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§ 573 a Abs. 1 Satz 1 BGB – nicht Anzahl der Wohnparteien, sondern der Wohnungen entscheidend

Wohnungen statt Parteien entscheidend für § 573a BGB-Kündigung

In einem Streit um die Räumung einer Wohnung wurde die Klage gegen die Beklagten vom Amtsgericht Stuttgart abgewiesen, weil die fristlose und die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nicht gerechtfertigt waren, unter anderem weil eine nachhaltige Störung des Hausfriedens nicht festgestellt werden konnte und das Vorliegen einer dreiten Wohnung im Gebäude die Anwendung des § 573a BGB ausschloss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 31 C 4334/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klage zur Räumung der Wohnung wurde abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht erfüllt waren.
  • Das Gericht konnte keine nachhaltige Störung des Hausfriedens durch die Beklagten feststellen, was für eine fristlose Kündigung erforderlich gewesen wäre.
  • Die Anwendung des § 573a BGB, der eine Kündigung ohne berechtigtes Interesse erlaubt, wurde abgelehnt, da das Gebäude mehr als zwei Wohnungen umfasst.
  • Eine vorherige Abmahnung, die vor einer außerordentlichen Kündigung erforderlich ist, konnte von den Klägern nicht nachgewiesen werden.
  • Die behaupteten Vorfälle von Beleidigungen und Tätlichkeiten durch die Beklagten konnten das Gericht nicht zur Überzeugung einer Störung des Hausfriedens bringen.
  • Es wurde auch kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung anerkannt, da das Mietverhältnis nicht durch Kündigung beendet wurde.
  • Die Kläger müssen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits tragen, und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Kündigung eines Mietverhältnisses nach § 573a BGB

Die Kündigung eines laufenden Mietverhältnisses ist aus Sicht des Vermieters oftmals ein durchaus komplexes und herausforderndes Unterfangen. Insbesondere die Kündigungsvoraussetzungen und Kündigungsfristen müssen sorgfältig beachtet werden, da sonst die Gefahr einer unwirksamen Kündigung droht.

In bestimmten Fällen bietet § 573a BGB dem Vermieter jedoch die Möglichkeit, ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Entscheidend ist hierbei allerdings die korrekte Auslegung der gesetzlichen Voraussetzungen, da die Rechtsprechung die Anwendung dieser Norm zum Teil eng auslegt.

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➜ Der Fall im Detail


Wohnungen zählen, nicht Parteien: Ein richtungsweisendes Urteil

Im Mittelpunkt dieses Rechtsstreits steht die Räumungsklage der Kläger gegen die Beklagten über eine Wohnung im Erdgeschoss eines Hauses in Stuttgart, die mit einem Mietvertrag vom 23. August 2007 vermietet wurde.

Mietwohnung
(Symbolfoto: hanohiki /Shutterstock.com)

Die Kläger, Eigentümer des gesamten Gebäudes, bewohnen selbst eine andere Wohnung im selben Haus und nutzen eine weitere als Büro und Atelier. Die fristlose sowie die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 24. Dezember 2022 bzw. hilfsweise zum 30. August 2023 und äußerst hilfsweise zum 30. November 2023 bildeten den Kern der Auseinandersetzung. Grundlage für die ordentliche Kündigung sollte § 573a BGB sein, welcher unter bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung ohne Angabe eines berechtigten Interesses erlaubt, sofern der Vermieter in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen lebt.

Der Rechtsstreit und seine Dynamik

Die Kläger begründeten ihre Kündigungen mit verschiedenen Vorfällen, die zwischen Juli und November 2022 stattfanden, und warfen den Beklagten vor, den Hausfrieden nachhaltig gestört zu haben – von Beleidigungen bis hin zu physischen Auseinandersetzungen. Die Beklagten ihrerseits bestritten die Vorwürfe und argumentierten, dass die beschriebenen Vorfälle entweder nicht stattgefunden hätten oder stark übertrieben seien.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart

Das Amtsgericht Stuttgart wies die Klage ab, mit der Begründung, dass weder eine nachhaltige Störung des Hausfriedens festgestellt werden konnte, noch die Voraussetzungen für eine fristlose oder ordentliche Kündigung erfüllt waren. Insbesondere wurde herausgestellt, dass die Anwendung von § 573a BGB nicht möglich ist, da sich im Gebäude mehr als zwei Wohnungen befinden. Dieser Punkt ist entscheidend, denn auch die Nutzung einer dritten Wohnung als Büro und Atelier ändert nichts an der Anzahl der Wohnungen im rechtlichen Sinne.

