Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Versteigerungserlös: Oberlandesgericht stärkt Vermieterpfandrecht
- Der Hintergrund des Falles: Inventar unter dem Hammer
- Die Entscheidung der Vorinstanz: Landgericht gibt teilweise Recht
- Berufungsverfahren vor dem OLG Köln: Beide Parteien legen Rechtsmittel ein
- Die Kehrtwende des OLG Köln: Vermieterpfandrecht umfasst auch Kautionsforderung
- Korrektur des Versteigerungserlöses ohne Auswirkung auf das Ergebnis
- Vollständige Klageabweisung und Kostenentscheidung
- Bedeutung des Urteils für Betroffene
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau bedeutet das Vermieterpfandrecht und welche Arten von Forderungen des Vermieters sichert es ab?
- Unter welchen Umständen kann ein Vermieter das Vermieterpfandrecht geltend machen und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
- Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn der Vermieter das Vermieterpfandrecht ausübt?
- Was passiert mit Gegenständen, die der Vermieter aufgrund des Vermieterpfandrechts verwertet hat, wenn die Forderung des Vermieters unberechtigt war?
- Kann der Vermieter das Vermieterpfandrecht auch dann geltend machen, wenn ich als Mieter bereits eine Mietkaution geleistet habe?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: I-22 U 13/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Köln
- Datum: 22.12.2021
- Aktenzeichen: I-22 U 13/20
- Verfahrensart: Berufung
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Partei, die im Berufungsverfahren die Zahlung des (gesamten bzw. eines höheren) Versteigerungserlöses vom Beklagten forderte. Seine Berufung wurde zurückgewiesen.
- Beklagte: Partei, die den Versteigerungserlös erzielt hatte und sich gegen die Herausgabe wehrte. Seine Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz war erfolgreich.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger forderte vom Beklagten die Herausgabe des Erlöses aus der Versteigerung von Inventar. Das Landgericht hatte dem Kläger in erster Instanz einen Teil des Erlöses zugesprochen. Beide Parteien legten gegen dieses Urteil Berufung ein.
- Kern des Rechtsstreits: Ob der Kläger einen Anspruch auf Herausgabe des Versteigerungserlöses gegen den Beklagten hat.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das OLG Köln änderte das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage des Klägers vollständig ab. Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg, die Berufung des Klägers blieb erfolglos.
- Begründung: Dem Kläger steht kein Anspruch auf Herausgabe des Versteigerungserlöses zu. Das Landgericht hatte dem Kläger den Anspruch zu Unrecht zuerkannt. Ein Fehler des Landgerichts bei der Berechnung der Höhe des Erlöses (der tatsächlich 7.215,00 EUR betrug) änderte nichts daran, dass der Anspruch dem Grunde nach nicht besteht.
- Folgen: Der Kläger erhält keinen Teil des Versteigerungserlöses. Er muss die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Eine Revision zum Bundesgerichtshof ist nicht zugelassen.
Der Fall vor Gericht
Streit um Versteigerungserlös: Oberlandesgericht stärkt Vermieterpfandrecht

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in einem bemerkenswerten Urteil die Rechte von Vermietern gestärkt. Es entschied, dass ein Vermieter unter bestimmten Umständen auch zur Sicherung von Ansprüchen aus einer Kautionsabrede auf das sogenannte Vermieterpfandrecht zurückgreifen kann. Damit wurde die Klage eines ehemaligen Mieters auf Herausgabe von Versteigerungserlösen abgewiesen.
Der Hintergrund des Falles: Inventar unter dem Hammer
Im Kern ging es um die Verwertung von Inventar, das sich in gemieteten Räumlichkeiten befand. Der Beklagte, der Vermieter, hatte dieses Inventar verwerten lassen und einen Erlös erzielt. Der Kläger, mutmaßlich der ehemalige Mieter, forderte die Herausgabe dieses Erlöses. Er war der Auffassung, die Verwertung sei nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang rechtmäßig gewesen.
Die Entscheidung der Vorinstanz: Landgericht gibt teilweise Recht
Das Landgericht Köln hatte dem Kläger in erster Instanz noch teilweise Recht gegeben. Es sprach ihm einen Teil des Versteigerungserlöses zu. Dabei ging das Landgericht davon aus, dass der Vermieter zwar wegen rückständiger Mieten ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters habe, dieses aber nicht für Ansprüche im Zusammenhang mit der Kaution gelte.
Rechenfehler bei Erlösermittlung
Zusätzlich unterlief dem Landgericht laut OLG ein Fehler bei der Berechnung des erzielten Versteigerungserlöses. Statt der korrekten Summe von 7.215,00 Euro legte das Gericht einen niedrigeren Betrag zugrunde. Selbst bei korrekter Berechnung hätte dies nach Ansicht des Landgerichts aber nur zu einem höheren Auszahlungsbetrag an den Kläger geführt, nicht zur vollständigen Klageabweisung.
Berufungsverfahren vor dem OLG Köln: Beide Parteien legen Rechtsmittel ein
Mit dem Urteil des Landgerichts waren beide Parteien unzufrieden. Der Kläger legte Berufung ein, um den vollen, bzw. einen höheren Betrag des Versteigerungserlöses zu erhalten. Der beklagte Vermieter legte ebenfalls Berufung ein mit dem Ziel, die Klage vollständig abweisen zu lassen und das Urteil des Landgerichts aufzuheben.
