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Erstattung einer Strafanzeige gegen Vermieter ein fristloser Kündigungsgrund

Im Mietrecht sind die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern klar definiert. Doch was passiert, wenn ein Mieter eine Strafanzeige gegen seinen Vermieter erstattet? Kann dies als Grund für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses dienen? Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn die Strafanzeige in einem Ermittlungsverfahren mündet, bei dem der Vermieter ins Visier der Behörden gerät. Dabei spielen nicht nur die Gründe für die Strafanzeige eine Rolle, sondern auch, ob die Mieterin möglicherweise eine Pflichtverletzung begangen hat. Das Thema berührt sowohl den Schutz des Mieters vor ungerechtfertigten Kündigungen als auch das Recht des Vermieters, sich gegen falsche Anschuldigungen zu wehren. Es ist ein sensibles Thema, das die Balance zwischen den Rechten beider Parteien wahren muss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: VIII ZR 234/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die Erstattung einer Strafanzeige gegen einen Vermieter stellt nicht automatisch einen fristlosen Kündigungsgrund dar, insbesondere wenn der Mieter berechtigte Gründe für die Anzeige hatte und nicht vorsätzlich oder leichtfertig falsche Angaben gemacht hat.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Mieterin erstattet Strafanzeige: Die Beklagte, eine langjährige Mieterin, erstattete eine Online-Strafanzeige gegen den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin wegen Nachstellung und Beleidigung.
  2. Grund für die Anzeige: Es gab Streitigkeiten zwischen den Parteien über Mängel und Beschädigungen in der Wohnung der Beklagten, und ihre persönlichen Daten wurden ohne Erlaubnis verwendet.
  3. Keine vorsätzliche Falschanzeige: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte nicht vorsätzlich oder leichtfertig eine falsche Anzeige erstattet hat.
  4. Bewertung des Einzelfalls: Ob eine Strafanzeige gegen den Vermieter eine Kündigung rechtfertigt, hängt von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab.
  5. Rechtliche Bewertung: Eine Strafanzeige kann eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen, die zur Kündigung berechtigen kann. Aber die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte sollte nicht zu zivilrechtlichen Nachteilen führen.
  6. Bedeutung der Aussagen: Die Bewertung, ob eine Strafanzeige oder die im Rahmen des Verfahrens getätigten Äußerungen des Mieters eine Kündigung rechtfertigen, hängt von der Bedeutung der Aussage und dem Gesamtzusammenhang ab.
  7. Beklagte handelte im eigenen Interesse: Das Berufungsgericht entschied, dass die Strafanzeige in Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen der Beklagten erfolgte.
  8. Endentscheidung: Das Gericht lehnte die Revision der Klägerin ab und bestätigte, dass die Strafanzeige der Beklagten keine ausreichende Grundlage für eine Kündigung darstellte

26 Jahre ohne Probleme: Ein Wendepunkt

Der Fall dreht sich um eine Mieterin, die seit 26 Jahren in einem Anwesen der Klägerin wohnte und während dieser Zeit keine nennenswerten Unstimmigkeiten mit der Vermieterin hatte. Die Mieterin erstattete eine Strafanzeige im Zusammenhang mit Vorfällen, die am 9. Februar 2021 stattfanden. Die genauen Details dieser Vorfälle sind aus dem bereitgestellten Text nicht ersichtlich, aber es scheint, dass die Mieterin einen sachlichen Grund für die Strafanzeige sah. Die Kernfrage des Falles war, ob die Erstattung einer Strafanzeige gegen den Vermieter einen fristlosen Kündigungsgrund darstellt.

Rechtliche Herausforderungen und Argumentation

Fristlose Kündigung bei Strafanzeige gegen Vermieter
(Symbolfoto: PanuShot /Shutterstock.com)

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall war die Bestimmung, ob die Strafanzeige der Mieterin eine ausreichend erhebliche Pflichtverletzung darstellte, um eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Es wurde argumentiert, dass die Mieterin nicht vorsätzlich oder leichtfertig eine falsche Anzeige erstattet hat. Das Gericht musste auch die Frage klären, ob unwahre Tatsachenbehauptungen des Mieters in einem auf seine Strafanzeige eröffneten Ermittlungsverfahren gegen den Vermieter eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen würden, insbesondere wenn der Mieter vor Ausspruch der Kündigung nicht abgemahnt worden sei.

Das Urteil und seine Begründung

Das Gericht entschied, dass die Strafanzeige der Mieterin nicht als eine erhebliche Pflichtverletzung angesehen wurde, die eine Kündigung rechtfertigen würde. Es wurde festgestellt, dass die Mieterin nicht vorsätzlich oder leichtfertig eine falsche Anzeige erstattet hat. Das Berufungsgericht hat auch die von der Klägerin hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung als unwirksam angesehen.