Schlüsselaspekte der Urteilsfindung

Die richterliche Auseinandersetzung mit der Frage, was eine nachhaltige Störung des Hausfriedens konstituiert, unterstreicht die Notwendigkeit einer eindeutigen Beweisführung und die Bedeutung der Abmahnung vor einer Kündigung. Darüber hinaus betont das Urteil, dass die reine Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude ausschlaggebend für die Anwendbarkeit des § 573a BGB ist, unabhängig von deren Nutzung.

Die Bedeutung des Urteils für Mieter und Vermieter

Das Urteil verdeutlicht die Grenzen der Kündigungsmöglichkeiten nach § 573a BGB und stellt klar, dass die Anzahl der Wohnungen im Gebäude und nicht die der Wohnparteien entscheidend ist. Es beleuchtet ferner die Wichtigkeit der präzisen Einhaltung der rechtlichen Vorgaben bei der Kündigung von Mietverhältnissen und die Notwendigkeit einer fundierten Argumentation und Dokumentation im Falle von Konflikten.

Kosten und Vollstreckbarkeit

Als abschließender Punkt des Urteils wurden die Kläger als Gesamtschuldner zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Zudem wurde das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt, wobei die Möglichkeit der Abwendung der Vollstreckung durch Sicherheitsleistung gegeben ist. Dies unterstreicht die finanziellen Risiken und Verpflichtungen, die mit derartigen rechtlichen Auseinandersetzungen einhergehen können.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was bedeutet die Regelung des § 573a BGB für Mieter und Vermieter?

§ 573a BGB räumt dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen ein erleichtertes Kündigungsrecht ein. Der Vermieter kann demnach ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem von ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen ohne Angabe eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 BGB kündigen.

Voraussetzung ist, dass sich die Wohnung des Mieters und die des Vermieters in einem Gebäude befinden. Das Gebäude darf insgesamt nicht mehr als zwei Wohnungen haben. Dabei schadet es nicht, wenn das Gebäude teilweise auch gewerblich genutzt wird, solange sich darin die Wohnungen des Vermieters und des Mieters befinden. Der Vermieter muss im Zeitpunkt der Kündigung selbst eine Wohnung in dem Gebäude bewohnen. Eine nur gelegentliche Nutzung als Ferien- oder Zweitwohnung reicht nicht aus.

Als Ausgleich für die erleichterte Kündigung verlängert sich die Kündigungsfrist für den Vermieter in diesem Fall um drei Monate. Der Vermieter muss in der Kündigung angeben, dass er sich auf die Voraussetzungen des § 573a BGB stützt. Der Mieter hat die Möglichkeit, der Kündigung zu widersprechen und sich auf Härtegründe zu berufen.

Sinn und Zweck der Regelung ist es, die besondere Situation zu berücksichtigen, in der sich Vermieter und Mieter befinden, die auf engem Raum unter einem Dach zusammenleben. Das enge räumliche Näheverhältnis birgt ein erhöhtes Konfliktpotential, weshalb dem Vermieter die Möglichkeit eingeräumt wird, sich leichter vom Mieter zu trennen.

Wie wirkt sich die Anzahl der Wohnungen auf die Kündigungsmöglichkeiten nach § 573a BGB aus?

§ 573a BGB räumt dem Vermieter ein erleichtertes Kündigungsrecht ein, wenn sich die vermietete Wohnung in einem Gebäude befindet, das insgesamt nicht mehr als zwei Wohnungen hat und in dem der Vermieter selbst eine Wohnung bewohnt. Entscheidend ist dabei die Anzahl der Wohnungen, nicht die Anzahl der Mietparteien.

