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Aufwendungsersatzanspruch Mieter bei Selbstbeseitigung eines Mietmangels

Selbsthilfe bei Mietmängeln: Mieterinnen und Mieter können Aufwendungsersatzanspruch geltend machen

Das Urteil des AG Tecklenburg bestätigt den Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aufgrund der Selbstbeseitigung eines Mietmangels. Der Beklagte muss 74,58 EUR zuzüglich Zinsen zahlen, da er in Verzug war, den Mangel zu beheben. Eine Aufrechnung mit anderen Forderungen des Beklagten wurde abgelehnt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 16 C 7/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Bestätigung des Aufwendungsersatzanspruchs: Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Selbstbeseitigung des Mietmangels.
  2. Höhe des Anspruchs: Der Betrag beläuft sich auf 74,58 EUR plus Zinsen.
  3. Verzug des Vermieters: Der Vermieter (Beklagter) war in Verzug mit der Mangelbeseitigung.
  4. Keine erfolgreiche Aufrechnung: Versuche des Beklagten, mit anderen Forderungen aufzurechnen, waren nicht erfolgreich.
  5. Nachweis eines Mangels: Die Klägerin konnte einen Mangel (undichte Therme) erfolgreich nachweisen.
  6. Mietminderung legitim: Die Klägerin hatte das Recht zur Mietminderung aufgrund des bestehenden Mangels.
  7. Unzulässigkeit der Gegenforderung: Die Gegenforderung des Beklagten für Handwerkerkosten wurde nicht anerkannt.
  8. Zinsanspruch: Der Zinsanspruch der Klägerin basiert auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

Rechtliche Facetten der Mängelbeseitigung im Mietverhältnis

Im Bereich des Mietrechts stellt die Frage der Mängelbeseitigung eine der wesentlichsten Herausforderungen dar, sowohl für Mieter als auch für Vermieter. Besonders interessant wird es, wenn Mieter selbst aktiv werden, um Mängel in ihrer Wohnung zu beheben. Der Aufwendungsersatzanspruch des Mieters bei der Selbstbeseitigung eines Mietmangels bildet hierbei einen zentralen Diskussionspunkt. Dieses Thema berührt grundlegende Fragen der Rechte und Pflichten im Mietverhältnis und eröffnet eine differenzierte Betrachtung von Verantwortlichkeiten und finanziellen Folgen.

In der Auseinandersetzung mit einem konkreten Urteil zu diesem Thema kommen zahlreiche Aspekte zur Geltung, die für Mieter und Vermieter gleichermaßen von Bedeutung sind. Wie werden Ansprüche des Mieters auf Ersatz seiner Aufwendungen rechtlich bewertet? Welche Bedingungen müssen für einen solchen Anspruch erfüllt sein? Die Antworten auf diese Fragen bieten nicht nur für die direkt Beteiligten, sondern auch für ein breiteres Publikum wertvolle Einblicke in die rechtlichen Feinheiten des Mietrechts. Lassen Sie uns gemeinsam in die Details dieses spannenden und lehrreichen Falles eintauchen.

Der Aufwendungsersatzanspruch im Mietrecht: Ein Fallbeispiel

Das Amtsgericht Tecklenburg hat in einem bemerkenswerten Urteil (Az.: 16 C 7/22) vom 08. August 2022 eine Entscheidung zum Aufwendungsersatzanspruch im Mietrecht getroffen. Im Kern geht es um einen Mieter, der selbst einen Mietmangel beseitigte und anschließend vom Vermieter die Erstattung der dafür entstandenen Kosten verlangte. Diese Konstellation wirft wichtige Fragen im Kontext des Mietrechts auf, insbesondere bezüglich der Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern bei der Mängelbeseitigung.

Hintergrund des Rechtsstreits: Mängelbeseitigung und Mietminderung

Die Klägerin hatte in ihrer Wohnung einen Mangel festgestellt – eine undichte Therme – und diesen auf eigene Kosten behoben, nachdem der Vermieter, der Beklagte, nicht rechtzeitig reagierte. Laut Mietrecht ist der Mieter berechtigt, einen Mangel selbst zu beseitigen und die Kosten dafür vom Vermieter zurückzufordern, wenn dieser in Verzug ist. Der Mangel wurde durch verschiedene Dokumente, darunter eine Rechnung und ein Arbeitsbericht, nachgewiesen. Der Vermieter hatte die Mängelbeseitigung nicht fristgerecht vorgenommen, was den Mieter zur Selbstbeseitigung berechtigte.