Die Entscheidung des Gerichts basierte auf der Bewertung und Gewichtung aller relevanten Faktoren. Es wurde festgestellt, dass die Mieterin in Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen gehandelt hat und dass die Strafanzeige sachgerecht war. Das Gericht stellte auch fest, dass die Mieterin keine Kenntnis von einer fehlenden Täterschaft des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin hatte und die vorliegenden besonderen Umstände wie die bestehenden Meinungsverschiedenheiten zum Anlass genommen hat, ihren Verdacht zu äußern.

Auswirkungen und Schlussfolgerungen des Urteils

Die Auswirkungen dieses Urteils könnten weitreichend sein, insbesondere im Bereich des Mietrechts. Es stellt klar, dass Mieter das Recht haben, Strafanzeigen zu erstatten, ohne befürchten zu müssen, dass dies als Grund für eine Kündigung ihres Mietverhältnisses verwendet wird, solange sie nicht vorsätzlich oder leichtfertig falsche Angaben machen.

Das Fazit des Urteils ist, dass die Erstattung einer Strafanzeige gegen einen Vermieter nicht automatisch als ein fristloser Kündigungsgrund angesehen wird. Mieter haben das Recht, ihre rechtlichen Mittel in Anspruch zu nehmen, und Vermieter müssen sorgfältig prüfen, bevor sie eine Kündigung auf der Grundlage einer solchen Anzeige aussprechen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Verständnis und Unterscheidung des Ermittlungsverfahrens

Ein Ermittlungsverfahren, auch als Vorverfahren bezeichnet, ist ein wesentlicher Bestandteil des Strafverfahrens. Es ist der erste Abschnitt des Strafverfahrens und dient dazu, den Sachverhalt aufzuklären, den oder die Täter zu ermitteln und die Beweise zu sichern, die zur Überführung des Täters in einem gerichtlichen Verfahren führen werden.

Definition und Ablauf eines Ermittlungsverfahrens

Ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet, wenn die Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft) Kenntnis erlangen, dass eine Straftat begangen wurde. Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist ein sogenannter Anfangsverdacht.

Das Ermittlungsverfahren beginnt mit der Kenntniserlangung durch die Staatsanwaltschaft oder Polizeibeamten, die als verlängerter Arm der Staatsanwaltschaft fungieren. Die Polizei kann sich zur Aufklärung der Straftaten zahlreicher Ermittlungsmaßnahmen bedienen, die wichtigsten sind die Zeugenvernehmung, Beschuldigtenvernehmung, Hausdurchsuchung bzw. Wohnungsdurchsuchung, erkennungsdienstliche Behandlung (Fingerabdrücke, Lichtbilder), Telefonüberwachung, Einholung von Auskünften, insbesondere von Banken, Schuldnerregistern, Gerichten usw.

Nach Abschluss der Ermittlungen durch die Polizei wird die Akte an die Staatsanwaltschaft übergeben. Die Staatsanwaltschaft prüft dann, ob sich der anfängliche Verdacht zu einem hinreichenden Tatverdacht verdichtet hat, der zur Anklageerhebung oder einem Strafbefehl führt.

Abschluss des Ermittlungsverfahrens

Abhängig vom Ergebnis der Ermittlungen gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Ermittlungsverfahren zum Abschluss zu bringen, nämlich entweder durch Einstellung des Verfahrens oder aber durch Erhebung der öffentlichen Klage.

Wenn die Ermittlungen einen hinreichenden Tatverdacht ergeben, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, durch Einreichung einer Anklageschrift, Klage zu erheben. In anderen Fällen kann das Ermittlungsverfahren eingestellt werden, beispielsweise wegen Geringfügigkeit oder wenn Verfahrenshindernisse einer Bestrafung entgegenstehen (zum Beispiel die Verjährung der Straftat).

Unterscheidung zu anderen Verfahrensarten

Im Gegensatz zu anderen Verfahrensarten, wie dem Zivilverfahren, liegt der Schwerpunkt des Ermittlungsverfahrens auf der Aufklärung von Straftaten und der Ermittlung von Tätern. Während in einem Zivilverfahren die Parteien ihre Ansprüche gegeneinander geltend machen und das Gericht auf dieser Grundlage eine Entscheidung trifft, liegt im Ermittlungsverfahren die Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts und die Sammlung von Beweisen bei den Strafverfolgungsbehörden.

Darüber hinaus unterscheidet sich das Ermittlungsverfahren von anderen Verfahrensarten im Strafrecht, wie dem Hauptverfahren oder dem Rechtsmittelverfahren, durch seinen Fokus auf die Ermittlung und Beweissicherung. Im Hauptverfahren steht hingegen die gerichtliche Überprüfung der erhobenen Anklage im Vordergrund, während im Rechtsmittelverfahren die Überprüfung der Entscheidung des Gerichts im Mittelpunkt steht.

