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Mietvertrag – Wirtschaftseinheit und formelle Rechtmäßigkeit einer Nebenkostenabrechnung

Mietvertrag und Nebenkostenabrechnung: Klage und Berufung im Fokus

Das Landgericht Essen wies die Berufung der Klägerin zurück, bestätigte das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen und erkannte die von der Klägerin gebildete Wirtschaftseinheit für die Nebenkostenabrechnung als unzulässig. Es stellte fest, dass bestimmte Kostenpositionen unrechtmäßig berechnet wurden und sprach dem Beklagten ein Guthaben sowie ein Recht auf Einsicht in die Originalbelege zu.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 15 S 145/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Unzulässigkeit der Wirtschaftseinheit: Die Zusammenfassung zweier benachbarter Gebäude zu einer Abrechnungseinheit für Nebenkosten wurde als unzulässig erachtet.
  2. Fehlerhafte Nebenkostenabrechnung: Bestimmte Positionen in den Nebenkostenabrechnungen für 2017 und 2018 waren unrechtmäßig und mussten gestrichen werden.
  3. Kein Anspruch auf Nachzahlungen: Die Klägerin konnte keinen Anspruch auf Nachzahlungen für die Jahre 2017 und 2018 geltend machen.
  4. Rückerstattung an den Beklagten: Aufgrund der Korrekturen in der Nebenkostenabrechnung entstand ein Guthaben für den Beklagten.
  5. Recht auf Belegeinsicht: Dem Beklagten wurde das Recht zugesprochen, Einsicht in die Originalunterlagen der Nebenkostenabrechnungen zu nehmen.
  6. Ablehnung der Revision: Das Gericht ließ keine Revision zu, da es keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO sah.
  7. Kosten der Berufung: Die Kosten der erfolglosen Berufung wurden der Klägerin auferlegt.
  8. Streitwertfestsetzung: Der Streitwert für die Berufung wurde auf 2.469,26 EUR festgesetzt.

Rechtliche Herausforderungen bei Mietverhältnissen und Nebenkostenabrechnungen

Mietverhältnisse sind häufig Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen, insbesondere wenn es um Nebenkostenabrechnungen geht. Diese können komplexe Fragen aufwerfen, etwa zur formellen Rechtmäßigkeit und zur korrekten Bildung von sogenannten Wirtschaftseinheiten. Ein aktuelles Urteil des LG Essen beleuchtet diese Thematik ausführlich. Dabei stehen insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen an eine korrekte Nebenkostenabrechnung im Fokus. Dies betrifft sowohl die korrekte Zuordnung und Verteilung von Kosten in einer Wirtschaftseinheit als auch die formellen Aspekte, die eine Nebenkostenabrechnung erfüllen muss.

Im Kontext von Mietverhältnissen ist es entscheidend, die Grenzen und Möglichkeiten der Abrechnung von Nebenkosten genau zu verstehen. Die Relevanz solcher Fragen zeigt sich insbesondere dann, wenn es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt, in denen es um die Berufung gegen vorangegangene Urteile oder die Prüfung der formellen und materiellen Korrektheit von Nebenkostenabrechnungen geht. Die Rolle der Klägerin und des Beklagten in diesen Verfahren spiegelt die typischen Konfliktlinien wider, die sich in der Praxis des Mietrechts häufig finden.

Streit um Nebenkostenabrechnung: LG Essen entscheidet im Fall des Mietvertrags

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die Klägerin als Vermieterin berechtigt war, zwei benachbarte Immobilien als eine Wirtschaftseinheit zu behandeln und die Nebenkosten dementsprechend abzurechnen. Der Beklagte, ehemaliger Mieter einer Wohnung in einem dieser Häuser, hatte gegen die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2017 und 2018 Widerspruch eingelegt. Seine Einwände richteten sich gegen die Bildung einer Wirtschaftseinheit zwischen den Häusern W-Str. 11 und 13, was aus seiner Sicht unzulässig war. Zudem forderte er Einsicht in die Originaldokumente der Nebenkostenabrechnungen. Die Klägerin hatte in ihren Abrechnungen Positionen wie Schornsteinfeger, Außenanlagenpflege, private Straßenreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherung, Hauswart sowie Gebühren für den Fernsehempfang aufgeführt.

Die rechtliche Auseinandersetzung und ihre Ursachen

Die Klägerin reichte eine Klage ein, um Nachzahlungen für die Betriebskosten zu erlangen, während der Beklagte mit einer Widerklage auf Rückerstattung von überzahlten Betriebskosten und Einsicht in die Abrechnungsunterlagen antwortete. Das Amtsgericht Gelsenkirchen wies die Klage der Vermieterin ab und gab der Widerklage des Beklagten weitgehend statt. Dabei stellte das Gericht fest, dass die Bildung der Wirtschaftseinheit zwischen den beiden Häusern unzulässig war. Dies führte dazu, dass bestimmte Kostenpositionen aus den Abrechnungen der Jahre 2017 und 2018 entfernt wurden. Die Klägerin legte daraufhin Berufung beim Landgericht Essen ein, wobei sie argumentierte, dass die unzulässige Bildung einer Wirtschaftseinheit lediglich einen materiellen und keinen formellen Abrechnungsfehler darstelle.

