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Fristlose Mietvertragskündigung bei Verweigerung von Schädlingsbekämpfung

Schädlingsbefall: Fristlose Mietvertragskündigung bei Verweigerung von Schädlingsbekämpfung

Das Amtsgericht München hat in einem Urteil eine fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses bestätigt, weil die Mieterin die notwendige Schädlingsbekämpfung in ihrer Wohnung verweigerte. Der Fall betont die Bedeutung der Duldungspflicht von Mietern bei notwendigen Maßnahmen zur Instandhaltung oder Sanierung der Mieträume. Die Weigerung, Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen zuzulassen, wurde als schwerwiegender Verstoß gegen die mietvertraglichen Pflichten gewertet.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 420 C 3852/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Fristlose Kündigung: Bestätigung der Rechtmäßigkeit bei Verweigerung der Schädlingsbekämpfung.
  2. Duldungspflicht der Mieterin: Nichterfüllung führte zur Kündigung.
  3. Speckkäferbefall als Hauptproblem: Identifikation der Wohnung der Beklagten als Quelle.
  4. Geruchsbelästigung und Müll: Weitere Gründe für die Notwendigkeit der Schädlingsbekämpfung.
  5. Gerichtsprozess: Verspäteter Vortrag der Beklagten und Ablehnung ihrer Einwände.
  6. Einstweilige Verfügung: Verpflichtung zum Dulden der Schädlingsbekämpfung.
  7. Interessenabwägung: Gericht bewertet das Interesse des Vermieters an der Räumung höher als das Bleibeinteresse der Mieterin.
  8. Keine Pflicht zur Ersatzwohnung: Mieterin hatte den Befall zu vertreten und konnte keine Ersatzunterkunft fordern.

Fristlose Kündigung im Mietrecht: Ein Spannungsfeld zwischen Vermieterpflichten und Mieterrechten

Fristlose Mietvertragskündigung wegen Schädlingsbekämpfungsverweigerung
(Symbolfoto: hedgehog94 /Shutterstock.com)

Das Mietrecht birgt ein facettenreiches Spektrum an Situationen, in denen Konflikte zwischen Vermieter und Mieter entstehen können. Ein besonders sensibles Thema stellt die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses dar. Diese Extremmaßnahme ist oft der Höhepunkt langwieriger Auseinandersetzungen und setzt gravierende Verstöße gegen mietvertragliche Pflichten voraus. Schlüsselaspekte wie Schädlingsbekämpfung und Wohnungsräumung spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Sie berühren grundlegende Fragen der Wohnqualität und der Gesundheit, was die Angelegenheit sowohl für Mieter als auch Vermieter emotional und rechtlich aufgeladen macht. Insbesondere die Konstellationen, die zu einer solchen Kündigung führen, wie etwa ein Speckkäferbefall oder Geruchsbelästigungen, sind oft komplex und fordern eine sorgfältige juristische Bewertung.

Die Auseinandersetzung mit einem konkreten Urteil in diesem Bereich veranschaulicht die Relevanz und Tragweite der Entscheidungen in solchen Konfliktsituationen. Die Analyse zeigt, wie Richtlinien und Gesetze angewendet werden, um zwischen den Rechten und Pflichten der beteiligten Parteien abzuwägen. Die Brisanz dieses Themas unterstreicht die Notwendigkeit einer genauen Betrachtung und Bewertung des individuellen Falles. Lassen Sie uns nun einen Blick auf die Details eines spezifischen Falles werfen, der Licht auf die komplexe Natur solcher Rechtsstreitigkeiten wirft und die entscheidenden Faktoren hervorhebt, die in die Urteilsfindung einfließen.

