In dem rezenten Urteil stand die Frage im Mittelpunkt, ob ein konkludenter Maklervertragsabschluss nach der Gesetzesänderung noch möglich ist. Dabei galt es, den konkreten Fall eines potenziellen Immobilienkaufs zu untersuchen, bei dem eine Partei in Kenntnis eines Provisionsverlangens um einen Besichtigungstermin bat und der andere Partei diesen gewährte. Dieser Austausch wurde im Lichte des § 656a BGB und der Frage der Vereinbarkeit einer konkludenten Vereinbarung mit der gesetzlich geforderten Schriftform betrachtet.
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Übersicht
Die Erörterung der konkludenten Vereinbarung
In erster Linie wurde festgestellt, dass zwischen den beteiligten Parteien eine individuelle Kommunikation stattfand, welche die Basis für eine konkludente Vertragsvereinbarung darstellt. Die Partei, welche die Immobilie besichtigen wollte, tat dies im Wissen um das Provisionsverlangen und die andere Partei stimmte diesem Besichtigungstermin zu. In dieser spezifischen Interaktion wurde die Möglichkeit eines konkludenten Vertragsabschlusses hervorgehoben.
Die Rolle des§ 656a BGB
Der § 656a BGB verlangt, dass jede Vertragserklärung auf einem Schriftstück oder einem zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Datenträger abgegeben werden muss. In diesem Fall wurde die Frage aufgeworfen, ob die konkludente Vereinbarung, die sich aus der individuellen Kommunikation ergibt, diese Anforderung erfüllt. Es wurde argumentiert, dass der Austausch von Mitteilungen zwischen den Parteien durchaus als eine Form von „Schriftverkehr“ angesehen werden könnte.
Die Rolle von Zeugen
Die Berücksichtigung von Zeugen spielte eine wichtige Rolle in dem Urteil. Insbesondere wurde eine Zeugin erwähnt, die von der Partei, welche die Immobilie besichtigen wollte, nur in Bezug auf das Zustandekommen des Vertrages und nicht in Bezug auf die Kenntnis des Baujahres benannt wurde. Der Verweis auf die Zeugin wurde als präkludiert und daher als unzulässig angesehen, was bedeutet, dass sie nicht gehört wurde.
Fazit und Implikationen
Insgesamt zeigt das Urteil, dass es trotz der gesetzlichen Anforderung des § 656a BGB nach wie vor möglich sein könnte, einen konkludenten Maklervertragsabschluss zu erzielen. Die spezifische Interpretation der individuellen Kommunikation als „Schriftverkehr“ könnte dazu führen, dass solche Vereinbarungen trotz der Gesetzesänderung Bestand haben. Jedoch ist zu beachten, dass jede rechtliche Situation einzigartig ist und von spezifischen Faktoren abhängt.
Das vorliegende Urteil
OLG Karlsruhe – Az.: 9 U 168/22 – Beschluss vom 03.04.2023
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 25.04.2022, Az. 1 O 31/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts Offenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.951,50 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 25.04.2022, Az. 1 O 31/21, ist gemäß § 522Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats mit Beschluss vom 10.03.2023 Bezug genommen.
Die Gegenerklärung der Klägerin vom 28.03.2023 gibt lediglich Anlass zu den folgenden Ergänzungen:
1. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin erstmals mit der Gegenerklärung auf einen Verstoß der Beklagten gegen die besonderen Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr nach § 312j Abs. 3 BGB. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Norm überhaupt auf Maklerverträge anwendbar ist. Dies ist zweifelhaft, weil ein „Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr“ nach § 312i Abs. 1 Satz 1 BGB die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien voraussetzt und § 312j Abs. 2 u. 3 BGB hierauf Bezug nehmen. Die Entgeltlichkeit ergibt sich bei Maklerdienstleistungen außerdem nur mittelbar (vgl. BeckOK BGB/Maume, 65 Ed. 01.02.2023, BGB § 312j Rn. 11a). Jedenfalls lag zwischen den Parteien aber eine individuelle Kommunikation vor, weil die Klägerin in Kenntnis des Provisionsverlangens um einen Besichtigungstermin bat und die Beklagte hierauf einen solchen Besichtigungstermin unter nochmaliger Zusendung des Exposés noch am selben Tag angeboten hat (vgl. Hinweis Ziffer 1 a)). Eine solche individuelle Kommunikation schließt nach § 312j Abs. 5 BGB die Anwendbarkeit von § 312j Abs. 3 BGB aus.
