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Parabolantenne – Beseitigungsanspruch gegenüber Mieter

LG Braunschweig – Az.: 6 S 53/12 – Urteil vom 17.07.2012

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 06. Januar 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die vorläufige Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 2.000,00 € abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung in jeweils gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Parabolantenne – Beseitigungsanspruch gegenüber Mieter
Symbolfoto: Von Andrey_Popov /Shutterstock.com

Die Klägerin will aus von der Vermieterin der Beklagten abgetretenem Recht in diesem Rechtsstreit die Entfernung einer zum Fernsehempfang auf dem Balkon der Mietwohnung aufgestellten Parabolantenne durchsetzen. Die Beklagten sind polnische Staatsbürger.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die erstinstanzliche Entscheidung nebst der weiteren Verweisung auf die erstinstanzlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.

Die bestrittene Aktivlegitimation hat es für gegeben gehalten, weil die Klägerin den Eigentumsübergang auf die jetzige Eigentümerin des betreffenden Grund-stücks und die Abtretung des geltend gemachten Anspruchs an sich nachgewiesen habe.

Die Vermieterin habe eine Anspruch auf Widerruf der erteilten Genehmigung zum Aufstellen der Satellitenschüssel und Entfernung dieser Einrichtung, weil die Beklagten die Möglichkeit hätten, über den Kabelanschluss drei polnische Fernsehsender zu empfangen und außerdem weitere Informationen aus dem Internet beziehen könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das angefochtene Urteil ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklag-ten am 12.01.2012 zugestellt worden. Ihre Berufung ist am 07.02.2012 und die Berufungsbegründung nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 12.04.2012 am 04.04.2002 beim Landgericht eingegangen.

Mit der Berufung rügen die Beklagten zunächst weiterhin die Aktivlegitimation der Klägerin. In der Sache beanstanden sie die Verletzung materiellen Rechts, weil das Amtsgericht die Bedeutung der Informationsfreiheit verkannt habe. Sie behaupten, über den Kabelanschluss könnten nur zwei polnischsprachige Sender empfangen werden.

Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Sie trägt dazu ergänzend vor, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Verwalterin sie selbst ist, die Entfernung der Satellitenschüssel verlangt habe, und legt einen Auszug aus der maßgeblichen Teilungserklärung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird ergänzend auf die gegenseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht für unbegründet gehalten. Auch auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst Bezug genommen werden.

Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigt keine zu ihren Gunsten abweichende Beurteilung und Entscheidung.

Die Aktivlegitimation der Klägerin ist durch die Abtretung seitens der nachweislichen und jetzt unbestrittenen Grundstückseigentümerin gegeben. Gegen die Abtretbarkeit der Klagforderung bestehen keine Bedenken. Welche Rechte die Klägerin aus ihrer Funktion als Verwalterin der Eigentümergemeinschaft herleiten könnte, ist daher insoweit unerheblich.

Dass die Klägerin nach ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag von der Eigentümergemeinschaft gebeten worden ist, die Beseitigung der streitigen Anlage durchzusetzen, ist aber insofern von Bedeutung, als damit der eventuellen Besorgnis, ihr Vorgehen aus dem von der Vermieterin abgetretenen Recht könnte trotz der vertraglich vorgegebenen Berechtigung rechtsmissbräuchlich sein, von vornherein zu begegnen ist. Der Wunsch der Miteigentümer lässt das Begehren der Vermieterin und damit auch der Klägerin unabhängig von der Frage, ob von der Anlage eine konkrete Störung ausgeht, jedenfalls nicht treuwidrig erscheinen.

Zumindest mit der Maßgabe der letztgenannten Erwägung genügt die amtsgerichtliche Entscheidung den Anforderungen an die nach der gefestigten Rechtsprechung anzustellende Abwägung zwischen dem durch Art 14 GG Eigentumsrecht des Vermieters und dem durch Art 5 Abs. 1 GG geschützten Informationsrecht des Mieters (dazu z. B. BVerfG v. 24.01.2005 – 1 BvR 1953/00 in NJW – RR 2005, S. 661; BGH v. 02.05.2005 – VIII ZR 118/04 in: WuM 2005, S. 237; BGH v. 16.11.2005 – VIII ZR 5/05 – in: NJW 2006, S. 1062; jeweils m. w. N.). Insbesondere ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen,  dass es auf dem Mieter durch den Empfang weiterer Sender entstehende Kosten grundsätzlich nicht ankommt (BVerfG a. a. O., S. 662 f.).

Nach Ansicht der Kammer kann auch dahinstehen, ob die Beklagten zurzeit über ihren Kabelanschluss zwei oder drei Sender in polnischer Sprache empfangen können. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob das Amtsgericht die Feststellung, der Empfang von drei Sendern sei möglich, in zulässiger Weise getroffen hat.

Zwar weisen die Beklagten zutreffend darauf hin, dass der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung vom 02.05.2005 (a. a. O.) die Möglichkeit des Empfangs von fünf Sendern in der Sprache des Mieters (dort Russisch) für ausreichend gehalten hat. Den Gründen der Entscheidung ist aber nicht zu entnehmen, dass und weshalb diese Zahl das Minimum an Sendern darstellen soll, um einem Mieter mit fremdsprachlichem Hintergrund den Verzicht auf den Satellitenempfang zuzumuten.

In Anbetracht der gerichtsbekannt zumindest nunmehr bestehenden Möglichkeit, sich Informationen aus dem Internet zu beschaffen und unter Umständen über diese Einrichtung auch Sendungen zu empfangen, ist es für das Ergebnis der Gesamtabwägung nicht ausschlaggebend, ob die Beklagten den streitigen Unterhaltungssender ebenfalls über den Kabelanschluss empfangen könnten. Früher eventuell naheliegende Bedenken sind somit durch die technische Entwicklung ausgeräumt worden.

Soweit die Beklagten geltend gemacht haben, das Verlangen der Klägerin verstoße gegen EU – Recht, hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass die vorgelegte Stellungnahme des Europäischen Parlaments kein verbindliche Rechtsquelle darstellt. Im Übrigen besteht für derartige Bedenken kein Anlass (dazu BGH v. 16.11.2005, a. a. O., S. 1064 m. w. N.).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO. Die Kammer verschließt sich nicht der Erwägung, dass die streitige Problematik wegen der starken Grundrechtsbezogenheit und der schnellen technischen Entwicklung der häufigen revisionsrechtlichen Überprüfung bedarf. Insbesondere erscheint die Frage, ob die Entfernung einer Satellitenschüssel von der Empfangsmöglichkeit einer bestimmten Anzahl von Sendern in der Muttersprache eines Mieters abhängt, von grundsätzlicher Bedeutung.

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