LG Essen bestätigt erstinstanzliches Urteil

Das Landgericht Essen bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Gelsenkirchen. In der Urteilsbegründung stellte das LG Essen klar, dass die erstinstanzlichenFeststellungen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht korrekt waren. Es wurde betont, dass der Vermieter bei der Abrechnung der Betriebskosten mehrere Gebäude zu einer Abrechnungseinheit zusammenfassen darf, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Diese waren im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die beiden Gebäude weder in Bauweise, Ausstattung noch Größe vergleichbar waren und keine gemeinsame Infrastruktur aufwiesen.

Entscheidende Aspekte des Urteils und ihre Konsequenzen

Die Klägerin konnte für das Jahr 2017 nach Abzug der strittigen Positionen nur 791,91 EUR abrechnen, während der Beklagte Vorauszahlungen in Höhe von 1.212,23 EUR geleistet hatte. Ähnlich verhielt es sich im Jahr 2018. Somit ergab sich für den Beklagten ein Guthaben, das ihm zustand. Bezüglich der geforderten Belegeinsicht entschied das Gericht, dass der Mieter grundsätzlich Einsicht in die Originale der Abrechnungsbelege verlangen kann. Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen, und das Urteil sowie das angefochtene Urteil erster Instanz wurden für vorläufig vollstreckbar erklärt. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Dieser Fall verdeutlicht die Bedeutung einer korrekten Nebenkostenabrechnung im Mietrecht und unterstreicht die Notwendigkeit für Vermieter, die rechtlichen Voraussetzungen bei der Bildung von Wirtschaftseinheiten genau zu beachten. Das Urteil zeigt auch, wie wichtig es für Mieter ist, ihre Rechte zu kennen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen,

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist eine Wirtschaftseinheit im Kontext der Nebenkostenabrechnung?

Eine Wirtschaftseinheit im Kontext der Nebenkostenabrechnung bezieht sich auf eine Gruppe von Gebäuden oder Einheiten, die gemeinsam verwaltet werden und in der Regel demselben Eigentümer gehören. Diese Gebäude stehen in der Regel in örtlichem Zusammenhang und weisen keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf Nutzung und Wohnwert auf.

Die Abrechnung von Betriebskosten kann im Rahmen einer Wirtschaftseinheit erfolgen, wobei die Voraussetzungen dazu unterschiedlich sind, je nachdem, ob es sich um freifinanzierte oder öffentlich geförderte Wohnungen handelt. Bei öffentlich geförderten Wohnungen ist eine Wirtschaftseinheit eine Mehrheit von Gebäuden, die demselben Eigentümer gehören und deren Errichtung ein einheitlicher Finanzierungsplan zugrunde gelegt worden ist oder zugrunde gelegt werden soll.

Bei freifinanzierten Wohnungen kann die Abrechnung im Rahmen einer Wirtschaftseinheit vertraglich vereinbart werden. Wenn der Mietvertrag keine Festlegung darüber enthält, dass die Abrechnung der Betriebskosten gebäudebezogen zu erfolgen hat, hängt die Befugnis des Vermieters zur Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten davon ab, ob die gesetzlichen Bestimmungen eine solche Abrechnung erlauben.

Die angefallenen Gesamtbeträge werden dann anteilig auf die einzelnen Mieter umgelegt. Eine Gesamtabrechnung für die Wohnanlage – selbst bei einer Wirtschaftseinheit – ist dann unzulässig, wenn der Vermieter Nebenkosten gebäudebezogen abrechnen kann.

Es ist zu erwähnen, dass die Möglichkeit einer umfassenden Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten nicht davon abhängig ist, dass bei sämtlichen Kostenpositionen eine gesonderte Abrechnung aus technischen Gründen unvermeidbar ist.

Die Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten ist auch nicht darum unbillig, weil einzelne Kostenpositionen – etwa die Grundsteuer – getrennt abgerechnet werden könnten.

Es ist auch wichtig zu wissen, dass die Bildung einer Wirtschaftseinheit und die entsprechende Abrechnung der Nebenkosten nicht die formelle Wirksamkeit einer Nebenkostenabrechnung berühren, sondern nur deren inhaltliche Richtigkeit.


Das vorliegende Urteil

LG Essen – Az.: 15 S 145/22 – Urteil vom 04.07.2023

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen zu Az. 210 C 230/20 vom 04.02.2022 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil erster Instanz sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert der Berufung wird auf 2.469,26 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten – nach beendetem Mietverhältnis – um offenen Mietzins und die Abrechnung von Betriebskosten aus den Jahren 2017 und 2018 sowie entsprechende Belegeinsicht auch für das Jahr 2019.

Der Beklagte war Mieter einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung im Hause W-Str. 11 in ####. Das Mietverhältnis endete zum 30.09.2020. Die Immobilie W-Str. 11 grenzt unmittelbar an die W-Str. 13.

Die Klägerin rechnete mit Schreiben vom 02.10.2018 über die Betriebskosten 2017 ab. Für das Abrechnungsjahr 2017 setzte die Klägerin Betriebskosten in Höhe von 1.212,23 EUR an und machte unter Berücksichtigung von geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 1.203,00 EUR einen entsprechenden Nachzahlungsbetrag gegenüber dem Beklagten in Höhe von 9,23 EUR geltend.