Es ist zu beachten, dass das Ermittlungsverfahren ein entscheidender Schritt im Strafverfahren ist, da hier die Weichen für den weiteren Verlauf des Verfahrens gestellt werden. Daher ist es für Betroffene wichtig, sich frühzeitig anwaltlich beraten und vertreten zu lassen, um ihre Rechte effektiv wahren und geltend machen zu können.


Das vorliegende Urteil

BGH-  Az.: VIII ZR 234/22 – Beschluss vom 08.08.2023

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. August 2023 beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

I.

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin in einem Mehrfamilienhaus in Berlin. Der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin wohnt ebenfalls in diesem Haus.

Zwischen den Parteien kam es zu Streitigkeiten über das Vorliegen von seitens der Beklagten geltend gemachten Mängeln und Beschädigungen der Wohnung der Beklagten. Der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin äußerte in diesem Zusammenhang in mehreren an die Beklagte gerichteten E-MailSchreiben, zuletzt am 8. Februar 2021, Kritik an deren Verhalten.

Am 9. Februar 2021 wurden innerhalb eines kurzen Zeitraums auf den Namen der Beklagten von einem unbekannten Täter Bestellungen getätigt sowie Kreditanfragen und Anmeldungen bei Internetportalen vorgenommen. Hierbei wurden Daten der Beklagten wie etwa ihre E-Mail-Adresse, ihre Anschrift und Telefonnummer sowie ihre Bankverbindung unbefugt genutzt.

Die Beklagte erstattete daraufhin an demselben Tag über die Berliner Internetwache eine Online-Strafanzeige wegen Nachstellung und Beleidigung, in der sie ausführte, sie habe „einen Verdacht, wer dies sein könnte“, nämlich der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin. Sie begründete ihren Verdacht mit dem Hinweis auf die oben genannten Mietstreitigkeiten und dessen aus ihrer Sicht beleidigende und unverschämte Nachrichten. Mit Schreiben vom 24. Februar 2021 ergänzte sie die Angaben aus ihrer Strafanzeige und erklärte, sie gehe nach wie vor davon aus, dass ihr Vermieter dahinterstecke. Er habe sie wiederholt auf niveaulose Art gemobbt, wozu die unbefugt erfolgten Anmeldungen im Partnerportal Seitensprung, das gewählte Passwort mit vulgärem Sexualbezug und ein bestelltes Buch mit einem anzüglichen Titel passen würden. Sie halte ihn für gestört und habe Angst vor ihm. Bei ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung am 4. März 2021 erklärte die Beklagte, ein Hausmitbewohner habe ihr gegenüber die Vermutung geäußert, dass er nicht ausschließen würde, dass es sich um den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin handele.

Das Ermittlungsverfahren wurde am 1. September 2021 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, nachdem der Täter nicht ermittelt werden konnte.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2021 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen der Verdächtigung ihres geschäftsführenden Gesellschafters sowie wegen Beleidigungen, die die Beklagte im Rahmen der Angaben in dem Ermittlungsverfahren gegen ihn ausgesprochen habe, fristlos, hilfsweise ordentlich. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin im Hinblick auf diese Kündigung die Räumung und Herausgabe der von der Beklagten genutzten Wohnung.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob die Beklagte, die seit 26 Jahren – ohne sonstige nennenswerte Unstimmigkeiten der Parteien – Mieterin im Anwesen der Klägerin sei, überhaupt pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt habe. Denn jedenfalls sei ihre Pflichtverletzung nicht hinreichend erheblich, um den Ausspruch einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung zu rechtfertigen. Die Beklagte habe nicht vorsätzlich oder leichtfertig eine falsche Anzeige erstattet. Sie habe im Hinblick auf die Vorfälle am 9. Februar 2021 einen sachlichen Grund gehabt, eine Strafanzeige zu stellen. Der Umstand, dass sie dabei geäußert habe, es könnte sich bei dem geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin um den Täter handeln, stelle keine hinreichend erhebliche Pflichtverletzung dar. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sichere Kenntnis davon gehabt habe, dass er nicht der Täter sei. Zwischen der Beklagten und dem geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin habe objektiv ein Streit bestanden, den die Beklagte bei ihrer Strafanzeige geschildert und zum Anlass genommen habe, ihren Verdacht zu äußern. Auch die Benennung des weiteren Hausmitbewohners als Zeugen im Rahmen ihrer Vernehmung stelle ebenso wie die gegen den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin gerichteten Äußerungen und Angaben der Beklagten im Zusammenhang mit ihrer Strafanzeige keine die Kündigung rechtfertigende erhebliche Pflichtverletzung dar. Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung fehle es zudem an der nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderlichen Abmahnung, die hier nicht ausnahmsweise gemäß § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB entbehrlich sei. Der hilfsweise geltend gemachten ordentlichen Kündigung stehe auch die in § 4 Abs. 3 des Mietvertrags geregelte „gesetzesverstärkende Bestandsschutzklausel“ entgegen. Außerdem sei zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass eine Abmahnung nicht vorliege.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gerichtetes Klagebegehren weiter.