Die Kehrtwende des OLG Köln: Vermieterpfandrecht umfasst auch Kautionsforderung
Das OLG Köln folgte der Argumentation des beklagten Vermieters und wies die Klage vollständig ab. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Die Kölner Richter stellten klar, dass dem Kläger kein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses zusteht, auch nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Rechtmäßige Verwertung durch den Vermieter
Der entscheidende Punkt: Das OLG sah den Vermieter als berechtigt an, die Gegenstände zu verwerten. Gemäß § 1228 Abs. 2 BGB darf ein Pfandgläubiger – hier der Vermieter aufgrund seines Pfandrechts – die Pfandsache verkaufen, wenn seine Forderung fällig ist und er die Sache im Besitz hat.
Kritik an der Bewertung des Landgerichts
Das OLG kritisierte ausdrücklich die Auffassung des Landgerichts, die Kautionsforderung sei nicht vom Vermieterpfandrecht umfasst. Nach Ansicht des OLG sicherte das Pfandrecht im vorliegenden Fall nicht nur die rückständigen Mietforderungen, sondern eben auch Ansprüche, die sich aus der Kautionsabrede ergeben könnten. Da der Vermieter somit eine umfassendere, gesicherte Forderung hatte, war er zur Verwertung berechtigt.
Was ist das Vermieterpfandrecht?
Das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) ist ein gesetzliches Pfandrecht. Es entsteht automatisch und gibt dem Vermieter das Recht, zur Sicherung seiner Forderungen aus dem Mietverhältnis (wie Miete, Nebenkosten, Schadensersatz) die vom Mieter in die Mieträume eingebrachten Sachen zu pfänden und gegebenenfalls zu verwerten.
Korrektur des Versteigerungserlöses ohne Auswirkung auf das Ergebnis
Obwohl das OLG den vom Landgericht falsch berechneten Versteigerungserlös korrigierte (7.215,00 Euro statt 5.245,00 Euro), änderte dies nichts am Ergebnis. Da der Vermieter nach Ansicht des OLG zur Verwertung der Sachen zur Befriedigung aller seiner fälligen Forderungen – Miete und Kaution – berechtigt war, musste er den Erlös nicht an den Kläger herausgeben.
Vollständige Klageabweisung und Kostenentscheidung
Im Ergebnis änderte das OLG Köln das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage vollständig ab. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits, also für beide Instanzen, wurden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.
Bedeutung des Urteils für Betroffene
Stärkung der Vermieterposition
Dieses Urteil stärkt die Position von Vermietern erheblich. Es bestätigt, dass das Vermieterpfandrecht ein weitreichendes Sicherungsmittel ist. Es sichert nicht nur rückständige Mieten, sondern kann unter Umständen auch zur Durchsetzung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Kaution genutzt werden, beispielsweise wenn diese nicht oder nicht vollständig geleistet wurde oder zur Verrechnung mit Schäden herangezogen werden soll.
Erhöhtes Risiko für Mieter
Für Mieter bedeutet dies ein potenziell höheres Risiko. Befinden sie sich nicht nur mit der Miete, sondern auch hinsichtlich der Kaution im Rückstand oder Streit, können Vermieter unter Berufung auf ihr Pfandrecht schneller und umfassender auf in die Wohnung eingebrachte Gegenstände zugreifen und diese verwerten. Mieter sollten daher ihren Verpflichtungen aus dem Mietvertrag, einschließlich der Kautionszahlung, pünktlich nachkommen.
Klarheit in der Rechtsanwendung
Die Entscheidung des OLG Köln schafft mehr Klarheit bezüglich des Umfangs des Vermieterpfandrechts. Sie verdeutlicht, dass Gerichte dazu neigen, den Sicherungszweck dieses Rechts weit auszulegen, um Vermieter vor Verlusten aus dem Mietverhältnis zu schützen. Betroffene sollten sich im Streitfall stets rechtlich beraten lassen, um ihre spezifische Situation korrekt einschätzen zu können.
Die Schlüsselerkenntnisse
Bei der Entscheidung des OLG Köln geht es um die Reichweite des Vermieterpfandrechts im Gewerbemietrecht. Das Gericht stellt klar, dass im Gegensatz zum Wohnraummietrecht bei Gewerbemietverträgen auch Kautionsforderungen durch das Vermieterpfandrecht gesichert werden können, da § 551 BGB (Kumulationsverbot) hier nicht anwendbar ist. Bei Zahlungsverzug darf der Vermieter daher eingebrachte Gegenstände des Mieters verwerten, um ausstehende Kautionen einzutreiben, selbst wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters eröffnet wurde. Dies stärkt die Position von Vermietern bei Gewerbemietverträgen erheblich.
Benötigen Sie Hilfe?
Vermieterpfandrecht als Druckmittel?
Sie sind Vermieter und sehen sich mit ausstehenden Mietzahlungen konfrontiert? Oder haben Sie als Mieter Schwierigkeiten mit Ihrem Vermieter, weil dieser Gegenstände aus der Wohnung pfänden ließ, um vermeintliche Forderungen zu begleichen – möglicherweise sogar im Zusammenhang mit der Kaution? Das Vermieterpfandrecht ist ein komplexes Feld, in dem die Interessen beider Parteien oft kollidieren. Eine klare Einschätzung Ihrer rechtlichen Position ist daher entscheidend.
