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Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV 

LG Heidelberg – Az.: 5 S 42/19 – Urteil vom 28.05.2020

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 03.09.2019, Az. 21 C 86/19, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.475,68 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.07.2018 zu zahlen.

I. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 16% und die Beklagte 84%.

IV. Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird für den Kläger zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für den ersten Rechtszug neu auf 2.688,36 Euro und für den Berufungsrechtszug auf 665,02 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen der Rückforderung einer Mietsicherheit nach beendetem Wohnraummietverhältnis um die Höhe von Betriebskostennachforderungen der beklagten Vermieterin, mit denen aufgerechnet worden ist.

Der Kläger und seine Ehefrau waren vom 01.05.2016 bis 31.05.2017 Mieter der Wohnung W. in H.. Wie im Mietvertrag (AS I 11 ff.) vereinbart, leisteten die Mieter Betriebskostenvorauszahlungen sowie eine Mietsicherheit von 2.565 Euro, die durch Zinserträge inzwischen auf 2.575 Euro angestiegen ist. In dem Mehrfamilienhaus wird Heizungswärme und Warmwasser zentral durch eine verbundene Anlage bereitgestellt, ohne dass die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge mit einem Wärmemengenzähler gemessen würde. In den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2016 und 2017 werden die Gesamtkosten der Heizungsanlage daher rechnerisch getrennt. Über die Aufzugswartung hat die Beklagte einen Vollwartungsvertrag abgeschlossen. Mit Bescheid vom 17.08.2017, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde die Grundsteuer für die Jahre 2014 bis 2017 neu festgesetzt, wobei die Beklagte für 2016 und 2017 jeweils die neu festgesetzte Grundsteuer auf die Mieter umlegte, im Jahr 2017 aber zusätzlich die Nachforderungen für 2014 und 2015. Wegen verschiedener Einwendungen des Klägers und seiner Ehefrau wurden die Betriebskostenabrechnungen mehrfach korrigiert, zuletzt für 2016 unter dem 19.12.2018 für 2017 unter dem 19.12.2018.

Der Kläger hat vor dem Amtsgericht aus eigenem und abgetretenem Recht Rückgabe der 2.575 Euro Mietsicherheit abzüglich Betriebskostennachforderungen geltend gemacht, die er mit 298,14 Euro für 2016 und 439,46 Euro für 2017 berechnet hat. Der Kläger hat sich – soweit für die Berufung noch von Interesse – gegen die rechnerische Trennung der Heiz- und Warmwasserkosten, die Umlage der Kosten des Vollwartungsvertrags für die Aufzugswartung und die Umlage der Grundsteuer gewandt. Er hat gemeint, die fehlende Trennung zwischen Heiz- und Warmwasserkosten durch separaten Wärmemengenzähler berechtige ihn zur Kürzung der berechneten Heiz- und Warmwasserkosten um 15%. Er hat daher vor dem Amtsgericht beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.837,40 Euro zuzüglich Verzugszinsen zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Aufrechnung mit Ansprüchen in Höhe von 607,91 Euro für 2016 und 980,65 Euro für 2017 erklärt. Hinsichtlich des Vollwartungsvertrages hat sie darauf verwiesen, dass für die ersten Jahre ein Rabatt von 65% auf die Wartungskosten gewährt worden sei, wodurch bereits ein Instandhaltungsanteil von 35% berücksichtigt sei.

Das Amtsgericht hat die Beklagten mit dem angegriffenen Urteil zur Zahlung von 1.651,46 Euro nebst Zinsen verurteilt. Soweit in der Berufung noch von Interesse, ist das Amtsgericht dabei insbesondere der Rechtsauffassung des Klägers gefolgt, dass die fehlende messtechnische Trennung des Energieverbrauchs zwischen Heizung und Warmwasser zur Kürzung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV berechtige, weshalb es die Aufrechnung der Beklagten nur in entsprechend geringerem Umfang, nämlich für 2016 um 84,10 Euro weniger und für 2017 um 91,68 Euro weniger, hat durchgreifen lassen. Von den Kosten der Aufzugswartung hat das Amtsgericht für beide Jahre wegen enthaltener nicht umlagefähiger Kosten 40% abgesetzt, die Grundsteuernachzahlungen für 2014 und 2015 hat es im Rahmen der Betriebskostenabrechnung 2017 nicht für umlegbar erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz, der genauen Formulierung der Anträge sowie wegen des Inhalts und der Begründung des Urteils des Amtsgerichts einschließlich der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die sich nur noch gegen die Anwendung des Kürzungsrechts des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV wendet und die Umlage der vollen Wartungskosten und der Grundsteuernachzahlungen 2014 und 2015 erstrebt. Sie meint insbesondere, ungeachtet des fehlenden Wärmemengenzählers liege eine „verbrauchsorientierte“ Abrechnung vor. Im Ergebnis hält sie den Klageanspruch daher in Höhe weiterer 665,02 Euro für erloschen und begehrt eine entsprechende weitergehende Klageabweisung.