II.

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der von dem Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachteten Frage, ob den Tatvorwurf mittelbar betreffende unwahre Tatsachenbehauptungen des Mieters in einem auf seine Strafanzeige eröffneten und gegen den Vermieter geführten Ermittlungsverfahren die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigten, wenn der Mieter vor Ausspruch der Kündigung nicht abgemahnt worden sei, kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordert sie eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung im Sinne von § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB oder der ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB durch eine ordentliche Kündigung vorliegt, entzieht sich ebenso wie die Beurteilung der Erheblichkeit einer Pflichtverletzung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der Geschehensabläufe und der auf beiden Seiten zu berücksichtigenden Belange einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung. Vielmehr bedarf es insoweit stets einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. nur Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 – VIII ZR 70/19, NZM 2021, 271 Rn. 20; vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15, NJW 2016, 2805 Rn. 18; vom 14. April 2015 – VIII ZR 281/13, NJW 2015, 2417 Rn. 19).

Es ist demnach einer allgemeinen und abstrakten Klärung bereits nicht zugänglich und von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig, ob und inwiefern das Stellen einer Strafanzeige gegen den Vermieter und die im Rahmen des daraufhin gegen diesen eröffneten Ermittlungsverfahrens von dem Mieter getätigten Äußerungen eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen. Dies gilt erst recht für die konkret auf die hier vorliegende Einzelfallkonstellation zugeschnittene Frage, die das Berufungsgericht zur Zulassung der Revision veranlasst hat. Ob eine den Tatvorwurf mittelbar betreffende unwahre Tatsachenbehauptung eines Mieters in einem auf seine Strafanzeige gegen den Vermieter geführten Ermittlungsverfahren eine Kündigung des Mietverhältnisses ohne Abmahnung rechtfertigt, kann nicht abstrakt und allgemeingültig beantwortet werden, sondern ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, etwa unter Berücksichtigung der Bedeutung der Aussage sowie des Hintergrunds und Gesamtzusammenhangs, in dem diese getätigt wurde, zu entscheiden.

Sonstige Revisionszulassungsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO). Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

a) Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung erfolgte die Zulassung nicht nur beschränkt auf den Kündigungsgrund möglicher unwahrer Angaben im Zusammenhang mit der Benennung des Hausmitbewohners als Zeugen durch die Beklagte in ihrer Vernehmung vom 4. März 2021.

aa) Dem Tenor des Berufungsurteils ist eine Beschränkung der Revisionszulassung nicht zu entnehmen. Zwar kann sich auch bei einer uneingeschränkten Zulassung der Revision in der Entscheidungsformel des Berufungsurteils aus dessen Entscheidungsgründen eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels ergeben. Hiervon ist in der Regel jedoch nur dann auszugehen, wenn sich diese aus den Gründen des Urteils klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die von dem Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2022 – VIII ZR 390/21, NJW-RR 2023, 14 Rn. 19; vom 15. September 2021 – VIII ZR 76/20, WM 2021, 2046 Rn. 19 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dabei eine Beschränkung der Revisionszulassung auf einzelne Rechtsfragen und Anspruchselemente unwirksam. Sie ist dagegen zulässig, wenn sie sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs bezieht, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2022 – VIII ZR 390/21, aaO; vom 15. September 2021 – VIII ZR 76/20, aaO Rn. 20).

bb) Gemessen hieran liegt eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung auf die Frage, ob die Benennung des Zeugen in der polizeilichen Vernehmung der Beklagten am 4. März 2021 eine fristlose oder eine ordentliche Kündigung begründet, nicht vor. Denn hierbei handelt es sich nicht um einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, sondern um einen einzelnen tatsächlichen Aspekt eines einheitlichen Kündigungssachverhalts, nämlich der Kündigung wegen der von der Beklagten gegen den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin gestellten Strafanzeige und ihrer in diesem Zusammenhang sowie im Laufe des daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens getätigten Äußerungen. Die Frage des Vorliegens eines Kündigungstatbestands lässt sich nicht isoliert auf Grundlage der Angaben der Beklagten in der Vernehmung vom 4. März 2021 beurteilen, sondern nur bei einer umfassenden Gesamtwürdigung aller im Zusammenhang mit der Strafanzeige und dem Ermittlungsverfahren stehenden Umstände, wozu auch die Aussage bei der Vernehmung der Beklagten und die Benennung des Zeugen gehört.

b) Die demnach vollumfänglich zulässige Revision der Klägerin hat jedoch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte nicht gemäß § 546 Abs. 1 BGB, § 985 BGB zur Räumung und Herausgabe der Mietwohnung verpflichtet ist, weil das Mietverhältnis der Parteien durch die von der Klägerin erklärte Kündigung vom 1. Juli 2021 nicht beendet worden ist.

aa) Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB nicht vorliegen.

Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Es obliegt dabei in erster Linie dem Tatrichter, unter Bewertung und Gewichtung aller für die jeweilige Beurteilung maßgeblichen Gesichtspunkte darüber zu befinden, ob eine Unzumutbarkeit im Sinne von § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB gegeben ist. Dessen Bewertungsergebnis kann von dem Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob es auf einer rechtsfehlerfrei gewonnenen Tatsachengrundlage beruht, alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt worden sind und der Tatrichter den zutreffenden rechtlichen Maßstab angewandt hat (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 – VIII ZR 70/19, NZM 2021, 271 Rn. 20 f. [zum berechtigten Interesse nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB]; vom 9. November 2016 – VIII ZR 73/16, NZM 2017, 26 Rn. 16; vom 15. April 2015 – VIII ZR 281/13, NJW 2015, 2417 Rn. 19; jeweils mwN).

Gemessen an diesen Maßstäben hält die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses der Klägerin nicht unzumutbar ist, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Einen dem Berufungsgericht in dieser Hinsicht unterlaufenen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf.

(1) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob die Äußerung des Tatverdachts gegen den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin eine die fristlose Kündigung rechtfertigende erhebliche Pflichtverletzung der Beklagten darstellt, den insoweit zu Grunde zu legenden rechtlichen Maßstab nicht verkannt.

(a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Strafanzeige gegen den anderen Vertragspartner eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen kann, die zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen kann. Es sei mit dem Rechtsstaatsprinzip allerdings nicht vereinbar, wenn die berechtigte Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte im Rahmen eines Strafverfahrens zu zivilrechtlichen Nachteilen führte. Eine Strafanzeige mit einer im Kern zutreffenden Sachverhaltsschilderung biete daher keinen Grund für eine fristlose Kündigung. Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass eine Kündigung etwa dann berechtigt sein kann, wenn der Anzeigeerstatter vorsätzlich oder leichtfertig eine falsche Anzeige erstattet hat.

(b) Dieser der allgemeinen Meinung in Rechtsprechung und Literatur entsprechende rechtliche Maßstab ist nicht zu beanstanden. Ob die Erstattung einer Strafanzeige einen schwerwiegenden Verstoß gegen die mietvertraglichen Pflichten darstellt, der eine fristlose (oder hilfsweise eine ordentliche) Kündigung rechtfertigt, ist – wovon auch die Revision ausgeht – unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Eine grundlos falsche Strafanzeige gegen den Vertragspartner kann hierbei einen zur Kündigung berechtigenden Umstand darstellen, ebenso wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben im Rahmen einer Strafanzeige. Bei der einzelfallbezogenen Gesamtabwägung ist auch zu berücksichtigen, ob der Anzeigeerstatter zur Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen oder staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten gehandelt hat (vgl. zum Beurteilungsmaßstab sowie zur einzelfallbezogenen Würdigung: Senatsurteil vom 21. Dezember 1960 – VIII ZR 50/60, MDR 1961, 226 unter II 3 d; BVerfG, NZM 2002, 61; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 – 1 BvR 1404/04; BAG, NJW 2017, 1833 Rn. 14; BAGE 107, 36 [jeweils zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses]; LG Mannheim, NJW-RR 2000, 675 f.; LG München, ZMR 2017, 484 ff.; LG Freiburg, Beschluss vom 2. Mai 2019 – 3 S 266/18; LG Karlsruhe, Beschluss vom 21. März 2016 – 9 S 308/15; LG Frankfurt/Oder, ZMR 2014, 209 f.; LG Karlsruhe, Urteil vom 17. Juni 2014 – 9 S 483/13; LG Frankfurt am Main, NJW-RR 1994, 143 f.; LG Düsseldorf, ZMR 2015, 552; LG Osnabrück, WuM 1993, 617; AG Rostock, ZMR 2018, 678 f.; AG Hamburg, ZMR 2016, 630 ff.; AG Hamburg-Altona, ZMR 2016, 460 ff.; AG München, ZMR 2017, 169 f.; KG, Urteil vom 24. Juni 2002 – 8 U 87/01 [zur Geschäftsraummiete]; OLG München, Urteil vom 17. März 2009 – 5 U 2321/08 [zur Geschäftsraummiete]; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 15. Aufl., § 543 BGB Rn. 64 ff.; Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 543 BGB Rn. 37; BeckOKG-BGB/Mehle, Stand: 1. April 2023, § 543 BGB Rn. 81).