Das Urteil: Aufwendungsersatzanspruch bestätigt

Das Gericht bestätigte, dass die Klägerin berechtigt war, den Mangel auf eigene Kosten zu beseitigen und den Aufwendungsersatzanspruch geltend zu machen. Dieser Anspruch wurde auch gegen die Mietforderung des Beklagten aufgerechnet, sodass der Anspruch des Beklagten für den Monat Juli 2015 erloschen ist. Die Klägerin konnte erfolgreich darlegen, dass sie dem Vermieter eine Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt hatte, die ohne Erfolg verstrichen war, was einen Verzug des Vermieters bedeutet.

Rechtliche Tragweite und Bedeutung für Mieter und Vermieter

Dieses Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Praxis im Mietrecht. Es unterstreicht die Rechte der Mieter, bei Versäumnissen des Vermieters bezüglich der Mängelbeseitigung eigenständig zu handeln und die Kosten dafür ersetzt zu bekommen. Für Vermieter bedeutet dies, dass sie bei Mängelanzeigen umgehend reagieren müssen, um solche Ansprüche zu vermeiden. Das Urteil zeigt auch, dass eine genaue Dokumentation der Mängel und der unternommenen Schritte essentiell ist, um solche Ansprüche zu untermauern.

Insgesamt liefert das Urteil des Amtsgerichts Tecklenburg einen aufschlussreichen Einblick in die Anwendung des Mietrechts in Bezug auf Mängelbeseitigung und Aufwendungsersatz. Es dient als Orientierungshilfe für ähnliche Fälle und illustriert die Notwendigkeit einer sorgfältigen Vorgehensweise sowohl für Mieter als auch für Vermieter.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was beinhaltet der Aufwendungsersatzanspruch eines Mieters bei der Selbstbeseitigung eines Mietmangels?

Der Aufwendungsersatzanspruch eines Mieters bei der Selbstbeseitigung eines Mietmangels ist im § 536a Abs. 2 BGB geregelt. Dieser Anspruch setzt voraus, dass ein Mangel an der Mietsache vorliegt und der Vermieter mit der Beseitigung dieses Mangels in Verzug ist. In diesem Fall kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen (oder beseitigen lassen) und Ersatz der dafür notwendigen Aufwendungen vom Vermieter verlangen.

Es gibt jedoch bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Mieter einen Anspruch auf Aufwendungsersatz hat:

  1. Es muss ein wirksamer Mietvertrag bestehen.
  2. Es muss ein Mangel vorliegen, der unter die Gewährleistungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB fällt.
  3. Der Vermieter muss mit der Beseitigung des Mangels in Verzug sein.
  4. Die Aufwendungen des Mieters zur Mängelbeseitigung müssen erforderlich sein.

Es ist auch möglich, dass der Mieter einen Vorschuss für die Beseitigung des Mangels vom Vermieter verlangt. Dies ist gesetzlich nicht explizit geregelt, wurde aber von der Rechtsprechung in Anwendung des § 242 BGB entwickelt.

Es ist jedoch zu beachten, dass der Mieter keinen Anspruch auf Kostenvorschuss für Maßnahmen hat, die zur nachhaltigen Mangelbeseitigung ungeeignet sind. Darüber hinaus hat der Mieter keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn er den Mangel eigenmächtig beseitigt, ohne dass der Vermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug ist.

Welche Voraussetzungen müssen für einen Verzug des Vermieters bei der Mängelbeseitigung erfüllt sein?

Für einen Verzug des Vermieters bei der Mängelbeseitigung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Es muss ein Mangel vorliegen, der den Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt oder unmöglich macht.
  2. Der Mieter muss den Mangel dem Vermieter angezeigt haben.
  3. Der Mieter muss dem Vermieter eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt haben.
  4. Der Mangel besteht nach Ablauf der Frist weiterhin aus Gründen, die der Vermieter zu vertreten hat.

Es ist zu erwähnen, dass eine Mahnung nicht notwendig ist, wenn der Vermieter die Mängelbeseitigung endgültig und bestimmt verweigert oder wenn der Vermieter die Mängelbeseitigung zugesagt hat, aber gleichwohl untätig geblieben ist. In diesen Fällen tritt der Verzug automatisch ein.

Es ist auch wichtig, dass der Mieter nach dem Zugang der Mahnung eine angemessene Zeit zuwarten muss, um dem Vermieter Gelegenheit zur Mängelbeseitigung zu geben. Was als „angemessene Frist“ gilt, kann variieren, aber im Allgemeinen werden rund zwei Wochen als angemessen angesehen.

Der Mieter muss das Vorliegen dieser Voraussetzungen beweisen können.


Das vorliegende Urteil

AG Tecklenburg – Az.: 16 C 7/22 – Urteil vom 08.08.2022

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 74,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2021 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 74,58 EUR aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2017 zu.