Unsere Kanzlei unterstützt sowohl Vermieter als auch Mieter bei der Durchsetzung ihrer Rechte im Mietrecht. Wir analysieren Ihren individuellen Fall, prüfen die Rechtmäßigkeit der Pfändung und entwickeln eine Strategie, die Ihren Interessen dient. Vertrauen Sie auf unsere Expertise, um Ihre Ansprüche effektiv zu vertreten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau bedeutet das Vermieterpfandrecht und welche Arten von Forderungen des Vermieters sichert es ab?
Das Vermieterpfandrecht ist ein gesetzliches Sicherungsrecht, das Ihrem Vermieter automatisch zusteht. Es entsteht, ohne dass es ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart werden muss. Stellen Sie es sich wie ein automatisches „Pfand“ an bestimmten Gegenständen vor, die Sie als Mieter in die Wohnung oder die Geschäftsräume bringen. Dieses Pfandrecht soll sicherstellen, dass der Vermieter bestimmte offene Forderungen aus dem Mietverhältnis begleichen kann, falls Sie als Mieter nicht zahlen.
Welche Forderungen sichert das Vermieterpfandrecht?
Das Vermieterpfandrecht sichert verschiedene Arten von Forderungen, die direkt aus dem Mietverhältnis stammen. Dazu gehören insbesondere:
- Laufende und rückständige Miete: Das umfasst die Grundmiete für den aktuellen und den unmittelbar folgenden Mietzeitraum sowie Mietrückstände aus dem vergangenen Jahr.
- Nebenkosten: Auch offene Forderungen aus Nebenkostenabrechnungen (wie Heiz- oder Wasserkosten) können durch das Pfandrecht gesichert sein, sofern diese als Teil der Miete oder gesondert geschuldet werden.
- Schadensersatzansprüche: Wenn Sie als Mieter Schäden an der Mietsache verursacht haben (z.B. ein beschädigter Boden, eine kaputte Tür) und dafür haften, kann der Vermieter diese Schadensersatzforderung durch das Pfandrecht absichern. Dies gilt auch für Schäden, die durch eine vertragswidrige Nutzung der Räume entstehen.
Wie verhält es sich mit der Kaution?
Die Kaution ist ein separates Sicherungsmittel. Das Vermieterpfandrecht sichert nicht den Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Kaution selbst. Wenn Sie also die vereinbarte Kaution noch nicht gezahlt haben, kann der Vermieter diese nicht direkt über das Pfandrecht einfordern.
Allerdings sichert das Vermieterpfandrecht diejenigen Forderungen, die eigentlich durch die Kaution abgedeckt wären, falls die Kaution nicht gezahlt wurde oder nicht ausreicht. Beispiel: Sie ziehen aus, haben keine Kaution gezahlt und hinterlassen Schäden. Der Vermieter kann seinen Schadensersatzanspruch dann (auch) über das Vermieterpfandrecht an Ihren eingebrachten Sachen geltend machen.
Welche Gegenstände sind vom Pfandrecht betroffen?
Das Pfandrecht erstreckt sich auf die beweglichen Sachen, die Ihnen als Mieter gehören und die Sie in die Mieträume eingebracht haben. Wichtig ist dabei:
- Eingebracht: Die Sachen müssen sich tatsächlich in den gemieteten Räumen befinden.
- Eigentum des Mieters: Sachen, die Ihnen nicht gehören (z.B. geliehene oder gemietete Möbel), unterliegen nicht dem Pfandrecht.
- Pfändbarkeit: Unpfändbare Gegenstände sind vom Vermieterpfandrecht ausgenommen. Das sind typischerweise Dinge des persönlichen Gebrauchs oder für den Haushalt notwendige Gegenstände wie Kleidung, Betten, Tische, Stühle, Kühlschrank oder auch Arbeitsgeräte, die Sie für Ihren Beruf benötigen. Die genauen Grenzen der Pfändbarkeit sind gesetzlich geregelt.
Der Vermieter darf das Pfandrecht nur unter bestimmten Voraussetzungen ausüben, beispielsweise wenn Sie ausziehen wollen und offene Forderungen bestehen. Er darf die Sachen dann unter Umständen zurückbehalten oder gerichtlich verwerten lassen, um seine gesicherten Ansprüche zu befriedigen.
Unter welchen Umständen kann ein Vermieter das Vermieterpfandrecht geltend machen und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
Das Vermieterpfandrecht ist ein gesetzliches Recht des Vermieters, bestimmte Sachen des Mieters als Sicherheit für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis zu nutzen. Es entsteht automatisch unter bestimmten Voraussetzungen, muss aber aktiv vom Vermieter geltend gemacht werden.
Damit der Vermieter dieses Recht ausüben kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Es muss eine Forderung des Vermieters aus dem Mietverhältnis bestehen: Dies können offene Mieten, Nebenkostennachzahlungen oder auch Ansprüche auf Schadensersatz sein, die sich direkt aus dem Mietvertrag ergeben. Auch Forderungen wegen einer nicht gezahlten Kaution können theoretisch darunter fallen, wobei die Kaution selbst ja bereits eine Sicherheit darstellt.
- Die Forderung muss fällig sein: Fällig bedeutet, dass der Zeitpunkt erreicht ist, zu dem der Mieter die Zahlung leisten müsste. Wann eine Miete oder Nebenkostenzahlung fällig ist, ergibt sich in der Regel aus dem Mietvertrag (z.B. Miete zahlbar bis zum dritten Werktag des Monats). Eine vorherige Mahnung ist für das Bestehen des Pfandrechts an sich nicht notwendig. Das Pfandrecht entsteht kraft Gesetzes, sobald die Voraussetzungen vorliegen. Eine Mahnung kann aber für die spätere Durchsetzung (z.B. den Verkauf der gepfändeten Sachen) erforderlich sein.