Mit Schreiben vom 05.12.2019 rechnete die Klägerin über die Betriebskosten 2018 ab. Für das Abrechnungsjahr 2018 setzte die Klägerin Betriebskosten in Höhe von 1.285,53 EUR an und machte unter Berücksichtigung von geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 982,00 EUR einen entsprechenden Nachzahlungsbetrag gegenüber dem Beklagten in Höhe von 303,53 EUR geltend.

Die Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 haben gemeinsam, dass unter den Abrechnungseinheiten B und C die W-Str. 11 und 13 als Wirtschaftseinheiten zusammengefasst wurden. Folgende Positionen wurden über die klägerseits gebildete Wirtschaftseinheit abgerechnet:

  • Schornsteinfeger
  • Außenanlagen Rasenfläche
  • Außenanlagen Gehölzfläche
  • Private Straßenreinigung
  • Sach- und Haftpflichtversicherung
  • Hauswart
  • Gebühr für Fernsehempfang

Wegen des genauen Inhalts der entsprechenden Abrechnungsschreiben wird auf die Anlage K 2 (Bl. 16 ff. und Bl. 22 ff. AG-A) Bezug genommen.

Gegen die Betriebskostenabrechnungen erhob der Beklagte fristgerecht Widerspruch. In den Widersprüchen wies der Beklagte – neben anderen Einwendungen – auf den Umstand hin, dass die Bildung einer Wirtschaftseinheit zwischen den Häusern W-Str. 11 und 13 unzulässig sei.

Mit Schreiben vom 03.04.2019, 23.01.2021 und 26.03.2021 forderte der Beklagte gegenüber der Klägerin Belegeinsicht in die originalen Dokumente zu den Nebenkostenabrechnungen 2017 und 2018 und der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2019. Im Laufe des Verfahrens wurden dem Beklagten sodann Kopien einzelner Belege übersandt.

Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 11.12.2020 (Bl. 321 AG-A) teilweise und zwar in Höhe von 54,56 EUR zurückgenommen.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 799,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat er beantragt,

1. die Klägerin zu verurteilen, an ihn 324,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Klägerin zu verurteilen, an ihn 83,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. hilfsweise festzustellen, dass ihm ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden

Vorauszahlungen bis zur erteilten vollständigen Belegeinsicht für die Jahre 2017 und 2018 an den laufenden Vorauszahlungen zusteht,

4. die Klägerin zu verurteilen, ihm Belegeinsicht durch die Einsichtnahme in die folgenden Belege zu gewähren:

a. die Vorlage des Belegs über die Beauftragung, Rechnung und Buchung der Steag zur Lieferung einer Hausstation Compact 120/30,

b. die Vorlage des Belieferungsvertrages Fernwärme mit der Steag,

c. die Vorlage der Nachweise, Rechnungen und Buchungsbelege der Steag zum Anschluss der Hausstation an das bestehende Fernwärmenetz der Steag,

d. den Nachweis der Beauftragung, Rechnung und Buchungsbelege über die Entsorgung der Altanlage und der Bauabfälle,

e. die Vorlage der schriftlichen Entsorgungsnachweise über den Verbleib der Altanlage und die Auskunft über etwaige Einnahmen im Zusammenhang mit der Verwertung der Altanlage, einzelner Bauteile sowie den Bauabfällen und den Nachweis über die fachgerechte Entsorgung vorzulegen,

f. die Vorlage der Nachweise über die Beauftragung und die Rechnungen über den Anschluss der Hausstation an das Heizungssystem des Hauses,

g. die Erteilung der Auskunft über die Anzahl und Hersteller der verwendeten Bauteile, deren Hersteller sowie deren genaue Anzahl und Menge,

h. die Vorlage von Belegen zum Nachweis der Anzahl und die Hersteller der installierten Heizkörperthermostate,

i. die Vorlage der Nachweise über die durch die beauftragten Fachfirmen verbauten Materialien, deren Menge und die fachgerechte Entsorgung von Arbeitsmaterialien,

j. den Nachweis der Qualifikation der Monteure und Maler, welche die entsprechenden Arbeiten vorgenommen haben,

k. die Vorlage der Nachweise und Arbeitsprotokolle der Monteure und Maler,

l. die Vorlage der Nachweise über die Beauftragung, Rechnung und Buchung der angefallenen Tätigkeiten zur Planung der Modernisierungsmaßnahmen,

m. die Vorlage der Nachweise über die gemäß HOAI angefallenen Honorare,

n. die Vorlage und den Nachweis über die erhaltenen öffentlichen Fördermittel,

5. festzustellen, dass ihm seit dem 01.02.2019 ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 21,86 Euro zusteht,

6. die Klägerin zu verurteilen, ihm die weitergehende Belegeinsicht durch die Einsichtnahme in die folgenden Belege und Abrechnungsunterlagen einschließlich der dazugehörigen Vertragsunterlagen und Buchungsnachweise durch die Vorlage der Kontoauszüge über die Zahlungen hinsichtlich der Betriebs-/und Heizkostenabrechnung 2019 zu gewähren:

a. die Einzelrechnungen-/und Buchungsbelege für Einzelleistungen der Gartenpflege inkl. Vorlage aller Tätigkeitsberichte, die Nachweise über die weiteren Beauftragungen von Dritten,

b. die Einzelbuchungsbelege inkl. der dazugehörigen Nachweise in Form von Kontoauszügen für die Abrechnung der Kosten für den Hauswart/Objektbetreuer sowie eine detaillierte Aufschlüsselung aller Tätigkeitsnachweise, diese getrennt nach hausmeisterspezifischen Tätigkeiten und Verwaltungs-/und Instandsetzungsanteil,

