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Schadensersatzklage gegen  WEG-Verwalter – Notgeschäftsführung

LG Berlin – Az.: 55 S 235/17 WEG – Urteil vom 25.09.2018

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 25.10.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick – 7 C 65/17 WEG – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10% abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10% leisten.

Gründe

(§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO)

I.

Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks … in … Berlin und bildet mit den übrigen Miteigentümern eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern. Die Beklagte ist die ehemalige Verwalterin der Gemeinschaft.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadenersatz mit der Behauptung in Anspruch, sie habe die ihr obliegenden Pflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt, indem sie ohne Beschlussfassung der Gemeinschaft Aufträge zum Austausch von Heizkörperthermostaten erteilt und mit Rechtsanwälten eine Vergütungsvereinbarung geschlossen habe. Zudem habe sie es versäumt, die angesammelte Rücklage zinsbringend anzulegen. Hierdurch sei der Gemeinschaft ein Schaden in Höhe der Klageforderung entstanden. Er sei befugt, den Anspruch im eigenen Namen zu verfolgen, weil mit der Klageerhebung eine drohende Verjährung der Schadensersatzansprüche zum 31.12.2016 abgewendet worden sei.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 26.362,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an die Gemeinschaft zu verurteilen. Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger nicht befugt sei, den Anspruch der Gemeinschaft im eigenen Namen zu verfolgen. Die Eigentümerversammlung habe – zuletzt am 22.12.2016 – die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte durch Mehrheitsbeschluss abgelehnt.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Zahlungsanspruch weiter. Die Prozessführung sei eine Maßnahme der Notgeschäftsführung. Die Beschlussfassung vom 22.12.2016 stehe dem nicht entgegen, da er in einem Parallelverfahren die Ungültigerklärung der in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse betreibe und er eine gerichtliche Anordnung anstrebe, die den amtierenden Verwalter zur Verfolgung der Ansprüche verpflichte. Das Verfahren sei noch nicht rechtskräftig entschieden.

II.

Die statthafte, form- und fristgerechte eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist unzulässig, da der Kläger nicht prozessführungsbefugt ist.

1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – der die Kammer folgt – ist ein einzelner Wohnungseigentümer nicht befugt, einen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustehenden Anspruch im eigenen Namen gegen den amtierenden oder ausgeschiedenen Verwalter geltend zu machen (BGH v. 15.12.1988 – V ZB 9788, BGHZ 106, 222 = NJW 1989, 1091, – juris Tz. 27; BGH v. 8.6.2018 – V ZR 125/17, Tz. 26). Der einzelne Wohnungseigentümer, dem an der gerichtlichen Durchsetzung eines seiner Ansicht der Gemeinschaft zustehenden Anspruchs gegen den Verwalter gelegen ist, ist daher gehalten, einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft herbeizuführen. Hält die Gemeinschaft einen Anspruch gegen den Verwalter für nicht gegeben oder die gerichtliche Durchsetzung aus sonstigen Gründen für nicht angezeigt, so ist dies für den einzelnen Wohnungseigentümer grundsätzlich verbindlich. Ihm bleibt die Möglichkeit, auf gerichtlichem Wege eine Beseitigung des Beschlusses zu betreiben, wenn dieser seinem Anspruch nach § 21 Abs. 4 WEG auf eine rechtmäßige und interessengerechte Verwaltung widerspricht. Die Umständlichkeit dieser Verfahren muss im Interesse der Gemeinschaftsbelange hingenommen werden (zum Vorstehenden: BGH v. 15.12.1988 – V ZB 9788, BGHZ 106, 222 NJW 1989, 1091, – juris Tz. 27).

