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Unbefugte Gebrauchsüberlassung über 4-6 Wochen kann zur Mietvertragskündigung führen

Unbefugte Wohnungsüberlassung: Landgericht Hamburg entscheidet über Kündigungsrecht bei 4-6 Wochen Dauer

Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass eine unbefugte Gebrauchsüberlassung einer Wohnung über einen Zeitraum von 4-6 Wochen einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses darstellt. Im konkreten Fall wurde der Beklagte zur Räumung der Wohnung verurteilt, weil er diese ohne Erlaubnis an Dritte überlassen hatte und die unbefugte Gebrauchsüberlassung auch nach einer gesetzten Abhilfefrist nicht beendete. Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde damit aufgehoben und der Beklagte muss zudem die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 311 S 25/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Eine unbefugte Weitergabe der Mietwohnung an Dritte kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
  2. Das LG Hamburg hat entschieden, dass eine solche Gebrauchsüberlassung über 4-6 Wochen den Vermieter signifikant in seinen Rechten verletzt.
  3. Eine Abhilfefrist wurde dem Mieter gesetzt, welche ungenutzt blieb, weshalb die Kündigung als gerechtfertigt angesehen wurde.
  4. Der Beklagte wurde zur Räumung der Wohnung verurteilt und muss die Kosten des Verfahrens tragen.
  5. Das Gericht lehnte eine Räumungsfrist ab, da keine Obdachlosigkeit des Beklagten drohte.
  6. Die Zeugenaussagen stützten die Entscheidung, dass die Wohnung tatsächlich Dritten überlassen wurde.
  7. Die Erheblichkeit der Beeinträchtigung der Vermieterrechte wurde bejaht.
  8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, eine Revision wurde nicht zugelassen.

Mietrecht: Wann darf der Vermieter wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung kündigen?

Im Mietrecht gibt es Regeln, die Vermieter und Mieter gleichermaßen schützen. Eine wichtige Frage ist, wann ein Vermieter das Mietverhältnis kündigen darf. Einen besonderen Fall hat das Landgericht Hamburg mit dem Urteil Az.: 311 S 25/23 behandelt: Wann führt eine unbefugte Gebrauchsüberlassung an Dritte zur Kündigung?

Ein Mieter, der eine Wohnung ohne Erlaubnis an andere Personen weitergibt, missachtet erheblich die Rechte des Vermieters. Ab einem Zeitraum von 4-6 Wochen geht das Gericht von einer Dauernutzung aus, die nicht mehr als bloßer Besuch gewertet werden kann.

Im betreffenden Fall verkündete das Landgericht Hamburg eine wirksame fristlose Kündigung, da der beklagte Mieter trotz einer gesetzten Abhilfefrist die unbefugt überlassene Wohnung genutzt hatte.

Das Urteil stärkt die Rechte von Vermietern, indem es klarstellt, dass eine Weitergabe der Wohnung an Dritte über mehrere Wochen hinweg, auch ohne Entgelt oder schriftlich vorliegende Abmachungen, zu einer Kündigung führen kann .

Die Gerichtsentscheidung zeigt zudem, dass Missachtungen von Mietrechten durch Zeugenaussagen offengelegt werden und die Gerichte solche Umstände genauen Prüfungen unterziehen können .

Eine interessante und wichtige Entscheidung, die Mieter und Vermieter in zukünftigen Prozessen berücksichtigen müssen – und die Aufmerksamkeit darauf lenkt, wie wichtig es ist, sowohl den Pflichten als auch den Rechten im Mietverhältnis fair und sorgfältig zu begegnen.

Rechtsstreit um unbefugte Weitergabe: Mietverhältnis beendet

Im Zentrum des Falles steht die unbefugte Gebrauchsüberlassung einer 52 Quadratmeter großen 2-Zimmerwohnung in Hamburg durch den Beklagten an Dritte über einen Zeitraum von 4-6 Wochen, ohne die Zustimmung der Vermieterin einzuholen. Diese Handlung führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf das Landgericht Hamburg ein Urteil fällte, welches das Mietverhältnis zwischen den Parteien für beendet erklärte. Die Kündigung wurde auf Basis des § 546 Abs. 1 BGB sowie unter Verweis auf §§ 569, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB als wirksam erachtet, da sie einen wichtigen Grund darstellte, der den Vermieterrechten erheblich zuwiderlief.