Befinden sich in dem Gebäude mehr als zwei Wohnungen, ist das erleichterte Kündigungsrecht nach § 573a BGB ausgeschlossen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter zwei der drei Wohnungen selbst nutzt. Auch eine nachträgliche Reduzierung der Wohnungsanzahl durch bauliche Veränderungen ändert daran nichts, solange die dritte Wohnung unverändert als eigenständige Wohnung nutzbar bleibt.

Umgekehrt steht dem Vermieter das Sonderkündigungsrecht auch dann zu, wenn eine der beiden Wohnungen von mehreren Mietparteien bewohnt wird. Denn auch in diesem Fall bleibt es bei der Anzahl von zwei Wohnungen im Gebäude. Unschädlich ist es auch, wenn neben den zwei Wohnungen noch Gewerberäume vorhanden sind.

Die Unterscheidung zwischen Wohnungsanzahl und Mietparteienanzahl ist daher gerade für Besitzer von Mehrfamilienhäusern relevant. Sie können sich nicht auf § 573a BGB berufen, selbst wenn sie einen Großteil der Wohnungen selbst nutzen. Andererseits profitieren sie vom erleichterten Kündigungsrecht in einem Zweifamilienhaus, auch wenn eine der Wohnungen in Untermiete an mehrere Parteien vergeben ist.

Wie beeinflusst die Nutzung einer Wohnung als Büro oder Atelier die Kündigungsmöglichkeiten nach § 573a BGB?

§ 573a BGB räumt dem Vermieter ein erleichtertes Kündigungsrecht ein, wenn sich die vermietete Wohnung in einem Gebäude befindet, das insgesamt nicht mehr als zwei Wohnungen hat und in dem der Vermieter selbst eine Wohnung bewohnt. Entscheidend ist dabei, dass es sich bei den Räumlichkeiten um Wohnraum handelt.

Wird eine Wohnung im Gebäude jedoch zu anderen als Wohnzwecken genutzt, etwa als Büro oder Atelier, ist fraglich, ob § 573a BGB noch anwendbar ist. Dies hängt davon ab, ob die Räume trotz der beruflichen Nutzung weiterhin als Wohnraum einzuordnen sind.

Nach der Rechtsprechung gilt eine Atelierwohnung in der Regel als Wohnraum, solange die künstlerische Tätigkeit nicht nach außen in Erscheinung tritt und die Wohnung weiterhin Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt. Auch eine teilweise Nutzung als Büro steht der Einordnung als Wohnraum nicht entgegen, wenn die Wohnnutzung überwiegt und keine Beeinträchtigungen für andere Mieter entstehen.

Verliert die Wohnung jedoch ihren Charakter als Wohnung, weil sie überwiegend gewerblich genutzt wird, greift § 573a BGB nicht mehr. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die berufliche Tätigkeit mit erheblichem Publikumsverkehr verbunden ist oder die Räume baulich zu Gewerberäumen umgestaltet werden.

Für die Anwendbarkeit des § 573a BGB kommt es also darauf an, ob trotz einer beruflichen Nutzung der Wohncharakter im Vordergrund steht. Solange die Räume nach der vertraglichen Vereinbarung und den tatsächlichen Umständen noch als Wohnung anzusehen sind, kann sich der Vermieter auf das erleichterte Kündigungsrecht berufen. Überwiegt hingegen die gewerbliche Nutzung, scheidet eine Kündigung nach § 573a BGB aus.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 573a Abs. 1 Satz 1 BGB: Erleichterte Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter, wenn er in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen lebt. Im vorliegenden Fall zentral, da die Kündigung auf dieser Grundlage erfolgen sollte, das Gebäude aber mehr als zwei Wohnungen aufweist.
  • §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB: Regelungen zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aufgrund nachhaltiger Störung des Hausfriedens. Relevant, weil das Gericht eine solche Störung nicht feststellen konnte, was zur Abweisung der Klage führte.
  • § 286 ZPO: Beweiswürdigung im Zivilprozess. Wichtig für das Verständnis, warum das Gericht die von den Klägern vorgetragenen Vorfälle nicht als bewiesen ansah.
  • § 546 Abs. 1, 985 Abs. 1 BGB: Ansprüche auf Räumung und Herausgabe der Mietsache. Diese Paragraphen sind entscheidend, da das Gericht feststellte, dass den Klägern solche Ansprüche nicht zustehen, weil der Mietvertrag nicht wirksam beendet wurde.
  • § 91 ZPO: Kostenentscheidung in einem Zivilprozess. Erklärt, warum die Kläger als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits tragen müssen.
  • §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO: Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Urteils. Relevant für das Verständnis der finanziellen Folgen des Urteils für die Kläger, insbesondere bezüglich der Möglichkeit, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.