Die Beklagte beantragt, auf die Berufung wird das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 03.09.2019, zugestellt am 05.09.2019, Az. 21 C 86/19, teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 986,44 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig abzuweisen.

Der Kläger meint insbesondere, es liege im Streitfall gerade keine „verbrauchsorientierte Abrechnung“ vor. Der Wärmemengenzähler sei zur Messung des im gesamten Anwesen für die Warmwassergewinnung benötigten Brennstoffs notwendig. Erst mit dem Messergebnis könne sodann eine korrekte Trennung zwischen Heiz- und Warmwasserkosten im Anwesen vorgenommen werden.

Unter Berufung darauf, dass die Frage des Kürzungsrechts in vergleichbaren Konstellationen im Rahmen ihrer beratenden Tätigkeit in einer Vielzahl von Fällen relevant sei, beantragen beide Parteivertreter die Zulassung der Revision. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Soweit das Amtsgericht das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV angewendet hat, führt die Berufung zur Abänderung und Klageabweisung in Höhe von weiteren 175,78 Euro einschließlich – so ist der Berufungsantrag auszulegen – anteiliger Zinsen (1.). Hinsichtlich der weiteren streitigen Abrechnungspositionen ist die Berufung dagegen unbegründet (2.).

1.) Das angefochtene Urteil beruht insoweit auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO), als das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass der Kläger zur Kürzung der Heiz- und Warmwasserkosten um 15% berechtigt sei. Demgegenüber ist der Anspruch des Klägers aus der Sicherungsabrede auf Rückzahlung der geleisteten Mietsicherheit samt Zinsen (§ 551 Abs. 3 Satz 4 BGB) auch in diesem Umfang durch Aufrechnung erloschen (§ 389 BGB).

a) Allerdings hat die Beklagte entgegen § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizKV die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge nicht mit einem Wärmemengenzähler gemessen, weil ein solches Gerät nicht vorhanden ist. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 HeizKV sind bei verbundenen Anlagen die einheitlich entstandenen Kosten des Betriebs aufzuteilen, wobei die Anteile an den einheitlich entstandenen Kosten bei eigenständiger gewerblicher Wärmelieferung nach den Anteilen am Wärmeverbrauch zu bestimmen sind. Kann die Wärmemenge nur mit einem unzumutbar hohen Aufwand gemessen werden – wofür im Streitfall nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich ist -, kann sie rechnerisch in Abhängigkeit vom Volumen des verbrauchten Wassers und der mittleren Temperatur des Warmwassers berechnet werden, § 9 Abs. 2 Satz 2 HeizKV. Nur in – wiederum weder behaupteten noch sonst ersichtlichen – Ausnahmefällen, in denen weder die Wärmemenge noch das Volumen des verbrauchten Warmwassers gemessen werden können, kann die Berechnung nach § 9 Abs. 2 Satz 4 HeizKV rechnerisch in Abhängigkeit von der versorgten Fläche geschehen. Gleichwohl ging die Beklagte in der zuletzt genannten Weise vor. Ausweislich der Heiz-, Warm- und Kaltwasserabrechnungen wurde für die Mietsache Fernwärme bezogen und der Heizwärmeverbrauch mit Heizkostenverteilern erfasst. Der Warmwasserverbrauch wurde gemessen. Die Trennung der Gesamtkosten der Heizungsanlage erfolgte gemäß der zugehörigen Erläuterung mit einer Formel in Abhängigkeit von der mit Warmwasser versorgten Wohnfläche.