- Es muss sich um Sachen des Mieters handeln: Das Pfandrecht erfasst nur Gegenstände, die im Eigentum des Mieters stehen. Sachen, die beispielsweise einem Mitbewohner, dem Ehepartner (der nicht Mieter ist) oder Dritten gehören (z.B. Leasinggeräte, von Freunden geliehene Möbel), fallen nicht darunter.
- Die Sachen müssen vom Mieter in die Mieträume eingebracht worden sein: Entscheidend ist, dass der Mieter die Gegenstände während der Mietzeit in die Wohnung oder die gemieteten Räume gebracht hat. Sachen, die nur vorübergehend dort abgestellt werden (z.B. von Besuchern), sind nicht erfasst.
- Die Sachen müssen pfändbar sein: Dies ist eine sehr wichtige Einschränkung.
Welche Gegenstände sind geschützt (unpfändbar)?
Das Gesetz schützt bestimmte Gegenstände des Mieters vor der Pfändung, da sie für die Lebensführung oder die Berufsausübung unerlässlich sind. Das Vermieterpfandrecht gilt daher NICHT für unpfändbare Sachen. Dazu gehören typischerweise:
- Persönliche Dinge: Kleidung, Wäsche, Betten.
- Haushaltsgegenstände: Notwendige Möbel (Tisch, Stühle), Kühlschrank, Herd, Waschmaschine, Geschirr – also alles, was für eine bescheidene Haushalts- und Lebensführung notwendig ist.
- Arbeitsmittel: Gegenstände, die für die Ausbildung oder die Ausübung des Berufs benötigt werden (z.B. Computer eines Programmierers, Werkzeug eines Handwerkers).
- Religiöse oder persönliche Gegenstände: Dinge wie Familienfotos oder Eheringe.
Pfändbar können hingegen Gegenstände sein, die über diesen Grundbedarf hinausgehen, wie beispielsweise teure Unterhaltungselektronik (großer Fernseher), Kunstgegenstände oder eine wertvolle Einrichtung, die nicht als „bescheiden“ gilt.
Wie wird das Pfandrecht ausgeübt?
Der Vermieter übt sein Pfandrecht in der Praxis meist dadurch aus, dass er verhindert, dass der Mieter die pfändbaren Gegenstände aus der Wohnung schafft, wenn er befürchten muss, dass seine Forderungen sonst nicht erfüllt werden (sogenanntes Selbsthilferecht). Er kann die Sachen auch nach Auszug des Mieters in seinen Besitz nehmen.
Für den Verkauf (die Verwertung) der gepfändeten Sachen benötigt der Vermieter jedoch in der Regel einen gerichtlichen Titel (z.B. ein Urteil). Er darf die Sachen nicht einfach eigenmächtig verkaufen, um seine Forderungen zu begleichen. Das Pfandrecht gibt ihm zunächst nur ein Sicherungs- und Wegnahmerecht unter bestimmten Umständen.
Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn der Vermieter das Vermieterpfandrecht ausübt?
Wenn Ihr Vermieter das Vermieterpfandrecht geltend macht, bedeutet dies, dass er bestimmte Gegenstände, die Ihnen gehören und sich in der Mietwohnung befinden, zurückhält oder deren Entfernung verhindert. Er darf dies tun, um offene Forderungen aus dem Mietverhältnis abzusichern. Dazu zählen vor allem rückständige Miete oder Nebenkosten.
Wichtig zu wissen: Das Pfandrecht erstreckt sich nicht auf alle Ihre Sachen. Gegenstände, die Sie dringend zum Leben oder für Ihre Arbeit benötigen (sogenannte unpfändbare Sachen nach den Regeln der Zivilprozessordnung, wie z.B. Kleidung, Betten, Kühlschrank oder beruflich notwendige Werkzeuge), sind geschützt. Ebenso sind Gegenstände geschützt, die nicht Ihnen gehören, sondern beispielsweise einem Mitbewohner oder Besucher.
Das Vermieterpfandrecht dient primär der Sicherung von Forderungen, die während des laufenden Mietverhältnisses entstanden sind. Für Ansprüche, die typischerweise erst nach Mietende relevant werden und durch die Kaution gesichert sind (wie z.B. die Endabrechnung der Nebenkosten oder erst nach Auszug festgestellte Schäden), kann das Pfandrecht in der Regel nicht ausgeübt werden, solange die Kaution zur Deckung dieser Ansprüche noch zur Verfügung steht.
Ihre Reaktionsmöglichkeiten bei Ausübung des Pfandrechts
Sie sind der Ausübung des Pfandrechts nicht schutzlos ausgeliefert. Wenn Sie der Ansicht sind, dass der Vermieter das Pfandrecht zu Unrecht ausübt, haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Widerspruch: Sie können dem Vermieter mitteilen, dass Sie mit der Ausübung des Pfandrechts nicht einverstanden sind. Begründen Sie Ihren Widerspruch, zum Beispiel damit, dass keine offenen Mietschulden bestehen, die betroffenen Gegenstände unpfändbar sind oder sie Ihnen gar nicht gehören. Ein Widerspruch allein zwingt den Vermieter rechtlich zwar nicht sofort zur Freigabe, er macht aber Ihre Position deutlich und kann die Grundlage für weitere Schritte sein.