Das vorliegende Urteil

AG Stuttgart – Az.: 31 C 4334/22 – Urteil vom 04.04.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Räumung der Wohnung im Erdgeschoss des Hauses […] in St..

Diese Wohnung, wie auch das gesamte Gebäude [..], steht im Eigentum der Kläger. Die gegenständliche Wohnung im Erdgeschoss wurde mit Mietvertrag vom 23.08.2007 an die Beklagten vermietet. Die Kläger bewohnen die Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses. Es gibt eine weitere separate Wohnung im Dachgeschoss des Gebäudes, die durch die Kläger als Büro und Atelier verwendet wird.

Mit Schreiben vom 01.12.2022 erklärten die Kläger die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses mit einer Räumungsfrist zum 24.12.2022. Hilfsweise erklärten die Kläger die ordentliche Kündigung zum 30.08.2023, sowie äußert hilfsweise zum 30.11.2023. Das Schreiben wurde den Beklagten am Nachmittag des 01.12.2022 überreicht.

Eine Räumung der Wohnung erfolgte nicht.

Die Kläger behaupten, der Beklagte Ziff. 1 habe die Klägerin Ziff. 2 zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt zwischen dem 03.07.2022 und dem 13.07.2022 beleidigt, indem er ihr gegenüber äußerte, sie würde stinken. Zudem soll der Beklagte Ziff. 1 die Klägerin Ziff. 2 in dieser Zeit im Hausgang tätlich angegriffen haben, indem er diese gegen eine Wand geschubst haben soll. Am 25.11.2022 gegen 16:00 Uhr soll der Beklagte Ziff.1 die Klägerin Ziff. 2 mit den Worten „sie Gifthexe“ beleidigt haben und sie mit Kehricht beworfen haben. Zudem soll der Beklagte Ziff. 1 dabei geäußert haben, die Klägerin Ziff. 2 sei eine alte Frau und gehöre zum Arzt, da sie nicht ganz recht sei.

Am 26.11.2022 habe die Klägerin Ziff. 2 gegen 07:20 Uhr bemerkt, dass sich auf mindestens zwei der Treppenstufen zu ihrer Wohnung Wasser befand. Zudem sei die ganze Treppe schmutzig gewesen. Dies sei als Angriff der Beklagten gegen sie zu werten.

Am 29.11.2022 gegen 07:20 Uhr habe die Klägerin Ziff. 2 wiederum bemerkt, dass sich auf den zu ihrer Wohnung führenden Treppenstufen Wasserlachen befanden. Die Klägerin Ziff. 2 vermute, dass der Beklagte Ziff. 1 das Wasser absichtlich verschüttet habe, um der Klägerin zu schaden. Es sei die Absicht der Beklagten, die Kläger in Angst und Schrecken zu versetzen, sie tätlich anzugreifen, zu beleidigen und unnötigen Gefahren auszusetzen.

Die ordentliche Kündigung zum 30.11.2023 erfolge gestützt auf § 573a BGB, der nach der Auffassung der Kläger hier Anwendung findet.