b) Dieser Verstoß führt aber nicht dazu, dass der Kläger gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV das Recht hätte, „bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 vom Hundert zu kürzen“.%(1) Inwieweit § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV in einer solchen Konstellation eingreift, wird in der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt. Das Landgericht Itzehoe (NJOZ 2013, 491 [493 f.]) hat zunächst der Auffassung zugeneigt, eine in diesem Sinne verbrauchsabhängige Abrechnung sei auch die Anwendung eines in der Heizkostenverordnung vorgesehenen Ersatzverfahrens, geht aber inzwischen davon aus, dass die Ermittlung nach einem Ersatzverfahren, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen, das Kürzungsrecht begründet (LG Itzehoe, Urteil vom 22.03.2019 – 9 S 26/18 -). Das Landgericht Potsdam (Hinweisbeschluss vom 14.09.2017 und Beschluss vom 24.10.2017 – 4 S 33/17 -) und das Landgericht Halle (WuM 2019, 318) haben in vergleichbaren Konstellationen die gegen Anwendung des Kürzungsrechts eingelegten Berufungen als offensichtlich unbegründet angesehen. Demgegenüber hat die 67. Zivilkammer des Landgerichts Berlin (NJOZ 2018, 1092) lediglich einen das Kürzungsrecht nicht eröffnenden „Formalverstoß“ angenommen, während die 63. Zivilkammer des Landgerichts Berlin (Urteil vom 16.01.2018 – 63 S 91/17 -) die Gegenauffassung vertritt. Die 65. Zivilkammer des Landgerichts Berlin hält das Kürzungsrecht nur für anwendbar, wenn die Wassermenge erfasst wird, nicht hingegen, wenn die Trennung rein flächenbezogen erfolgt (Urteil vom 20.06.2018 – 65 S 29/18 -). Die Literatur hält § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV überwiegend für unanwendbar (Drager, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, GesamtHersg.: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Hersg.: Schmidt, HeizkostenV § 9 Rn. 15; Zehelein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, HeizkostenV § 9 Rn. 3; Langenberg/Zehelein, in: Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Auflage 2019, K. Rn. 150; Schneider in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl. 2018, § 556a BGB Rn. 152; a.A. Schumacher, in: Danner/Theobald, Energierecht, Werkstand: 103. EL Oktober 2019, HeizkostenV § 9 Rn. 7 f.; Wall, jurisPR-MietR 17/2017 Anm. 2; differenzierend Pfeifer, in: BeckOK Mietrecht, Schach/Schultz/Schüller, 19. Edition Stand: 01.03.2020, HeizkostenV § 12 Rn. 11c).%(1) Die Kammer schließt sich der Auffassung an, wonach das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV unanwendbar ist, wenn die einheitlich entstandenen Kosten unter Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizKV nur rechnerisch aufgeteilt werden, und zwar auch dann, wenn – wie im Streitfall – zu Unrecht die Formel nach § 9 Abs. 2 Satz 4 HeizKV angewandt wird. %(4) Es ist auch in diesem Fall mit dem Wortlaut der Verordnung zu vereinbaren, wonach das Kürzungsrecht nur entsteht, wenn entgegen den Vorschriften dieser Verordnung „nicht verbrauchsabhängig“ abgerechnet wird. Vom Verbrauch abhängig – nämlich von der Erfassung der Heizkostenverteiler – ist die Abrechnung selbst dann, wenn nicht einmal das verbrauchte Warmwasservolumen eingestellt, sondern stattdessen die versorgte Wohnfläche als verbrauchsunabhängiger Faktor zu Grunde gelegt wird. %(4) Ob nach dem Willen des Verordnungsgebers gleichwohl ein Kürzungsrecht entstehen sollte, lässt sich nicht klären. In der Erstfassung zielte § 12 HeizKV darauf ab, einen Zwang zur Anbringung von Ausstattungen zur Verbrauchserfassung für Räume auszuüben, wobei der Anwendungsbereich in der Folge ausgedehnt wurde (zur Entwicklung vgl. Lammel, in: Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 7 ff.). Für die Berechnung des Warmwasseranteils nach § 9 HeizKV folgt daraus aber bereits deshalb nichts, weil zwar bereits nach der bis 01.01.2009 geltenden Fassung dieser Norm die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge mit einem Wärmezähler zu messen war, diese Wärmemenge aber auch nach einer Formel oder nach den anerkannten Regeln der Technik errechnet werden durfte (§ 9 Abs. 3 Satz 1 bis 4 HeizKV a.F.). Dass der Verordnungsgeber sich anlässlich der Verschärfung durch Art. 1 Nr. 3 der Verordnung vom 02.12.2008 (BGBl. I S. 2375; ber. 2009 I S. 435) mit der Rechtsfolge des Kürzungsrechts befasst hätte, ist nicht ersichtlich; vielmehr hat er angenommen, die Neufassung des § 9 Abs. 2 HeizKV übernehme „weitgehend geltendes Recht“ (Begründung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung, BR-Drs. 570/08, Seite 15). Welche Folgen die nunmehr nur noch ausnahmsweise Zulässigkeit der Kostentrennung nach den Ersatzverfahren für den Anwendungsbereich des Kürzungsrechts haben sollte, wird in der Verordnungsbegründung nicht thematisiert.