c. die Abrechnungs- und Zahlungsbelege über die Abrechnung der Kosten für die Wartung der Filteranlage, bestehend aus allen Einzelrechnungen, den Beauftragungen, Nachweisen über Sonderaufträge, den dazugehörigen Wartungsvertrag und eine detaillierte Aufschlüsselung der vorgenommenen Tätigkeiten sowie die Nachweise der geleisteten Einzelzahlungen,

d. die Zahlungsbelege und alle Einzelbelege über die Abrechnung der Kosten für den Schornsteinfeger sowie die Einzeltätigkeitsnachweise, die Nachweise über Instandsetzungsmaßnahmen an der Heizungsanlage und den Nachweis für die Erteilung von Sonderaufträgen und die Einzelbuchungsbelege,

e. die Nachweise über die Abrechnung der Kosten für die Heizkostenverteiler, diese wiederum im Einzelnen aufgeschlüsselt nach Wohnungen, Wärmeentnahmestellen sowie die einzelnen Zahlungsbelege inkl. der Kontoauszüge,

f. die Zahlungsbelege über die Einzelabrechnungen sowie die Buchungsbelege über die Wärmelieferungen an den Fernwärmelieferanten einschließlich der dazugehörigen Kontoauszüge.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.07.2022 abgewiesen und der Widerklage im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung führt es aus, dass die von der Klägerin gebildete Abrechnungseinheit mit dem Gebäude W-Str. 13 nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme unzulässig sei. Aufgrund dessen seien die folgenden Positionen mangels zulässiger Zusammenfassung von Wirtschaftseinheiten im Hinblick auf die W-Str. 11 und 13 mangels Begründetheit und Nachvollziehbarkeit aus den Abrechnungen 2017 und 2018 zu streichen:

  • Schornsteinfeger,
  • Private Straßenreinigung,
  • Sach- und Haftpflichtversicherung,
  • Hauswart,
  • Gebühr für Fernsehempfang.

Bringe man diese unbegründeten Kostenpositionen in Höhe von 420,32 EUR (in 2017) und 449,72 EUR (in 2018) = 870,04 EUR von der Klageforderung in Höhe von 799,29 EUR in Abzug, verbleibe auf Seiten der Klägerin keine Forderung mehr. Der Beklagte habe seinerseits Anspruch auf Zahlung des Guthabens aus den Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 in Höhe von insgesamt 407,65 EUR.

Nach Abzug der vorgenannten unzulässigen Abrechnungspositionen habe die Klägerin für das Jahr 2017 nur 791,91 EUR abrechnen können. Da der Beklagte Vorauszahlungen in Höhe von 1.212,23 EUR geleistet habe, könne er die Überzahlung von 324,19 EUR zurückverlangen. Für das Jahr 2018 habe die Klägerin nur 835,76 EUR abrechnen können. Da der Beklagte Vorauszahlungen in Höhe von 982,00 EUR geleistet habe, könne er die Überzahlung von 82,46 EUR zurückverlangen. Der Beklagte habe zudem Anspruch auf Einsicht in die entsprechend tenorierten Abrechnungsunterlagen nach § 556 Abs. 3 Hs. 1, 259 Abs. 1 Hs. 1 und 2 BGB. Zwar könne in Ausnahmefällen die Übersendung von Kopien nach Treu und Glauben nach § 242 BGB ausreichend sein. Ein entsprechender Ausnahmefall sei jedoch weder von der Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich, sodass der Beklagte die begehrte Einsicht in die Originalunterlagen verlangen könne.

Gegen das ihr am 07.07.2022 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 26.07.2022 bei dem Landgericht eingegangenen und mit weiterem Schriftsatz vom 26.07.2022 begründeten Berufung.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages trägt sie noch wie folgt vor: Die unzulässige Bildung einer Wirtschaftseinheit sei kein formeller, sondern nur ein materieller Abrechnungsfehler, sodass das Amtsgericht die betroffenen Positionen nicht einfach hätte streichen dürfen. Denn die Berechnung sei gedanklich und rechnerisch ohne weiteres nachvollziehbar. Dies erläutert die Klägerin exemplarisch für die Kostenpositionen Fernsehgebühren, Versicherung und Schornsteinfeger. Vor diesem Hintergrund hätte die Klage nicht vollumfänglich abgewiesen und die Widerlage hinsichtlich des Zahlungsantrages nicht in der austenorierten Höhe zugesprochen werden dürfen. Hinsichtlich der begehrten Belegeinsicht sei der Anspruch durch die Übersendung weiterer Belege erfüllt. Zudem habe der Beklagte auch nicht die Einsicht in Originalbelege begehrt. Die übersandten Belege seien zudem Originale, da es sich um Ausdrucke der digital archivierten Originale handele.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 07.07.2022 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Gelsenkirchen, Az. 210 C 230/20, den Beklagten zu verurteilen, an sie 799,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen und die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Sachvortrag betreffend die nun vorgelegten Anlagen K 27 bis K 31 sei verspätet. Der entsprechende Vortrag zum digitalen Archivierungssystem der Klägerin sei ebenfalls verspätet und werde mit Nichtwissen bestritten. Das Amtsgericht habe die Bildung der Abrechnungseinheit rechtsfehlerfrei für unzulässig erachtet und auch folgerichtig gestrichen.

Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 11.08.2023 hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 226,65 EUR zurückgenommen. Der Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 14.08.2023 zugestimmt.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze erster und zweiter Instanz nebst Anlagen sowie das amtsgerichtliche Urteil verwiesen.

II.

Die gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthafte und gemäß den §§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere – für die Klägerin günstigere – Entscheidung rechtfertigen. Das ist nicht der Fall: Die Feststellungen und Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil sind vielmehr in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht richtig.

Denn die Klage ist unbegründet und die Widerklage im tenorierten Umfang begründet.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung offenen Mietzinses und Nachzahlung von Betriebskosten für die Jahre 2017 und 2018.

a) Soweit die Klägerin ihre Klageforderung – neben dem Abrechnungssaldo aus den Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 – auf „Mietdifferenzen“ stützt, sind diese nicht schlüssig dargelegt. Der Klagevortrag erschöpft sich insoweit in der pauschalen Bezugnahme auf die Anlage K 1, die mit einem nicht näher bestimmten „Abrechnungssaldo 04.2019“ beginnt und mit einem „Abrechnungssaldo 04.2020“ in Höhe der Klageforderung endet.

Es ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, wie sich diese Klageforderung zusammensetzt. Aus der Klagebegründung ergibt sich nur, dass die Klägerin mit der Klage eine Nachforderung in Höhe von 9,23 EUR für die Betriebskosten 2017 und eine Nachforderung in Höhe von 303,53 EUR für die Betriebskosten 2018 begehrte.

Die Kammer hat die Klägerin mit Beschluss vom 04.07.2023 unter I. 1. auf den hinsichtlich der weiteren Mietforderungen unschlüssigen Vortrag ausdrücklich hingewiesen und der Klägerin Gelegenheit gegeben, binnen vier Wochen Stellung zu nehmen. Die Klägerin hat hierzu in ihrem – erst nach Fristablauf eingegangenen Schriftsatz vom 11.08.2023 nicht mehr Stellung genommen.

b) Hinsichtlich der Nachforderung von Betriebskosten für das Jahr 2017 in Höhe von 9,23 EUR hat die Klägerin ihre Klage bereits mit Schriftsatz vom 11.12.2020 (Bl. 320 ff. AG-A) zurückgenommen. Denn insoweit erfolgte eine Teilklagerücknahme hinsichtlich der Position „Außenanlagen Rasenfläche“ und „Außenanlage Gehölzfläche“ in Höhe von 31,53 EUR (vgl. Bl. 321 AG-A). Nach Abzug dieser Position verbleibt für das 2017 ein Guthaben des Beklagten.

c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Nachzahlung von Betriebskosten für das Jahr 2018.

Hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Nachforderung für das Jahr 2018 in Höhe von 303,53 EUR hat die Klägerin ihre Klage bereits mit Schriftsatz vom 11.12.2020 hinsichtlich der Position „Außenanlagen Rasenfläche“ und „Außenanlage Gehölzfläche“ in Höhe von 23,03 EUR (vgl. Bl. 321 AG-A) zurückgenommen.

Eine weitere Teilklagerücknahme erfolgte mit Schriftsatz hinsichtlich der Position „private Straßenreinigung“ in Höhe von 14,91 EUR für das Jahr 2018 (vgl. Bl. 173 EA), sodass die Klägerin im Ergebnis noch Nachzahlung von Betriebskosten für das Jahr 2018 in Höhe von 265,59 EUR verlangte.

Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen entsprechenden Zahlungsanspruch unter Hinweis auf die unzulässige Bildung einer Abrechnungseinheit aus den Wohnhäusern W-Str. 11 und 13 abgelehnt.

Das Amtsgericht ist von den zutreffenden rechtlichen Vorgaben zur Bildung einer Abrechnungseinheit ausgegangen und hat diese auf Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugend verneint. Der Vermieter preisfreien Wohnraums ist, sofern vertragliche Abreden dem nicht entgegen stehen, bei der Abrechnung der umlagefähigen Betriebskosten berechtigt, mehrere von ihm verwaltete und der Wohnnutzung dienende zusammenhängende Gebäude zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen, wenn diese eine vergleichbare Bauweise, Ausstattung und Größe aufweisen (vgl. BGH Urt. v. 20.10.2010 – VIII ZR 73/10, BeckRS 2010, 27056, beck-online). Nach den überzeugenden Feststellungen des Amtsgerichts lagen diese Voraussetzungen nicht vor.

An die erstinstanzlichen Feststellungen des Amtsgerichts ist das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO grundsätzlich gebunden. Das Berufungsgericht überprüft die Beweiswürdigung des Amtsgerichts nämlich nicht darauf, ob es zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, sondern nur darauf, ob die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die in der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt wurden. Danach ist es erforderlich, dass die Beweiswürdigung vollständig und in sich widerspruchsfrei ist. Auch darf sie nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen (BGH NJW 2004, 1876 ff.). Das ist der Fall. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts überzeugt.