Die Kläger beantragen daher mit ihrem Hauptantrag:

1. Die Beklagten werden verurteilt, die von ihnen innegehaltene, im Erdgeschoss des Hauses […] S., gelegene Wohnung, bestehend aus 4 Zimmer, einer Küche, einem Bad mit Dusche, einem WC und den Kellerraum, der sich hinter der zweiten Tür nach dem Heizraum befindet, sowie den Stellplatz für die Waschmaschine und den Trockner im Heizraum zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

2. Die Beklagten werden verurteilt, künftig ab dem 03.01.2023 monatlich, jeweils bis zum 3. Werktag eines jeden Monats im Voraus, eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 986,41 EUR nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem jeweiligen Folgetag an die Kläger zu zahlen, und zwar bis zur vollständigen Räumung und Herausgabe der im Klagantrag zu 1. bezeichneten Räume an die Kläger. Des Weiteren werden die Beklagten ab dem 03.01.2023 verurteilt, monatlich 70,00 EUR Nebenkostenvorauszahlung nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem jeweiligen Folgetag an die Kläger zu zahlen, und zwar bis zur vollständigen Räumung und Herausgabe der im Klagantrag zu 1. bezeichneten Räume an den Kläger.

Die Kläger beantragen hilfsweise: Die Beklagten werden verurteilt, die von ihnen innegehaltene, im Erdgeschoss des Hauses […] S., gelegene Wohnung, bestehend aus 4 Zimmer, einer Küche, einem Bad mit Dusche, einem WC und den Kellerraum, der sich hinter der zweiten Tür nach dem Heizraum befindet, sowie den Stellplatz für die Waschmaschine und den Trockner im Heizraum zum 30.08.2023 zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Die Kläger beantragen äußert hilfsweise: Die Beklagten werden verurteilt, die von ihnen innegehaltene, im Erdgeschoss des Hauses […] St., gelegene Wohnung, bestehend aus 4 Zimmer, einer Küche, einem Bad mit Dusche, einem WC und den Kellerraum, der sich hinter der zweiten Tür nach dem Heizraum befindet, sowie den Stellplatz für die Waschmaschine und den Trockner im Heizraum zum 30.11.2023 zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Beklagte Ziff. 1 habe am 25.11.2022 gegen 15:00 Uhr den Hausflur gefegt. Er habe sodann kurze Zeit später bemerkt, dass jemand in den Keller geht und sei selbst in den Keller gegangen. Dabei habe er bemerkt, dass auf den soeben gereinigten Stellen wieder Schmutz gelegen sei. Er konfrontierte die Klägerin Ziff. 2 damit, dass diese wohl den Schmutz böswillig dort verteile. Die Klägerin Ziff. 2 habe dann dem Beklagten Ziff. 1 gesagt, er würde spinnen, woraufhin dieser den Kehricht im Keller auf den Boden schüttete.

Die Beklagten meinen zudem, dass eine Abmahnung des beanstandeten Verhaltens nicht erfolgt sei.

Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.02.2023 die Beklagten und die Klägerin Ziff. 2 angehört. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl. 58ff. d.A.) wird verwiesen. Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

I.

Der Hauptantrag ist zulässig aber unbegründet.

1. Die Klage ist bezüglich des Hauptantrags zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Stuttgart sachlich und örtlich zuständig (§§ 23 Abs. 2 lit. a GVG, 29a Abs. 1 ZPO).

2. Ein Räumungs- und Herausgabeanspruch (§§ 546 Abs. 1, 985 Abs. 1 BGB) bezüglich der streitgegenständlichen Wohnung steht den Klägern nicht zu, weil der zwischen den Parteien unstreitig bestehende Mietvertrag durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 30.11.2022 nicht beendet wurde.

Gem. §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Es konnte vorliegend nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden (§ 286 ZPO), dass der Hausfrieden durch die Beklagten nachhaltig gestört wird. Grundsätzlich muss sich jede Partei bei Nutzung der Räume so verhalten, dass die anderen Mieter bzw. Bewohner nicht mehr beeinträchtigt werden, als dies nach den konkreten Umständen unvermeidlich ist. Werden die zur Wahrung des Hausfriedens erforderlichen Verhaltenspflichten verletzt, und hat dies zu einer Beeinträchtigung der Vermieter oder einer anderen Mietpartei geführt, ist der Hausfrieden gestört. Eine nachhaltige Störung erfordert, dass diese Beeinträchtigung ein Dauerzustand ist (Blank, Schmidt-Futterer Mietrecht, § 569 Rn. 20ff.).

