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Korrektur Betriebskosten­abrechnung bei offenkundigem Fehler

LG Berlin – Az.: 63 S 41/17 – Urteil vom 29.12.2017

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Spandau vom 22.12.2017 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert uns wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Spandau vom 20.10.2016 – 10 C 386/16 – wird insoweit aufrechterhalten als die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 2.513,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.257,47 € seit dem 05.12.2015 und aus 256,08 € seit dem 15.07.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben die Klägerin zu 10% und die Beklagte zu 90% zu tragen. Die Kosten der Säumnis hat die Beklagte zu tragen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg, die zulässige Anschlussberufung hat keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 1.201,36 € aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013 zu.

Dem Vermieter steht auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist im Falle einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung jedenfalls ein Anspruch auf Zahlung bis zur Höhe der Sollvorschüsse zu.

Eine erst nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB erteilte formell ordnungsgemäße Abrechnung steht zwar grundsätzlich der Geltendmachung von Nachforderungen entgegen (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB); um Nachforderungen in diesem Sinne handelt es sich aber begrifflich nur, wenn der Vermieter nach Ablauf der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist einen Betrag verlangt, der eine bereits erteilte Abrechnung oder, falls er eine rechtzeitige Abrechnung nicht erstellt hat, die Summe der Vorauszahlungen des Mieters übersteigt. Dies gilt entsprechend, soweit der Mieter geschuldete Vorauszahlungen nicht oder – wie hier nur teilweise – erbracht hat. Nebenkosten bis zum Betrag der geschuldeten Vorauszahlungen kann der Vermieter deshalb auch aufgrund einer nach Ablauf der Abrechnungsfrist erteilten Abrechnung geltend machen (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2007 – VIII ZR 261/06 –, Rn. 25, juris).

Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf die sich aus der korrigierten Betriebskostenabrechnung für 2013 ergebenden Nachzahlung, die die zu leistenden Sollvorschüsse übersteigt.

Korrektur Betriebskostenabrechnung bei offenkundigem Fehler
(Symbolfoto: Von Art_Photo/Shutterstock.com)

Grundsätzlich kann der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung nach Ablauf der Frist aus § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht mehr zum Nachteil des Mieters korrigieren. Das gilt namentlich auch dann, wenn das Ergebnis der erteilten Abrechnung ein Guthaben des Mieters ist. Die Abrechnungsfrist aus § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB und der durch § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB angeordnete Ausschluss von Nachforderungen nach Fristablauf dienen der Abrechnungssicherheit für den Mieter und sollen Streit vermeiden. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn der Vermieter einen Abrechnungsfehler nach Ablauf der Abrechnungsfrist noch zum Nachteil des Mieters korrigieren könnte.

Es kommt hierbei grundsätzlich auch nicht darauf an, worauf der Fehler der Abrechnung beruht. Vielmehr ist eine nachträgliche Korrektur der Abrechnung grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn der Vermieter zugunsten des Mieters irrtümlich höhere als die tatsächlich erbrachten Vorauszahlungen angesetzt und deshalb zu Unrecht ein Guthaben des Mieters oder eine zu geringe Nachforderung errechnet hat.

Dass es sich bei den Nebenkostenvorauszahlungen um einen Teil der Miete handelt, rechtfertigt keine andere Wertung. Der Vermieter kann Nebenkosten als Vorauszahlungen nur solange geltend machen, als eine Abrechnung noch nicht erteilt und die Abrechnungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Nach dem Eintritt der Abrechnungsreife kann er nur noch die sich aus der Abrechnung ergebenden Beträge verlangen (BGH, Urteil vom 30. März 2011 – VIII ZR 133/10 –, Rn. 14, juris).

Insbesondere ist es in vorliegenden Fall der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, die Klägerin ab ihrem Versehen in der ursprünglich fristgemäßen Abrechnung, in welche sie versehentlich die Sollvorschüsse eingestellt hatte, wegen des Ablaufs der Abrechnungsfrist festzuhalten.