(c) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht den anzuwendenden rechtlichen Maßstab nicht dadurch verkannt, dass es ausgeführt hat, die Benennung des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin als Tatverdächtigen sei keine hinreichend erhebliche Pflichtverletzung und dies würde sich nur dann anders darstellen, wenn die Beklagte sichere Kenntnis davon gehabt hätte, dass es sich bei diesem nicht um den Täter gehandelt habe. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts sind Teil seiner einzelfallbezogenen Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles. Das Berufungsgericht hat hiermit nicht den von ihm selbst zuvor zutreffend dargelegten rechtlichen Maßstab für die Beurteilung einer Strafanzeige als Kündigungsgrund aufgegeben und seiner Entscheidung unzutreffend zu Grunde gelegt, dass lediglich vorsätzlich, nicht jedoch leichtfertig unzutreffende Angaben im Rahmen einer Strafanzeige eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung darstellen können. Dementsprechend hat es seine Einzelfallwürdigung damit eingeleitet, dass die Beklagte nicht vorsätzlich oder leichtfertig eine falsche Anzeige erstattet habe. Im Rahmen der Gesamtwürdigung hat das Berufungsgericht sodann unter den hier gegebenen Umständen eine die Kündigung rechtfertigende erhebliche Pflichtverletzung durch die Äußerung des Tatverdachts verneint, ohne den zuvor dargelegten und zutreffenden rechtlichen Maßstab zu verkennen.

(d) Soweit die Revision vorbringt, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, dass sich eine auf wahren Tatsachen beruhende Strafanzeige gleichwohl als schwerwiegende Vertragsverletzung darstellen könne, wenn sie Streitigkeiten aus dem Mietverhältnis zur Grundlage habe, da insoweit der Zivilrechtsweg zur Verfügung stehe, sofern nicht im Einzelfall Anlass für das Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden bestehe und der Anzeigeerstatter dies sorgfältig geprüft habe (vgl. LG Freiburg, Beschluss vom 2. Mai 2019 – 3 S 266/18; LG Düsseldorf, ZMR 2015, 552; OLG München, Urteil vom 17. März 2009 – 5 U 2321/08 [zur Geschäftsraummiete]), trifft dies schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu. Denn eine derartige Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Die Beklagte hat nicht versucht, eine auf dem Zivilrechtsweg zu klärende Mietstreitigkeit durch die Stellung ihrer Strafanzeige zu beeinflussen oder zu klären.

Die Strafanzeige betraf hier einen von den bestehenden, die Mangelhaftigkeit der vermieteten Wohnung betreffenden mietrechtlichen Streitigkeiten der Parteien unabhängigen Sachverhalt.

(2) Die einzelfallbezogene Würdigung des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Zu Recht und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Strafanzeige in Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen erfolgte, nachdem die angezeigten Taten tatsächlich gegen die Beklagte begangen worden waren. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die hierauf aufbauende Annahme des Berufungsgerichts, dass auch die Benennung des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin als Tatverdächtigen keine zur Kündigung berechtigende erhebliche Pflichtverletzung darstellte.

(a) Die Würdigung des Berufungsgerichts ist entgegen der Auffassung der Revision insbesondere nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil es nicht geprüft hat, ob die Äußerung eines Tatverdachts gegen den geschäftsführenden Gesellschafter leichtfertig erfolgte. Wie ausgeführt, hat das Berufungsgericht nicht verkannt, dass sich eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung nicht nur bei wissentlich falschen, sondern auch bei leichtfertig unzutreffenden Angaben im Rahmen einer Strafanzeige ergeben kann. Dementsprechend hat das Berufungsgericht bereits zu Beginn seiner Würdigung sowohl eine vorsätzlich als auch eine leichtfertig falsche Anzeige seitens der Beklagten verneint. Es hat eine erhebliche Pflichtverletzung sodann deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte keine Kenntnis von einer fehlenden Täterschaft des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin hatte und die vorliegenden besonderen Umstände wie die bestehenden Meinungsverschiedenheiten zum Anlass genommen hat, ihren Verdacht zu äußern. Das Berufungsgericht ist somit gerade nicht von einer anlasslosen Verdächtigung des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin ausgegangen, sondern hat diese auf Grund der vorangegangenen Vorkommnisse für nachvollziehbar und damit nicht für erheblich pflichtwidrig gehalten.

(b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Verneinung einer leichtfertigen Verdächtigung auch in der Sache nicht zu beanstanden. Das diesbezügliche Vorbringen der Revision zeigt Rechtsfehler der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht auf. Auch insoweit übergangener Vortrag aus den Vorinstanzen ist nicht dargetan.