Der Weg zur Kündigung: Unbefugte Nutzung im Fokus

Die Klägerin sah sich zu einer fristlosen Kündigung berechtigt, nachdem der Beklagte die Wohnung unbefugt Dritten überlassen hatte und diese Überlassung auch nach Setzung einer Abhilfefrist nicht beendete. Diese Frist wurde mit einem Schreiben vom 18.08.2022 bis zum 15.09.2022 gesetzt, jedoch ohne Erfolg. Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg konnte in der ersten Instanz nicht feststellen, dass eine unbefugte Überlassung stattfand, was zur Berufung der Klägerin führte.

Gerichtliche Klärung: Beweise führen zur Entscheidung

Das Landgericht Hamburg setzte sich intensiv mit den Beweisen auseinander, insbesondere mit den Zeugenaussagen, die darauf hindeuteten, dass der Beklagte die Wohnung über den maßgeblichen Zeitraum an Dritte überlassen hatte. Diese Überlassung ging über das Maß eines bloßen Besuchs hinaus, was durch detaillierte Schilderungen der Zeuginnen unterstützt wurde. Ihre Beobachtungen und die Aussagen des Beklagten, der angab, gelegentlich Freunde oder Cousins in der Wohnung zu beherbergen, führten zur Überzeugung des Gerichts, dass eine unbefugte Gebrauchsüberlassung vorlag.

Fazit: Räumung und Kostenfolge

Das Gericht entschied, dass der Beklagte die Wohnung nebst Kellerraum und Dachbodenraum geräumt an die Klägerin herauszugeben hat. Zudem wurde er zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Eine Räumungsfrist wurde nicht gewährt, da der Beklagte offensichtlich andere Übernachtungsmöglichkeiten hatte und keine Bemühungen um Ersatzwohnraum nachweisbar waren. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Vermieterrechte und die Konsequenzen unbefugter Gebrauchsüberlassung im Mietrecht.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was bedeutet unbefugte Gebrauchsüberlassung im Mietrecht?

Im Mietrecht bedeutet die unbefugte Gebrauchsüberlassung, dass ein Mieter die gemietete Wohnung oder Teile davon ohne die Erlaubnis des Vermieters an Dritte weitergibt, also untervermietet oder anderweitig zur Nutzung überlässt. Nach § 540 BGB ist eine solche Überlassung an Dritte ohne die Erlaubnis des Vermieters unzulässig.

Wenn ein Mieter nach Vertragsschluss ein berechtigtes Interesse daran hat, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, kann er vom Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen, wie es in § 553 BGB geregelt ist. Ein berechtigtes Interesse kann beispielsweise darin bestehen, durch Untervermietung Einnahmen zu erzielen, um die eigene Miete zu zahlen.

Verweigert der Vermieter die Erlaubnis ohne triftigen Grund, kann der Mieter unter Umständen das Mietverhältnis außerordentlich kündigen oder Schadenersatz für entgangenen Untermietzins fordern. Allerdings kann der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung auch von einer angemessenen Mieterhöhung abhängig machen.

Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung kann schwerwiegende Folgen haben, da sie einen fristlosen Kündigungsgrund darstellen kann. Der Vermieter kann in einem solchen Fall das Mietverhältnis beenden, wenn der Mieter die Wohnung ohne Erlaubnis an Dritte überlässt und dadurch die Rechte des Vermieters erheblich verletzt.

Es ist auch zu beachten, dass der Mieter dem Vermieter die Bedingungen der beabsichtigten Untervermietung mitteilen und belegen muss. Eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung rechtfertigt jedoch nur dann eine Kündigung, wenn ihr im Einzelfall ein entsprechendes Gewicht zukommt.