- Gerichtliche Hilfe (Einstweilige Verfügung): Um die Freigabe der Gegenstände schnell zu erreichen, können Sie bei Gericht eine sogenannte einstweilige Verfügung beantragen. Dies ist ein gerichtliches Eilverfahren. Wenn das Gericht Ihrem Antrag stattgibt, kann es dem Vermieter kurzfristig untersagen, die Gegenstände zurückzuhalten, oder ihn zur Herausgabe verpflichten. Voraussetzung ist, dass Sie dem Gericht glaubhaft machen können, dass Ihnen ein Recht auf die Herausgabe zusteht (z.B. weil keine sicherungsfähigen Schulden bestehen oder die Gegenstände unpfändbar sind) und die Angelegenheit dringend ist.
Was Sie beachten sollten: Fristen und Nachweise
- Schnelles Handeln: Insbesondere wenn Sie eine einstweilige Verfügung beantragen möchten, ist Eile geboten. Gerichte erwarten, dass ein solcher Antrag zeitnah gestellt wird, nachdem Sie von der Maßnahme des Vermieters erfahren haben. Eine Verzögerung kann dazu führen, dass das Gericht die Dringlichkeit nicht mehr als gegeben ansieht. Eine feste gesetzliche Frist gibt es hierfür nicht, aber oft wird ein Zeitraum von etwa einem Monat nach Kenntnisnahme als äußerste Grenze angesehen.
- Nachweise sammeln: Um Ihre Position (sei es im Widerspruch oder vor Gericht) zu stärken, sollten Sie versuchen, Ihre Argumente zu belegen. Hilfreich können sein:
- Zahlungsnachweise: Kontoauszüge, die belegen, dass Miete und Nebenkosten bezahlt wurden.
- Beschreibungen/Fotos: Dokumentation der Gegenstände, um deren Unpfändbarkeit (z.B. lebensnotwendige Möbel, Arbeitsmittel) darzulegen.
- Eigentumsnachweise: Rechnungen oder Zeugenaussagen, falls Gegenstände nicht Ihnen gehören.
- Kommunikation: Schriftverkehr mit dem Vermieter, der das Vorgehen und die Begründung dokumentiert.
- Zeugen: Personen, die das Vorgehen des Vermieters bestätigen können.
Diese Nachweise helfen dabei, dem Gericht Ihre Situation glaubhaft zu machen und die Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung zu untermauern.
Was passiert mit Gegenständen, die der Vermieter aufgrund des Vermieterpfandrechts verwertet hat, wenn die Forderung des Vermieters unberechtigt war?
Wenn Ihr Vermieter Gegenstände aus Ihrer Wohnung aufgrund seines Vermieterpfandrechts verwertet (also z.B. verkauft oder versteigert) hat, obwohl die zugrundeliegende Forderung (z.B. eine Mietzahlung oder Nebenkostennachzahlung) gar nicht oder nicht in dieser Höhe bestand, war diese Maßnahme unrechtmäßig. Als Mieter stehen Ihnen in einem solchen Fall verschiedene Ansprüche gegen den Vermieter zu.
Ansprüche des Mieters bei unberechtigter Verwertung
Stellt sich heraus, dass der Vermieter kein Recht hatte, Ihre Gegenstände zu verwerten, weil seine Forderung unberechtigt war, hat er ohne Rechtsgrund in Ihr Eigentum eingegriffen. Sie haben dann in der Regel folgende Möglichkeiten:
- Schadensersatz: Sie können vom Vermieter Ersatz für den Wert der verwerteten Gegenstände verlangen. Maßgeblich ist dabei oft der tatsächliche Wert, den die Gegenstände für Sie hatten oder der auf dem Markt erzielbar gewesen wäre (Wiederbeschaffungswert oder Zeitwert, je nach Gegenstand). Wenn der Vermieter die Gegenstände unter Wert verkauft hat, können Sie trotzdem den vollen Wert als Schaden geltend machen. Rechtlich spricht man hier von einem Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB), weil der Vermieter Ihr Eigentum verletzt hat.
- Herausgabe des Verwertungserlöses: Alternativ oder zusätzlich (falls der Erlös den Schaden nicht deckt) können Sie vom Vermieter die Herausgabe des Geldes verlangen, das er durch den Verkauf oder die Versteigerung Ihrer Gegenstände erzielt hat. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz, dass niemand aus einer unrechtmäßigen Handlung einen Gewinn ziehen soll (rechtlich: Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, § 816 BGB). Wenn der Erlös höher war als der eigentliche Wert der Gegenstände (was selten vorkommt), können Sie diesen höheren Betrag fordern.
Für Sie bedeutet das: Sie sollen so gestellt werden, als hätte die unrechtmäßige Verwertung nicht stattgefunden. Sie erhalten entweder den Wert Ihrer verlorenen Sachen oder zumindest den Erlös, den der Vermieter dafür bekommen hat.
Wie werden diese Ansprüche geltend gemacht?
Um Ihre Ansprüche durchzusetzen, müssen Sie diese gegenüber dem Vermieter geltend machen.
- Zunächst sollten Sie den Vermieter (am besten schriftlich) auffordern, Ihnen den entsprechenden Betrag (Schadensersatz oder Erlös) zu zahlen und darlegen, warum Sie die ursprüngliche Forderung und damit die Verwertung für unberechtigt halten.
