszugeben.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Bundesgerichtshof habe in der vom Amtsgerichts zitierten Entscheidung deutlich gemacht, dass im Rahmen der Abwägung alle Umstände des Einzelfalls und die Interessen von Mietern, Mitmietern, Vermietern und sogar Dritten berücksichtigt werden müssten; dies schließe die Formulierung einer Klausel aus, die sämtliche zu berücksichtigenden Kriterien benenne. Die Beklagte habe ihre mithin erforderliche Zustimmung zur Hundehaltung aber mit Recht verweigert, da der Hund der Rasse … zu erheblicher Unruhe aufgrund des extremen Bewegungsdrangs und aller Voraussicht nach zum lauten Anschlagen neigen werde, wenn er erst einmal erwachsen sei. Unter diesen Umständen sei auch die Räumungsklage offensichtlich begründet, denn die vom Amtsgericht geforderte Abmahnung wäre vorliegend offensichtlich ohne Erfolgsaussicht gewesen und auf eine bloße Förmelei hinausgelaufen. Schließlich hätten die Kläger den Hund erst angeschafft, nachdem die Beklagte ihre Zustimmung zur Hundehaltung bereits ausdrücklich verweigert hatte.

II.

Beide Berufungen sind zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufung der Kläger ist auch begründet, während die Berufung der Beklagten unbegründet ist.

1. Die Feststellungsklage ist, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Sie ist, anders als das Amtsgericht meint, auch begründet. Die in § 11 des Mietvertrags vorgesehene Regelung über ein Zustimmungserfordernis zur Hundehaltung ist gemäß § 307 BGB unwirksam, da sie die Mieter entgegen Treu und Glauben unangemessen zu benachteiligen sucht.

Die Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen sind anwendbar, denn bei der Klausel handelt es sich schon dem äußeren Erscheinungsbild nach um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB, die bei Abschluss des Mietvertrages von der Beklagten als Verwenderin gestellt wurde. Sie verstößt jedenfalls bei der gemäß § 305c Abs. 2 BGB gebotenen kundenfeindlichen Auslegung gegen § 307 BGB, weil sie die Zustimmung des Vermieters zur Haustierhaltung mangels definierten Entscheidungsmaßstabs in dessen freies Belieben zu stellen sucht.

Der Bundesgerichtshof hat hervorgehoben, dass Klauseln über einen Zustimmungsvorbehalt des Vermieters zur Haustierhaltung insoweit mit den Vorgaben des § 307 BGB zu vereinbaren sind, als die Zustimmungserteilung „ausschließlich von nachvollziehbaren und überprüfbaren sachlichen Kriterien“ abhängig gemacht wird, „die nur auf die Einhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs“ abzielen (vgl. BGH – VIII ZR 329/11 -, Beschluss vom 25.09.2012, WuM 2013, 220 f., Rn. 5). Fehlt es hingegen an sachlichen Kriterien, an denen sich die Entscheidung des Vermieters auszurichten hat und ist die Klausel – mieterfeindlich – dahin auslegbar, dass die Entscheidung des Vermieters „in dessen freies, das heißt an keine nachprüfbare Voraussetzungen gebundenes Ermessen“ gestellt wird, liegt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor, sodass die Klausel unwirksam ist (vgl. BGH, a. a. O.) und die Zulässigkeit der Haustierhaltung nicht von einer Zustimmung des Vermieters abhängt.

So verhält es sich mit der vorliegenden Klausel, die überhaupt keine Kriterien vorgibt, an der sich die Entscheidung des Vermieters über die Erteilung oder Versagung der Zustimmung auszurichten hat und deshalb gemäß § 305c Abs. 2 BGB dahin verstanden werden kann, dass die Erteilung der Zustimmung im freien Belieben des Vermieters stehe. Dem kann anders als das Amtsgericht meint nicht entgegen gehalten werden, dass die „Entscheidungserheblichkeit der Störungsprognose geradezu selbstverständlich“ sei und deshalb von vorne herein keiner Erwähnung bedürfe. Dies zeigt sehr deutlich die als Anlage K3 eingeführte Antwort der Beklagten vom 16. Juni 2021 (vgl. Bl. 15 d. A.) auf die Anfrage der Kläger vom 3. Juni 2021, ob sie der beabsichtigten Hundehaltung zustimme. Indem die Beklagte, vertreten durch ihre Hausverwaltung, angab, die Hundehaltung sei „in all unseren Objekten nicht gewünscht“, weil es erfahrungsgemäß „immer wieder zu Problemen“ führe, legte sie erkennbar keine sachlichen Prüfungskriterien in Form einer irgendwie auf den Einzelfall konkretisierten Störungsprognose zu Grunde, sondern lehnte jegliche Hundehaltung als grundsätzlich „nicht erwünscht“ ab. Eben vor einer in solchem Sinne willkürlichen Entscheidung nach freiem Ermessen des Vermieters sollen das Gebot der kundenfeindlichen Auslegung in § 305c Abs. 2 BGB und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs schützen, indem ein Zustimmungsvorbehalt zwingend an überprüfbare Sachkriterien zu binden ist. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der seitens des Amtsgerichts zitierten weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Denn anders als hier gab die dem BGH im Verfahren VIII ZR 168/12 vorliegende Klausel in Gestalt der Störungen, die mit einer Haustierhaltung einher gehen können, durchaus sachliche Kriterien vor, an denen sich die Entscheidung des Vermieters auszurichten hatte.