Wie kann eine unbefugte Gebrauchsüberlassung die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen?

Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung kann die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen, wenn der Mieter die gemietete Wohnung oder Teile davon ohne die erforderliche Erlaubnis des Vermieters an Dritte weitergibt. Dies kann sowohl eine Untervermietung als auch jede andere Form der Überlassung umfassen. Die Rechtsgrundlage hierfür bildet § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB, der eine erhebliche Verletzung der Rechte des Vermieters durch den Mieter als Kündigungsgrund nennt.

Die Entscheidung, ob eine unbefugte Gebrauchsüberlassung vorliegt, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

1. Erlaubnis des Vermieters: Eine Gebrauchsüberlassung an Dritte ist grundsätzlich nur mit der Zustimmung des Vermieters zulässig. Fehlt diese Zustimmung, kann dies als unbefugte Gebrauchsüberlassung gewertet werden.

2. Berechtigtes Interesse des Mieters: Der Mieter kann unter bestimmten Umständen ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung haben, beispielsweise wenn er die Wohnung zeitweise nicht selbst nutzen kann. Allerdings muss er dieses Interesse dem Vermieter darlegen und um Erlaubnis bitten.

3. Vertragswidriges Verhalten: Selbst wenn der Mieter grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung hat, verhält er sich vertragswidrig, wenn er die Wohnung untervermietet, ohne zuvor die erforderliche Erlaubnis des Vermieters einzuholen.

4. Erhebliche Verletzung der Vermieterrechte: Eine Kündigung aufgrund unbefugter Gebrauchsüberlassung setzt voraus, dass die Rechte des Vermieters erheblich verletzt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Mieter die Wohnung an Dritte überlässt und dadurch die Interessen des Vermieters in erheblichem Maße beeinträchtigt werden.

5. Abmahnung: Vor einer Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung ist in der Regel eine Abmahnung erforderlich, in der der Vermieter den Mieter auf sein vertragswidriges Verhalten hinweist und ihm die Möglichkeit gibt, dieses zu beenden.

6. Einzelne Fälle: Die Gerichte prüfen im Einzelfall, ob die Voraussetzungen für eine Kündigung vorliegen. Dabei spielen die Umstände des Einzelfalls und die Interessen beider Vertragsparteien eine Rolle.

Zusammenfassend kann eine unbefugte Gebrauchsüberlassung dann zur Kündigung des Mietverhältnisses führen, wenn sie ohne Erlaubnis des Vermieters erfolgt, die Rechte des Vermieters erheblich verletzt und nach einer Abmahnung fortgesetzt wird. Die Entscheidung hängt jedoch immer von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab.

Welche Bedeutung hat eine gesetzte Abhilfefrist vor einer Kündigung?

Eine gesetzte Abhilfefrist vor einer Kündigung spielt im Mietrecht eine wichtige Rolle, insbesondere bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung. Gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB ist die Kündigung eines Mietverhältnisses aus wichtigem Grund in der Regel erst dann zulässig, wenn zuvor eine angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt wurde oder eine Abmahnung erfolgt ist.

Die Abhilfefrist gibt dem Mieter oder Vermieter, je nachdem wer die Kündigung ausspricht, die Möglichkeit, das beanstandete Verhalten zu korrigieren oder einen Mangel zu beseitigen. Die Frist muss angemessen sein, das heißt, sie muss ausreichend Zeit bieten, um die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.

Eine Abmahnung oder Fristsetzung ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn offensichtlich ist, dass die Abmahnung oder Fristsetzung keinen Erfolg haben würde, die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder im Falle des Zahlungsverzugs des Mieters.

Die Abhilfefrist dient somit als Schutzmechanismus, um eine sofortige Kündigung zu vermeiden und dem Vertragspartner die Chance zu geben, den vertragskonformen Zustand wiederherzustellen. Wird die Frist nicht eingehalten oder der Mangel nicht behoben, kann dies die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen.

