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Fristlose Mietvertragskündigung – häufige Störungen der Nachtruhe durch Lärmbelästigung

AG Spandau, Az.: 3 C 122/13

Urteil vom 07.03.2014

1) Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Spandau vom 01.11.2013 zu Aktenzeichen 3 C 122/13 bleibt aufrechterhalten.

2) Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4) Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung einer Räumungsfrist wird zurückgewiesen.

5) Der Streitwert wird auf 2.381,16 € festgesetzt.

Tatbestand

Fristlose Mietvertragskündigung - häufige Störungen der Nachtruhe durch Lärmbelästigung
Foto: Elnur/Bigstock

Die Klägerin vermietete der Beklagten aufgrund des schriftlichen Mietvertrages vom 16.06.2010 eine Wohnung im Hause Berlin zu einer monatlichen Nettomiete von 198,43 €.

In der Hausgemeinschaftsordnung ist u.a. geregelt:

„… Vermeidung störender Geräusche …, durch Musizieren einschließlich Rundfunk- und Fernsehempfang mit belästigender Lautstärke und Ausdauer, …. Als grundsätzliche Ruhezeiten gelten folgender Zeiten: Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr; Sonntags- und Feiertagsruhe, Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr. Auch außerhalb der Ruhezeiten ist grundsätzlich die Geräuschentwicklung auf Zimmerlautstärke zu halten. …“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag nebst Hausgemeinschaftsordnung verwiesen.

Die Beklagte wurde wegen Lärmbelästigung bereits seit dem Einzug mehrfach abgemahnt, erstmals am 11.08.2010 und danach am 25.01. und 08.08.2011, 19.03.2012, 10/17.12.2012.

Unter dem 07.01.2013 erklärte die Klägerin wegen massiver Störung des Hausfriedens die fristlose Kündigung des Mietvertragsverhältnisses, die sie mit der Klageschrift wegen weiterer Vorfälle nochmals aussprach. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abmahnungen und Kündigungen verwiesen.

Die Klägerin behauptet, seit Oktober 2012 spiele die Beklagte in ihrer Wohnung sehr häufig und fortgesetzt auch spät nachts bzw. frühmorgens – teilweise über längere Zeiträume – sehr laute Musik ab. Diesbezüglich legt die Klägerin ein Lärmprotokoll von 10 nachbarlichen Mietern vom 03.12.2012 vor, in dem vom 12.10.2012 bis zum Dezember 2012 massive Lärmbeeinträchtigungen dargetan werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll verwiesen. Überdies habe die Beklagte in der Folgezeit begonnen, zusätzlich die Nachbarn massiv zu beschimpfen. Diesbezüglich legt die Klägern ein weiteres Protokoll der Nachbarn vom 03.01.2013 vor. Sie ist der Ansicht, dass ein weiteres Festhalten am Mietvertrag unzumutbar sei.

Auf Antrag der Klägerin ist gegen die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 01.11.2013 ein Versäumnisurteil erlassen worden, mit dem diese verurteilt worden ist, die im gelegene, ca. 42,31 m2 große 1-Zimmer-Wohnung, bestehend aus einer Küche, einem Bad mit Toilette, Diele, Balkon und einem Kellerraum zu räumen und zusammen mit je 3 Haus- und 3 Wohnungstürschlüsseln sowie 2 Briefkastenschlüsseln an die Klägerin herauszugeben.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, ihr, der Beklagten, eine angemessene Räumungsfrist einzuräumen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Mitmieterprotokolle seien nicht einlassungsfähig, weil nicht ersichtlich sei, welcher Zeuge war beobachtet oder bekundet haben wolle. Die Behauptungen seien ins Blaue hinein erfolgt. Zudem seien die Störungen nur im Minutenbereich angezeigt. Sie leide ferner an einer Psychose. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten sowie die Ausführungen des Beklagten Vertreters im Termin am 14.02.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im Tenor zu 1. des Versäumnisurteils bezeichneten Mietsache aus § 546 Abs. 1 BGB. Denn das Mietvertragsverhältnis ist jedenfalls wirksam durch die Kündigung der Klägerin in der Klageschrift vom 12.03.2013 beendet worden.

Die Beklagte beging zur Überzeugung des Gerichts (§ 296 ZPO) eine Pflichtverletzung, die der Klägerin das weitere Festhalten am Mietvertrag unzumutbar machte, §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB.

Die Beklagte bestreitet noch immer völlig unsubstantiiert den detaillierten Vortrag der Klägerseite zur Vertragsverletzung der Beklagten in der Anlage K7 sowie die weiteren Ausführungen in den klägerischen Schriftsätzen, die eine erheblich Störung des Hausfriedens durch die Beklagte beschreiben. Dort wird dezidiert dargelegt, welche Verstöße seit der letztem vorprozessualen Kündigung ab dem 07.01.2013 erfolgten. Allein diese Vorfälle rechtfertigen in der Gesamtschau die mit der Klageschrift ausgesprochene Kündigung, womit das Mietvertragsverhältnis beendet und die Beklagte zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verpflichtet ist. Auch wenn hier nur teilweise Störungen im Minutenbereich angezeigt sind, so sind diese dennoch gravierend. Stört man auch nur für wenige Minuten mitten in der Nacht resp. frühmorgens (z.B. 03.18 Uhr bis 03.22 Uhr am 08.01.2013; 05.15 Uhr am 09.01.2013; 23.18 Uhr am 26.01.2013, 01.28 Uhr am 01.02.2013; 04.25 Uhr bis 04.30 Uhr am 10.02.2013; 01.29 Uhr bis 04.40 Uhr am 01.03.2013 sowie 01.27 Uhr und 05.58 Uhr am 03.03.2013) die Ruhe durch laute Musik und Geräusche, sind alle Mietmieter wach und aufgeschreckt; an eine erholsame Nachtruhe ist dann nicht mehr zu denken. Die Störungen sind dabei sowohl in Anzahl als auch in ihrer Intensität als sehr erheblich anzusehen.

Soweit die Beklagte ein ärztliches Attestes eines Facharztes für Allgemeinmedizin einreicht, wonach eine extreme soziale Anpassungsstörung in Form einer bipolaren Störung vorliege, bewirkt dies keine anderweitige Beurteilung der Situation. Denn ausweislich des Attestes wurde von der Beklagten eine Therapie abgelehnt. Eine wirksame Kündigung ist nämlich auch bei möglicherweise nicht voll verantwortlichen Personen möglich. Anknüpfungspunkt ist hier die nicht durchgeführte Therapie um den eigene Gesundheitszustand zu verbessern.

Eine Räumungsfrist war nicht zuzuerkennen. Der Antrag nach § 721 ZPO ist zulässig, indes unbegründet. Der Klägerin und deren weiteren betroffenen Mietern sind aufgrund der massiven Lärmbelästigungen und in der Folge ausgesprochenen Beleidigungen der Mitmieter durch die Beklagte keinerlei Zuwarten mehr zuzumuten. Vielmehr hatte die Beklagte nach den erfolgten Hinweisen im Prozesskostenhilfeverfahren sowie durch das Versäumnisverfahren genügend Zeit, sich nach einer anderweitigen Wohnung umzusehen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr.11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

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