(aa) Auch wenn im Laufe des Ermittlungsverfahrens gegen den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin keine Anhaltspunkte für dessen Täterschaft gefunden wurden und deshalb eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO erfolgte, war das Vorbringen des Tatverdachts gegen diesen entsprechend der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht als eine leichtfertig erhobene Anschuldigung anzusehen, die eine erhebliche Pflichtverletzung darstellte. Da der Täter auf Grund der Anonymität der über das Internet begangenen Straftaten für die Beklagte nicht bekannt und auch nicht ermittelbar war, er jedoch für die Bestellungen und Anmeldungen auf den Namen der Beklagten nicht allgemein zugängliche Daten von ihr verwendete, lag es nahe, ihn im eigenen Umfeld zu vermuten, insbesondere dort, wo aktuelle Konflikte vorlagen. Gegen eine Zufallstat eines der Beklagten unbekannten Täters und für eine persönlich motivierte Tat aus ihrem Umfeld sprach auch, dass es sich um gezielt gegen sie gerichtete Taten handelte, die ihr Schaden zufügen, zumindest aber erheblichen Ärger und Aufwand bereiten sollten, ohne dass dem Täter dadurch selbst ein Vorteil entstanden wäre.

Vor diesem Hintergrund war der Gedanke der Beklagten, der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin habe die Taten möglicherweise begangen, zumindest nicht abwegig. Denn nach den Feststellungen der Vorinstanzen bestanden zwischen diesem und der Beklagten zum Zeitpunkt der Strafanzeige Meinungsverschiedenheiten, die die Ebene der Sachlichkeit überschritten und eine „persönliche Note“ erreicht hatten. Die Revision verweist insoweit zutreffend selbst auf die auch von den Vorinstanzen in Bezug genommenen E-Mails des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin an die Beklagte, in denen er dieser „Besserwisserei“, „Penetranz“ und einen „bissigen Eifer“ vorgeworfen sowie – am Vortag der Taten – geschrieben hatte, es sei nicht normal, was sie mache. Zwar ergibt sich hieraus nicht, dass der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin die angezeigten Taten zu Lasten der Beklagten begangen hat. Dass die Beklagte dies jedoch auf der vorgenannten Grundlage und des engen zeitlichen Zusammenhangs der Taten mit dem eskalierten Streit im Rahmen des Mietverhältnisses in Betracht gezogen hat, ist nachvollziehbar.

(bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung auch berücksichtigt, dass die Beklagte bei ihrer Strafanzeige lediglich einen Tatverdacht geäußert und zu dessen Begründung auf die vorangegangenen Mietstreitigkeiten hingewiesen hat. Damit hat die Beklagte zwar einen Ermittlungsansatz geliefert, die weitere Aufklärung und die Ermittlung des Täters – deren Funktion entsprechend – jedoch in die Hände der Ermittlungsbehörden gelegt. Die Streitigkeiten zwischen ihr und dem geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin im Rahmen der berechtigten Strafanzeige zu verschweigen und den zumindest nicht abwegigen Tatverdacht gegen diesen nicht zu äußern, war von ihr unter den gegebenen Umständen dagegen nicht zu verlangen. Im Gegenteil war die inhaltlich zutreffende Mitteilung der privaten Streitigkeiten und ihres eigenen Tatverdachts bei der Anzeige der wahrscheinlich persönlich motivierten Taten sachgerecht und gehörte zu den bei einer Strafanzeige üblichen und zu erwartenden Angaben, da der Beklagten eine fehlende Täterschaft des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin nicht bekannt war.

(cc) Ohne Erfolg verweist die Revision weiter auf das Vorbringen der Beklagten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, wonach sie den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin für gestört halte sowie Angst vor ihm habe, sie dessen Äußerungen ihr gegenüber als bösartig und beleidigend empfunden habe und sie auf niveaulose Art gemobbt worden sei, wozu die Anmeldung in dem Partnerportal Seitensprung, das gewählte Passwort sowie der Titel des bestellten Buches passten. Es ist unerheblich, ob diese Vorwürfe – wie die Revision meint – auch unter Berücksichtigung der gegen die Beklagte gerichteten persönlichen Kritik des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin unberechtigt waren. Denn dies änderte nichts daran, dass der Beklagten auf Grund der objektiv gegebenen Umstände eine leichtfertige Verdächtigung nicht vorzuwerfen ist. Die Beklagte hat durch die Äußerung ihrer Befürchtungen erkennbar lediglich ihre eigene Bewertung der Streitigkeiten und des Verhaltens des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin dargestellt und nicht objektiv unwahre Behauptungen aufgestellt. Selbst wenn ihr subjektives Empfinden überzogen gewesen sein sollte, änderte dies nichts daran, dass die Benennung des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin als Tatverdächtigen objektiv nachvollziehbar und nicht leichtfertig war.