Zwar könnten die von der Klägerseite behaupteten Sachverhalte eine solche Störung darstellen, das Gericht ist jedoch nicht mit einer allen vernünftigen Zweifeln Einhalt gebietenden Gewissheit von den von der Klägerin Ziff. 2 geschilderten Sachverhalten überzeugt.

Zwar hat die Klägerin Ziff. 2 in ihrer informatorischen Anhörung die Begegnungen mit dem Beklagten Ziff. 1, wie auch in der Klage vom 15.12.2022 ausgeführt, geschildert und dabei angegeben, sie habe Angst in ihrem Haus und es wäre ein „Terror“. Der Beklagte Ziff. 1 habe sie bei dem Vorfall im Juli 2022 im Treppenhaus gegen die Wand geschubst. Die Beklagten haben dem entgegen geschildert, dass es die Zwischenfälle mit den Wasserlachen nicht gegeben habe. Zudem führten die Beklagten aus, die Klägerin Ziff. 2 habe bei dem Vorfall im Juli 2022 die Haustüre zugehalten, um zu verhindern, dass der Beklagte Ziff. 1 das Haus verlasse. Der Beklagte Ziff. 1 habe die Tür dann aufgemacht, wobei die Klägerin Ziff. 2 nach hinten gestolpert sei. Eine Tätlichkeit gegenüber der Klägerin Ziff. 2 habe es nicht gegeben. Bei dem Vorfall am 25.11.2022 habe er den Kehricht neben, aber nicht auf die Klägerin Ziff. 2 geworfen. Die Vorfälle seien hauptsächlich Fantasie.

Es kann demnach so gewesen sein, wie von der Klägerin Ziff. 2 geschildert, es kann jedoch auch anders gewesen sein.

Der von dem Beklagten Ziff. 1 zugestandene Sachverhalt bezüglich der Ereignisse im Juli 2022 und am 25.11.2022 reicht zur Begründung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht aus. Sollte die Klägerin Ziff. 2, wie von dem Beklagten Ziff. 1 geschildert, diesem bei dem Vorfall im Juli 2022 die Haustüre zugehalten haben, um diesen am Hinausgehen zu hindern, kann es dem Beklagten Ziff. 1 nicht vorgehalten werden, dass dieser mit Kraft die Haustüre öffnete. Die Klägerin Ziff. 2 hätte insoweit kein Recht, die Bewegungsfreiheit des Beklagten Ziff. 2 einzuschränken. Sollte die Klägerin Ziff. 1 hierdurch gestolpert oder gegen die Wand gefallen sein, wäre dies zumindest für eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht ausreichend, da die Klägerin selbst den Anlass für das gewaltsame Öffnen der Türe gesetzt hat.

Auch das durch den Beklagten Ziff. 1 zugestandene Werfen des Kehrichts am 25.11.2022 auf die Seite, während die Klägerin Ziff. 2 dem Beklagten gegenüber stand, stellt keinen ausreichenden Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung dar. Zwar handelt es sich hierbei durchaus um ein Verhalten, dass eine Störung des Hausfriedens darstellt, insoweit fehlt es jedoch an der Nachhaltigkeit der Störung, da die übrigen von Klägerseite vorgetragenen Sachverhalte nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden konnten.

Da die Hausfriedensstörung nicht nur als „wichtiger Grund“ im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB sondern zugleich auch als „Verletzung der Pflicht aus dem Mietvertrag“ gem. § 543 Abs. 3 BGB zu werten ist, muss der Kündigung darüber hinaus grundsätzlich eine Abmahnung vorausgehen. Der Kündigungstatbestand ist erst dann erfüllt, wenn nach der Abmahnung eine weitere, gleiche oder ähnliche Vertragsverletzung begangen wird (Blank, Schmidt-Futterer Mietrecht, § 569 Rn. 29).

Diese Voraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ebenfalls nicht vor.

