AG Erfurt, Az.: 11 C 1124/14
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vorher in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung in Anspruch.
Der Kläger hat mit der YYY Wohn- und Gewerbeimmobilien Vermietungs AG & Co. KG, vertreten durch die X & X GmbH am 24.08.2011 einen Wohnungsmietvertrag geschlossen. Bei der X & X GmbH handelt es sich um die Hausverwaltung des Vermieters. Die Vertragsparteien haben unter § 7 des Mietvertrages eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1.210,00 EUR vereinbart. Der Kläger hat die Kaution auf das Kautionssparkonto der Hausverwaltung eingezahlt. Mit Beschluss vom 15.05.2013 wurde über das Vermögen der Hausverwaltung das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte zu 1. hat das Kautionssparbuch der Insolvenzschuldnerin am 15.07.2013 aufgelöst und das Guthaben auf ein Insolvenzverwalterkonto eingezogen.
Der Kläger ist der Meinung, der Beklagte zu 1. habe das Guthaben zur Insolvenzmasse gezogen. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich bei dem Insolvenzverwalterkonto um ein Treuhandkonto bzw. ein gesondert angelegtes echtes Anderkonto handele. Mit der Einzahlung auf das Kautionssparbuch habe die Insolvenzschuldnerin neben der Vermieterin eine zusätzliche treuhänderische Verpflichtung hinsichtlich des Guthabens gegenüber dem Kläger übernommen. Gegen diese treuhänderische Verpflichtung habe der Beklagte zu 1. mit der Auflösung des Kautionssparbuches verstoßen. Außerdem habe er das Guthaben des Klägers nicht auf ein eigenes Sonderkonto, sondern ein Insolvenzanderkonto eingezogen und so mit anderen Geldern vermischt. Dem Kläger stehe daher ein Aussonderungsrecht zu.
Für den Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse sei der Beklagte zu 2. wegen schuldhafter Pflichtverletzung als Insolvenzverwalter zum Schadensersatz verpflichtet.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, an den Kläger 1.210,00 EUR nebst Zinsen ab dem 14.02.2014 in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;
2. den Beklagten zu 1. weiter zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 201,71 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe zu zahlen;
3. hilfsweise den Beklagten zu 1. zu verurteilen, für die Wohnung EG links im Haus … in … Erfurt für den Vermieter ZZZ … GmbH & Co. KG, E…, bei der Sparkasse … für den Kläger ein neues Mietkautionssparkonto gemäß § 551 Absatz 3 Satz 1 BGB zu errichten und in dieses einen Betrag in Höhe von 1.210,00 EUR zuzüglich banküblicher Zinsen ab dem 01.10.2011 einzuzahlen;
4. für den Fall, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X und X GmbH, … Allee …, …Erfurt, AG Erfurt zu Az.: 178 IN 2/13 massearm ist, massearm werden sollte oder massearm eingestellt werden muss, wird beantragt,
a) den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an den Kläger 1.210,00 EUR nebst Zinsen hieraus ab dem 14.02.2014 in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;
b) den Beklagten zu 2. weiter zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten des Klägers in Höhe von 201,71 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe an den Kläger zu zahlen;
c) hilfsweise wird der Beklagte zu 2. verurteilt, für die Wohnung EG links im Haus … in … Erfurt für den Vermieter ZZZ … GmbH & Co. KG, E…, bei der Sparkasse … für den Kläger ein neues Mietkautionssparkonto gemäß § 551 Absatz 3 Satz 1 BGB zu errichten und in dieses einen Betrag in Höhe von 1.210,00 EUR zuzüglich banküblicher Zinsen ab dem 01.10.2011 einzuzahlen.
5. die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 1. (Klageanträge zu 1. bis 3.) bzw. der Beklagte zu 2. (Klageanträge zu 4. a) bis c)).
Die Beklagten beantragen, Klageabweisung.
Sie wenden ein, der Beklagte zu 1. sei nicht passivlegitimiert. Der Beklagte zu 1. habe das Guthaben von dem Mietkautionssparbuch nach dessen Auflösung auf ein gesondert eingerichtetes Anderkonto getrennt von der Insolvenzmasse angelegt. Er ist der Meinung, das Aussonderungsrecht des Mieters in der Insolvenz des Vermieters bestehe nicht in der Insolvenz der Hausverwaltung. Mit der Zahlung der Kaution an die Hausverwaltung entstehe kein eigenes Rechtsverhältnis zwischen dem Mieter und der Insolvenzschuldnerin. Vielmehr sei die Zahlung in Erfüllung des Anspruchs des Vermieters geleistet worden. In Ermangelung eines Aussonderungsrechts des Klägers habe der Beklagte zu 2. auch keine Pflichtverletzung als Insolvenzverwalter begangen. Auch sei dem Kläger kein Schaden entstanden, da ihm im laufenden Mietverhältnis kein Anspruch auf Kautionsrückzahlung zustehe. Eine weitere Haftung des Beklagten zu 2. scheitere bereits daran, dass es sich vorliegend nicht um eine Masseverbindlichkeit handele.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1. kein Anspruch auf Aussonderung nach § 47 InsO zu. Der Beklagte zu 1. ist als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Hausverwaltung des Vermieters nicht passivlegitimiert.
