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Zustimmungserklärung zu Mieterhöhungsverlangen – Zahlung aus Kulanz keine Zustimmung

Mietpreiserhöhung durch Kulanzzahlung nicht validiert: Erhellendes Urteil aus Frankfurt

In einem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main (Az.: 2-11 T 33/23) wurde die Frage behandelt, ob eine Mieterhöhung durch eine sogenannte Kulanzzahlung seitens des Mieters anerkannt wird. Das Gericht entschied zugunsten des Mieters: Die Zustimmung zur Erhöhung der Miete kann nicht allein durch eine Kulanzzahlung hergeleitet werden.

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Die erste Phase des Falls

Die Kläger, die Vermieter einer Wohnung in Frankfurt am Main, forderten den Mieter auf, einer Mieterhöhung von ursprünglich 1.200,00 EUR auf monatlich 1.380,00 EUR zuzustimmen. Der Mieter erklärte, die Miete aus Kulanz auf den geforderten Betrag zu erhöhen, bestand jedoch darauf, dass die ursprüngliche Mietvereinbarung weiterhin gültig sei. Nach einigen Monaten der erhöhten Zahlung durch den Mieter, forderten die Vermieter die Abgabe einer direkt-akzeptierenden Zustimmungserklärung.

Der Fortgang des Rechtsstreits

Die Vermieter reichten eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ein. Vor Zustellung der Klage nahmen die Kläger die Klage jedoch zurück, unter Verweis auf eine Zustimmungserklärung des Mieters. Das Amtsgericht legte daraufhin die Kosten des Rechtsstreits den Klägern zu einem Drittel auf. Die Kläger legten daraufhin eine sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.

Die endgültige Urteilsfindung

Das Landgericht Frankfurt am Main befürwortete die sofortige Beschwerde der Kläger und entschied, dass die Kosten des Rechtsstreits vollständig vom Beklagten zu tragen sind. Demnach, so das Gericht, reicht eine aus Kulanz erhöhte Mietzahlung nicht aus, um eine Zustimmung zur Mieterhöhung anzunehmen. Der Hauptgrund dafür ist, dass eine Zustimmung zur Mieterhöhung rechtlich bindend ist und als solche klar und deutlich geäußert werden muss. Eine Kulanzzahlung erfüllt diese Anforderung nicht und kann daher nicht als Zustimmung zur Mieterhöhung interpretiert werden.

Das Urteil bietet wichtige Einsichten in das Thema Mieterhöhung und zeigt auf, dass Kulanzzahlungen nicht als Einverständniserklärung gesehen werden können. Es betont auch, dass eine Zustimmung zur Mieterhöhung explizit und unmissverständlich sein muss, um rechtlich anerkannt zu werden. […]


Das vorliegende Urteil

LG Frankfurt/Main – Az.: 2-11 T 33/23 – Beschluss vom 08.05.2023

In der Beschwerdesache hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 08.05.2023 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten [Anm. d. Red.: richtig wohl „der Kläger“] wird der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 19.01.2023, Az. 33 C 3781/22 (29) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 934,20 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger haben den Beklagten ursprünglich auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung in Anspruch genommen.

Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung der Kläger in Frankfurt am Main. Die monatliche Grundmiete betrug bisher monatlich 1.200,00 EUR.

Die Kläger ließen den Beklagten mit Schreiben der Hausverwaltung ###, vom 27.06.2022 (Anlage K 2, Bl. 7 d.A.) zur Zustimmung bezüglich einer Erhöhung der Grundmiete auf monatlich 1.380,00 EUR mit Wirkung zum 01.09.2022 auffordern.

Mit Schreiben vom 09.07.2022 (Anlage B 1, Bl. 44 d.A.) erklärte der Beklagte, es gelte weiterhin die Vereinbarung, die er mit Frau ### Mietbeginn getroffen habe.

Hiernach gelte ein Mietpreis von 1.200,00 EUR zuzüglich pauschal 300,00 EUR. Aus Gründen der Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht werde er aber die Mietzahlung ab dem 01.09.2022 anpassen.

