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Tod des Mieters –  Eintritt der Ehefrau in Mietvertrag kraft Gesetzes als Sonderrechtsnachfolgerin

LG Bochum – Az.: 10 S 26/18 – Urteil vom 22.02.2019

Auf die Berufung der Kläger vom 04.09.2019 wird das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 10.08.2018 (2 C 706/17) teilweise abgeändert:

Über die im Urteil des Amtsgerichts Witten vom 10.08.2018 (2 C 706/17) – nach Rücknahme der diesbezüglichen Berufung der Beklagten – rechtskräftig titulierte gesamtschuldnerische Zahlungspflicht der Beklagten in Höhe von 4.524,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.290,48 EUR seit dem 11.07.2017 sowie aus weiteren 411,31 EUR seit dem 04.08.2017, aus weiteren 411,31 EUR seit dem 05.09.2017 und aus weiteren 411,31 EUR seit dem 05.10.2017 wird der weitergehende Klageanspruch (Schadensersatz wegen Rückgabepflichtverletzungen) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Zur Klärung der Höhe des noch offenen Anspruchs sowie zur Entscheidung hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits – einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens – wird der Rechtsstreit unter diesbezüglicher Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Amtsgericht Witten zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beklagten sind des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig, nachdem sie diese zurückgenommen haben.

Gründe

I.

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.

II.

Soweit die Beklagten durch das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 10.08.2018 (2 C 706/17) zur gesamtschuldnerischen Zahlung von 4.524,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.290,48 Euro seit dem 11.07.2017 sowie aus weiteren 411,31 Euro seit dem 04.08.2017, aus weiteren 411,31 Euro seit dem 05.09.2017 und aus weiteren 411,31 Euro seit dem 05.10.2017 verurteilt worden sind, ist das Urteil nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01.02.2018 erfolgten Berufungsrücknahme der Beklagten rechtskräftig.

III.

Die Berufung der Kläger gegen die teilweise Abweisung ihrer Klage durch das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 10.08.2018 (2 C 706/17) ist zulässig und hat in der Sache dem Grunde nach Erfolg.

Auf den Antrag der Kläger war das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und dem Grunde nach (durch Grundurteil) abschließend und verbindlich zu entscheiden. Hinsichtlich der noch festzustellenden Anspruchshöhe war die Sache – unter Aufhebung des nicht rechtskräftigen Teils Urteils und des diesbezüglichen Verfahrens – zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Das Amtsgericht hat insofern rechtsfehlerhaft – hinsichtlich eines Anspruchs der dem Grunde und der Höhe nach zwischen den Parteien strittig ist – die Klage teilweise abgewiesen (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Dies betrifft hingegen – wie ausgeführt – nicht den Teil des Urteils, welcher durch die Rücknahme der Berufung durch die Beklagten bereits rechtskräftig entschieden ist (Mietausfallschaden).

1.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht einen Anspruch der Kläger auf einen weitergehenden Schadensersatzanspruch wegen Rückgabepflichtverletzungen schon dem Grunde nach verneint.

Unzutreffend ist das Amtsgericht im Ausgangspunkt davon ausgegangen, dass den Klägern kein weitergehender Anspruch auf Schadensersatzanspruch wegen Rückgabepflichtverletzungen gem. §§ 546 Abs. 1, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zusteht. Vielmehr liegen die Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruches dem Grunde nach vor. Es ist insofern eine hohe Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Klage auch der Höhe nach stattzugeben sein wird.

a.

Die Kläger sind als Rechtsnachfolger der Vermieterin des Mietobjekts in der C Straße # in Witten, welche mit dem verstorbenen Mieter einen Mietvertrag über diesen Wohnraum geschlossen hatten, aktivlegitimiert. Hingegen ist die klägerische Erbengemeinschaft als solche nicht rechts- und somit nicht parteifähig im Sinne des § 50 ZPO (vgl. Voit/Weth, in: Musielak ZPO, 15. Aufl., § 50 Rn. 23). Hinsichtlich des Gartenteils sowie der vom Mieter benutzten Kellerräume ist hierbei anzumerken, dass diese nicht Gegenstand des ursprünglichen Mietvertrages vom 30.05.1978 waren. Insofern haben die Ursprungsparteien jedoch – konkludent – einen mündlichen Erweiterungsmietvertrag geschlossen, welcher sich auf die neu hinzukommenden Flächen erstreckte.