2. Der Senat hält daran fest, dass die Einführung von § 656a BGB nichts an der grundsätzlichen Möglichkeit des konkludenten Vertragsschlusses geändert hat (vgl. Hinweis Ziffer 1 b).
Auch aus der von der Gegenerklärung zitierten Fundstelle bei Palandt (nunmehr: Grüneberg), 82. Aufl. 2023, BGB § 656a Rn. 5 ergibt sich lediglich, dass jede Vertragserklärung für sich auf einem Schriftstück oder einem zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Datenträger abgegeben werden muss. Folgerichtig wird dort etwa die E-Mail genannt. Die Kommunikation zwischen den Parteien fand aber E-Mailähnlich bzw. per E-Mail statt (vgl. Hinweis Ziffer 1 d).
3. Die Beklagte hat unwiderlegt vorgetragen, sie habe das im Exposé angegebene Baujahr dem Gebäudeversicherungsschein vom 12.10.2020 (Anlage B1) entnommen. Ob die Beklagte – angesichts der Möglichkeit von Umbauten – Veranlassung hatte, weitere Nachforschungen anzustellen, bedarf keiner Entscheidung. Denn das Verhalten der Beklagten war jedenfalls weder arglistig noch begründet es eine schwere Treuepflichtverletzung i.S.v. § 654 BGB.
4. Mit Schriftsatz vom 18.02.2022 hat die Klägerin lediglich bestritten, dass der Beklagten der Energieausweis vom 15.03.2021 erstmals am 07.06.2021 vorgelegt worden ist. Ob, wann und welcher Energieausweis der Beklagten ggf. vor dem 07.06.2021 (und vor Einstellung der Anzeige) vorgelegen hat, ist mit dem Schriftsatz nicht vorgetragen und auch nicht unter Beweis gestellt worden. Die Zeugin Z. ist zwar in dem Schriftsatz zum Beweis der Tatsache benannte worden, dass das Gebäude im Jahr 1983 in Wohneinheiten aufgeteilt worden ist (I 33). Daraus ergab sich aber schon nicht die Kenntnis der Zeugin Z. vom tatsächlichen Baujahr, geschweige denn diejenige der Beklagten. An den Ausführungen im Hinweisbeschluss Ziffer 2 b cc und dd wird daher festgehalten.
5. Es verbleibt dabei, dass die Klägerin keinen Beweis dafür angetreten hat, dass die Streichungen in dem mit E-Mail übersandten Exposé vom 08.04.2021 (Anlage K13, K14) von der Beklagten oder Frau B. stammten. Die Gegenerklärung setzt sich auch nicht damit auseinander, dass sich aus den Streichungen nicht zwingend die Kenntnis vom tatsächlichen Baujahr ergibt.
6. Dass der Beklagten auch die Abgeschlossenheitsbescheinigung vorgelegen hat, war nicht unstreitig. Die Beklagte hat dies in der Klageerwiderung (dort S. 2 f., I 20 f.) lediglich für andere Urkunden eingeräumt. Die Klägerin hat auch keinen Beweis dafür angetreten, dass de.r Beklagten die Abgeschlossenheitsbescheinigung vor dem Kaufvertragsschluss bekannt war.
7. Die Zeugin B. ist von der Klägerin lediglich in dem vom Landgericht zu Recht nach § 296a ZPO präkludierten Schriftsatz vom 30.03.2022 und überdies lediglich zum Beweisthema des Zustandekommens des Vertrages, nicht aber zur Kenntnis des Baujahres benannt worden.
Sie ist daher nicht zu vernehmen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 GKG bestimmt.