LG Berlin – Az.: 64 O 23/18 – Beschluss vom 18.06.2018
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe der Beklagten zu 2). Und 3). vom 24. April 2018 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Antragsteller, die Beklagten zu 2). und zu 3)., begehren Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen eine Klage, mit der deren Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks Berlin-Spandau, …6, Parzelle 3, von dem Antragsgegner beantragt wird.
Der Antragsgegner ist Vermieter des vorgenannten Grundstücks, das von der Beklagten zu 1). laut dem als Anlage K2 eingereichten Mietvertrag vom 16. Februar 1982 gemietet wurde. Dem Mieter ist gemäß § 6 des Mietvertrages das Wohnen auf dem Grundstück für die Dauer des Vertrages erlaubt. Zu Beginn des Mietvertrages wohnte die Beklagte zu 1). mit dem Beklagten zu 2). und deren gemeinsamen Kind auf dem Grundstück, in einer Baulichkeit, die sie entweder selbst errichtet haben oder die zumindest nicht vom dem Antragsgegner zur Verfügung gestellt wurde. Nunmehr wohnen zumindest überwiegend der Beklagte zu 2). und die Beklagte zu 3). dort.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2017 kündigte der Antragsgegner den Mietvertrag zum 31. Dezember 2017. Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter gemäß § 18 des Mietvertrages das Grundstück in völlig abgeräumtem und gesäubertem Zustand an den Vermieter zurückzugeben.
II.
Den Beklagten zu 2). und zu 3). kann nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zwar grundsätzlich Prozesskostenhilfe gewährt werden. Gemäß § 114 ZPO ist ihr Antrag aber mangels hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Verteidigung zurückzuweisen.
Das streitige Mietverhältnis stellt ein Mietverhältnis über ein Grundstück und nicht über Wohnräume dar, sodass die Zulässigkeit der ordentlichen Kündigung sich nach § 580a Abs. 1 BGB richtet und ein berechtigtes Interesse des Antragsgegners zur Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne des § 573 Abs. 1 S. 1 BGB nicht erforderlich ist.
Von einer Wohnraummiete kann nur gesprochen werden, wenn Räume auf Grund eines Vertrages entgeltlich zum Zwecke des privaten Aufenthalts des Mieters oder Angehöriger überlassen werden und diesen Personen ganz oder teilweise, dauernd oder vorübergehend als Lebensmittelpunkt dienen sollen (BeckOK BGB/Wiederhold BGB § 549 Rn. 8). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem wahren, das Rechtsverhältnis prägenden Vertragszweck, der sich aus dem tatsächlichen und übereinstimmenden Willen der Parteien ergibt, der nach den allgemeinen Regeln auszulegen ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 04.04.2008 – 2 U 214/07, BeckRS 2008, 17162, beck-online; OLG Celle, Urteil vom 03.03.1999 – 2 U 86/98, BeckRS 1999, 30964433, beck-online). Für die Wohnraummiete ist die vertragliche Zweckbestimmung – und nicht die Eignung der Räume zum Wohnen – maßgebend, die auf Wohnen durch den Mieter gerichtet sein muss (BGH, Urteil vom 11.02.1981 – VIII ZR 323/79, NJW 1981, beck-online).
Ausweislich des Mietvertrages ist der Beklagten zu 1). lediglich ein Grundstück ohne Baulichkeit vermietet worden. Vereinbart wurde eine Nutzung für Wochenendzwecke mit Wohngenehmigung. Der Antragsgegner hat den Gebrauch der Baulichkeit jedoch nicht gewährt, weil sie ihm nicht gehört.
Die Baulichkeit, in der die Antragsteller wohnen, ist nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden und somit Scheinbestandteil gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 BGB.
Ob eine Sache zu einem vorübergehenden Zweck mit einem Grundstück verbunden wird, beurteilt sich in erster Linie nach dem Willen des Erbauers, sofern dieser mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist. Verbindet ein Mieter Sachen mit dem Grund und Boden, so spricht regelmäßig eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht. Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Bauwerks oder bei langer Dauer des Vertrages entkräftet. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass der Erbauer bei der Errichtung des Baus den Willen hat, das Bauwerk bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum seines Vertragspartners übergehen zu lassen (BGH, Urteil vom 04.07.1984 – VIII ZR 270/83, NJW 1984, 2878, beck-online).
Da die Baulichkeit aufgrund des § 18 des Mietvertrages nach Beendigung des Mietverhältnisses entfernt werden muss, kann nicht davon ausgegangen, dass der Erbauer bei der Errichtung den Willen hatte, das Bauwerk in das Eigentum des Antragsgegners übergehen zu lassen. Auch ist das Wohnen auf dem Grundstück gemäß § 6 des Mietvertrages nur dem derzeitigen Mieter für die Dauer des Vertrages gestattet. Daraus ergibt sich, dass der Erbauer der Baulichkeit diese zu einem vorübergehenden Zweck für die Dauer des Vertragsverhältnisses errichtet hat.
Auch ist § 573 Abs. 1 S. 1 BGB nicht analog anzuwenden. Es fehlt hierfür bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der besondere Kündigungsschutz gilt lediglich für Mietverhältnisse über Wohnraum. Die dem zugrunde liegende Entscheidung des Gesetzgebers ist zu beachten und kann nicht ohne weiteres im Wege einer Analogie korrigiert werden (BGH, Urteil vom 04.07.1984 – VIII ZR 270/83, NJW 1984, 2878, beck-online).
Nichts anderes kann gelten, wenn der Mieter auf dem Grundstück ein ihm gehörendes Haus bewohnt. In dem Fall wird der Wohnraum nicht an den Mieter von dem Vermieter überlassen. Auch zahlt der Mieter für die Nutzung des Wohnraums kein Entgelt an den Vermieter, sondern nur für die Nutzung des Grundstücks. Damit fehlen wesentliche Voraussetzungen für den vom Gesetzgeber angeordneten Kündigungsschutz.
Die Vergleichbarkeit der Interessenlage des Eigentümers eines auf fremdem Grund und Boden errichteten Gebäudes mit derjenigen eines Wohnraummieters reicht für sich allein nicht aus, die vom Gesetzgeber für ganz bestimmte Fälle geschaffenen Kündigungsschutzvorschriften auf andere Sachverhalte zu übertragen (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.1984 – VIII ZR 270/83, NJW 1984, 2878, beck-online).
Auch haben die Parteien die Geltung der Vorschriften über die Wohnraummiete nicht konkludent vereinbart. Soweit der Klägervertreter anführt, der Kläger habe in November 2016 versucht, eine Mieterhöhungserklärung den Beklagten zu 1). zuzustellen, ist es nicht ersichtlich, dass es sich um eine Mieterhöhung im Sinne des § 558 Abs. 1 S. 1 BGB handelt. Vielmehr dürfte es sich um eine Vereinbarung über eine Mietzinsanpassung gemäß § 24 Nr. 4 des Mietvertrages (Anlage K2) handeln.