Skip to content
Menü

Gewerberaummietvertrag – Optionsrecht erlischt bei Fristversäumnis

OLG Hamburg – Az.: 4 W 44/22 – Beschluss vom 18.08.2022

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 11.05.2022 wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 26.04.2022 (Az: 334 O 97/21) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten nach Erledigung eines Räumungsrechtsstreits um die Kostentragungspflicht nach § 91a ZPO Die Beklagte hatte von der Rechtsvorgängerin der Klägerin ab dem 01.10.2014 Gewerberäume gemietet. Im schriftlichen Mietvertrag vom 15.09.2014 (Anlage K2) war gemäß § 4 Ziffer 2 die ordentliche Kündigung bis zum 01.10.2019 ausgeschlossen und gemäß § 4 Ziffer 3 der Mieterin eine Verlängerungsoption bis zum 01.10.2024 eingeräumt worden. Die Verlängerungsabsicht musste sechs Monate vor Ablauf der Vertragsdauer schriftlich mitgeteilt werden. Der Geschäftsführer der Beklagten übte die Option mit E-Mail vom 10.04.2019 aus, in der er anfragte, ob dies so reiche, was der Vertreter der Rechtsvorgängerin der Klägerin ihm per E-Mal bestätigte.

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 18.06.2021 die Kündigung zum 31.12.2021 und machte mit der Räumungsklage geltend, die Beklagte habe die Option weder fristgerecht noch formgemäß im Sinne von § 550 BGB ausgeübt. Das Mietverhältnis gelte als auf unbestimmte Zeit geschlossen und sei deshalb kündbar.

Nach Rückgabe der Mietfläche am 31.03.2022 hat die Klägerin die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt und beantragt, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Die Beklagte hat sich zwar der Erledigungserklärung angeschlossen, aber die Ansicht vertreten, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe.

Gewerberaummietvertrag - Optionsrecht erlischt bei Fristversäumnis
(Symbolfoto: Yellowj/Shutterstock.com)

Das Landgericht hat die Kosten mit Beschluss vom 26.04.2022 der Klägerin auferlegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Vereinbarung, die verspätete und ggf. formwidrige Optionsausübung gelten zu lassen, nicht der Schriftform des § 550 S. 1 BGB unterliege. Das Landgericht hat dies damit begründet, dass § 550 S. 1 BGB in bestimmten Konstellationen nicht eingreife. So sei die Vorschrift vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 21.11.2018 – XII ZR 78/17 – vor dem Hintergrund seines Schutzzwecks so ausgelegt worden, dass sie nicht gelte, wenn der Grundstückserwerber aus der Mietvertragsurkunde ersehen könne, dass eine Verlängerungsoption vereinbart worden sei, weil er dadurch hinreichend gewarnt und es ihm zuzumuten sei, sich beim Verkäufer oder Mieter zu erkundigen, ob die Option ausgeübt worden sei. Des Weiteren habe der BGH § 550 S. 1 BGB auch nicht angewendet, wenn der Vermieter im ursprünglichen Vertrag das Recht eingeräumt bekommen habe, die geschuldeten Vorauszahlungen für Nebenkosten durch einseitige Erklärung anzupassen (BGH, Urteil vom 05.02.2014 – XII ZR 65/13). Das Landgericht hat zudem darauf abgestellt, dass dem auch nicht das Urteil des Senats vom 23.06.1997 (Az: 4 U 82/96 – NZM 1998, 333) entgegenstehe, wonach ein befristetes Optionsrecht durch Ablauf der Frist erlösche und eine nachträgliche Vereinbarung der Parteien, die verfristete Ausübung gegen sich gelten zu lassen, ihrerseits der Schriftform nach § 550 BGB unterliege, denn das OLG habe in dieser Entscheidung keine Erwägungen zum Schutzzweck des § 550 S. 1 BGB mitgeteilt. Das Landgericht hat weiter ausgeführt, dass der Schutzzweck des § 550 S. 1 BGB, der in der Beweisbarkeit langfristiger Abreden, dem Übereilungsschutz sowie der Warnung vor unbedachter Eingehung langfristiger Bindungen liege, nicht tangiert werde, denn die Klägerin habe aufgrund der Optionsklausel im ursprünglichen Mietvertrag Anlass gehabt, sich über die Ausübung der Option zu erkundigen.

Der Beschluss des Landgerichts ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.04.2022 zugestellt worden. Mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 11.05.2022 beanstandet die Klägerin, dass die verspätete Ausübung des Optionsrechts das Recht nicht gestalte, da das Optionsrecht bereits erloschen gewesen sei und auch nicht wiederaufleben könne. Es sei ein Verlängerungsvertrag geschlossen worden, der der Schriftform des § 126 BGB unterliege.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die gemäß § 91a Abs. 2 S.1 ZPO zulässige, insbesondere nach §§ 567, 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet.