Seit September 2022 zahlte der Beklagte an die Kläger die erhöhten Mietzinsen.

Die Kläger mahnten bei dem Beklagten mehrfach die Abgabe der Zustimmungserklärung an. Zuletzt wurde dem Beklagten mit Schreiben vom 31.10.2022 (Bl. 45 ff. d.A.) eine Frist zur vorbehaltlosen Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung bis zum 17.11.2022 gesetzt.

Die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage vom 30.11.2022 ist bei dem Amtsgericht am selben Tag eingegangen. Vor Zustellung der Klage am 02.01.2023 haben die Kläger die Klage unter Bezugnahme auf eine Zustimmungserklärung des Beklagten vom 12.12.2022 unter Verwahrung gegen die Kostenlast zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 19.01.2023 (Bl. 29 ff. d.A.) hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits den Klägern zu je 1/3 auferlegt.

Zur Begründung der Kostenentscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt, eine Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zugunsten der Kläger komme nicht in Betracht, da schon bei ihrer Einreichung ein Anlass zur Erhebung der Klage nicht bestanden habe. Bereits mit seiner Erklärung, dass er die Mietzahlungen aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht auf den von den Klägern verlangten erhöhten Betrag anpasse, habe der Beklagt seine Zustimmung zur Mieterhöhung erklärt.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer sofortigen Beschwerde. Die Erklärung des Beklagten sei für die Kläger angesichts des weiteren konfliktträchtigen Verhaltens nicht als Zustimmung zu verstehen gewesen.

Zudem habe der Beklagte etwa mit Schreiben vom 22.12.2022 (Anlage B 1, Bl. 16 d.A.) auch Gegenansprüche wegen einer behaupteten geminderten Miete geltend gemacht.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 07.03.2023 (Bl. 47 d.A.) nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

Die sofortige Beschwerde gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 269 Abs. 5 S. 1 ZPO statthaft. Die Kläger haben die Beschwerde auch mit Schriftsatz vom 06.02.2023 (Bl. 32 d.A.) form- und fristgerecht im Sinne des § 569 ZPO eingelegt. Schließlich liegt auch eine im Sinne der § 269 Abs. 5 S. 1, 567 Abs. 2 ZPO hinreichende Beschwer der Kläger vor.

2. Die sofortige Beschwerde der Kläger ist auch begründet.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es nach einer anzustellenden summarischen Prüfung der Billigkeit die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO aufzuerlegen.

a) Die Kläger konnten von dem Beklagten gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB die Zustimmung zur Erhöhung der Miete auf einen Betrag von monatlich 1.380,00 EUR verlangen.

Das Schreiben der von den Klägern bevollmächtigten Hausverwaltung vom 27.06.2022 (Anlage K 2, Bl. 7 d.A.), in dem unter Bezugnahme auf den Mietspiegel 2022 für die Stadt Frankfurt am Main das Mieterhöhungsverlangen erläutert wurde, entspricht den formellen Anforderungen des § 558a BGB.

In materieller Hinsicht ist der Beklagte der von den Klägern vorgenommenen Berechnung nicht entgegengetreten. Auch wurden die Jahressperrfrist (§ 558 Abs. 1 S. 2 BGB) sowie die Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 S. 1, 2 BGB i.V.m. § 1 HessMiSchuV) von den Klägern in ihrem Mieterhöhungsverlangen eingehalten.

b) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bestand auch mit Rücksicht auf die vom Beklagten seit September 2022 vorgenommene Anpassung der monatlichen Mietzahlungen für die Kläger noch im November 2022 Anlass zur Klageerhebung.

Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung stand den Klägern gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung bezüglich der Miethöhe zu. Die Erklärung des Klägers [Anm. d. Red.: richtig wohl „des Beklagten“] im Schreiben vom 09.07.2022 und die aus Kulanz angepassten Zahlungen waren nach Lage des Falles nicht geeignet, diesen Anspruch der Kläger im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB zu erfüllen.