Es ist wichtig, dass die Abmahnung oder die Setzung der Abhilfefrist hinreichend konkret formuliert ist, damit der Adressat genau weiß, welches Verhalten beanstandet wird und was von ihm erwartet wird. Im Falle einer Kündigung trägt der Kündigende die Beweislast für das Vorliegen des Kündigungsgrundes und damit auch für die Einhaltung der erforderlichen Formalitäten wie die Setzung einer angemessenen Abhilfefrist.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 546 Abs. 1 BGB: Regelt den Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses. Im Urteil relevant, da der Beklagte zur Räumung verurteilt wurde.
  • §§ 569, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB: Begründen die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung bei erheblicher Pflichtverletzung durch den Mieter, z.B. bei unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte. Im Urteil wurde dies als Kündigungsgrund angeführt.
  • § 543 Abs. 3 S. 1 BGB: Erläutert die Notwendigkeit einer Abmahnung vor einer fristlosen Kündigung. Im Urteil wurde eine solche Abhilfefrist gesetzt und nicht eingehalten.
  • § 529 ZPO: Bestimmt, welche Tatsachen das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legen muss. Im Urteil wurde die Berufung aufgrund neuer Tatsachen zugelassen.
  • § 286 Abs. 1 ZPO: Regelt den Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das Gericht. Im Urteil war dies relevant für die Überzeugungsbildung bezüglich der unbefugten Gebrauchsüberlassung.
  • § 91 Abs. 1 ZPO: Bestimmt, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Im Urteil wurde der Beklagte zur Kostenübernahme verurteilt.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 311 S 25/23 – Urteil vom 13.10.2023

In der Sache (…) erkennt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 11 – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2023 für Recht:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 31.03.2023 (Az. 923 C 180/22) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm angemietete 52 qm große 2-Zimmerwohnung S. Str., 3. Etage links, H., nebst zugehörigem Kellerraum Nr. 134 und Dachbodenraum Nr. 134 geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf Euro 4.279,08 festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Abfassung eines Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige – insbesondere gem. §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete – Berufung der Klägerin hat Erfolg und führt zu der beantragten Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils, weil die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO).

1. Der Klägerin steht gem. § 546 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf geräumte Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gegen den Beklagten zu, weil die klägerische Kündigung vom 20.09.2022 das Mietverhältnis zwischen den Parteien wirksam gem. §§ 569, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB beendet hat. Ein zur fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund im Sinne der vorgenannten Normen liegt insbesondere vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt und diese unbefugte Gebrauchsüberlassung trotz Abhilfefrist (§ 543 Abs. 3 S. 1 BGB) nicht beendet.

a) Der Beklagte hat den Gebrauch an der Wohnung unbefugt an Dritte überlassen und diese Gebrauchsüberlassung auch nach der mit Schreiben vom 18.08.2022 bis zum 15.09.2022 gesetzten Abhilfefrist (Anlage K 5 = Bl. 11 d. A.) nicht beendet.

aa) Eine Gebrauchsüberlassung liegt immer dann vor, wenn ein Dritter auf Grund einer Vereinbarung mit dem Mieter ein selbständiges Besitzrecht an der Wohnung erwirbt, dergestalt, dass er die Wohnung unter Ausschluss des Mieters gebrauchen darf (vgl. Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, 7. Aufl. 2023, BGB § 540 Rn. 20). Eine Gebrauchsüberlassung ist aber auch bereits dann anzunehmen, wenn der Mieter dritte Personen für längere Zeit in die Wohnung dergestalt aufnimmt, dass der Dritte das Recht haben soll, die gesamte Wohnung neben oder zusammen mit dem Mieter zu nutzen (Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, a. a. O., Rn. 27 m. w. N.). In Abgrenzung hierzu ist bloßer Besucher, wer den Mieter aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen aufsucht und sich in dessen Wohnung für eine vorübergehende Zeit aufhält, ohne hierfür ein Entgelt zu entrichten. Ab einem Aufenthalt von vier bis sechs Wochen spricht eine Vermutung dafür, dass die Aufnahme des Dritten auf Dauer angelegt ist (Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, a. a.O., Rn. 38).

bb) Das Amtsgericht vermochte nicht festzustellen, dass der Beklagte die streitgegenständliche Wohnung an Dritte überlassen hat, weil die Zeuginnen insoweit keine eigenen Wahrnehmungen gehabt hätten und es ebenso denkbar sei, dass der Beklagte regelmäßig Besuch von Freunden empfange.