Der Kläger hat dem Vermieter aufgrund der Vereinbarung im Mietvertrag für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, § 551 Abs. 1 BGB. Im Gegenzug hat der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut getrennt von seinem Vermögen anzulegen, § 551 Abs. 3 BGB. Dabei ist die Kaution wie ein Treuhandvermögen oder Mündelgeld zu behandeln, um sie im Falle der Insolvenz des Vermieters zu schützen und das Pfandrecht der Bank an dem Kautionskonto auszuschließen (BT-Drucks. 9/2079, Seite 10, nach juris). Kommt der Vermieter dieser Verpflichtung nach, hat der Mieter im Fall der Insolvenz des Vermieters ein Aussonderungsrecht hinsichtlich des Kautionsbetrages einschließlich der Zinsen (Uhlenbruck, InsO 13. Aufl., § 47 Rn. 47).
Der Mietvertrag mit der Vereinbarung über die Mietsicherheit wird allein zwischen dem Vermieter und dem Mieter geschlossen. Dem steht nicht entgegen, dass der Vermieter dabei durch die Hausverwaltung vertreten wird. Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen, § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Hausverwaltung hat die Sicherheitsleistung des Klägers nicht aus eigenem Recht angenommen und dafür ein Kautionssparbuch angelegt, sondern allein im Namen des Vermieters gehandelt. Auch hat der Kläger die Zahlung nicht auf eine Forderung der Hausverwaltung geleistet, sondern allein zur Erfüllung seiner Verpflichtung gegenüber dem Vermieter. Durch das Handeln des Klägers und der Hausverwaltung ist damit kein eigenes Rechtsverhältnis begründet worden. Es besteht ausschließlich ein Treuhandverhältnis zwischen dem Mieter und dem Vermieter, nicht jedoch zwischen dem Mieter und der Hausverwaltung. Dieses Treuhandverhältnis bleibt auch von der Insolvenz der Hausverwaltung daher unberührt. Unabhängig von der Insolvenz der Hausverwaltung besteht die Anlagepflicht des Vermieters nach § 551 Abs. 3 BGB fort. Da die Anlage der vom Kläger als Sicherheit geleisteten Geldsumme durch die Insolvenzschuldnerin im Rahmen ihrer Vertretungsmacht für den Vermieter geleistet wurde, gehört sie nicht zur Insolvenzmasse und begründet ein Aussonderungsrecht des Vermieters. Sie ändert jedoch nichts an der Rechtsstellung des Klägers. Diesem steht auch weiterhin ein Anspruch gegenüber dem Vermieter auf Erfüllung der Anlagepflicht und für den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses ein Rückerstattungsanspruch gegen den Vermieter zu. Das Risiko des Vermögensverfalls der Hausverwaltung trägt daher der Vermieter, nicht aber der Mieter. Verlangt der ehemalige Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Vermieter die Rückzahlung der Mietsicherheit, kann er dieses Verlangen auch dann nur gegenüber dem Vermieter erfolgreich geltend machen, wenn er die Kaution an die diesen vertretenen und insoweit empfangsbevollmächtigte Hausverwaltung gezahlt hat (AG Bremen, 23.10.2007, 4 C 206/07, nach juris).
Dem Kläger steht auch gegen den Beklagten zu 2. kein Schadensersatzanspruch zu. Danach ist der Insolvenzverwalter allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt hat, die ihm nach der Insolvenzordnung obliegen, § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO. Der Anspruch des Klägers ist bereits deshalb unbegründet, weil er kein Beteiligter am Insolvenzverfahren ist. Der Kläger hat keine Forderung gegen den Insolvenzschuldner. Im Übrigen liegen auch die Voraussetzungen für die Bedingung, unter der der Hilfsantrag gestellt wurde, nicht vor. Der Kläger hat insoweit keine Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, eine Massearmut und damit eine Einstellung des Verfahrens mangels Masse nach § 207 InsO zu begründen. Damit ist dem Kläger neben der fehlenden Pflichtverletzung bisher auch kein Schaden entstanden. Im Übrigen besteht auch kein hilfsweiser Anspruch auf Einrichtung eines neuen Mietkautionssparkontos, da die Anlagepflicht für den Vermieter und nicht für die Hausverwaltung besteht. Im Übrigen hat der Beklagte zu 2. das Guthaben auf einem weiteren Insolvenzverwalterkonto eingezahlt. Auf diesem weiteren Insolvenzverwalterkonto befindet sich u. a. der als Sicherheit geleistete Geldbetrag des Klägers getrennt von der Insolvenzmasse.
Ein Schadensersatzanspruch nach § 61 InsO ist bereits deshalb unbegründet, weil es sich bei dem begehrten Aussonderungsrecht oder bei einer möglichen Insolvenzforderung nach § 38 InsO gerade nicht um eine Masseverbindlichkeit nach den §§ 55, 61 InsO handelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihren Rechtsgrund in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.