Das Gericht konnte nicht feststellen, dass die Kläger die Beklagten bezüglich ihres in der Kündigung vorgetragenen Verhaltens, vor Zugang der Kündigung abgemahnt haben. Das von Klägerseite vorgelegte Schreiben vom 08.06.2022 (Anlage K3, Bl. 51 d.A.) kann auch nicht als solche Abmahnung gewertet werden. In dem vorgelegten Schreiben vom 08.06.2022 geht es um das Ablegen von Schuhen und weiteren Gegenständen im Treppenhaus sowie im Kellerraum des Hauses […]. Das Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin, das vorliegend zur Begründung der außerordentlichen fristlosen Kündigung herangezogen wurde, wird darin nicht thematisiert.

Eine Abmahnung war auch nicht gem. § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB aus besonderen Gründen entbehrlich, da vorliegend keine schwere Vertragsverletzung vorliegt (Mehle, BeckOK BGB, § 543 Rn. 258).

Eine Bedrohungslage zum Nachteil der Kläger konnte ebenfalls nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden.

3. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht ebenfalls nicht, da das Mietverhältnis nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung beendet wurde.

II.

Der Hilfsantrag bezüglich der Räumung der Wohnung zum 30.08.2023 ist ebenfalls zulässig aber unbegründet.

Der zwischen den Parteien unstreitig bestehende Mietvertrag wurde auch nicht durch die ordentliche Kündigung zum 30.08.2023 beendet. Den Klägern steht daher auch insoweit kein Räumungs- und Herausgabeanspruch (§§ 546 Abs. 1, 985 Abs. 1 BGB) zu.

Bezüglich der von Klägerseite vorgetragenen Sachverhalte verweist das Gericht auf die bereits erfolgten Ausführungen (oben unter I. 2.).

Der von dem Beklagten Ziff. 1 zugestandene Sachverhalt kann eine Kündigung gem. § 573 BGB vorliegend nicht begründen. Gem. § 573 Abs. 1 BGB kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat. Zwar sind die Anforderungen bezüglich der Störung des Hausfriedens im Rahmen der ordentlichen Kündigung geringer, der einzige zugestandene und dem Beklagten Ziff. 1 vorwerfbare Sachverhalt bezüglich des Werfens des Kehrichts auf die Seite vermag es aber nicht das berechtigte Interesse an der Kündigung zu begründen. Es handelt sich dabei allenfalls um eine einmalige Störung des Hausfriedens, deren Erheblichkeit eine Kündigung nicht rechtfertigt.

III.

Der Hilfsantrag bezüglich der Räumung der Wohnung zum 30.11.2023 ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.

1. Der Hilfsantrag ist zulässig, insbesondere ist das gem. § 259 ZPO erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung ist bei einer Räumungsklage gegeben, wenn der Mieter durch ernsthaftes Bestreiten des Kündigungsgrundes eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er nicht bereit ist, fristgerecht zu räumen (Becker-Eberhard, MüKo ZPO, § 259 Rn. 11). Dies ist vorliegend der Fall. Die Beklagten haben sich gegen die Kündigung gewandt und vorgetragen, dass sich in dem Gebäude […] drei Wohnungen befinden.

2. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Ein Räumungs- und Herausgabeanspruch (§§ 546 Abs. 1, 985 Abs. 1 BGB) bezüglich der streitgegenständlichen Wohnung steht den Klägern nicht zu, da der Mietvertrag auch nicht durch die Kündigung gem. § 573a BGB beendet wurde.

Gem. § 573a Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen durch den Vermieter auch ohne berechtigtes Interesse gekündigt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

In dem Gebäude […] befinden sich unstreitig drei getrennte Wohnungen. Die dritte Wohnung wird durch die Kläger als Büro und Atelier genutzt. Der § 573a BGB ist jedoch unanwendbar, wenn sich in dem Gebäude mehr als zwei Wohnungen befinden. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die dritte Wohnung wie hier als Teil seiner eigenen Wohnung nutzt (BGH, Urt. v.17.11.2010, VIII ZR 90/10).

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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