%(4) Bei dieser Sachlage ist maßgeblich auf den Regelungszweck abzustellen. Zweck der Heizkostenverordnung ist es, das Verbrauchsverhalten der Nutzer nachhaltig zu beeinflussen und damit Energieeinspareffekte zu erzielen. Dem jeweiligen Nutzer soll durch die verbrauchsabhängige Abrechnung der Zusammenhang zwischen dem individuellen Verbrauch und den daraus resultierenden Kosten bewusst gemacht werden (BGH, NZM 2016, 381 [382]). Vor diesem Hintergrund ermöglicht das Kürzungsrecht dem Mieter eine abstrakte Schadensberechnung, resultierend aus der nicht ordnungsgemäßen Anwendung der Heizkostenverordnung, und zwar beruhend auf Erhebungen, wonach bei einer verbrauchsabhängigen Abrechnung mit einer Energieersparnis in Höhe von 15% zu rechnen sei; eine gutachterliche Überprüfung nach Inkrafttreten der Verordnung kommt immerhin zu einem Einsparpotential in Höhe von rund 13% (Lammel, in: Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 12 ff.). Das lässt sich auf die unzureichende Abgrenzung des auf Heizung und Warmwasserbereitung entfallenden Energieanteils nicht übertragen. Möglicherweise wären auch von der korrekten Anwendung der dahingehenden Regelung Einergieeinsparungseffekte zu erhoffen, deren Höhe indes letztlich offen ist. Der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV unterstellte Schaden in Höhe von 15% mangels verbrauchsbezogener Abrechnung steht jedenfalls hiermit in keinem Zusammenhang (Zehelein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, HeizkostenV § 9 Rn. 3); ein solcher Zusammenhang könnte allenfalls dadurch hergestellt werden, dass das Kürzungsrecht nur auf bestimmte vom Vermieter geschaffene Unsicherheiten beschränkt angewandt wird (so LG Itzehoe, Urteil vom 22.03.2019 – 9 S 26/18 -, Abs.-Nr. 31 ff.). Angesichts dessen, dass dem Vermieter der Gegenbeweis eines geringeren Schadens versagt ist (Lammel, in: Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 12), ist es aber nicht Aufgabe der richterlichen Rechtsfortbildung, sondern des Verordnungsgebers, in Wahrnehmung der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein pauschaler Schaden durch unzureichende Abgrenzung überhaupt entstehen kann und inwieweit er unwiderleglich zu vermuten ist. Das gilt umso mehr, als der Verordnungsgeber bei Änderung des § 9 HeizKV davon ausgegangen ist, dass wiederholte Verschärfungen der Anforderungen an die bauliche Hülle die Annahme eines vergleichbaren energetischen Standards der unterschiedlichen Mehrfamilienhäuser nicht mehr rechtfertigen (Begründung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung, BR-Drs. 570/08, Seite 16). Deshalb ist die Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 5 HeizKV a.F. ersatzlos entfallen, wonach eine Abschätzung der für die Warmwasserbereitung erforderlichen Wärmemenge mit einem Anteil von 18 vom Hundert der insgesamt verbrauchten Wärmemenge zulässig war. Wenn aber der Verordnungsgeber die Bausubstanz für so uneinheitlich hält, dass sich bei verbundenen Anlagen jede Vermutung über den Anteil der zentralen Warmwasserversorgungsanlage am Wärmeverbrauch verbietet, dann schließt das auch die Annahme eines einheitlichen prozentualen Schadens aus, wenn dieser Anteil nicht korrekt ermittelt wird.%(4) Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass die Pflicht zum Einbau von Wärmemengenzählern ohne die Sanktionierung durch das Kürzungsrecht leerliefe, weil ein Schaden des Mieters dann regelmäßig nicht nachweisbar wäre (so aber LG Halle, WuM 2019, 318 [319]; LG Berlin, Urteil vom 16.01.2018 – 63 S 91/17 -, Abs.-Nr. 22). Zunächst gibt § 4 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 HeizKV dem Nutzer gegen den Gebäudeeigentümer, Vermieter usw. ein subjektives Recht auf Einhaltung der Pflichten zur Verbrauchserfassung, das mit der Leistungsklage geltend gemacht werden kann und auch den Einbau von Wärmemengenzählern zur Erfassung der auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallenden Wärmemenge umfasst (Bub, FD-MietR 2017, 393260; Lammel, in: Lammel, Heizkostenverordnung: HeizKV, 4. Auflage 2015, § 4 Rn. 57; Wall, jurisPR-MietR 17/2017 Anm. 2). Eine unrichtige Anwendung der Formel nach § 9 Abs. 2 Satz 4 HeizKV anstelle der Formel nach § 9 Abs. 2 Satz 2 HeizKV kann – was der Kläger im Streitfall allerdings nicht getan hat und worum es den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits auch ersichtlich nicht geht – gerügt werden und ggf. nach Beweisaufnahme zu einer dem Mieter günstigen rechnerischen Korrektur der Betriebskostenabrechnung führen. Daneben können schließlich auch öffentlich-rechtliche Sanktionen eintreten. Zwar trifft es zu, dass nach der Systematik des § 7 Abs. 1 EnEG die zuständigen Behörden nur insoweit darüber zu wachen haben, dass die in den Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz festgesetzten Anforderungen erfüllt werden, als die Erfüllung dieser Anforderungen nicht schon nach anderen Rechtsvorschriften im erforderlichen Umfang überwacht wird. Selbst wenn man aber im Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizKV eine solche Überwachung im erforderlichen Umfang sehen wollte (so Lammel, in: Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 11), wäre die Konsequenz einer in hier interessierenden Konstellationen nicht ausreichend effektiven privatrechtlichen Sanktion nur, dass die behördliche Überwachung dann möglich und nach § 7 Abs. 1 EnEG geboten wäre. Nicht dagegen kann das umgekehrt dazu führen, dass die Rechtsprechung einen nach Sinn und Zweck unanwendbaren pauschalisierten Schadensersatzanspruch zu einem privatrechtlichen Strafschadensersatz weiterentwickeln müsste.