Anders als die Beklagte und ihr folgend das Amtsgericht meinen, ist die Vorgabe eines Entscheidungsmaßstabs im Rahmen der Klausel über den Zustimmungsvorbehalt auch nicht deswegen entbehrlich, weil ohnehin nicht sämtliche zu berücksichtigende Entscheidungsparameter erfasst und beschrieben werden können. Wie die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zeigen, muss die vertragliche Regelung nicht im Einzelnen und für jeden denkbaren Fall regeln, unter welchen genauen Umständen eine Haustierhaltung zu genehmigen ist, sondern darf dem Vermieter vielmehr durchaus ein Ermessen eröffnen, welches er nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB auszuüben hat.

Ist die Klausel über den Zustimmungsvorbehalt in § 11 des Mietvertrages unwirksam, so fehlt es an einer vertraglichen Regelung und hängt es von einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten ab, ob die konkrete Hundehaltung vom Mietgebrauch umfasst ist oder nicht (vgl. BGH – VIII ZR 329/11 -, Beschluss vom 25.09.2012, WuM 2013, 220 f., Rn. 6; BGH – VIII ZR 340/06 -, Urt. v. 14.11.2007, GE 2008, 48 ff., Rn. 18 f.). Gleichwohl ist der Feststellungsklage stattzugeben, da die Zulässigkeit der Hundehaltung entgegen § 11 des Mietvertrages jedenfalls nicht von einer Zustimmung der Beklagten abhängt.

2. Die Berufung der Kläger ist auch insoweit begründet, als sie die Abweisung der Widerklage begehren. Die Beklagte hat gegen die Kläger keinen Anspruch auf Unterlassung der Hundehaltung nach § 541 BGB, denn diese ist nach umfassender Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen vorliegend vom Mietgebrauch nach § 535 Abs. 1 BGB umfasst. Die von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorgebrachten und von dem Amtsgericht übernommenen Bedenken gegen die charakterliche Eignung von Hunden der Rasse … für eine Haltung in Mehrfamilienhäusern sind zwar beachtlich, vermögen aber ein Verbot der Hundehaltung vorliegend nicht zu rechtfertigen. Den aufgezeigten Risiken eines besonders ausgeprägten Bewegungsdrangs, eines starken Beschützerinstinkts und eines schwach ausgeprägten Talents, unbeaufsichtigt in der Wohnung zurückzubleiben halten die Kläger unter anderem entgegen, dass sie beide im Schichtdienst tätig seien, sich also abwechselnd um die Betreuung des Tieres kümmern können und werden, dass sie über langjährige Erfahrung mit der Betreuung und Erziehung von Hunden verfügen und außerdem auf zusätzliche Unterstützung von Nachbarn zurückgreifen können. Die Beklagte und ihr folgend das Amtsgericht haben diese besonderen Umständen nicht ausreichend in den Blick genommen und deswegen die aus der Rassezugehörigkeit X fließenden absehbaren Risiken der Hundehaltung zu Unrecht als von vorne herein unbeherrschbar eingeschätzt. Sie haben dabei auch nur unzureichend berücksichtigt, dass die Kläger selbstverständlich für Abhilfe sorgen und die Hundehaltung in der Wohnung notfalls werden beenden müssen, sollten sich die von der Beklagten aufgezeigten Risiken realisieren und es ungeachtet der Bemühungen der Kläger um die Haltung und Erziehung des Hundes zukünftig durch den Hund zu Störungen der anderen Hausbewohner oder sonst zu Beeinträchtigungen der Interessen der Beklagten kommen. Das verbleibende Risiko einer solchen zukünftigen Entwicklung rechtfertigt es aber nicht, den Klägern die Hundehaltung von vorne herein unter Berufung auf ein dahin gehendes Interesse der übrigen Hausbewohner zu verbieten – zumal unstreitig sämtliche Nachbarn im Wissen darum, dass es sich bei dem Tier derzeit noch um einen Welpen handelt, ihr Einverständnis mit der Hundehaltung erklärt haben.

3. Die Berufung der Beklagten ist nach alledem zurückzuweisen; die Beklagte hat keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mietsache nach § 546 BGB, denn die Kündigung führte nicht zur Beendung des Mietverhältnisses. Weder lag ein die Kündigung rechtfertigender Mietvertragsverstoß schon darin, dass die Kläger ohne die nach § 11 des Mietvertrages vorgesehene Zustimmung der Beklagten den Hund anschafften und in die Mietwohnung aufnahmen, noch verstoßen die Beklagten durch die Hundehaltung sonst gegen ihre Pflichten aus dem Mietverhältnis.

4. Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Grundsätzliche, ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen sind nicht betroffen. Eine Revisionszulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ebenfalls nicht geboten.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47, 41 Abs. 2 GKG.

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