Das Amtsgericht hat auf Grundlage des durchgeführten Ortstermins und den Angaben der Zeugin D. festgestellt, dass zwischen den Häusern W-Str. 11 und 13 keine Wirtschaftseinheit besteht, da eine vergleichbare Bauweise, Ausstattung und Größe nicht vorhanden sei. Die Gebäude und Grundstücke seien räumlich klar getrennt. Die Grünflächen seien nur im Hause W-Str. 13 für alle Mieter zugänglich. Die Parkflächennutzung sei wiederum nur für die Mieter im Hause W-Str. 11 möglich. Hinsichtlich der Bauweise unterscheiden sich die Häuser dadurch, dass im Hause W-Str. 11 alle Wohneinheiten über einen Balkon verfügten, während dies im Hause W-Str. 13 nur etwa für die Hälfte der Wohneinheiten gelte. Zudem habe das Haus W-Str. 13 pro Etage zwei Wohneinheiten, während im Haus W-Str. 11 pro Etage nur eine Wohneinheit vorhanden sei, die aber jeweils größer als die Wohneinheiten im Haus Nr. 13 sei. Es bestehe zudem auch keine gemeinsame Infrastruktur der Häuser.

Das Amtsgericht hat die fehlende Vergleichbarkeit der Häuser als Voraussetzung für die Bildung einer Abrechnungseinheit damit überzeugend aufgezeigt. Für die Kammer ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte, die so getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts in Zweifel zu ziehen. Solche werden von der Klägerin auch in der Berufungsbegründung nicht aufgezeigt.

Unzutreffend ist allerdings die Folgerung des Amtsgerichts, dass aufgrund der unzulässigen Bildung einer Abrechnungseinheit alle hiervon betroffenen Abrechnungspositionen (Schornsteinfeger, private Straßenreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherung, Hauswart/Objektbetreuer, Fernsehempfang) ersatzlos zu streichen wären. Insoweit weist die Berufung zutreffend darauf hin, dass die unzulässige Bildung einer Abrechnungseinheit nicht zwingend zur formellen Unwirksamkeit der Abrechnung führt, sondern für sich genommen nur einen inhaltlichen Fehler darstellt (vgl. Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 556 Rn. 386). Daher ist für jede Kostenposition zu prüfen, ob in der Abrechnung die erforderlichen Mindestangaben enthalten sind (formelle Anforderungen) und ob diese auch in materieller Hinsicht zutreffend sind. Hiernach sind bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben in die Abrechnung aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und – soweit erforderlich – Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen (BGH NJW-RR 2014, 76 Rn. 13, beck-online). Allerdings ist eine für sich genommen nachvollziehbare (und den Mindestanforderungen genügende) Abrechnung, die Angaben zu den Gesamtkosten der Abrechnungseinheit, dem Verteilerschlüssel und dem Anteil des Mieters enthält, im Nachhinein als aus formellen Gründen unwirksam zu behandeln, wenn offenbar wird, dass der Vermieter Vorwegabzüge oder andere Rechenschritte vorgenommen hat, die aus der Abrechnung nicht ersichtlich oder darin nicht ausreichend erläutert sind (BGH NJW-RR 2014, 76 Rn. 15, beck-online).

Nach diesen Maßgaben ergibt sich für die vorliegende Betriebskostenabrechnung 2018, dass die betroffenen Kostenpositionen (Fernsehempfang, Sach- und Haftpflichtversicherung) nicht den formellen Anforderungen entsprechen bzw. nicht schlüssig dargelegt sind (Fernsehempfang, Hauswart/Objektbetreuer).

Die Position „Gebühr für Fernsehempfang“ in Höhe von 124,13 EUR ist formell unwirksam und auch in materieller Hinsicht unschlüssig. In der Abrechnung für die Position „Gebühr für Fernsehempfang“ ist unter 4.1. die Abrechnungseinheit „B“ angegeben (vgl. Bl. 145 AG-A). Dabei wird für Gesamtkosten in Höhe von 1.737,75 EUR eine Umlegungsgröße von „14,00 ST“ angegeben, von den „1,00 ST“ mit 124,13 EUR auf den Beklagten entfallen. Unter 4.2 wird für die Abrechnungseinheit „B“ erläutert, dass die Verteilung dabei wie folgt erfolgt: „Umlegungsgröße gesamt Umlegungsgröße Wohnung /Ihr Anteil Wohnfläche 1.270,03 qm 80,97 qm Je Einheit 14,00 St 1,00 St“

Die Angaben sind widersprüchlich und nicht nachvollziehbar, da zum einen unklar bleibt, welche Relevanz die mitgeteilte Wohnfläche als „Umlegungsgröße“ spielt, da die Verteilung im Ergebnis nach „St“ erfolgt ist. Zum anderen bleibt unklar, wofür „St“ genau stehen soll. So könnte die Einheit „St“ für eine Wohneinheit stehen, unabhängig davon, wie groß diese ist, oder aber – etwa aufgrund der Nennung der „Umlegungsgröße gesamt“ – als eine Einheit für eine bestimmte Quadratmeterzahl stehen (etwa für jede 90 Quadratmeter Wohnfläche pro Wohneinheit). Zudem ist die Kostenposition in materieller Hinsicht unschlüssig, da die Verteilung nach § 3 (4) t) bzw. w) des Mietvertrages vom 13.01.2016 nach dem „Verhältnis der Wohnfläche“ zu erfolgen hat (vgl. Anlage B 2, Bl. 66 f. AG-A).