Der lange Weg zur fristlosen Kündigung: Beginn des Rechtsstreits

Die Auseinandersetzung, die letztlich vor dem Amtsgericht München landete, begann mit einem Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten, das im Januar 2019 eingegangen wurde. Die Wohnung befand sich in einem Anwesen im Dachgeschoss und bestand aus verschiedenen Räumen sowie einem dazugehörigen Keller. Im Laufe der Zeit traten jedoch Probleme auf. Andere Bewohner des Hauses beschwerten sich seit März 2019 über Geruchsbelästigungen, die aus der Wohnung der Beklagten kamen. Ab August 2021 wurden diese Beschwerden intensiver, diesmal auch wegen Müllansammlungen in der Wohnung, die zusätzliche Gerüche verursachten. Ein entscheidender Wendepunkt war der 24. August 2021, als ein starker Speckkäferbefall im Treppenhaus festgestellt wurde. Die Wohnung der Beklagten wurde als wahrscheinliche Quelle identifiziert. Dies führte zu einer einstweiligen Verfügung im September 2021, die die Beklagte zur Duldung von Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung verpflichtete. Trotzdem weigerte sich die Beklagte, die Maßnahmen zu dulden und die Wohnung zu räumen, was eine entscheidende Rolle im späteren Urteil spielen sollte.

Eskalation und gerichtliche Auseinandersetzung

Die Klägerin forderte die Beklagte mehrfach auf, die Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen zu dulden und drohte mit der Kündigung des Mietverhältnisses. Als Antwort machte die Beklagte ihre zeitweise Räumung von der Bereitstellung einer kostenfreien Ersatzunterkunft abhängig. Die Situation eskalierte weiter, als die Klägerin am 14. Februar 2022 das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigte. Die Kündigung wurde mit der beharrlichen Weigerung der Beklagten begründet, der Klägerin den Zutritt zur Wohnung für die notwendigen Maßnahmen zu gewähren. Dieser Fall, der ein klassisches Beispiel für die Komplexität von Mietrechtsstreitigkeiten darstellt, zog eine gerichtliche Auseinandersetzung nach sich, die verschiedene rechtliche Aspekte beleuchtete, insbesondere die Verpflichtungen von Mietern und Vermietern im Rahmen eines Mietvertrags.

Die rechtliche Beurteilung des Falles

Das Gericht befasste sich mit der Frage, ob die fristlose Kündigung rechtmäßig war. Die Klägerin argumentierte, dass die Weigerung der Beklagten, die Wohnung für die Schädlingsbekämpfung zu räumen, einen wichtigen Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB darstelle. Diese Weigerung wurde als Verstoß gegen mietvertragliche Pflichten und als Gefährdung der Wohnqualität im Gebäude angesehen. Das Gericht stellte fest, dass alle Formalien der Kündigung eingehalten wurden und dass die Kündigung auch in materieller Hinsicht begründet sei. Besonders erwähnenswert ist, dass das Gericht die Beklagte für den Speckkäferbefall verantwortlich machte und somit ihre Pflicht zur Duldung der Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen betonte.

Urteil und seine Folgen

Letztendlich entschied das Gericht zugunsten der Klägerin. Die Beklagte wurde zur Räumung der Wohnung verurteilt und musste die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist von besonderer Bedeutung, da es die Notwendigkeit unterstreicht, dass Mieter ihren Verpflichtungen nachkommen müssen, insbesondere wenn es um Maßnahmen geht, die für die Instandhaltung und Sicherheit des Wohnraums notwendig sind. Dieses Urteil dient als Beispiel dafür, wie Gerichte solche Fälle beurteilen und welche Faktoren bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. Der Fall illustriert klar die Bedeutung der Kooperation zwischen Mietern und Vermietern und die potenziellen rechtlichen Konsequenzen bei Verstößen gegen diese Kooperation.

Das Urteil des Amtsgerichts München bietet somit einen detaillierten Einblick in die rechtlichen Erwägungen, die bei der Beurteilung von Streitigkeiten im Mietrecht eine Rolle spielen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Inwiefern stellt die Verweigerung der Schädlingsbekämpfung durch einen Mieter einen Verstoß gegen mietvertragliche Pflichten dar?

Die Verweigerung der Schädlingsbekämpfung durch einen Mieter kann einen Verstoß gegen mietvertragliche Pflichten darstellen. Es obliegt den Pflichten eines Mieters, das Mietobjekt achtsam zu behandeln und Schädlingsbefall unverzüglich zu melden. Wenn der Mieter die Tatsache, dass Schädlinge sich in den gemieteten Räumen ausbreiten, trotz deutlicher Anzeichen ignoriert und den Vermieter nicht informiert, kann dies als Vertragsverletzung angesehen werden.