Die Beklagten zu 1) und 2) sind zudem als Erben des ursprünglichen Mieters passivlegitimiert. Ausweislich der Urkunde des Notars S vom 04.11.2015 (Nr. 742/2015) war Herr T2 – der ursprüngliche Mieter der Wohnung – bereits im Jahr 2015 verstorben. Der in dieser Urkunde erwähnte Erbschein (Az.: 13 VI 453/15 – Amtsgericht Witten), der die Beklagten als Erben ausweist, ist datiert auf den 03.08.2015.

Die Beklagte zu 1) haftet zudem gemäß § 563b Abs. 1 BGB als Ehegattin des Erben für die bis zum Tod des Mieters entstandenen Verbindlichkeiten als Sonderrechtsnachfolgerin. Sie ist als Ehegattin, die mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt geführt hat, mit dem Tod des Mieters kraft Gesetzes gemäß § 563 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis eingetreten. Die Beklagte zu 1) hat insofern auch nicht von ihrem Ablehnungsrecht gemäß § 563 Abs. 3 BGB Gebrauch gemacht, so dass das Mietverhältnis mit den Klägern nach dem Tod ihres Ehemannes mit ihr allein fortgesetzt wurde. Auf Grund der Kündigung der Beklagten zu 1) vom 29.08.2016 endete das Mietverhältnis sodann zum 30.11.2016.

Hingegen haftet der Beklagte zu 2) allein aus seiner Stellung als Erbe gemäß § 1967 Abs. 1 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten. Vorliegend sind dies diejenigen Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis, die bis zum Tod des Mieters entstanden sind. Eine solche Haftung wird durch § 563b BGB nicht berührt. Durch die Regelungen des § 563b BGB wird vielmehr eine Mithaftung des Rechtsnachfolgers im Außenverhältnis des Mietverhältnisses begründet (vgl. Wendtland, in: Beck-GK BGB, Stand 01.01.2019, § 563b Rn. 7). Dem Vermieter steht es insofern frei, den Erben oder die Rechtsnachfolger alternativ bzw. kumulativ in Anspruch zu nehmen. Diesbezüglich greift auch nicht die Regelung des § 564 BGB. Demnach wird ein Mietverhältnis mit einem Erben nur dann fortgesetzt, wenn keine Person im Sinne des § 563 BGB mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis eingetreten ist. Vorliegend ist jedoch die Beklagte zu 1) gemäß § 563 Abs. 1 BGB mit in das Mietverhältnis eingetreten.

b.

Das darüber hinaus erforderliche bestehende Schuldverhältnis zwischen den Parteien ergibt sich aus § 546 Abs. 1 BGB (vgl. BGH NZM 2006, S. 352). Die Beklagten sind ihrer – zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig bestehenden – Rückgabepflicht nicht im erforderlichen Maße nachgekommen, da die Räumung des streitbefangenen Mietobjekts nicht im ausreichenden Maße erfolgt ist. Der Mieter ist bei Vertragsende grundsätzlich verpflichtet, das Mietobjekt – von der durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten Abnutzung abgesehen (§ 538 BGB) – in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei Vertragsbeginn befand. Weitergehende Veränderungen, zum Beispiel Einrichtungen, Aufbauten oder sonstige bauliche Maßnahmen, hat er zu beseitigen (vgl. BGH NJW 2006, S. 2115; BGH ZMR 2002, S. 901; OLG Düsseldorf MDR 2012, S. 210; siehe auch Klotz-Hörlin, in: Beck-OK Mietrecht, 14. Edition, § 546 Rn. 32).

Auf Grundlage der durch das Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme und hierbei insbesondere den übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen C, N, B und T3 ist davon auszugehen, dass die Beklagten grundsätzlich der Verpflichtung nicht nachgekommen sind, das Mietobjekt in dem Zustand zurückzugeben, wie es zu Vertragsbeginn durch den verstorbenen Mieter übernommen worden ist. Insofern ist aufgrund der erfolgten amtsgerichtlichen Beweisaufnahme davon auszugehen, dass zumindest Wandpaneelen, ein Betonfundament, ein Einbau- sowie ein Mülleimerschrank, Stromleitungen und Heizkörperverkleidungen in dem Mietobjekt zurückgelassen wurden, welche nach den Bekundungen der Zeugen zu Vertragsbeginn nicht in der Wohnung waren. Alleine die dahingehenden getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts sind geeignet um festzustellen, dass die Beklagten ihrer geschuldeten Rückgabepflicht gemäß § 546 BGB nicht im erforderlichen Maße nachgekommen sind.