Das Berufungsgericht hat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dabei können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz (BGH, NJW-RR 2017, 725 Rn. 20, beck-online). Aus Sicht des Berufungsgerichts bestand mit Blick auf die protokollierten Aussagen der Zeuginnen N. und Z.- T. eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Falle der Wiederholung der Beweisaufnahme die erstinstanzliche Entscheidung keinen Bestand hat. Denn insbesondere die Zeugin Z.- T. hat vor dem Amtsgericht bekundet, dass fremde Personen in der Wohnung „wohnen“ würden und sie mehrfach – etwa alle drei Monate – die Durchführung von Wohnungsbesichtigungen mitbekommen habe.

cc) Aufgrund der Vernehmung der Zeuginnen N. und Z.- T. ist die Kammer überzeugt, dass der Beklagte die Wohnung zu den für die Kündigung maßgeblichen Zeitpunkten im August und September 2022 jedenfalls so lange an Dritte zur Nutzung überlassen hat, dass nicht von einem bloßen Besuch dieser Personen auszugehen ist. Dabei geht das Gericht von dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO aus, wonach für eine Überzeugungsbildung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit genügt, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, NJW 2020, 1072 Rn. 8, beckonline m. w. N.).

Zwar hat der Beklagte in seiner persönlichen Anhörung vor der Kammer angegeben, dass er „genug Besuch“ habe und es sein könne, dass seine (internationalen) Freunde und Cousins nur zum Kaffee kämen oder auch blieben, um in der Wohnung zu schlafen. Teilweise würde sein Besuch auch alleine in der Wohnung schlafen, weil der Beklagte zu seinen – ebenfalls in H. wohnenden – kranken Eltern müsse. Einmal habe er einen alleinstehenden Freund für 1 – 2 Monate bei sich aufgenommen.

Diese Angaben des Beklagten sind jedoch widerlegt durch die glaubhaften Aussagen der Zeuginnen N. und Z.- T.. Denn die übereinstimmenden detailreichen Schilderungen der beiden Zeuginnen erlauben nach Auffassung der Kammer den Rückschluss, dass der Beklagte die streitgegenständliche Wohnung jedenfalls in den Monaten August und September 2022 an Dritte zur (Mit-)Nutzung überlassen hat, und dass es sich dabei aufgrund der Länge des Aufenthaltes nicht um einen bloßen Besuch dieser Personen gehandelt haben kann.

Die Zeugin Z.- T. hat glaubhaft bekundet, dass im vergangenen Jahr alle 3 Monate andere Menschen in der Wohnung des Beklagten gewohnt hätten. Die Zeugin vermochte nachvollziehbar zu erklären, wie sie zu der Einschätzung gekommen ist, dass die Personen dort „wohnen“ würden. Denn sie wohnt in der Wohnung, die derjenigen des Beklagten gegenüberliegt, und hat anschaulich erläutert, dass sie sich durch den von den Bewohnern der Wohnung des Beklagten ausgehenden Lärm gestört gefühlt habe, weshalb sie regelmäßig durch den Türspion oder das Küchenfenster beobachtet habe, wer die Wohnung verlasse. Dabei habe sie insbesondere wahrgenommen, dass die jeweiligen Personen die Wohnung früh verlassen hätten und dann im Laufe des Tages wiedergekommen seien, wobei der Beklagte oft nicht dabei gewesen sei.