2.) Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht dagegen die anteiligen Kosten für die Aufzugswartung gekürzt (a) und der Beklagten eine Umlegung der Grundsteuernachzahlungen für 2014 und 2015 im Rahmen der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2017 versagt (b).

a) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht den in den Kosten des Vollwartungsvertrags enthaltenen, in § 2 Nr. 7 BetrKV nicht umfassten Reparaturkostenanteil nach § 287 ZPO wie geschehen geschätzt hat. Dagegen spricht insbesondere nicht, dass der vorgelegte Servicevertrag „für die Dauer der Verjährungsfrist für Mängelansprüche“ während der ersten 60 Monate einen reduzierten „Sonderpreis“ nennt. Das rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass diese Kalkulation gerade den nicht umlegbaren Anteil entfallen lassen würde. Zwar mögen bei einem neuen Aufzug weniger Reparaturen anfallen bzw. solche Reparaturen teilweise bereits als Nacherfüllung geschuldet sein. Andererseits müssen bei neuen Aufzügen von Benutzern vorsätzlich oder fahrlässig verursachte Schäden nicht seltener als bei gebrauchten Aufzügen vorkommen, und nicht allen Reparaturen, die während der Dauer der Verjährungsfrist anfallen, liegt ein Mangel zugrunde. Umgekehrt liegt es nahe, dass bei einem neuen Aufzug auch die von § 2 Nr. 7 BetrKV erfasste Überwachung und Pflege der Anlage, der regelmäßigen Prüfung ihrer Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit einschließlich der Einstellung durch eine Fachkraft in deutlich geringerem Umfang anfallen als bei älteren Aufzügen.