Zweitinstanzlicher Prüfungsmaßstab sind nicht nur Ermessensfehler des Erstgerichts, vielmehr trifft das Beschwerdegericht eine eigene Billigkeitsentscheidung, um die Erfolgsaussichten nach überwiegender Wahrscheinlichkeit zu beurteilen (Zöller/Althammer, ZPO, 34. Auflage, § 91a ZPO Rn. 27 f. m.w.N.; BGH, Beschluss vom 16.11.1999 – KVR 1098 Rn. 3). Die Kostenentscheidung ergeht, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß eine summarische Prüfung, bei der das Gericht davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln (BGH, Beschluss vom 08.05.2003 – I ZB 40/02; BGH, Beschluss vom 16.11.1999 – KVR 10/98 – m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 18.09.1992 – 1 BvR 1074/92, NJW 1993, 1060 f.).

Nach diesen Maßstäben sind die Kosten des Rechtsstreits vorliegend der Beklagten aufzuerlegen, weil sie voraussichtlich unterlegen wäre. Denn die Räumungsklage hätte ohne das erledigende Ereignis wahrscheinlich Erfolg gehabt. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:

Zu Recht macht die Beschwerde geltend, dass ein Optionsrecht nach Ablauf der Optionsausübungsfrist erlischt.

Durch Einräumung einer Verlängerungsoption erhält der Mieter die Befugnis, durch einseitige rechtsgestaltende Erklärung das bestehende Miet- oder Pachtverhältnis um die Optionszeit zu verlängern (BGH, Urteil vom 14.07.1982 – VIII ZR 196/81). Die Ausübung des Optionsrechts stellt somit keinen Vertragsschluss dar, sondern ein schon im Ausgangsvertrag eingeräumtes Gestaltungsrecht, durch dessen Ausübung auch kein neuer Vertrag zustande kommt, sondern nur die ursprünglich vereinbarte Vertragslaufzeit verlängert wird. Das hat zur Folge, dass der Mietvertrag mit demselben Vertragsinhalt fortgesetzt und die Identität des Vertrages erhalten bleibt (BGH, Urteil vom 05.11. 2014 – XII ZR 15/12, Rn. 21). Mithin bewirkt die Ausübung einer Verlängerungsoption keine Änderung der vertraglichen Beziehungen (BGH, Urteil vom 05.02.2014 – XII ZR 65/13 – NJW 2014, 1300; Staudinger/V. Emmerich (2021), BGB, Vorbemerkung zu § 535 Rn. 158).

Das vertraglich vereinbarte Optionsrecht muss, wenn in dem Vertrag eine bestimmte Frist vorgesehen ist, innerhalb der Frist ausgeübt werden (OLG Hamburg, Urteil vom 23.06.1997 – 4 U 82/96; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.07.1991 – 10 U 166/90; OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.1991 – 10 U 33/91; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.10.2019 – 12 U 145/19). Das Beschwerdegericht sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung in Ansehung des § 550 S. 1 BGB abzuweichen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist es auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 550 S. 1 BGB nicht geboten, die Vorschrift einschränkend auszulegen. Denn durch die Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass lediglich die Ausübung der Option durch einseitige Gestaltungserklärung nicht formbedürftig ist, weil § 550 S. 1 BGB nur für Verträge, nicht aber für einseitige Erklärungen gilt (Staudinger/V.Emmerich (2021), BGB, Vorbemerkung zu § 535 Rn. 159 m.w.N.).

Die Vereinbarung der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Klägerin ist erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, als das Optionsrecht der Beklagten bereits erloschen war, d.h. sie stellt einen Nachtrag dar. Als neue Mietvertragsvereinbarung über die Verlängerung der Mietzeit unterfiel sie somit § 550 S.1 BGB und der dort vorgesehenen Schriftform. Mangels Einhaltung dieser Form verlängerte sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit und konnte dementsprechend von der Klägerin auch wirksam gekündigt werden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

§ 91a ZPO Abs. 2 S. 1 ZPO sieht die Rechtsbeschwerde schon nicht vor, denn das Verfahren dient nicht der Klärung schwieriger Rechtsfragen des materiellen Rechts (BGH, Beschluss vom 07.02.2018 – VII ZB 28/17 Rn 10; BGH, Beschluss vom 17.03.2004 – IV ZB 21/02, Rn. 8; BGH. Beschluss vom 07.10.2008 – XI ZB 24/07, Rn. 9). Anders als zur Klärung prozessualer Fragen zu § 91a ZPO kommt deshalb auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO nicht in Betracht (Zöller/Althammer, a.a.O., § 91a Rn. 27 und 29 m.w.N.).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!