(dd) Das Vorbringen der Revision, wonach weder ersichtlich noch festgestellt sei, dass nur der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin und nicht auch andere Personen Kenntnis von den verwendeten persönlichen Daten der Beklagten hatten, stellt das Bewertungsergebnis des Berufungsgerichts rechtlich nicht in Frage. Es ist nachvollziehbar, dass die Kenntnis des Gesellschafters von den nicht allgemein bekannten, bei den angezeigten Taten verwendeten persönlichen Daten die Beklagte in ihrem Tatverdacht, den sie auf Grund der oben genannten Umstände nicht ohne jeden Grund hegte, bestärkte, was zusätzlich gegen einen leichtfertigen Tatvorwurf spricht. Der Umstand, dass möglicherweise auch andere Personen diese Daten kannten, ändert hieran nichts.

(ee) Es kommt – entgegen der Auffassung der Revision – auch nicht darauf an, ob – wie die Beklagte in ihrem Schreiben vom 24. Februar 2021 vorgebracht hat – der Umstand, dass der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin im „Start-Up/Internetbereich“ tätig sei, kein weiteres Indiz für einen Tatverdacht gegen ihn darstellt. Denn bereits auf Grund der sonstigen Gegebenheiten war die Äußerung des Tatverdachts durch die Beklagte jedenfalls nicht leichtfertig.

(ff) Gleiches gilt, soweit die Revision vorbringt, dass sich die Beklagte zur Begründung ihres Tatverdachts nicht auf eine Zeugenaussage stützen könne. Denn angesichts der genannten Umstände, aus denen die Beklagte zumindest auf eine mögliche Täterschaft des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin schließen durfte, war die Äußerung des Tatverdachts auch nicht deshalb als leichtfertig anzusehen, weil der Beklagten ein diesen bestätigender Zeuge nicht zur Verfügung stand. Die Beklagte hat sich – entgegen dem Vorbringen der Revision – bei ihrer Strafanzeige auch nicht etwa wider besseres Wissen auf einen (unbenannten) Zeugen berufen.

(gg) Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte im Rahmen der Strafanzeige den Tatverdacht als dringend bezeichnet hat, wie die Revision meint. Denn es ist unerheblich, von welchem Grad der Verdächtigung die Beklagte gegenüber den Ermittlungsbehörden gesprochen hat, da sie – wie ausgeführt – den Tatverdacht an sich nicht leichtfertig erhoben hat und die etwa subjektiv von ihr empfundene und geäußerte Dringlichkeit ihres Verdachts auf die Ermittlungen keinen Einfluss hätte.

(hh) Letztlich begründet auch der Umstand, dass die Beklagte vor der Äußerung des Tatverdachts nicht weitere Nachforschungen zur Täterschaft des geschäftsführenden Gesellschafters der Klägerin durchgeführt hat, entgegen der Auffassung der Revision ein leichtfertiges Handeln der Beklagten nicht. Wie ausgeführt, erfolgte dessen Benennung als Tatverdächtigen nicht ohne jegliche Anhaltspunkte. Weitere Nachforschungen durfte die Beklagte unter den hier gegebenen Umständen den dafür zuständigen Ermittlungsbehörden überlassen, ohne sich dem Vorwurf der Leichtfertigkeit auszusetzen.

(ii) Auf die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage, wer bei der Erstattung einer Strafanzeige die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der der Anzeige zu Grunde liegenden Tatsachen beziehungsweise dafür trägt, dass der Anzeigeerstatter leichtfertig sowie nicht in Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen gehandelt hat, kommt es im Streitfall nicht an. Denn das Berufungsgericht hat keine Beweislastentscheidung getroffen.

Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beklagten auch nicht etwa vorzuwerfen, sie habe einer etwaigen sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. Denn – wie bereits ausgeführt – waren hier hinreichende Anhaltspunkte, die sie zur Äußerung des Tatverdachts berechtigten, dargetan.

(c) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch die nachträgliche Benennung des Hausmitbewohners als Zeugen dafür, dass dieser „die Vermutung äußerte, dass er nicht ausschließen würde, dass es sich um Herrn W. [geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin] handelt“, nicht als eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung angesehen. Im Rahmen des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs beachtliche Rechtsfehler dieser tatrichterlichen Würdigung sind von der Revision weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Gleiches gilt, soweit das Berufungsgericht auch den gegen den geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin gerichteten Äußerungen der Beklagten kein Gewicht beigemessen hat, das eine Kündigung rechtfertigen könnte.

(3) Im Hinblick darauf, dass das Berufungsgericht bereits ohne revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler eine die fristlose Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung verneint hat, kommt es nicht darauf an, ob – wie das Berufungsgericht entschieden hat – der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung auch die fehlende Abmahnung entgegenstünde.

bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch die von der Klägerin hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung als unwirksam angesehen. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagten im Hinblick auf die Strafanzeige und die im Ermittlungsverfahren erfolgten Äußerungen auch keine schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgeworfen werden kann, ist nicht zu beanstanden. Insoweit gelten die obigen Ausführungen entsprechend.

III.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

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