Die Position „Sach- und Haftpflichtversicherung“ in Höhe von 206,42 EUR ist ebenfalls formell unwirksam. Zwar werden in der Abrechnung die üblichen Mindestangaben (Zusammenstellung der Gesamtkosten, Angabe des Verteilerschlüssels, Berechnung des Anteils des Mieters) mitgeteilt. Allerdings hat die Klägerin Rechenschritte vorgenommen hat, die aus der Abrechnung nicht ersichtlich sind. So sind in der Abrechnung 2018 lediglich Gesamtkosten der Abrechnungseinheit in Höhe von 3.464,44 EUR ausgewiesen, welche nach dem Anteil der Quadratmeter umgelegt worden sind. Diese entsprechen aber nicht den Gesamtkosten für die W-Str. 11, sondern den Gesamtkosten der gebildeten (unzulässigen) Wirtschaftseinheit. Es ist nicht ersichtlich und wird auch sonst nicht erläutert, dass sich der tatsächlich auf die Hausnummer 11 entfallende Anteil nach Maßgabe von Versicherungskosten pro Wohneinheit (6 Wohneinheiten à 244,00 EUR) ergibt, die erst nach Ermittlung der sich daraus ergebenen Gesamtkosten (6 x 244,00 EUR) nach Quadratmetern umgelegt worden sind.

Die Kostenposition „Hauswart/Objektbetreuer“ in Höhe von 102,95 EUR ist nicht schlüssig dargelegt. Denn es fehlt an einer Darlegung der auf das Haus W-Str. 11 entfallenden Gesamtkosten. Die Kammer hat die Klägerin mit in der Sitzung vom 04.07.2023 verkündeten Beschluss darauf hingewiesen, dass zur Auflösung der unzulässigen Abrechnungseinheit und schlüssigen Darlegung der auf das Haus W-Str. 11 entfallenden Gesamtkosten eine nachvollziehbare Extraktion dieser Kosten aus den Gesamtkosten der Abrechnungseinheit vorzunehmen sei. Die Klägerin hat hierzu in der eingeräumten vierwöchigen – und damit bis zum 01.08.2023 laufenden – Stellungnahmefrist nicht ergänzend vorgetragen. Soweit erst nach Ablauf der Stellungnahmefrist mit Schriftsatz der Klägerin vom 11.08.2023 weiterer Vortrag erfolgt ist, war dieser nach § 296a S. 1 ZPO verspätet und daher nicht mehr zu berücksichtigen. Die Kammer hat die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs.1 ZPO geprüft, jedoch nach pflichtgemäßem Ermessen abgelehnt.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Beklagte hinsichtlich der Positionen innerhalb der Einwendungsfrist keine Einwendungen erhoben hat, ist dies unzutreffend. Der Beklagte hat in dem Einwendungsschreiben vom 09.06.2020 (Bl. 61 AG-A) die Bildung einer unzulässigen Wirtschaftseinheit ausdrücklich beanstandet. Damit hat er offenkundig Einwendungen gegen alle Kostenpositionen erhoben, die über die unzulässige Wirtschaftseinheit abgerechnet worden sind.

Schon mit Entfallen der vorgenannten Positionen ist die Klageforderung unbegründet. Denn insoweit ergeben sich nach Abzug der Positionen „Gebühr für Fernsehempfang“, „Sach- und Haftpflichtversicherung“ sowie „Hauswart/Objektbetreuer“ nur noch Betriebskosten für das Jahr 2018 in Höhe von 852,03 EUR, die durch die gezahlten Vorauszahlungen in Höhe von 982,00 EUR bezahlt worden sind.

2. Die Widerklage ist im tenorierten Umfang begründet.

a) Der Beklagte hat einen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung von 407,65 EUR aus dem im Zeitraum der streitgegenständlichen Abrechnungen 2017 und 2018 zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis gem. § 535 BGB i.V.m. § 556 BGB.

Denn dem Beklagten steht aus den Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 jedenfalls ein Guthaben in dieser Höhe zu.

Wie bereits zur Klageforderung und dort für die Betriebskostenabrechnung 2018 ausgeführt, entsprechen die Kostenpositionen „Gebühr für Fernsehempfang“, „Sach- und Haftpflichtversicherung“ und „Hauswart/Objektbetreuer“ nicht den formellen Anforderungen bzw. sind nicht schlüssig dargelegt (s.o.).

Entsprechendes gilt für die gleichlautenden Kostenpositionen in der Betriebskostenabrechnung 2017. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Betriebskostenabrechnung 2018 verwiesen werden:

Die Position „Gebühr für Fernsehempfang“ ist formell unwirksam und auch in materieller Hinsicht unschlüssig, da die Angaben widersprüchlich und nicht nachvollziehbar sind (s.o.). Die Position „Sach- und Haftpflichtversicherung“ ist ebenfalls formell unwirksam, da die Klägerin Rechenschritte vorgenommen hat, die aus der Abrechnung nicht ersichtlich sind (s.o.). Die Kostenposition „Hauswart/Objektbetreuer“ ist nicht schlüssig dargelegt, da es an einer Darlegung der auf das Haus W-Str. 11 entfallenden Gesamtkosten fehlt (s.o.).