Wenn der Mieter die Schädlingsbekämpfung verweigert und dadurch die Ausbreitung der Schädlinge ermöglicht, kann dies zu erheblichen Schäden an der Substanz des Gebäudes führen. In diesem Fall kann der Vermieter vom Mieter Ersatz der Kosten für die Schädlingsbekämpfung und durch den Ungezieferbefall entstandene Schäden verlangen, wenn er eindeutig beweisen kann, dass der Schädlingsbefall durch den Mieter verursacht worden ist.

Darüber hinaus kann die nachhaltige Weigerung des Mieters, aus der Wohnung zeitweise auszuziehen und Maßnahmen zu einer von ihm zu vertretenden Schädlingsbekämpfung zu dulden, einen wichtigen Grund darstellen, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

Es ist jedoch zu beachten, dass der Vermieter grundsätzlich die Pflicht hat, die Wohnung in einem bewohnbaren, also schädlingsfreien Zustand zu überlassen. Eine mietvertragliche Formularklausel, nach der der Mieter auch ohne Verschulden für einen Ungezieferbefall haftet, ist unwirksam. Nur wenn der Vermieter eindeutig beweisen kann, dass der Schädlingsbefall durch den Mieter verursacht worden ist, kann er den Mieter zur Verantwortung ziehen.


Das vorliegende Urteil

AG München – Az.: 420 C 3852/22 – Urteil vom 02.08.2022

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung Nr. 8 in dem Anwesen …, Dachgeschoss, bestehend aus 1 Zimmer, 1 Kammer, 1 WC, 1 Bad, 1 Küche, nebst den dazugehörigen und mit „DG 8“ beschrifteten Keller mit Lattentüre, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.800,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird auf 3.416,04 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Räumung und Herausgabe einer Wohnung nach fristloser Kündigung.

Zwischen den Parteien wurde mit Mietvertrag von Januar 2019 ein Mietverhältnis begründet. Die zuletzt geschuldete Nettomiete betrug 294,67 € monatlich.

Bereits seit März 2019 beschwerten sich andere Bewohner des Anwesens über Geruchsbelästigungen aus der Wohnung der Beklagten, ab August 2021 auch vermehrt wegen Mülls in der Wohnung der Beklagten und dementsprechendem Geruch. Am 24.08.2021 wurde ein starker Befall durch Speckkäfer im Treppenhaus des verfahrensgegenständlichen Anwesens festgestellt und die Wohnung der Beklagten mit großer Wahrscheinlichkeit als dessen Quelle ausgemacht. Im Verfahren vor dem Amtsgericht München mit dem Aktenzeichen 416 C 15147/21 wurde am 21.09.2021 eine einstweilige Verfügung des Inhalts erlassen, dass die Beklagte die zur Bekämpfung der Speckkäfer erforderlichen Maßnahmen zu dulden habe. Bei Vollstreckung der einstweiligen Verfügung am 15.10.2021 wurden neben Speckkäfern auch weitere Schädlinge sowie Schädlingsspuren und im Koch-/Wohnzimmer der verfahrensgegenständlichen Wohnung große Mengen an Müllsäcken festgestellt. Zudem wurde festgestellt, dass zur Schädlingsbeseitigung in der Wohnung der Beklagten größere Sanierungsarbeiten erforderlich sind, die einen Auszug der Beklagten für ca. 6 Wochen erforderlich machen.

Die Klägerin forderte die Beklagte u.a. am 15.12.2021 unter Kündigungsandrohung erfolglos auf, die erforderlichen Maßnahmen zu dulden und die Wohnung für den Zeitraum der Maßnahmen zu räumen (Anlage K 13). Die Beklagte machte die zeitweise Räumung der Wohnung von der Stellung einer kostenfreien Ersatzunterkunft abhängig.