Die Zustimmung zur Mieterhöhung stellt eine Annahmeerklärung im Sinne des § 146 BGB, also eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar, die gemäß §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen ist (vgl. BGH Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 35).

Erklärt ein Mieter die Zustimmung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, ist die Zustimmung im Zusammenspiel mit dieser weiteren Erklärung auszulegen. Wird allein der Zusatz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ angefügt, muss dieser einer im gleichen Schreiben erklärten Zustimmung nicht die Annahmewirkung nehmen, da dieser Zusatz auch bedeuten kann, dass der Mieter sich zwar rechtlich nicht verpflichtet sieht, die Zustimmung zu erteilen, dass er sie aber trotzdem erteilt (vgl. AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg Urt. v. 18.12.2007 7 C 53/07, BeckRS 2008, 26889; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 558b Rn. 13 m.w.N.). Maßgeblich ist auch insofern, ob ein objektiver Empfänger, der den Inhalt des Angebots des Vermieters auf Erhöhung der Miete und alle sonstigen Umstände kennt, aus dem Verhalten des Mieters den Schluss auf einen Rechtsbindungswillen und damit auf die Zustimmung zur Mieterhöhung ziehen würde (vgl. BGH, Besohl. v. 30.01.2018 – VIII ZB 74/16, NJW-RR 2018, 524 Rn. 20 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist das Schreiben des Beklagten vom 09.07.2022 nicht als Zustimmungserklärung zu dem Mieterhöhungsverlangen der Kläger aufzufassen. Gegen eine solche Auslegung spricht maßgeblich der Wortlaut der Erklärung des Beklagten. So beruft sich der Beklagte darin darauf, dass die Vereinbarung, die er zum Mietbeginn getroffen habe, wonach ein Mietpreis von 1.200,00 EUR gelte, fortgelte. Hierdurch wird deutlich, dass der Beklagte trotz der Anpassung der Zahlung (zumindest einstweilig) eine Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen gerade nicht erteilen wollte. Zumal der Beklagte gegenüber der Beklagten bereits mehrfach in der Vergangenheit – etwa im Schreiben vom 04.11.2020 (Bl. 25 d.A.) – mit dem Verweis auf die zu Mietbeginn getroffene Vereinbarung seine Änderungen des Mietvertrages betreffend ablehnende Haltung zum Ausdruck gebracht hatte.

Auch aus der bloßen Zahlungsanpassung war angesichts des Inhalts des Schreibens des Beklagten vom 09.07.2022 auf eine Zustimmung zur Mieterhöhung nicht zu schließen.

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlte es im November 2022 auch nicht wegen einer noch laufenden Frist zu Erteilung der Zustimmungserklärung an einem Anlass zur Klageerhebung.

Dass dem Beklagten nach Ablauf der im Schreiben vom 31.10.2022 (Bl. 45 ff. d.A.) gesetzten Frist zur Erteilung einer vorbehaltlosen Zustimmung bis zum 17.11.2022 eine nochmalige Frist bis zum 14.12.2022 gesetzt wurde, ist nicht ersichtlich.

1. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

2. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bemisst sich gemäß § 47 Abs. 1 GKG nach den erstinstanzlichen Kosten in Höhe von 934,20 EUR, gegen die sich die Kläger wehren: Ausgehend von einem Streitwert von 2.160,00 EUR sind als Gerichtskosten eine dreifache Verfahrensgebühr in Höhe von 357,00 EUR (Nr. 1210 KV GKG) und als Rechtsanwaltskosten der Kläger und des Beklagten jeweils eine 1,3 fache Verfahrensgebühr in Höhe von 288,60 EUR (Nr. 3100, 1008 W RVG) entstanden.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ist aus materiell-rechtlichen Gründen nicht zuzulassen (vgl. BGH Beschl. v. 07.10.2008 – XI ZB 24/07, NJW-RR 2009, 425 Rn. 9; BGH Urt. v. 12.05.2011 – I ZR 20/10, NJW-RR 2003, 1504 Rn. 30 m.w.N.).

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