- Weigert sich der Vermieter zu zahlen, bleibt zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche oft nur der Weg, Klage bei Gericht einzureichen. Dort wird dann geprüft, ob die Forderung des Vermieters berechtigt war und ob Ihnen Schadensersatz oder die Herausgabe des Erlöses zusteht.
Besonderheit: Vermieterpfandrecht und Kaution
Das Vermieterpfandrecht sichert nur bestimmte Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis, wie z.B. rückständige Miete oder Nebenkosten. Es besteht nicht für jede beliebige Forderung. Insbesondere bei Streitigkeiten über die Rückzahlung der Kaution oder über Forderungen, die erst nach Ende des Mietverhältnisses entstehen und möglicherweise durch die Kaution abgedeckt sein könnten, ist die Ausübung des Vermieterpfandrechts oft komplex und fehleranfällig. War die Forderung, für die der Vermieter Gegenstände verwertet hat, also beispielsweise eine strittige oder bereits durch die Kaution gedeckte Forderung, stehen die Chancen gut, dass die Verwertung unrechtmäßig war und Sie die oben genannten Ansprüche haben.
Kann der Vermieter das Vermieterpfandrecht auch dann geltend machen, wenn ich als Mieter bereits eine Mietkaution geleistet habe?
Ja, das Vermieterpfandrecht besteht grundsätzlich auch dann, wenn Sie als Mieter eine Mietkaution gezahlt haben. Beide Sicherheiten – Kaution und Pfandrecht – können nebeneinander bestehen.
Verhältnis von Kaution und Pfandrecht
Die Mietkaution ist die vorrangige Sicherheit für den Vermieter. Das bedeutet: Hat Ihr Vermieter berechtigte Forderungen gegen Sie aus dem Mietverhältnis (zum Beispiel rückständige Miete oder Ansprüche wegen Schäden an der Wohnung nach Mietende), muss er sich in der Regel zuerst aus der von Ihnen geleisteten Kaution bedienen.
Das Vermieterpfandrecht dient als zusätzliche Sicherheit. Es erlaubt dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen, Ihre in die Wohnung eingebrachten, pfändbaren Sachen als Sicherheit für seine Forderungen zu nutzen (§ 562 BGB). Dies umfasst typischerweise Möbel oder Einrichtungsgegenstände. Wichtig: Gegenstände, die für Ihre Lebensführung oder Berufsausübung unerlässlich sind (sogenannte unpfändbare Sachen nach § 811 ZPO), sind vom Pfandrecht ausgenommen.
Wann wird das Pfandrecht trotz Kaution relevant?
Das Vermieterpfandrecht kann insbesondere dann für den Vermieter relevant werden, wenn:
- Die Kaution nicht ausreicht, um alle offenen und berechtigten Forderungen des Vermieters vollständig zu decken.
- Es Streitigkeiten über die Verwertung der Kaution gibt. Wenn zum Beispiel Uneinigkeit darüber besteht, ob oder in welcher Höhe der Vermieter Forderungen mit der Kaution verrechnen darf, kann er versuchen, seine Ansprüche zusätzlich über das Pfandrecht an Ihren Sachen abzusichern.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Obwohl die Kaution die primäre Sicherheit darstellt, schließt ihre Existenz das gesetzliche Vermieterpfandrecht nicht aus. Der Vermieter muss sich jedoch normalerweise zuerst an die Kaution halten, bevor er auf das Pfandrecht zurückgreift.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB)
Dies ist ein gesetzliches Recht des Vermieters, bestimmte bewegliche Sachen des Mieters, die sich in den Mieträumen befinden, wie ein Pfand zu behandeln. Es entsteht automatisch kraft Gesetzes (§ 562 BGB), sobald der Mieter die Sachen in die Wohnung bringt, und bedarf keiner gesonderten Vereinbarung. Das Pfandrecht dient zur Sicherung von Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis, wie z. B. rückständige Miete, Nebenkosten oder Schadensersatzansprüche. Im vorliegenden Fall entschied das OLG Köln, dass dieses Recht auch Ansprüche aus der Kautionsabrede sichern kann, was dem Vermieter erlaubte, das Inventar zu verwerten.
Beispiel: Ein Mieter zieht aus und hinterlässt Mietschulden. Der Vermieter kann aufgrund seines Vermieterpfandrechts die vom Mieter zurückgelassene teure Stereoanlage verkaufen, um seine offenen Forderungen zu begleichen.
Kautionsabrede
Dies ist die Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter über die Zahlung einer Kaution (Sicherheitsleistung), die meist Teil des Mietvertrages ist. Die Kaution dient dem Vermieter als Sicherheit für seine Ansprüche aus dem Mietverhältnis, falls der Mieter seinen Pflichten (z. B. Mietzahlung, Schönheitsreparaturen, Ausgleich von Schäden) nicht nachkommt. Im konkreten Fall war strittig, ob das Vermieterpfandrecht auch Forderungen sichert, die sich aus dieser Kautionsabrede ergeben können (z.B. wenn die Kaution nicht oder nur teilweise gezahlt wurde). Das OLG bejahte dies.