Hinsichtlich der Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist die Kammer gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil gebunden. Eine solche Bindung des Berufungsgerichts besteht ausnahmsweise nur dann nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte für fehlerhafte oder lückenhafte Feststellungen bestehen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen begründen, und sich die Notwendigkeit neuer Feststellungen durch wiederholte oder ergänzende Beweisaufnahme ergibt.

Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Konkrete Anhaltspunkte für fehler- oder lückenhafte Feststellungen können sich daraus ergeben, dass beweiswürdigende Darlegungen nachvollziehbarer Grundlagen entbehren. Das ist bei der Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen immer der Fall, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung das Berufungsgericht nicht zu überzeugen vermag, d.h. das Berufungsgericht die Beweiswürdigung auf Grund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält (BGH, NJW 2005, S. 1583 [1584]).

Demgegenüber ist die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts nicht etwa deshalb nicht nachvollziehbar, weil man auch zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Das Berufungsgericht ist vielmehr in seiner Prüfung darauf beschränkt, ob die erstinstanzliche Beweiswürdigung vertretbar, insbesondere widerspruchsfrei ist, nicht den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwiderläuft oder Teile des Beweisergebnisses bzw. des Sachverhalts ungewürdigt lässt (BGH, NJW 2003, S. 3480 [3481]). Aus Sicht der Kammer ist die Beweiswürdigung des Amtsgerichts widerspruchsfrei und läuft nicht den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider. Der Sachverhalt wurde vielmehr umfassend gewürdigt.

Zudem verfangen auch die vorgebrachten Einwände der Beklagtenseite nicht. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann es dahinstehen, ob der Vermieter gemäß §§ 93 ff. BGB Eigentümer durch Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung an eingebrachten Gegenständen geworden sind. Der Vermieter hat vielmehr grundsätzlich ein Recht und ein Interesse daran, die Mietsache – vorbehaltlich der Veränderungen durch vertragsgemäßen Gebrauch und vorbehaltlich besonderer Vereinbarungen – so zurückzuerhalten, wie er sie dem Mieter überlassen hat. Deshalb sind Einrichtungen (genauso wie sonstige Gegenstände) unabhängig von der Eigentumslage zu entfernen, also auch dann, wenn der Vermieter gem. §§ 93 ff. BGB Eigentümer geworden ist (vgl. Streyl, in: Schmidt-Futterer Mietrecht, 13. Aufl., § 546 Rn. 38).

Darüber hinaus besteht die Rückbaupflicht auch dann, wenn der Vermieter seine Zustimmung zu den Änderungen gegeben hat. Mit einer solchen Zustimmung ist auch ohne besonderen Vorbehalt grundsätzlich nicht das Einverständnis verbunden, eine Änderung auf Dauer, nämlich über das Vertragsende hinaus, hinzunehmen und sich so ggf. bei den Weitervermietungsmöglichkeiten einzuschränken (vgl. Streyl aaO. § 546 Rn. 44 mwN.). In Einzelfällen könnte hierbei eine andere Wertung vorzunehmen sein. Dies kann insbesondere in Betracht kommen, bei auf Dauer angelegten, rechtmäßigen, nicht auf die speziellen Bedürfnisse bzw. den Geschmack des Mieters abgestellten Baumaßnahmen, die nur mit erheblichem Kostenaufwand beseitigt werden können und deren Entfernung das Mietobjekt in einen schlechteren Zustand zurückversetzen würde. Hier kann erwartet werden, dass der Vermieter bei Erteilung der Erlaubnis einen Entfernungsvorbehalt macht, so dass in der Zustimmung ausnahmsweise auch ein Verzicht auf den Rückbau zu sehen ist; abzustellen ist bei der Prüfung auf den Zeitpunkt der Zustimmung, nicht auf das Vertragsende (vgl. Streyl aaO. § 546 Rn. 44). Aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme durch das Amtsgericht ist davon auszugehen, dass es sich bei – derzeit – klägerseits vorgetragenen baulichen Veränderungen um solche handelt, die vielmehr nur dem Geschmack des verstorbenen Mieters entsprachen. Insofern sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass bei einer entsprechenden Entfernung bzw. Rückbau, das Mietobjekt in einem schlechteren Zustand zurückversetzt werden würde.

Schließlich liegt es auch in der Risikosphäre der Beklagten, wenn bei der geschuldeten Räumung des Mietobjekts durch entsprechend erforderliche Rückbauten weitere Schäden entstehen. Die Rückbaupflicht schließt insoweit die Beseitigung evtl. vorhandener Einbauspuren ein (vgl. Streyl aaO. § 546 Rn. 44).

c.