Die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft die Beklagte gerichtlich auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch nimmt, ist Gegenstand der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vom 22.12.2016 gewesen. Die Versammlung hat die zu den Tagesordnungspunkten 1, 5 und 7 zur Abstimmung gestellten Beschlussanträge des Klägers, die Beklagte wegen der Wegnahme und Erneuerung von 550 Heizungsthermostatköpfen, wegen fehlender Zinseinnahmen und wegen des Abschlusses einer Vergütungsvereinbarung mit den für die Gemeinschaft in verschiedenen Gerichtsverfahren tätigen Rechtsanwälte auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, mehrheitlich abgelehnt. Sie hat insbesondere keinen Beschluss gefasst, den Kläger zur Durchsetzung dieser Ansprüche im eigenen Namen zu ermächtigen. Der Kläger ist daher nicht befugt, die Ansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft für die Gemeinschaft geltend zu machen.

Eine solche Ermächtigung wird der Kläger auch nicht in dem vor der Kammer noch anhängigen Berufungsverfahren (55 S 97/17 WEG) erreichen können, in dem er die Ungültigerklärung der in der Eigentümerversammlung am 22.12.2016 gefassten negativen Beschlüsse betreibt und in dem er erreichen will, dass die abgelehnten Beschlussanträge nach Maßgabe des § 21 Abs. 8 WEG in Geltung gesetzt werden. Der Kläger wird allenfalls erreichen können, dass die Kammer der amtierenden Verwalterin aufgibt, die Schadensersatzansprüche im Namen der Gemeinschaft zu verfolgen. Eine solche Entscheidung der Kammer würde die fehlende Einwilligung in die Prozessführung des Klägers indes nicht heilen.

2.

Der Kläger ist zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auch nicht in gesetzlicher Prozessstandschaft befugt, weil er nach seiner Rechtsbehauptung mit der Einleitung des Rechtsstreits eine drohende Verjährung der Ansprüche abgewendet haben will und daher als Notgeschäftsführer im Sinne von § 21 Abs. 2 WEG tätig geworden sei. Der Kläger war zu Maßnahmen der Notgeschäftsführung schon deshalb nicht befugt, weil die Eigentümerversammlung am 22.12.2016 und damit einen Tag, bevor der Kläger einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides beim Amtsgericht Wedding eingereicht und damit das gerichtliche Verfahren eingeleitet hat, die Verfolgung der Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte abgelehnt hat. Hat aber die Gemeinschaft im Hinblicke auf eine Verwaltungsangelegenheit eine Entscheidung getroffen, steht schon dieser Umstand einer Befugnis des Klägers zur Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG entgegen.

Die Durchführung einer Maßnahme im Rahmen einer Notgeschäftsführung ist nur zulässig, wenn wegen der besonderen Eilbedürftigkeit und aufgrund des unmittelbar drohenden Schadens für das gemeinschaftliche Eigentum die zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums vorrangig befugten Personen oder Organe die zur Schadens- oder Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen nicht mehr ergreifen können. Vorrangig zuständig sind insoweit entweder der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Satz 2 WEG oder die Eigentümerversammlung nach § 21 Abs. 3 WEG. Ist die Angelegenheit dagegen – wie hier – Gegenstand einer Eigentümerversammlung gewesen und haben die Wohnungseigentümer eine Entscheidung getroffen, besteht eine Befugnis zur Notgeschäftsführung regelmäßig nicht mehr (vgl. Staudinger/Lehmann-Richter, § 21 WEG Rn. 61). § 21 Abs. 2 WEG eröffnet dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht die Möglichkeit, sich über den Mehrheitswillen der übrigen Wohnungseigentümer hinwegzusetzen und unter Hinweis auf eine fortbestehende Eilbedürftigkeit eine bereits abgelehnte Maßnahme gleichwohl eigenständig umzusetzen. Entspricht die Entscheidung der Mehrheit nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, ist der in der Versammlung unterlegene Eigentümer – wie bereits ausgeführt – gehalten, gerichtlich eine Änderung der Mehrheitsentscheidung – ggfs. auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – herbeizuführen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz ZPO.

Die Revision hat die Kammer nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

 

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