b) Zwar ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die offenbar im Jahr 2017 nachgezahlte Grundsteuer für frühere Zeiträume in diesem Jahr umgelegt wird. Bei „kalten Betriebskosten“ ist sowohl eine Umlegung nach dem Leistungs- als auch nach dem Abflussprinzip zulässig (BGH, NZM 2008, 277 [278 f.]). Der Vermieter kann aber in besonders gelagerten Fällen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert sein, Betriebskosten nach dem Abflussprinzip abzurechnen (offen gelassen von BGH, a.a.O. Seite 279). So liegt die Sache hier. Bedenklich erscheint bereits der darin liegende Widerspruch, dass die durch einen einheitlichen Vorgang, nämlich den Bescheid vom 17.08.2017, verursachten Kosten teils (nämlich für 2016) nach dem Leistungsprinzip und teils (die Nachzahlungen für die Jahre 2014 und 2015 im Jahr 2017) nach dem Abflussprinzip umgelegt wurden. Hinzu kommt, dass die hier umgelegten Nachforderungen für 2014 und 2015 Zeiträume betreffen, in denen der Kläger und seine Ehefrau noch nicht Mieter waren. Das mag bei kleineren Ungenauigkeiten in zeitlicher Nähe zum Mieterwechsel hinzunehmen sein, nicht aber im vorliegenden Fall, wo der Zeitraum, auf den sich die umgelegten Kosten beziehen, den Abrechnungszeitraum übertrifft und es sich zudem (2014 und 2015 jeweils Gesamtkosten für das Grundstück von 3.079,16 Euro anstatt 271,66 Euro) um ganz erhebliche Mehrkosten handelt. Anstatt der angesetzten Gesamtkosten für die Abrechnungseinheit von 27.010,95 Euro waren also richtigerweise nur 9.546,97 Euro zu verteilen, womit sich für den Kläger und seine Ehefrau wie vom Amtsgericht zutreffend errechnet anstatt 494,81 Euro nur 174,89 Euro ergeben.

3.) Die Kostenentscheidung folgt § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dafür ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte vor dem Amtsgericht – anders als in der Berufungsinstanz – schon die Aktivlegitimation des Klägers bestritten hat, also nur hilfsweise mit Forderungen aufgerechnet hat (§ 45 Abs. 3 ZPO). Soweit die behaupteten Betriebskostennachforderungen von zusammen 1.588,56 Euro den vom Kläger von vornherein von seiner Forderung abgesetzten Betrag von zusammen 737,60 Euro übersteigen, hat das Amtsgericht über die Forderungen auch eine der Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen, womit diese 850,96 Euro zur Klageforderung hinzuzurechnen sind. Entsprechend war die die Streitwertfestsetzung des Amtsgerichts zu ändern (§ 63 Abs. 3 GKG). Davon ist die Beklagte in Höhe der Klageforderung von 1.837,40 Euro unterlegen sowie in Höhe weiterer 489,24 Euro, in der die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderungen nicht bestehen. In dieser Höhe war auch die Berufung erfolglos.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 543, 544 ZPO.

Die Revision war – beschränkt auf den von der Frage nach der Reichweite des Kürzungsrechts betroffenen Teil des Streitgegenstands – zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Ungeachtet der vergleichsweise geringen finanziellen Bedeutung im Einzelfall zeigt schon die Zahl der hierzu ergangenen veröffentlichten Entscheidungen, dass sich die Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann, was auch die Parteivertreter aus ihrer Beratungspraxis bestätigt haben. Angesichts der unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum besteht erhebliche Unsicherheit, die nur durch eine Entscheidung des Revisionsgerichts beendet werden kann. Die Frage ist auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auf die sich die bislang damit befassten Gerichte für ihre jeweilige Auffassung berufen haben, nicht hinreichend sicher zu beantworten. Soweit höchstrichterlich entschieden ist, dass Fehler im verbrauchsabhängigen Teil der Abrechnung keine das Kürzungsrecht begründende verbrauchsunabhängige Abrechnung darstellen (BGH, WuM 2012, 38 [40]), betraf das den anders gelagerten Fall, dass der Zähler noch andere Verbräuche eines Nachbarn miterfasst (BGH, WuM 2012, 38 [39]). Wenn der Bundesgerichtshof umgekehrt ausgesprochen hat, dass die im Wege der Differenzberechnung erfolgte Vorerfassung von Nutzergruppen ein Kürzungsrecht begründet (BGH, WuM 2010, 35; BGH, NJW-RR 2016, 585; WuM 2008, 556), so unterscheidet sich das darin von der vorliegenden Konstellation, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizKV Hilfsverfahren nicht kennt, während § 9 Abs. 2 HeizKV sie – wenn auch unter bestimmten, im Streitfall nicht vorliegenden Voraussetzungen – an sich ausdrücklich vorsieht.

 

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