Das darüber hinaus erforderliche Verschulden der Beklagten ist zu vermuten, § 280 Abs. 2 S. 2 BGB. Dass die Beklagten ihre Räumungspflicht schuldlos verletzt hätten, wofür sie darlegungs- und beweisbelastet sind, lässt sich im Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme durch das Amtsgericht nicht feststellen.

d.

Es bedarf zudem keiner Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 1 BGB, da beklagtenseits mit Schriftsatz vom 22.07.2017 ein Nachkommen der geschuldeten Räumungspflicht endgültig und ernsthaft verweigert worden ist. Sie wurden zuvor mit klägerischem Rechtsanwaltsschreiben vom 28.06.2017 unter einer Fristsetzung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB aufgefordert, der Räumungs- und Rückbaupflicht nachzukommen.

e.

Eine andere Wertung ist auch nicht aufgrund der Regelungen des § 571 BGB zu erzielen. Demnach sind bei der Wohnraummiete die Rechte des Vermieters, einen über die Nutzungsentschädigung hinausgehenden Schaden nach § 546 a BGB ersetzt verlangen zu können, eingeschränkt. Insofern ist die Rückgabe jedoch infolge von Umständen unterblieben, die die Beklagten als Mieter bzw. Rechtsnachfolger zu vertreten haben, § 571 Abs. 1 S. 2 BGB. Ebenso ist die von § 571 BGB vorgesehene Billigkeitsprüfung vorliegend nicht eröffnet, da die Beklagten als Mieter das Mietverhältnis gekündigt haben (§ 571 Abs. 1 S. 3 BGB).

f.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist ein solcher Schadensersatzanspruch auch neben der titulierten Nutzungsentschädigung gemäß § 546a Abs. 2 BGB grundsätzlich zulässig. Da die Nichterfüllung zugleich eine Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, steht dem Vermieter ein Anspruch auf Schadensersatz zu (vgl. Zehelein, in: Beck GK-BGB aaO. § 546 Rn. 105). Ungeachtet der Tatsache, dass der rechtliche Ansatz des Amtsgerichts bezüglich des den Klägern zuerkannten Anspruchs (Nutzungsentschädigung gemäß § 546a BGB) wohl unzutreffend ist, vielmehr Rechtsgrundlage für die  Verurteilung die §§ 280, 281 BGB  sein dürfte (Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Mietausfalls mit der Folge der Anwendbarkeit des § 252 BGB), da vorliegend im Vordergrund stehend ein Rückbau und nicht Räumung geschuldet ist, können die Kläger neben einer solchen Nutzungsentschädigung einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 546 Abs. 1, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB geltend machen.

Die titulierte Nutzungsentschädigung (§ 546a BGB) steht nicht in einem ausschließenden Konkurrenzverhältnis zu einem (fiktiv) geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß §§ 546 Abs. 1, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Insofern ist hinsichtlich einer etwaigen zeitlichen Überlappung dieser Ansprüche darauf hinzuweisen, dass die Dauer der Vorenthaltung im Sinne des § 546a BGB taggenau mit dem Ende des Mietverhältnisses bzw. dem Beginn der Vorenthaltung beginnt und mit Erfüllung der Rückgabepflicht endet. Tritt letzteres nicht ein, endet die Vorenthaltung – und damit die Verpflichtung der Nutzungsentschädigung – mit einem Schadensersatzverlangen gemäß § 281 Abs. 4 BGB (vgl. Steyl aaO. § 546 Rn. 72). Verlangt der Vermieter nach Ablauf einer Frist gemäß § 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz gemäß § 281 Abs. 4 BGB, so führt das zu dem Untergang des Erfüllungsanspruchs hinsichtlich der Pflichten, wegen deren Verletzung der Vermieter dem Mieter die Frist gesetzt hatte. Handelt es sich dabei um eine Pflicht, deren Verletzung zur Nichterfüllung der Rückgabe führt, so geht mit dem Schadensersatzverlangen nicht nur der Erfüllungsanspruch, sondern auch der Anspruch auf Nutzungsentschädigung unter (siehe Streyl aaO. § 546 Rn. 43 mwN.). Bei einem solchen geforderten Schadensersatzanspruch der Kläger als Vermieter, handelt es sich um einen Geldanspruch im Sinne der §§ 249 Abs. 1, 250 S. 2 BGB, welcher auf den Ersatz der für die Räumung erforderlichen Kosten gerichtet ist. Die Kläger können diesen – wie hier unabhängig von ihren tatsächlichen Aufwendungen – abstrakt berechnen, wobei die Umsatzsteuer vorliegend entsprechend § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nur bei tatsächlichem Anfall erstattungsfähig wäre. Insofern ist eine fiktive Schadensgeltendmachung auch zu lässig (vgl. dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 15.12.2010, Az.: 3 U 58/10 – BeckRS 2011, 00404; Zehlein aaO. § 546 Rn. 105).

g.