Die Beklagte hat den Speckkäferbefall zu vertreten. Es besteht Gefahr im Verzug, weil eine weitere Ausbreitung der Schädlinge und in der Folge Fraßschäden, allergische Reaktionen und gegebenenfalls umfangreiche weitere Sanierungsarbeiten drohen bzw. anstehen.

Mit Schreiben vom 14.02.2022 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit der Beklagten außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich (Anlage K 17). Sie begründete die Kündigungen mit der beharrlichen Weigerung der Beklagten, der Klägerin bzw. von ihr beauftragten Personen Zutritt zur Wohnung zu gewähren und die zur Schädlingsbekämpfung erforderlichen Maßnahmen zu dulden.

Das Gericht hat die Klage mit Verfügung vom 30.03.2022 (Bl. 18 d.A.) an den Beklagtenvertreter zugestellt. Die Frist zur Klageerwiderung hat das Gericht am 29.04.2022 bis zum 05.05.2022 verlängert (Bl. 22/23 d.A.). Am 06.07.2022 ist eine Klageerwiderung eingegangen.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung Nr. 8 in dem Anwesen …, Dachgeschoss, bestehend aus 1 Zimmer, 1 Kammer, 1 WC, 1 Bad, 1 Küche, nebst den dazugehörigen und mit „DG 8“ beschrifteten Keller mit Lattentüre, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung, vorsorglich Vollstreckungsschutz sowie die Gewährung einer großzügigen Räumungsfrist.

Mit nicht nachgelassenem Schreiben, datiert auf den 01.08.2022, bei Gericht eingegangen am 27.07.2022, hat die Beklagte ihre Sicht der Dinge dargelegt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Das Verfahren ist zur Entscheidung reif. Sämtlicher Vortrag der Beklagten zur Sache erfolgte verspätet und ist daher gemäß § 296 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

In der Verfügung, mit der die Klageschrift am 31.03.2022 dem Beklagtenvertreter zugestellt wurde, wurde er ordnungsgemäß über die Folgen verspäteten Vorbringens belehrt. Trotzdem erfolgte Vortrag zur Sache erst mit Schriftsatz vom 06.07.2022 und damit klar nach Ablauf der (verlängerten) Klageerwiderungsfrist bis 05.05.2022.

Durch eine Zulassung des verspäteten Vorbringens würde sich die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Die Sache ist entscheidungsreif. Bei einer Zulassung des ohnehin lediglich punktuellen Bestreitens des Tatsachenvortrags der Klagepartei wäre eine Beweisaufnahme erforderlich. Für die von der Beklagtenseite in der verspäteten Klageerwiderung bestrittenen Tatsachen sind von der Gegenseite mindestens sieben Zeugen angeboten. Deren Einvernahme würde dazu führen, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen werden kann.

Entsprechendes gilt auch für den Vortrag der Beklagten selbst im nicht nachgelassenen Schreiben vom 01.08.2022. Sofern darin die tatsächlichen Behauptungen der Klagepartei bestritten werden, ist auch dieses Bestreiten verspätet. Bei Zulassung des Vortrags wäre eine Beweisaufnahme durch Zeugeneinvernahmen erforderlich, was den Rechtsstreit verzögern würde.

II. Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gemäß § 546 Abs. 1 BGB, § 985 BGB auf Räumung und Herausgabe der verfahrensgegenständlichen Wohnung. Denn bereits die außerordentliche Kündigung vom 14.02.2022 hat das Mietverhältnis zwischen den Parteien gemäß § 543 Abs. 1 BGB beendet.

1. Sämtliche Formalia der Kündigung sind eingehalten.

2. Die Kündigung ist auch in materieller Hinsicht begründet, da die nachhaltige Weigerung der Beklagten, aus der verfahrensgegenständlichen Wohnung zeitweise auszuziehen und die Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung zu dulden einen wichtigen Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, der die Klagepartei zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Tatsache, dass die Beklagte den Speckkäferbefall zu vertreten hat, kommt das Gericht bei Abwägung der gegenseitigen Interessen zu dem Ergebnis, dass der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Weigerung der Beklagten, die Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen zu dulden und hierzu aus der Wohnung auszuziehen, wiegt schon deshalb besonders schwer, weil die Beklagte hiermit gegen eine titulierte Duldungspflicht verstößt. Bereits hierdurch verletzt die Beklagte die Rechte der Vermieterin in erheblichem Maße.

Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, der Beklagten für die Zeit der Schädlingsbekämpfung eine Ersatzwohnung zu stellen. Vielmehr hat die Beklagte den Speckkäferbefall zu vertreten. Eine (rein theoretische) andere Ursache des Speckkäferbefalls, die im Übrigen weder rechtzeitig noch ansatzweise konkret vorgetragen ist, steht dem nicht entgegen.

Aufgrund der möglichen und zu erwartenden weiteren Ausbreitung der Schädlinge sieht sich die Klägerin voraussichtlich berechtigten Ansprüchen anderer Mitbewohner des Gebäudes gegenüber, den Schädlingsbefall umgehend zu beseitigen. Dies fällt im Rahmen der Abwägung zu Gunsten der Klägerin ins Gewicht.

Vor diesem Hintergrund überwiegt das Interesse der Klagepartei an einer (nunmehr dauerhaften) Räumung der verfahrensgegenständlichen Wohnung das Interesse der Beklagten deutlich.

3. Die gemäß § 543 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich erforderliche Abmahnung erfolgte mit dem Schreiben vom 15.12.2021.

4. Der Beklagten konnte keine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO gewährt werden. Die außerordentliche Kündigung erfolgte nämlich bereits am 14.02.2022, also vor mehr als fünf Monaten. Es besteht die Gefahr der weiteren Ausbreitung der Speckkäfer. Diese ist bei sommerlichen Temperaturen besonders hoch, da sich der Vermehrungszyklus der Schädlinge verkürzt. Die Beklagte hat nichts Konkretes vorgetragen, weshalb im Rahmen der gebotenen Abwägung ihr Bleibeinteresse das Interesse der Klagepartei an einer sofortigen Räumung noch eine gewisse Zeit lang überwiegen sollte. Das pauschal angeführte Argument, dass keine Ersatzunterkunft zur Verfügung stehe und der Beklagten Obdachlosigkeit drohe, könnte allenfalls dann durchgreifen, wenn die Beklagte hinreichende Bemühungen um Ersatzwohnraum spätestens (!) ab dem Zeitpunkt der Kündigung schlüssig vortragen könnte. Zur Duldung der Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen und damit zum zumindest zeitweisen Auszug aus der verfahrensgegenständlichen Wohnung wurde die Beklagte bereits mit der einstweiligen Verfügung verpflichtet. Sie hätte sich somit schon im September 2021 um eine Ersatzunterkunft bemühen können und müssen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Trotz Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten war ihr nicht zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden, oder das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO sind nämlich nicht gegeben.

Zwar kann grundsätzlich die Räumung der selbstbewohnten Wohnung einen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne der Vorschrift darstellen, vorwiegend überwiegt aber jedenfalls das Vollstreckungsinteresse der Klägerin das Bleibeinteresse der Beklagten. Im Rahmen der Abwägung gemäß § 712 Abs. 2 ZPO ist nämlich die von der Klageseite dargestellte konkrete Gefahr der weiteren Ausbreitung der Speckkäfer zu berücksichtigen. Die Klägerin, die ggf. sämtlichen betroffenen Mitmietern die Beseitigung der Schädlinge schuldet, muss aufwendige Schädlingsbekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen vornehmen lassen und hierfür voraussichtlich zumindest in Vorleistung hinsichtlich der Kosten gehen. Vor diesem Hintergrund überwiegt ihr Interesse das Schutzinteresse der Mieterin klar. Im Übrigen ist zur Begründung des Vollstreckungsschutzantrags von der Beklagtenseite nichts Konkretes vorgetragen.

V. Der Streitwert der Räumungsklage entspricht dem Jahresbetrag der Miete ohne Nebenkosten (§ 41 Abs. 2, Abs. 1 GKG), hier also 12 x 284,67 € = 3.416,04 €.

 

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