Die Zeugin hat überdies detailreich und damit glaubhaft bekundet, dass sie im Frühjahr und Sommer des letzten Jahres jeweils einmal mitbekommen habe, wie die Wohnung mehreren Personen gezeigt worden sei. Das habe sie unmittelbar wahrnehmen können, weil die Tür offen gestanden habe. Die Männer, denen die Wohnung gezeigt worden sei, seien ein paar Tage später mit Koffern wiedergekommen. Der Mann, der den Männern die Wohnung gezeigt habe, habe sich der Zeugin gegenüber als Herr M. vorgestellt – es habe sich aber nicht um den Beklagten gehandelt.

Gestützt wird die Aussage der Zeugin Z.- T. durch die Aussage der weiteren Zeugin N., die unter der streitgegenständlichen Wohnung lebt. Diese hat ebenfalls bekundet, aufgrund des Lärms durch den Türspion und das Fenster beobachtet zu haben, welche Personen die von dem Beklagten angemietete Wohnung betreten und verlassen hätten. Das seien im Herbst 2022 regelmäßig zwei unbekannte Männer gewesen, welche die Zeugin genau zu beschreiben vermochte. Aufgrund ihrer Beobachtungen kam auch diese Zeugin zu dem Schluss, dass die Männer „definitiv“ dort gewohnt hätten.

b) Die Rechte der Klägerin als Vermieterin sind durch die unerlaubte Gebrauchsüberlassung durch den Beklagten auch erheblich beeinträchtigt. Die Erheblichkeit ist regelmäßig zu bejahen, wenn eine unbefugte Gebrauchsüberlassung vorliegt, weil der Vermieter ein erhebliches Interesse daran hat, zu wissen, wer das Mietobjekt tatsächlich nutzt (vgl. SchmidtFutterer/Streyl, 15. Aufl. 2022, BGB § 543 Rn. 150). Dafür spricht hier überdies, dass der Beklagte die unerlaubte Gebrauchsüberlassung trotz Abhilfefrist fortgesetzt und damit den Vermieterwillen missachtet hat. Dagegen sind keine Umstände ersichtlich, die gegen die Erheblichkeit der Beeinträchtigung der Vermieterrechte sprechen.

c) Die Kündigung ist ordnungsgemäß gem. § 569 Abs. 4 BGB begründet worden. Als Kündigungsgrund wird die – trotz Abhilfefrist – fortgesetzte Überlassung der Wohnung an Dritte angeführt.

2. Dem Beklagten war keine Räumungsfrist gem. § 721 Abs. 1 S. 1 ZPO von Amts wegen zu gewähren. Nach dieser Vorschrift soll dem Räumungsschuldner zur Vermeidung von (für ihn nicht ausreichend vorhersehbarer) Obdachlosigkeit die Möglichkeit eingeräumt werden, trotz bestehender Pflicht zur Räumung noch eine in Größe, Ausstattung, Wohnlage und Preis angemessene Ersatzwohnung zu finden. Das Gericht hat unter Berücksichtigung dieses Zwecks im konkreten Einzelfall aufgrund des von den Parteien vorgetragenen und vom Gericht festgestellten Sachverhalts die widerstreitenden Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen (BeckOK ZPO/Ulrici, 50. Ed. 1.7.2023, ZPO § 721 Rn. 5 m. w. N.).

Diese Interessenabwägung führt zur Versagung einer Räumungsfrist. Denn dem Beklagten droht keine Obdachlosigkeit, weil er selber in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass er gelegentlich nicht in der streitgegenständlichen Wohnung übernachte. Mithin verfügt der Beklagte anscheinend über die Möglichkeit woanders zu übernachten, etwa bei seinen ebenfalls in H. lebenden Eltern. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagte sich um Ersatzwohnraum bemüht hätte. Das wäre jedoch erforderlich gewesen, weil der Beklagte – nach der Überzeugung der Kammer – hinsichtlich der Gebrauchsüberlassung der Wohnung an Dritte die Unwahrheit gesagt hat und er daher mit einem für ihn negativen Ausgang des Berufungsverfahrens rechnen musste.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 7 u. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung erschöpft sich in der Anwendung etablierter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.

 

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