Abschließend ist dem Amtsgericht dahingehend zuzustimmen, dass die Beklagten sich nicht auf die „Einrede der begrenzten Erbenhaftung“ berufen können. Sofern im Erbfall unsicher ist, ob der Nachlass überschuldet ist, besteht für die Erben grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Haftung für Nachlassverbindlichkeiten mittels Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz auf den vorhandenen Nachlass zu beschränken, §§ 1975, 1990 BGB. Insofern hat die Beklagtenseite jedoch nicht ansatzweise substantiiert dargelegt, dass eine Nachlassverwaltung angelegt bzw. Nachlassinsolvenz eröffnet worden ist. Ebenso sind keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass die Beklagten als Erben unter den Voraussetzungen des § 1990 BGB die Dürftigkeitseinrede erheben können.

2.

Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzanspruches gemäß §§ 546 Abs. 1, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ist die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Amtsgericht gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO zurückzuverweisen. Die Kammer ist dem grundsätzlichen Gebot des des § 538 Abs. 1 ZPO, die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden, nicht gefolgt, da den Parteien in der Sache bzgl. der Höhe des Anspruchs eine Tatsacheninstanz genommen würde. Zudem bedarf es, ohne dass dieses Tatbestandsmerkmal für eine Zurückverweisung gem. § 538 Abs. 2 Satz 4 ZPO wäre, einer umfangreichen und aufwändigen Beweisaufnahme hinsichtlich der einzelnen – bislang lediglich im selbständigen Beweisverfahren – angeführten Schadenspositionen. Insofern ist es zum jetzigen Zeitpunkt als höchstwahrscheinlich zu betrachten, dass der Klage auch – zumindest in einem teilweisen Umfang – der Höhe nach gegen beide Beklagten stattzugeben sein wird.

Im Rahmen der Fortführung des Verfahrens in I. Instanz nach erfolgter Zurückweisung wird das Amtsgericht gehalten sein, zunächst einen entsprechenden Hinweis gemäß § 139 ZPO zu erteilen, dass klägerseits bisher kein substantiierter Sachvortrag zur Schadenshöhe vorliegt. Zum jetzigen Verfahrensstand ist ein entsprechender klägerischer Vortrag nur im selbstständigen Beweisverfahren (Az.: 2 H 26/16 AG Witten) zu finden. Hingegen ist ein erforderlicher Sachvortrag – in Gänze – zu den einzelnen Schadenspositionen im Klageverfahren nicht erfolgt, obwohl durch die Beklagten sämtliche Einbauten bestritten worden sind.

Sodann ist durch das Amtsgericht eine umfangreiche weitere Sachaufklärung vorzunehmen, wobei vornehmlich zur Frage der einzelnen Einbauten – neben der persönlichen Anhörung der Parteien – dem von den Parteien angebotenen Zeugenbeweis nachgegangen werden müsste, namentlich durch Vernehmung der Zeugen Baumgartner, Mengel, Althoff und Schulte. Im weiteren Verlauf wird das Amtsgericht gehalten sein, die Kosten der sodann geschuldeten Rückbauarbeiten zu ermitteln.