Zieht man die vorgenannten Kostenpositionen dementsprechend von den Betriebskosten ab und rechnet die Vorauszahlungen des Beklagten gegen, ergibt sich folgenden Guthaben des Beklagten:

2017     1.212,23 EUR Gesamtbetriebskosten

– 200,94 EUR Sach- und Haftpflichtversicherung

– 93,33 EUR Hauswart

– 109,90 EUR Gebühr für Fernsehempfang

+ 1.203,00 EUR

= – 394,94 EUR Guthaben

2018     1.285,53 EUR Gesamtbetriebskosten

– 206,42 EUR Sach- und Haftpflichtversicherung

– 102,95 EUR Hauswart

– 124,13 EUR Gebühr für Fernsehempfang

+ 982,00 EUR

= – 129,97 EUR Guthaben

Gesamtguthaben:

129,97 EUR + 394,94 EUR = 524,91 EUR.

Soweit das sich insoweit ergebende Guthaben des Beklagten die Widerklageforderung übersteigt, ist die Kammer an die Anträge des Beklagten gebunden, § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO.

b) Der Beklagte hat auch den vom Amtsgericht tenorierten Anspruch auf Rechnungslegung und Einsicht in die originalen Abrechnungsunterlagen gemäß §§ 556 Abs. 3 S. 1 Hs. 1, 259 Abs. 1 Hs. 1 und 2 BGB.

Auf die überzeugende Begründung des Amtsgerichts nimmt die Kammer insoweit Bezug und macht sich diese zu Eigen.

Ein Mieter kann hinsichtlich der bei einer Betriebskostenabrechnung vom Vermieter geschuldeten Belegvorlage grundsätzlich Einsicht in die Originale der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung verlangen, ohne insoweit ein besonderes Interesse darlegen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2021 – VIII ZR 66/20). Nur in Ausnahmefällen kann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht kommen, dass der Vermieter lediglich die Vorlage von Kopien oder Scanprodukten schuldet (BGH, a.a.O.). Einen solchen Ausnahmefall hat das Amtsgericht unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls überzeugend abgelehnt. Es führt insoweit aus, dass die Klägerin zu einem entsprechenden Ausnahmefall nicht vorgetragen hat und die Voraussetzungen eines solchen auch sonst nicht ersichtlich sind.

Soweit die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung dazu vorträgt, aus welchen Gründen mit der Übersendung der zahlreichen Ausdrucke bzw. Kopien der Einsichtsanspruch erfüllt worden sei, handelt es sich hierbei um ein neues Angriffsmittel. „Neu“ im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO ist ein Angriffs- und Verteidigungsmittel, wenn es bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht vorgebracht worden und daher im erstinstanzlichen Urteil gemäß § 296a ZPO zu Recht unberücksichtigt geblieben ist (zum Ganzen BeckOK/Wulf, ZPO, 48. 2023, § 531 Rn. 10).

Dieser Vortrag ist nicht ausnahmsweise deshalb zu berücksichtigen, weil er unstreitig ist oder nach Abschluss der ersten Instanz erstmals hätte geltend gemacht werden können. Unstreitiges und damit nicht beweisbedürftiges Vorbringen hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen. Hier handelt es sich nicht um unstreitige Tatsachen. Denn der Beklagte hat die von der Klägerin dargelegte digitale Archivierung zulässig mit Nichtwissen bestritten. Auch ist der Vortrag nicht erst nach Abschluss der ersten Instanz entstanden. Ebenfalls können erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung neu entstandene Angriffs- und Verteidigungsmittel ohne die sich aus § 531 Abs. 2 ZPO ergebenen Beschränkungen in das Berufungsverfahren eingeführt werden (zum Ganzen BeckOK/Wulf, ZPO, 48. 2023, § 531 Rn. 8), was hier zu verneinen ist.

Das Angriffsmittel wäre daher nach § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO nur zuzulassen, wenn es einen Gesichtspunkt betrifft, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten (Nr. 1), infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht (Nr. 2) oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht (Nr. 3). Keine dieser Voraussetzungen liegt vor. Nr. 1 und Nr. 2 dieser Vorschrift sind nicht gegeben. Im Sinne von § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO handelt eine Partei nachlässig, wenn sie die tatsächlichen Umstände nicht vorbringt, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie im ersten Rechtszug imstande war. Für eine Nachlässigkeit reicht damit einfache Fahrlässigkeit aus (zum Ganzen BeckOK/Wulf, ZPO, 48. 2023, § 531 Rn. 19). Die Klägerin hat jedenfalls fahrlässig erstinstanzlich nicht rechtzeitig hierzu vorgetragen.

Denn der Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 11.10.2021 und ergänzend mit Schriftsatz vom 08.04.2022 dargelegt, dass er die erfolgte Übersendung von „Kopien“ nicht akzeptiere und hierzu ausgeführt, dass „keine „prüfungsfähigen aussagekräftigen Buchungsbelege“ übersandt wurden (Bl. 487 AG-A) bzw. es sich bei den bereitgestellten Dokumenten um „Kopien ohne Prüf/Kontierung/Buchungsvermerk und auch ohne Zusatzbelege“ (Bl. 731 AG-A) handeln würde. Es bedurfte damit offenkundig einer weiteren Darlegung der Klägerin, aus welchen Gründen die erfolgte Übersendung der Dokumente ausnahmeweise zur Erfüllung des Anspruchs auf Belegeinsicht geeignet sei. Die Klägerin hat hierzu jedoch erstinstanzlich nicht vorgetragen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO und die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO.

V.

Den Streitwert hat die Kammer nach Maßgabe der §§ 39 Abs. 1, 40, 47 Abs. 1 S. 1 GKG festgesetzt.

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