Ungerechtfertigte Bereicherung (§ 816 Abs. 1 Satz 1 BGB)
Dies ist ein Rechtsgrundsatz, der besagt, dass jemand, der etwas ohne rechtlichen Grund auf Kosten eines anderen erlangt hat, es wieder herausgeben muss. Der hier relevante § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB regelt speziell den Fall, dass ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand verfügt (z. B. ihn verkauft) und diese Verfügung gegenüber dem Berechtigten wirksam ist. Der ursprüngliche Berechtigte (hier der Kläger/Mieter) kann dann vom Nichtberechtigten (hier vermeintlich der Vermieter) das durch die Verfügung Erlangte, also den Verkaufserlös, herausverlangen. Das OLG verneinte diesen Anspruch, da der Vermieter wegen seines umfassenden Pfandrechts eben doch berechtigt zur Verwertung war.
Pfandgläubiger (§ 1228 Abs. 2 BGB)
Ein Pfandgläubiger ist die Person, zu deren Gunsten ein Pfandrecht besteht. Er hat also das Recht, eine bestimmte Sache (das Pfand oder die Pfandsache) zur Sicherung einer Forderung zu verwenden. Im Fall des Vermieterpfandrechts ist der Vermieter der Pfandgläubiger. Nach § 1228 Abs. 2 BGB ist der Pfandgläubiger unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere wenn seine Forderung fällig ist und er die Sache im Besitz hat, zum Verkauf (Verwertung) des Pfandes berechtigt, um sich aus dem Erlös zu befriedigen.
Forderung
Eine Forderung ist das Recht einer Person (Gläubiger), von einer anderen Person (Schuldner) eine Leistung zu verlangen. Diese Leistung kann eine Geldzahlung, eine Handlung oder auch ein Unterlassen sein. Im Kontext des Vermieterpfandrechts sind die Forderungen des Vermieters gegen den Mieter gemeint, die durch das Pfandrecht gesichert werden. Dazu zählen typischerweise rückständige Mieten, Nebenkosten, Schadensersatzansprüche und laut dem OLG-Urteil im entschiedenen Fall auch Ansprüche im Zusammenhang mit der Kautionsabrede. Nur für fällige Forderungen darf der Vermieter als Pfandgläubiger die gepfändeten Sachen verwerten.
Beispiel: Wenn der Mieter die Miete für Mai nicht zahlt, hat der Vermieter eine Forderung in Höhe der Miete gegen ihn.
Verwertung
Im juristischen Kontext, insbesondere beim Pfandrecht, bezeichnet Verwertung den Vorgang, einen Vermögensgegenstand (die Pfandsache) zu Geld zu machen, um eine gesicherte Forderung zu befriedigen. Dies geschieht typischerweise durch Verkauf oder Versteigerung. Der Pfandgläubiger (hier der Vermieter) ist unter den gesetzlichen Voraussetzungen (z. B. Fälligkeit der Forderung, § 1228 BGB) zur Verwertung berechtigt. Im besprochenen Fall hat der Vermieter das Inventar des Mieters verwerten lassen (versteigert) und das OLG entschied, dass er dazu auch zur Sicherung von Ansprüchen aus der Kautionsabrede berechtigt war.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 562 BGB Vermieterpfandrecht: Das Vermieterpfandrecht sichert die Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis, insbesondere Mietforderungen und Schadensersatzansprüche, an den eingebrachten Sachen des Mieters. Es erlaubt dem Vermieter, diese Sachen zu verwerten, wenn der Mieter seine Schulden nicht begleicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellt fest, dass der Beklagte (Vermieter) aufgrund dieses Rechts berechtigt war, die Gegenstände des Klägers (Mieter) zu verkaufen, um ausstehende Mietforderungen zu decken.
- § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB Verfügung eines Nichtberechtigten: Diese Vorschrift regelt den Fall, dass jemand, der nicht berechtigt ist, über einen Gegenstand verfügt und diese Verfügung gegenüber dem eigentlichen Berechtigten wirkt. In diesem Fall muss der Nichtberechtigte das Erlangte an den Berechtigten herausgeben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verneint einen Anspruch des Klägers aus dieser Vorschrift, da der Beklagte (Vermieter) eben nicht als Nichtberechtigter gehandelt hat, sondern aufgrund des Vermieterpfandrechts zum Verkauf berechtigt war.
- § 1228 Abs. 2 BGB Verkaufsberechtigung des Pfandgläubigers: Diese Norm bestimmt, dass ein Pfandgläubiger zum Verkauf der Pfandsache berechtigt ist, sobald die gesicherte Forderung fällig ist und er sich im Besitz der Sache befindet. Dies gilt allgemein für Pfandrechte und somit auch für das Vermieterpfandrecht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Weil die Mietforderungen des Beklagten (Vermieter) fällig waren und er die Gegenstände des Klägers (Mieter) in Besitz hatte, war er nach dieser Regelung zum Verkauf der Sachen berechtigt.
- § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (Zahlungsverzug): Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Mietvertrages liegt vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Dies berechtigt den Vermieter zur Kündigung und verstärkt seine Position im Hinblick auf offene Forderungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl nicht explizit im Urteilsausschnitt genannt, ist ein Zahlungsverzug des Klägers der wahrscheinliche Hintergrund des Streits, der das Vermieterpfandrecht und die Verwertung der Gegenstände durch den Beklagten erst notwendig machte.
