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Kündigung einer Einliegerwohnung bei vorhergehendem Mieterhöhungsverlangen

LG Mainz –  Az.: 3 S 74/13 – Urteil vom 06.11.2013

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 07.05.2013, Az. 80 C 339/12, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, die Wohnung im Erdgeschoss des Hauses N. St. in H. nebst Garage, Remise und Speicherraum zu räumen und und geräumt einschließlich sämtlicher Schlüssel an die Kläger herauszugeben.

2. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 30.04.2014 gewährt.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1Nr.1ZPO).

Die Klägerin hat im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragen, ein Abschluss eines weiteren Mietvertrages mit den Beklagten komme für sie nicht in Frage. Mit der Notwendigkeit der Kündigung sei es zu einem völligen Zerwürfnis zwischen den Parteien gekommen. Teilweise werde das Verhalten des Beklagten zu 1) von ihr als schikanös empfunden.

Auf die zulässige Berufung war dem Räumungsantrag stattzugeben.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zwischen ihnen hinsichtlich der von den Beklagten genutzten Wohnung ein Mietverhältnis besteht. Ein wirksames Mietverhältnis auf Lebenszeit des Beklagten zu 1) liegt allerdings nicht vor. Zwar ist den Beklagten zuzugeben, dass ein auf Lebenszeit vereinbartes Mietverhältnis als befristetes Mietverhältnis anzusehen sein dürfte. Gleichwohl ist es jedoch sowohl nach geltender als auch nach der Rechtslage vor der Mietrechtsreform im Jahre 2009 formgebunden. Gem. § 550 Satz 1BGB gilt der Mietvertrag, der für längere Zeit als für ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen ist, für unbestimmte Zeit. Auch im Zeitpunkt des behaupteten Abschlusses des Mietvertrages, etwa im Jahre 1971, bestand für die auf Lebenszeit geschlossenen Mietverträge Formbedürftigkeit (BGH, Urteil vom 30.09.1958, VIII ZR 134/57). In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Formvorschrift des § 566 BGB auch bei Abschluss eines Mietvertrages auf Lebenszeit für anwendbar erklärt. „Wird ein Grundstück auf Lebenszeit vermietet, so geschieht das in aller Regel mit dem beiderseitigen Willen, dass der Vertrag sich über einen längeren Zeitraum als ein Jahr erstrecken soll. Der Umstand, dass nicht feststeht, um welche Spanne Zeit die Zeitdauer eines Jahres überschritten werden wird, steht der Anwendung des § 566 nicht entgegen. Unter Formzwang stehen alle Vereinbarungen, die das abzuschließende Geschäft betreffen und aus denen sich nach dem Willen der Parteien der zu schließende Vertrag zusammensetzt; es muss also der gesamte Vertragsinhalt durch die Schriftform gedeckt sein.“ Nichts anderes ergibt sich aus der von den Beklagten herangezogenen Entscheidung des LG Freiburg vom 21.03.2013, 3 S 368/12). Aus Ziffer 1 der Gründe des in Bezug genommenen Urteils ergibt sich vielmehr, dass das Gericht die Frage der Einhaltung der Schriftform geprüft und letztlich bejaht hat.

Auf die vom Landgericht Freiburg in der zitierten Entscheidung entschiedenen Frage, ob die besonderen Voraussetzungen des § 575 BGB bei Mietverhältnis auf Lebenszeit des Mieters erfüllt sein müssen, kommt es vorliegend nicht an.

Mangels Schriftform ist damit von einem unbefristeten Mietverhältnis auszugehen, auf das § 573a BGB Anwendung findet. Die streitgegenständliche Wohnung befindet sich in einem von der Klägerin als Vermieterin selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als 2 Wohnungen, so dass eine Kündigung, wie mit Schreiben vom 14.07.2011 erfolgt, zulässig ist. Eines besonderen Interesses bedarf es nicht.

Nicht streitentscheidend ist im vorliegenden Fall, ob § 573 Abs. 1 Satz 2 auf eine Kündigung gem. § 573 a BGB Anwendung findet, denn eine Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung kann nicht festgestellt werden.

Zwar genügt es, dass mit der Kündigung tatsächlich der Zweck verfolgt wird, mit demselben, aber auch einem anderen Mieter ein Mietverhältnis zu einem höheren Mietzins einzugehen. Hierfür ist allerdings der Mieter darlegungs- und beweispflichtig. Eine Vermutung dafür, dass der Vermieter eine Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung aussprechen will, besteht nicht (Blank in Schmidt/Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013 § 573, Rdnr. 279, beck-online).

Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, sie wolle mit den Beklagten ein weiteres Mietverhältnis nicht eingehen. Sie fühle sich von den Beklagten zeitweise schikaniert und empfinde das Verhältnis zu ihnen als problembelastet. Der Umstand, dass vor Ausspruch der Kündigung erstmalig eine Miete verlangt wurde, steht dieser Motivation nicht entgegen. Seitens der Beklagten sind hinreichende Umstände, die auf eine Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung schließen lassen, nicht vorgetragen. Die zunächst begehrte Miete vor Ausspruch der Kündigung genügt insoweit nicht.

Die Klägerin hat damit das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wirksam zum 31.10.2012 gekündigt.

Gemäß § 721 Abs.1 ZPO war den Beklagten eine im Hinblick auf die Dauer des Mietverhältnisses angemessene Räumungsfrist bis zum 30.04.2014 zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708Ziff. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die Frage der Anwendung des § 575 BGB auf Mietverträge auf Lebenszeit ist nicht Gegenstand der Entscheidung.

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