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Kündigung – 573a BGB – leerstehende Wohnung ist eine Wohnung

Leerstehende Wohnung bleibt Wohnung: Der Kündigungsschutz bleibt bestehen

In einem interessanten Fall, der vor dem Amtsgericht Paderborn verhandelt wurde, stand das Recht eines Vermieters, seinem Mieter zu kündigen, im Mittelpunkt. Dieser juristisch verwickelte Fall bringt eine einzigartige Perspektive auf die Rechtsprechung und die Auslegung des § 573a BGB, einem Paragraphen des deutschen Mietrechts, der die Kündigung eines Mietvertrages regelt.

Zentrale Fragen waren hier: Wann gilt eine Wohnung als Wohnung? Was passiert, wenn eine Wohnung leer steht – verliert sie dann ihren Status als Wohnung? Oder bleibt sie eine Wohnung, unabhängig davon, ob sie gerade bewohnt wird oder nicht? Diese Fragen führten zu hitzigen Debatten und erforderten eine sorgfältige rechtliche Analyse.

Direkt zum Urteil Az: 55 C 114/21 springen.

Der Konflikt zwischen Vermieter und Mieter

Der Kläger in diesem Fall, ein Vermieter, hatte das Mietverhältnis mit seiner Mieterin gekündigt und forderte sie auf, die Wohnung zu räumen. Sein Argument war, dass das betroffene Haus lediglich ein Zweifamilienhaus sei und er daher gemäß § 573a BGB einen besonderen Kündigungsgrund habe. Die betroffene Wohnung bestand aus drei Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad, einer Toilette, einem Keller, einem Balkon und einer Garage.

Was macht eine Wohnung aus?

Die Mieterin wehrte sich gegen die Kündigung und argumentierte, dass das Haus tatsächlich drei Wohnungen habe. Sie behauptete, dass die Dachgeschosswohnung, die der Vermieter nur gelegentlich für Besucher oder zur Lagerung nutzte, in Wirklichkeit eine separate, unabhängige Wohnung sei. Diese Dachgeschosswohnung sei sogar in der Vergangenheit vermietet worden und habe daher ihren Status als Wohnung nicht verloren, nur weil sie momentan leer stehe.

Die Sicht des Gerichts

Das Gericht hatte nun die schwierige Aufgabe, zwischen diesen beiden Standpunkten zu vermitteln und zu entscheiden, ob eine leerstehende Wohnung ihren Status als Wohnung verliert oder nicht. Eine zentrale Frage dabei war, ob das Haus als Zweifamilienhaus anzusehen war, wie der Vermieter behauptete, oder ob es als Dreifamilienhaus galt, wie die Mieterin argumentierte.

Die Auswirkungen des Urteils

Das Urteil in diesem Fall hat weitreichende Auswirkungen auf Vermieter und Mieter in ganz Deutschland. Es klärt nicht nur die Frage, wann eine Wohnung als Wohnung gilt und wann sie ihren Status als Wohnung verliert, sondern es gibt auch Vermietern und Mietern mehr Sicherheit und Klarheit über ihre Rechte und Pflichten. Das Gericht machte deutlich, dass eine Wohnung nicht ihren Status als solche verliert, nur weil sie leer steht.


Das vorliegende Urteil

AG Paderborn – Az.: 55 C 114/21 – Urteil vom 01.10.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Kündigung - 573a BGB - leerstehende Wohnung ist eine Wohnung
(Symbolfoto: Meng.PL/Shutterstock.com)

Die Parteien des Rechtsstreits sind auch Parteien eines Mietverhältnisses. Der Kläger ist Vermieter, die Beklagte Mieterin der Wohnung im Haus M, Q, im ersten Obergeschoss. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung in Anspruch.

Der Kläger vermietet die Wohnung in dem von ihm und seiner Ehefrau selbst bewohnten Haus mit Mietvertrag vom 29.06.2005 an die Beklagte. Er kündigte das Mietverhältnis durch seine Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 13.05.2020.