Hierbei muss das Amtsgericht ggf. auch eine entsprechende Differenzierung vornehmen, inwiefern eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 1) und 2) als Erben – was vorliegend zum überwiegenden Teil zutreffend sein dürfte – bzw. eine alleinige Haftung durch die Beklagte zu 1) als Sonderrechtsnachfolgerin besteht. Insofern haftet der Beklagte zu 2) als Erbe unter Beachtung der Regelung des § 536b BGB nur für Altverbindlichkeiten. Für die Abgrenzung, ob eine Verbindlichkeit eine Altverbindlichkeit ist, für welche der Erbe haftet, ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob sie im Zeitpunkt des Todes schon entstanden war (vgl. Streyl aaO. § 663 Rn. 49 f.). Ist letzteres der Fall, so zählen diese zu den Erblasserschulden, welche wiederum als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 1967 Abs. 2 BGB anzusehen sind. Bei der Nichterfüllung einer Rückbauverpflichtung handelt es sich um eine solche Erblasserschuld, da diese Schuld vom Erblasser herrührt und schon mit der Vornahme des Einbaus bzw. des Einbringens entsteht. Insofern kommt es nicht auf den Eintritt der Fälligkeit des Beseitigungsanspruchs an (vgl. Wendtland aaO. § 563b Rn. 5). Dies hat zur Folge, dass der Erbe eine etwaige Rückbauverpflichtung des Erblassers übernimmt sowie im Falle der Nichterfüllung eine sich hieraus ergebende Schadensersatzpflicht (vgl. dazu Herzog, in: NZM 2013, S. 175 ff.). Daher ist eine entsprechende Differenzierung erforderlich, wenn im Rahmen der weiteren Sachaufklärung festgestellt werden sollte, dass die Einbauten nicht vom Erblasser sondern von der Beklagten zu 1) stammen oder es sich um solche geschuldeten Beseitigungsarbeiten handelt, die die Beklagte zu 1) als letzte Mieterin alleine schuldet.

3.

Mit Rücksicht auf die vorgenannten Gesichtspunkte und unter Würdigung sämtlicher weiterer Umstände des vorliegenden Falles erschien es geboten, die Sache dem Grunde nach zu entscheiden und im weiteren, unter Aufhebung des diesbezüglich angefochtenen Urteils sowie des ihm zugrunde liegenden Verfahrens, zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, § 548 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO. Der Kammer war dabei bewusst, dass das Berufungsgericht gemäß § 538 Abs. 1 ZPO grundsätzlich gehalten ist, selbst die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache zu entscheiden. Die Entscheidung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO und der eigenen Sachentscheidung gemäß § 538 Abs. 1 ZPO steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist insbesondere auch zu erwägen, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt und dies den Interessen der Parteien entgegenstehen kann (vgl. BGH NJW-RR 2005, S. 928). Dabei muss stets auch das Interesse der klagenden Partei im Auge behalten werden, in einer angemessenen Zeit einen vollstreckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten (vgl. BGH NZBau 2006, S. 239).

Nach sorgfältiger Abwägung sämtlicher Umstände ist die Kammer aber zu der Einschätzung gelangt, dass das Interesse der Parteien an der Durchführung eines erneuten erstinstanzlichen Verfahrens die vorgenannten Gesichtspunkte der Prozessökonomie überwiegt. Hierbei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO eine Zurückverweisung dann angezeigt ist, wenn im Fall eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das erstinstanzliche Urteil nur über den Grund entschieden wurde, um den Parteien eine zweite Tatsacheninstanz auch zur Höhe zu erhalten (vgl. Wulf, in: BeckOK-ZPO, 31. Edition, ZPO § 538 Rn. 23). Der Gesichtspunkt der Prozessökonomie fällt zudem vorliegend deshalb nicht besonders ins Gewicht, da aufgrund des umfangreichen weiteren Aufklärungsbedarfs ohnehin mit einer erheblichen weiteren Verfahrensdauer zu rechnen sein wird. Die aufgrund der Zurückverweisung eintretende Verzögerung des Rechtsstreits erweist sich vor diesem Hintergrund nicht als besonders berücksichtigenswert. Die Frage der Zurückverweisung wurde zudem in der mündlichen Verhandlung mit den Parteivertretern ausführlich erörtert. Der Klägervertreter stellte hilfsweise den nach § 538 Abs. 2 S. 1 ZPO notwendigen Antrag auf Zurückverweisung.

III.

Da die Beklagten ihre Berufung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2019 zurückgenommen haben, war der Verlust des diesbezüglich eingelegten Rechtsmittel zu erklären, § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.

IV.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Hierbei hat das Amtsgericht auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden, wobei zu berücksichtigten ist, dass die Beklagten die Berufung zurückgenommen haben. Insoweit kann aufgrund der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung hinsichtlich der Berufungsrücknahme kein getrennter Beschluss vorab ergehen.

Darüber wird das Amtsgericht auch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu berücksichtigten haben.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Auch im Falle einer Aufhebung und Zurückverweisung ist im Hinblick auf die §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit geboten (BGH JZ 1977, S. 232), allerdings ohne Abwendungsbefugnis (OLG Düsseldorf JurBüro 1985, Sp. 1729).

VI.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

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