Zwar hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung dies grundsätzlich für möglich erachtet und auch im hiesigen zugrundeliegenden Sachverhalt hat die Klägerin durch Einstellen der Soll- statt der Istvorschüsse einen für die Beklagte ohne weiteres erkennbaren Fehler begangen, ferner haben auch die Parteien hier einen Rechtsstreit über die Höhe der zu leistenden Vorschüsse geführt, weil die Beklagte die Erhöhung nicht akzeptiert hat. Jedoch erfolgte im Gegensatz zur vorgenannten Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt hier die Korrektur der Abrechnung erst mehr als 18 Monate nach der ursprünglichen Abrechnung. Es handelt sich demnach nicht mehr um ein „kurz nach Ablauf der Abrechnungsfrist korrigiertes Versehen“ der Klägerin.

Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht vermocht, den früheren Zugang der korrigierten Betriebskostenabrechnung zu beweisen. Auch die Berufungsbegründung enthält diesbezüglich keinen Beweisantritt.

Demnach ergibt sich ein Anspruch auf Zahlung der Sollvorschüsse für 2013 in Höhe von 3.041,34 €, von welchem die unstreitig geleisteten tatsächlichen Vorschüsse in Höhe von 1.775,40 € sowie die durch die Beklagte auf die ursprüngliche Abrechnung gelisteten 64,55 € abzuziehen sind, womit es bei einem Anspruch von noch 1.201,36 € der Klägerin für 2013 verbleibt.

Die Klägerin hat jedoch, wie das Amtsgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, einen Anspruch auf Zahlung von 1.056,11 € gegen die Beklagte aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014.

Der Einwand der Beklagten, die Position „Sach- und Haftpflichtversicherung“ verstieße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, ist nicht hinreichend substantiiert.

Der Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei der Abrechnung der Betriebskosten durch den Vermieter. Mit der Behauptung, ein Kostenansatz in der Betriebskostenabrechnung des Vermieters übersteige den insoweit überregional ermittelten durchschnittlichen Kostenansatz für Wohnungen vergleichbarer Größe, genügt der Mieter seiner Darlegungslast nicht. Den Vermieter trifft regelmäßig keine sekundäre Darlegungslast für die tatsächlichen Grundlagen seines Betriebskostenansatzes (BGH, Urteil vom 06. Juli 2011 – VIII ZR 340/10 -, juris).

Die Beklagte bezieht sich zur Begründung lediglich darauf, dass die Kosten „exorbitant hoch“ seinen und jedes Jahr gestiegen seien. Im Gegensatz dazu führt die Klägerin sogar an, dass die Steigerung der Kosten auf mehreren Versicherungsfällen in Form von Kellerbränden resultierten.

Ebenso verhält es sich mit den Einwänden der Beklagten hinsichtlich der Heizkosten, wie das Amtsgericht ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt hat. Die Beklagte bestreitet zu keinem Zeitpunkt die konkreten Ablesewerte im streitgegenständlichen Zeitraum sondern beschränkt sich darauf, die Kosten pauschal als „zu hoch“ anzugreifen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem in Bezug genommenen Urteil des Landgerichts Berlin vom 03.09.2016 – 18 S 317/13 – zu einem vorangegangenen Abrechnungszeitraum. Zum einen ist die Kammer nicht an die dortige Auffassung gebunden, zum anderen entbindet dies die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung, binnen der Widerspruchsfrist konkrete, auf den Abrechnungszeitraum bezogene Einwendungen vorzutragen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Zahlung weiterer 256,08 € Mieterhöhung zu. Mit vollkommen zutreffender Begründung auf die inhaltlich Bezug genommen wird, ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte diese Erhöhungsbeträge für den Zeitraum Mai 2012 bis einschließlich September 2015 in Höhe von jeweils 7,76 € nicht gezahlt hat. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus den in der Anschlussberufungsbegründung eingereichten Überweisungsbestätigungen. Die dort enthaltenen Zahlungen der Beklagten sind dem Grunde nach unstreitig, ohne dass erkennbar wäre, dass diese mit einer abweichenden Tilgungsbestimmung als durch das Amtsgericht angenommen geleistet wurden.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

 

 

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