- Kautionsforderung (Sicherheitsleistung im Mietvertrag): Die Mietkaution dient dem Vermieter als Sicherheit für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis, einschließlich Mietrückstände und Schadensersatz. Das Vermieterpfandrecht erstreckt sich grundsätzlich auch auf diese Kautionsforderung, um die Ansprüche des Vermieters umfassend zu sichern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht kritisiert das Landgericht dafür, die Kautionsforderung des Beklagten nicht im Rahmen des Vermieterpfandrechts berücksichtigt zu haben. Es stellt klar, dass auch die Kaution durch das Pfandrecht gesichert ist, was die Berechtigung des Beklagten zum Verkauf weiter untermauert.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Mieter zum Vermieterpfandrecht und zur Verwertung von Mietersachen
Wenn ein Mietverhältnis endet, kann es Streit geben – zum Beispiel über offene Mieten oder Schäden an der Wohnung. Manchmal bleiben auch Möbel oder andere Dinge des Mieters zurück. Ein aktuelles Gerichtsurteil stärkt die Rechte von Vermietern, auf solche Gegenstände zuzugreifen.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Wohnung vollständig und fristgerecht räumen
Verlassen Sie die Wohnung zum Mietvertragsende und nehmen Sie Ihr gesamtes Eigentum mit. Gegenstände, die Sie in der Wohnung zurücklassen, können unter das Vermieterpfandrecht fallen. Der Vermieter darf diese unter Umständen verwerten (z. B. verkaufen oder versteigern), um seine offenen Forderungen gegen Sie zu decken.
⚠️ ACHTUNG: Das Gerichtsurteil (OLG Köln, Az. I-22 U 13/20) bestätigt, dass Vermieter weitreichende Rechte haben können, den Erlös aus der Verwertung solcher Gegenstände für sich zu behalten, um ihre Ansprüche zu befriedigen. Eine schnelle Verwertung durch den Vermieter ist möglich.
Tipp 2: Offene Forderungen frühzeitig klären
Sprechen Sie Ihren Vermieter rechtzeitig vor dem Auszug auf eventuell bestehende offene Forderungen (z. B. Mietrückstände, Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen, Schadensersatzansprüche) an. Versuchen Sie, eine Einigung zu erzielen und alle Schulden zu begleichen. Wenn keine Forderungen des Vermieters mehr offen sind, hat er in der Regel auch keinen Grund, Gegenstände von Ihnen zu verwerten.
Tipp 3: Das Vermieterpfandrecht verstehen
Der Vermieter hat ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters, die sich in der Wohnung befinden. Dieses dient zur Sicherung seiner Forderungen aus dem Mietverhältnis (Miete, Nebenkosten, Schadensersatz). Das Pfandrecht entsteht automatisch per Gesetz.
Beispiel: Sie ziehen aus und lassen ein teures Sofa zurück, obwohl Sie noch zwei Monatsmieten schulden. Der Vermieter könnte das Sofa verwerten (lassen) und den Erlös zur Deckung der Mietschulden verwenden.
⚠️ ACHTUNG: Das Pfandrecht erlischt, sobald die Sachen vom Grundstück entfernt werden, es sei denn, die Entfernung erfolgt ohne Wissen oder gegen den Widerspruch des Vermieters.
Tipp 4: Unpfändbare Gegenstände kennen
Nicht alle Ihre Sachen unterliegen dem Vermieterpfandrecht. Bestimmte Gegenstände sind unpfändbar. Dazu gehören Dinge, die Sie für Ihren persönlichen Gebrauch oder Haushalt dringend benötigen (z. B. Kleidung, Betten, Kühlschrank) oder die Sie für Ihre Berufsausübung brauchen. Die Regeln ähneln denen der Zwangsvollstreckung (§ 811 ZPO).
Beispiel: Ihr Laptop, den Sie nachweislich für die Arbeit benötigen, oder Ihr Ehebett sind in der Regel unpfändbar. Ein teures Kunstgemälde oder eine Zweit-Stereoanlage hingegen könnten pfändbar sein.
Tipp 5: Übergabeprotokoll sorgfältig führen
Dokumentieren Sie bei der Wohnungsübergabe den Zustand der Wohnung und welche Gegenstände eventuell (mit Zustimmung des Vermieters!) zurückbleiben. Ein detailliertes Übergabeprotokoll, von beiden Seiten unterschrieben, kann spätere Streitigkeiten über den Zustand der Wohnung oder das Eigentum an zurückgelassenen Sachen vermeiden helfen.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Das zitierte Urteil verdeutlicht, dass Vermieter bei der Verwertung von Mietersachen zur Befriedigung ihrer Ansprüche eine starke Rechtsposition haben können. Für Mieter bedeutet dies, dass sie bei Streitigkeiten und dem Zurücklassen von Eigentum riskieren, dass dieses schnell verwertet wird und der Erlös möglicherweise nicht oder nur zu einem geringen Teil an sie ausgezahlt wird, wenn der Vermieter berechtigte Gegenansprüche hat. Die Geltendmachung von Herausgabeansprüchen gegen den Vermieter bezüglich des Verwertungserlöses kann schwierig sein, wie der Fall zeigt.
✅ Checkliste: Auszug und Vermeidung des Vermieterpfandrechts
- Alle persönlichen Gegenstände und Möbel fristgerecht aus der Wohnung entfernt?
- Wohnung besenrein und im vertragsgemäßen Zustand übergeben?
- Alle Schlüssel an den Vermieter zurückgegeben?
- Übergabeprotokoll gemeinsam mit dem Vermieter erstellt und unterschrieben?
- Alle offenen Forderungen (Miete, Nebenkosten, bekannte Schäden) mit dem Vermieter geklärt und möglichst beglichen?
Das vorliegende Urteil
OLG Köln – Az.: I-22 U 13/20 – Urteil vom 22.12.2021
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