Das Entstehen des Anspruchs ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Anspruch ist auch nicht durch Aufrechnung mit einer ausstehenden Mietzinsforderung des Beklagten gegen die Klägerin bzw. einer von der Klägerin zu begleichenden Handwerkerrechnung der Fa. -Name- gem. § 389 BGB erloschen.

1.

Zunächst scheidet eine Aufrechnung des Beklagten mit einer ausstehenden Mietzinsforderung in Höhe von 172,48 EUR für den Monat Juli 2015 aus.

Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, dass die Klägerin die Miete für den Monat Juli 2017 um einen entsprechenden Betrag gekürzt hat. Dem Beklagten steht gleichwohl kein ausstehender Mietzinsanspruch in entsprechender Höhe gem. § 535 Abs. 2 BGB zu, da dieser Anspruch seinerseits durch Aufrechnung der Klägerin mit einem Anspruch auf Kostenerstattung gem. § 536a Abs. 2 Nr. 1 erloschen ist.

Gem. § 536a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB kann der Mieter Mängel selbst beseitigen und von dem Vermieter den Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen verlangen, sofern der Vermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug geraten ist (Nr. 1) oder der Mieter aufgrund einer Notmaßnahme ausnahmsweise ohne Verzug des Vermieters zur Selbstbeseitigung berechtigt war (vgl. Kramer, Mietrecht, 1. Aufl. 2019, D. Rechte des Mieters bei Mängeln, Rn. 33 ff.). Ein Verzug des Vermieters setzt in der Regel voraus, dass der Mieter dem Vermieter eine Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt hat, die fruchtlos verstrichen ist, vgl. §§ 536 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 286 BGB. Daneben kommt Verzug in Betracht, wenn die Mangelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert wurde. Eine bloße Mängelanzeige genügt nicht. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Mangels, der Mängelanzeige sowie des Verzugs des Vermieters trägt dabei nach allgemeinen Grundsätzen der Mieter, vorliegend also die Klägerin.

Nach diesen Maßgaben ist von einem Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin in Höhe eines Betrages von 172,48 EUR auszugehen.

So ist das Gericht nach anfänglichen Zweifeln nunmehr davon überzeugt, dass ein Mangel im Sinne einer tropfenden Therme vorlag. So bilden sowohl die vorgelegte Rechnung der Fa. -Name- als auch der korrespondierende Arbeitsbericht, datierend auf den 19.06.2015 und 25.06.2015, ausreichende Indizien dafür, dass eine Undichtigkeit der Therme in der Wohnung der Klägerin bestand. Diese Indizien vermochte der Beklagte auch nicht durch Vorlage des undatierten Schreibens der unstreitig zuvor durch ihn beauftragten Fa. -Name- zu erschüttern. So wurde darin zwar bestätigt, dass eine Funktionstüchtigkeit der Therme zu jedem Zeitpunkt gegeben war – was die Klägerseite auch zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt hat. Die vagen Formulierungen „das vermeintliche Tropfen hat sich zugesetzt“ (was soll dies überhaupt bedeuten?) und „das Quietschen des Hydraulikventils mechanisch bedingt“ vermögen das Gericht jedoch nicht davon zu überzeugen, dass entgegen der klägerseits vorgelegten Belege tatsächlich keinerlei Undichtigkeit der Therme bestand.

Wie die Klägerin nunmehr auch durch Vorlage des Schreibens vom 12.03.2015 belegt hat, befand sich der Beklagte nach Mängelanzeige und Fristsetzung zur Mangelbehebung mit der Mangelbeseitigung in Verzug.

In der Rechtsfolge war die Klägerin berechtigt, den Mangel auf eigene Kosten zu beseitigen und gem. § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB Ersatz der zur Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen vom Beklagten zu verlangen.

Mit diesem Anspruch hat die Klägerin auch wirksam gegen die Mietforderung des Beklagten in Höhe eines Betrages von 172,48 EUR aufgerechnet. In der Folge ist der Mietzahlungsanspruch des Beklagten für den Monat Juli 2015 vollständig, teils durch Erfüllung, teils durch Aufrechnung erloschen.

2.

Darüber hinaus kann der Beklagte auch nicht wirksam mit einem Anspruch auf Ersatz angefallener Handwerkerkosten durch Beauftragung der Fa. -Name- aufrechnen. Eine entsprechende Forderung wurde zu keinem Zeitpunkt beziffert, worauf die Gegenseite zu Recht mit Schriftsatz vom 20.04.2022 hingewiesen hat. Darüber hinaus mangelt es an substantiiertem Vortrag (bspw. durch Vorlage einer entsprechenden Rechnung), dass für die Beauftragung tatsächlich Kosten angefallen sind.

II.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 90 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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