Eine Räumung der Beklagten erfolgte auch auf erneute Aufforderung durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 26.04.2021 nicht.

Der Kläger behauptet, bei dem von den Parteien bewohnten Haus handele es sich um ein Zweifamilienhaus. Er vertritt daher die Ansicht, ihm stehe der besondere Kündigungsgrund des § 573a BGB zur Seite. Der Kläger behauptet weiter, dass das Mietobjekt des Klägers lediglich aus zwei einzelnen Wohnungen und einem ausgebauten Dachgeschoss, dessen Räume von dem Kläger und seiner Ehefrau für sich selbst und zur gelegentlichen Unterbringung von Besuchern der Familie und zur Lagerung von Gegenständen genutzt werde. Das Dachgeschoss sei weder zum Zeitpunkt des Einzugs der Beklagten noch sonst zu irgendeinem Zeitpunkt vermietet gewesen oder als Wohnung genutzt worden.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung im Hause M, Q, im ersten Obergeschoß, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, einer Diesle, einem Bad, einer Toilette, einem Keller, einem Balkon und einer Garage, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das Mietobjekt bestehe aus drei einzelnen Wohnungen. Bei der Dachgeschosswohnung handele es sich um eine in sich geschlossene unabhängige Wohneinheit. Diese sei im Jahr 2005 von einem Studenten bewohnt worden. Von 2008 bis 2016 / 2017 habe dann die Nichte des Klägers, Frau L, die Wohnung bewohnt. Zudem sei diese im Jahr 2019 als Ferienwohnung vermietet worden.

Sie ist der Ansicht, es sei rechtlich unerheblich, dass die Dachgeschosswohnung derzeit nicht bewohnt werde. Demnach sei die Kündigung mangels eines Kündigungsgrundes unwirksam.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Parteien sind in der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2021 persönlich angehört worden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 573a BGB, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.

Denn bei dem streitgegenständlichen Mietobjekt handelt es sich nicht um ein solches mit nicht mehr als zwei Wohnungen.

Dies steht zur Überzeugung des Gerichtes nach der persönlichen Anhörung der Parteien fest. So bestätigte der Kläger selbst, dass er das Dachgeschoß dahingehend ausgebaut habe, dass sich dort eine kleine Schlafgelegenheit, ein Bad mit Dusche und Toilette sowie eine kleine Küche befinde. Er erklärte weiter, dass es richtig sei, dass seine Nichte dort während ihres Studiums in Q gewohnt habe. Auf die Ausführungen der Beklagten, dass dort ein junger Mann gewohnt habe, als sie in die streitgegenständliche Wohnung eingezogen sei, bestätigte er diesen Vortrag als zutreffend. Es habe sich dabei um einen Studenten gehandelt, der händeringend Wohnraum gesucht habe.

Damit ist erwiesen, dass es sich vorliegend nicht um ein Zweifamilienhaus im Sinne des § 573a BGB handelt. Im Dachgeschoss des Mietobjektes befindet sich eine dritte Wohnung. Diese ist offensichtlich als selbständige Wohneinheit zu betrachten. Neben einem Schlafraum befinden sich dort auch ein Bad und eine Küche. Zudem war es der Nichte des Klägers offenbar möglich, dort über mehrere Jahre während ihres Studiums einen eigenen Hausstand zu führen. Die Regelung des § 573a BGB ist auch dann nicht anzuwenden, wenn diese dritte Wohnung leer steht, aber die objektiver Qualifikation einer Wohnung aufweist oder sich im Keller- oder Dachgeschoss eine jederzeit beziehbare dritte Wohnung befindet (Staudinger/Rolfs (2021) BGB § 573a, Rn. 12). Dabei ist unerheblich, ob die Wohnung über einen separaten Stromzähler oder einen eigenen Briefkasten verfügt. Aus den obigen Erwägungen ist diese als eigenständige Wohneinheit zu betrachten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 4.320,00 EUR festgesetzt.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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